Psychische Störungen mit Beginn in der Jugend am Beispiel der (Borderline) Persönlichkeitsstörung Flashcards

1
Q

Persönlichkeit: Was ist das?

A

–> „[…] die Gesamtheit aller überdauernden individuellen Besonderheiten im Erleben und Verhalten des Menschen.

–> […] „überdauernd“ bezieht sich in dieser Definition auf Zeiträume von wenigen Wochen oder Monaten. Persönlichkeit setzt also eine kurzfristige Stabilität dieser Besonderheiten voraus. Damit können viele Persönlichkeitseigenschaften als Disposition aufgefasst werden. […]

–> Mit „individueller Besonderheit“ ist gemeint, dass es sich um Merkmale handelt, die zw. Mitgliedern einer Bezugsgruppe variieren […].“

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2
Q

Was sind Persönlichkeitsstörungen?

A

Eine ICD-10 Klassifikationsgruppe in der (Dauer-)Kontroverse

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3
Q

ICD-10 – Allgemeine Kriterien für Persönlichkeitsstörungen

A

–> Eine Spezifische Persönlichkeitsstörung kann nur diagnostiziert werden, wenn:
1. mindestens zwei der folgenden Bereiche betroffen sind: Kognition (Wahrnehmung, Einstellungen, Interpretationen), Affektivität, Impulskontrolle und Bedürfnisbefriedigung;
Beziehungsgestaltung (G1)

  1. das Verhalten in einem breiten Spektrum sozialer und persönlicher Situationen zum
    Ausdruck kommt und dabei unflexibel, unangepasst und unzweckmäßig ist (G2)
  2. das entsprechende Verhalten zu persönlichem Leidensdruck und/oder zu nachteiligem
    Einfluss auf die soziale Umwelt führt (G3)
  3. die Abweichung stabil und von langer Dauer ist und seit später Kindheit oder Adoleszenz besteht (G4)
  4. die Merkmale nicht die Folge einer anderen psychischen Störung oder durch deren Vorliegen erklärbar sind (G5)
  5. die Merkmale nicht Folge einer organischen Erkrankung sind (G6).
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4
Q

Kennzeichen der Borderline Persönlichkeitsstörung

A

–> Identitätsstörung: ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung

–> Impulsivität in mind. 2 potentiell selbstschädigenden Bereichen (Geldausgeben, Sexualität, Substanzmissbrauch, Essanfälle)

–> Wiederholte suizidale Handlungen, Suizidandeutungen oder -drohungen oder Selbstverletzungsverhalten

–> Affektive Instabilität infolge einer ausgeprägten Reaktivität der Stimmung…

–> Chronische Gefühle der Leere

–> Unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, Wut oder Ärger zu
kontrollieren

–> Vorübergehende, durch Belastungen ausgelöste paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome

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5
Q

Spontan-sprunghafte Persönlichkeit Borderline-Persönlichkeitsstörung vs Stil:

Tiefgreifende Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen, Selbstbild und den Affekten:

A

Stil: Intensive Emotionalität, äußert sich in spontaner Begeisterungsfähigkeit für positive Wahrnehmungen und damit wechselnden impulsiven Ablehnung von Dingen/Personen, die negativer Eigenschaften zeigen

Funktion: Unterfunktion einer Kohärenz stiftenden Gefühlsmodulation.

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6
Q

Spontan-sprunghafte Persönlichkeit Borderline-Persönlichkeitsstörung vs Stil:

Deutliche Impulsivität, Verzweifeltes Bemühen tatsächliches oder vermutetes Verlassen werden zu vermeiden

A

Stil: Intensive Emotionalität, äußert sich in spontaner Begeisterungsfähigkeit für positive Wahrnehmungen und damit wechselnden impulsiven Ablehnung von Dingen/Personen, die negativer Eigenschaften zeigen

Funktion: Ursächlich für diese Störung bei vielen Patienten traumatische Missbrauchserfahrungen in Kindheit und Jugend.

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7
Q

Spontan-sprunghafte Persönlichkeit Borderline-Persönlichkeitsstörung vs Stil:

Unangemessene Wut, aggressives Verhalten und emotionaler Belastung bis hin zu Selbstverletzungen und parasuizidale Gesten

A

Stil: Wenig nachtragend, hohes Maß an Flexibilität, können sich gut an unterschiedliche Situationen anpassen

Funktion: -

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8
Q

Beispiel des Anspannungserleben mithilfe des Ambulanten Monitoring: Anspannungsprofile von gesunden vs. Frauen mit BPS

A

Die subjektiv erlebte Spannung skaliert zwischen 0 und 9.
Ab Spannungswerten von 7 ist die kognitive Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt.

–> Häufigere Auslösung von aversiven, inneren Anspannungszuständen (Anstieg3 3 Punkte)

–> Häufigste Auslöser: Ablehnung, Alleinsein, Versagen)

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9
Q

Angst vor dem Alleinsein

A

–> Schwierigkeiten in der Regulation von Nähe und Distanz
–> Schlecht ausgeprägte intrapsychische Repräsentanz wichtiger
Bezugspersonen
‒ Verwechslung von Abwesenheit mit manifester Verlassenheit
‒ Versuch, wichtige Bezugsperson permanent an sich zu binden
‒ Wahrnehmung von Nähe und Geborgenheit löst Angst, Schuld
und Scham aus

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10
Q

Borderline Persönlichkeitsstörung Epidemiologie

A

–> Punktprävalenz: ca. 1-2%
–> Ca. 70 % der Betroffenen sind weiblich
–> Nur 50% der Betroffenen befinden sich in Behandlung
–> Bimodale Altersverteilung bei Erstmanifestation
‒ Erste Gruppe mit 14 Jahren verhaltensauffällig
‒ Zweite Gruppe im Mittel mit 24 Jahren erstmals in
stationärer Behandlung

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11
Q

Verlauf

A

–> Suizidrate: 5-10 %
–> Hohe Remissionsraten (2 Studien mit Katamnesen bis zu 8 Jahren)
‒ Affektive Instabilität persistiert
‒ Dysfunktionale Verhaltensmuster wie Selbstverletzungen und
Suizidversuche nehmen deutlich ab
‒ DSM-Kriterien erfüllen nach 2 Jahren 60%, 4 Jahren 50%, 6
Jahren 33%, 8 Jahren 20%

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12
Q

Selbstverletzendes Verhalten
Definition

A

Eine Handlung mit nicht-tödlichem Ausgang, bei der eine Person absichtlich eine oder mehrere der folgenden Verhaltensweisen ausführt:

–> Initiierung eines selbstschädigenden Verhaltens (z.B. Sich- Schneiden, Springen aus grosser Höhe)
–> Einnahme einer Substanz in grösserer Menge als ärztlich verschrieben oder als als therapeutische Dosis angesehen wird
–> Einnahme illegaler Drogen zur Selbstschädigung
–> Einnahme ungeniessbarer Substanzen

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13
Q

Persönlichkeitsstörungen = Beziehungsstörungen

A

–> Menschen mit Persönlichkeitsstörungen haben ständig Interaktionsprobleme,

–> Erkennen aber selten, dass diese Probleme durch ihre eigenen Schemata und Verhaltensweisen entstehen,

–> Wissen daher oft nicht, dass sie „Teil“ des Problems sind,

–> Machen daher meist andere oder die Umstände für die
Probleme verantwortlich.

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14
Q

Nähe- vs. Distanzstörungen

A

Nähe-Störungen:

–> versuchen Nähe herzustellen (narzisstische, histrionische, dependente, selbstunsichere PS)

Distanz-Störungen:

–> versuchen Interaktionspartner auf Distanz zu halten
(passiv-aggressive, schizoide, paranoide, zwanghafte PS)

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15
Q

Kognitive Erklärung der Entstehung von Persönlichkeitsstörungen (Beck et al., 1993)

A

–> Persönlichkeit: stabile Denk-, Fühl- und Handlungsmuster, welche eine entwicklungsgeschichtliche (biologisch-genetische) Basis haben.

–> Phylogenetisch entstandene Verhaltensprogramme: dienten einst der natürlichen Anpassung, hatten hohen Überlebenswert (z.B. Raub-, Konkurrenz-, Soziabilitätsstrategien) –> bestimmte „Neigungen“ bzw. „Temperamente“ sind schon von Geburt an gegeben.

–> Entwicklungspsychologische Determinanten: durch Erziehungs- bzw. Umwelteinflüsse werden die von Geburt an vorhandenen Muster verstärkt/geschwächt sowie neue Muster aufgebaut.

–> Persönlichkeitsstörung: durch sehr schnelle Veränderung der Umwelt und Lebensbedingungen passen viele derartige Programme nicht mehr in die heutige Welt.

–> Schlecht angepasste, unflexible Muster, die zu subjektivem Leiden oder psychosozialen Beeinträchtigungen führen.

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16
Q

Psychodynamische Ansätze zur Erklärung der Persönlichkeitsstörungen

A

‒ Entwicklungspsychologische Faktoren formen Persönlichkeit, die z.B. verzerrt ist durch schlechte Anpassung
‒ Schwere Persönlichkeitsstörungen als strukturelle
Störungen (Aber: auch andere Störungen können strukturell
sein, nicht nur die PS!)
‒ Struktur = Verfügbarkeit psychischer Funktionen, die für die
Organisation des Selbst und seine Beziehungen zu inneren und äußeren Objekten erforderlich sind
‒ Defizit in der Verfügbarkeit = Strukturpathologie

17
Q

„Invalidating environments“
als eine Erklärung für die Entstehung einer BPS (Linehan, 1996)

A

–> Unberechenbare, unangemessene und stark wechselnde Reaktionen der Bezugsperson
–> Persönliche Erfahrungen (Gefühle) des Kindes wird mit Bestrafung oder Trivialisierung reagiert

–> Erfahrungen werden nicht „validiert“ und es entstehen Defizite ‒ emotionale Erregung zu benennen
‒ Stress zu tolerieren
‒ eigenen Reaktionen und ihrer Interpretation zu trauen

18
Q

Erklärungsansätze

A

Für selbstverletzendes Verhalten
–> Biologische Aspekte
‒ Selbstverletzung geht mit Endorphinanstieg einher -> euphorisierende
Wirkung wirkt verstärkend

–> Lerntheoretische Aspekte
‒ Erhöhte Zuwendung, Wunsch nach Nähe wird befriedigt
‒ Negative Verstärkung: in konfliktreichen Familien kommt es zur
Zurücknahme aversiver Interaktionen

–> Psychodynamische Aspekte
‒ Grundkonflikt in Identitätsfindung (Grenzziehung Selbst - Umwelt) ‒ Schutz vor Desintegration des Ichs

19
Q

Take Home Message
Persönlichkeitsstörungen:
‒ beruhen auf ….
‒ Sind kategorial konzeptualisiert, aber seit langem ….. diskutiert (im DSM-V
inzwischen entsprechende Änderungen vorgenommen)
‒ umfassendes, überdauerndes, … Erlebens- und Verhaltensmuster einer Person

A

Take Home Message
Persönlichkeitsstörungen:
‒ beruhen auf Stilen
‒ Sind kategorial konzeptualisiert, aber seit langem dimensional diskutiert (im DSM-V
inzwischen entsprechende Änderungen vorgenommen)
‒ umfassendes, überdauerndes, unflexibles Erlebens- und Verhaltensmuster einer Person

20
Q

Take Home Message
Ätiologische Überlegungen:
‒ Interpersonelle Sichtweise (….)
‒ Kognitive Sichtweise (….)
‒ Psychoanalytische Sichtweise (z.B. Kernberg)
–> Borderline-Persönlichkeitsstörung ein Beispiel
‒ Problembereiche: ? (3 Stück)
‒ Die für die Borderline Störung charakteristischen Verhaltensweisen werden als direkte oder indirekte Versuche gesehen, intensive Emotionen zu …., bzw. sind das unvermeidbare Ergebnis von ?

A

Take Home Message
Ätiologische Überlegungen:
‒ Interpersonelle Sichtweise (Sachse)
‒ Kognitive Sichtweise (Beck)
‒ Psychoanalytische Sichtweise (z.B. Kernberg)
–> Borderline-Persönlichkeitsstörung ein Beispiel
‒ Problembereiche: Affekt, Identität, Impulsivität
‒ Die für die Borderline Störung charakteristischen Verhaltensweisen werden als direkte oder indirekte Versuche gesehen, intensive Emotionen zu regulieren, bzw. sind das unvermeidbare Ergebnis von schlecht regulierter und instabiler Emotionalität.