Entwicklungspsychopathologie Flashcards

1
Q

Entwicklungspsychopathologie: „die Entwicklungspsychopathologie soll durch ihren besonderen Fokus das Zusammenspiel von ….., ….. und …. Aspekten der normalen und abnormalen Entwicklung über die Lebensspanne beleuchten“
Entstehung & Ursachen von …. Verhalten und Erleben in der Entwicklung

A

„die Entwicklungspsychopathologie soll durch ihren besonderen Fokus das Zusammenspiel von biologischen, psychologischen und sozial-kontextuellen Aspekten der normalen und abnormalen Entwicklung über die Lebensspanne beleuchten“
Entstehung & Ursachen von abweichendem Verhalten und Erleben in der Entwicklung

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2
Q

Zentrale Eigenschaften des Fachs Entwicklungspsychopathologie (5)

A

(1) Erforschung von Risiko- und
Schutzfaktoren
(in Längsschnittstudien)
risk factors, protective factors, resilience
(2) Einfluss des Kontexts auf die (ab-)normale Entwicklung
Makro-, Exo-, Meso- und Mikro-Systeme (Bronfenbrenner, 1979)
(3) Zusammenspiel von Normalität
und Psychopathologie
Fließende Grenzen, quantitative vs. qualitative Unterschiede
(4) „developmental pathways“
Äquifinalität und Multifinalität
(5) Prävention und Intervention/Therapie

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3
Q

Risikofaktor: Was ist ein Risikofaktor?

A

Ein binärer Faktor (Exposition, Merkmal), der zeitlich vor dem Auftreten des interessierenden Ereignisses (z. B. Entwicklung einer psychischen Störung) aufgetreten sein muss
+
wenn aufgetreten, mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für das Auftreten des Ereignisses einhergeht

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4
Q

Schutzfaktoren:
werden eingesetzt wenn?
dienen der?
wirken als?
können die?

A

Schutzfaktoren
—> werden eingesetzt, wenn (Entwicklungs)Anforderungen und Ressourcen diskrepant sind
—> dienen der Vorbeugung und Vermeidung von „Fehlentwicklungen“
—> Wirken interaktiv als Puffer
—> Können die Wirkung von Risikofaktoren neutralisieren

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5
Q

Ressourcen
—>Zentrale aktuell verfügbare Entwicklungspotenziale
2 Arten von Ressourcen: Individual und Umweltressourcen

A

1) Individualressourcen: genetische und biologische Prädispositionen
—>Beispiele: Intelligenz, Emotionsregulationskompetenzen
2) Umfeldressourcen: Familie, sozioökonomische Faktoren, Bildungs- und
Freizeiteinrichtungen
—>Beispiele:
warmherzige Beziehung zu den Eltern, eine gute Schule, Integration in Jugendgruppen

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6
Q

Weitere Ressourcen:

A

—> Entwicklungspotenziale, die nicht mehr oder erst künftig verfügbar oder aktuell gebunden sein
—> Beispiel für nicht mehr vorhandene Entwicklungspotenziale:
—> Verschwinden eines günstigen Umgebungsfaktors: z.B. eine Bezugsperson nach einer
Trennung
—> Beispiel für ein künftig verfügbares Potenzial:
—> Genetische Dispositionen für das Erlernen von schulrelevanten Kenntnissen erst ab dem
Schulalter nutzbar
—> Beispiel für ein aktuell gebundenes Potenzial:
—> Leistungsmotive, die an aktuelle Krisensituationen gebunden sind, können nicht anderweitig eingesetzt werden

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7
Q

Kompensationsfaktoren: Was ist das und Beispiel

A

—> Sind durch nicht bewältigte Anforderungen Fehlentwicklungen entstanden, werden kompensatorische Faktoren eingesetzt
—> Wirken bereits aufgetretenen Fehlentwicklungen entgegen
—> Beispiel:
‒ Die gute Beziehung zu einem Lehrer kann Schulleistungsabfällen beispielsweise nach einer Trennung entgegenwirken

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8
Q

Resilienz: Was ist das?

A

‒ die Kapazität eines Kindes, interne Anspannung zu regulieren und in der Umwelt (aktiv) nach Unterstützung zu suchen und diese zu akzeptieren

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9
Q

Residenz: Beinhaltet zwei essentielle Faktoren:

A

‒ (1)eineernsthafteBedrohungfürdieEntwicklungdesKindesmuss
vorhanden sein —> Risikofaktoren
‒ (2)einepositiveEntwicklungwird(dennoch)erreicht
—> Zeitlich instabil, situationsspezifisch und multidimensional

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10
Q

Die Dunedin-Studie
(als ein Beispiel für eine markante entwicklungspsychopathologische Längschnittstudie)

A

—>Multidisziplinäre Langzeitstudie der Abteilung für Präventiv- und Sozialmedizin der Universität von Otago in Neuseeland
—>Rund tausend junge Erwachsene werden regelmäßig auf ihre psychische, soziale und gesundheitliche Entwicklung hin untersucht.
—>Ausgewählt wurden Kinder, die zwischen April 1972 und März 1973 in der Stadt Dunedin geboren wurden.
—>Gut 97 Prozent der ausgesuchten Kinder kommen noch heute zu den mittlerweile in mehrjährigen Abständen stattfindenden Untersuchungen.
—>Dazu gehören psychologische Erhebungsmethoden wie Tests, Interviews und Fragebögen.

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11
Q

Identifizierte Risikofaktoren:
Organische einschl. biologischer Faktoren:

A

‒ Prä- und perinatale Risiken (Geburtskomplikationen, niedriges Geburtsgewicht)
‒ Alkohol, Drogen, Nikotin während Schwangerschaft
‒ Genetik/Temperament
‒ Geschlecht
‒ Lernbehinderungen / Wahrnehmungsstörungen
‒ Unzureichende Impulskontrolle, Emotionsregulation

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12
Q

Identifizierte Risikofaktoren:
Familiäre Faktoren
Eltern-Kind Faktoren

A

‒ Mangel an liebevoller Zuwendung und Bindung ‒ inkonsistentes Erziehungsverhalten
‒ harte Bestrafungen (z.B. körperliche Gewalt)

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13
Q

Individuelle/Partnerschaftliche Faktoren:

A

‒ Depression der Mutter
‒ Konflikte zwischen den Eltern ‒ Kriminalität der Eltern
‒ hoher familiärer Stress

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14
Q

Identifizierte Risikofaktoren:
Soziale Faktoren

A

‒ Mangel an sozialer, finanzieller Unterstützung ‒ Arbeitslosigkeit, beengte Wohnverhältnisse
‒ Niedriger sozio-ökonomischer Status
‒ Migration

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15
Q

Odds Ratio (OR) : Was ist das?

A

–> Wichtig für die Bestimmung des Risikos!
—>Beschreibt das Verhältnis zweier Wahrscheinlichkeiten („relative Chance“)—>nicht verwechseln mit „relativen Risiko“!

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16
Q

Odds Ratio: Wahrscheinlichkeit 1 und Wahrscheinlichkeit 2

A

‒ Wahrscheinlichkeit 1: das Ergebnis (Outcome) tritt ein unter der Bedingung, dass eine Person einem bestimmten Risiko(faktor) ausgesetzt war (oder nicht)
‒ Wahrscheinlichkeit 2: das Ergebnis (Outcome) tritt nicht ein unter der Bedingung, dass eine Person einem bestimmten Risiko(faktor) ausgesetzt war (oder nicht)

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17
Q

Odds Ratio: OR = ?
Was bedeutet ein Odds Ratio von 1?

A

—>OR = Quotient aus den Risiken
—>Da die Odds Ratio ein assoziatives Verhältnis beschreibt, bedeutet „kein Unterschied“ ein Odds Ratio von 1.

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18
Q

‒ Ein Wert grösser als 1 beschreibt ….
‒ Ein Wert kleiner als 1 beschreibt …

A

‒ Ein Wert grösser als 1 beschreibt ein Risiko für den Eintritt eines Ereignisses
‒ Ein Wert kleiner als 1 beschreibt einen „Schutz“ vor dem Eintritt eines Ereignisses

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19
Q

Gesundheit und Krankheit

A

—>Kontinuum von Gesundheit und Krankheit (fließende Übergänge, Gesundheit ist nicht nur Abwesenheit von Krankheit)
Und/oder
—>Gesundheit und Krankheit sind zwei unabhängige Dimensionen

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20
Q

Gesundheit (gemäß der WHO) = ?

A

= Zustand vollkommenen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens
‒Nicht allein das Fehlen von Krankheit/Gebrechen

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21
Q

Gesundheit (WHO) Problem I und Problem II

A

‒Problem I: WHO setzt Ziel in einem unerreichbaren Zustand und diskriminiert den Zustand der Krankheit, der zu den menschlichen Grunderfahrungen gehört
‒Problem II: aus Krankheit können adaptive Fähigkeiten entwickelt werden

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22
Q

Das Konzept der Entwicklungsaufgaben Robert Havighurst, 1948

A

—>für einzelne Entwicklungsabschnitte gibt es alterstypische Entwicklungsaufgaben
—>Bewältigung dieser Entwicklungsaufgaben stellen Entwicklungsziele dar Òdaraus ergeben sich neue Entwicklungschancen
—>sensible Entwicklungsabschnitte

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23
Q

Frühe Kindheit und Vorschulalter
0-1 Jahr : Entwicklungsaufgaben und mögliche Störungen

A

biologische Regulationen –> Schrei-, Schlaf- und Fütterungsprobleme

effektives Bindungs- verhalten (attachment) –> Anpassungsstörung, (Hospitalismus)

dyadische Interaktion –> Kommunikationsstörung, (Autismus)

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24
Q

Adoleszenz
12–18 Jahre: Entwicklungsaufgaben und mögliche Störungen

A

Aufbau neuer und reifer Beziehungen –> schizoides Verhalten

Übernahme der Geschlechtsrolle –> sexuelle Reifungskrise

Akzeptieren der eigenen Person/
körperlichen Erscheinung –> Selbstwertproblematik Essstörung

Selbstwertgefühl sozialer Vergleich –> Depression

Vorbereitung auf Ehe/ Familie/ Beruf –> Suizid(versuch)

Zeit- und Zukunftsperspektive –> delinquentes Verhalten

Aufbau eines Werte- systems und ethischen Be- wußtseins als Richtschnur für eigenes Verhalten

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25
Q

Prinzipien der Entwicklungs- psychopathologie: Äquifinalität und Miltifinalität

A

—>Äquifinalität: Verschiedene Risikofaktoren führen zu ein und demselben Ergebnis, z.B. aggressives Verhalten kann ausgelöst werden durch schwieriges Temperament, hohen Konsum aggressiver Videos, familiäre Probleme.
—>Multifinalität: Ein und derselbe Risikofaktor führt zu unterschiedlichen Störungen, z.B. elterliche Disharmonie kann zu externalisierenden, aber auch internalisierenden Störungen führen.

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26
Q

Take Home Message
—> Entwicklungspsychopathologie
= definition?
—>Risikofaktor (?)
—>Schutzfaktor (?)
—>Kontextrelevanz (?)
–> Gesundheit und Krankheit (?)
—>Zentrales Konzept: die Entwicklungsaufgabe und Entwicklungspfade
‒ MultifinalitätundÄquifinalitä tal sGrundprinzip der Entwicklung
–>Prävention und Intervention als Folge der Kenntnisse aus entwicklungspsychopathologischer Forschung

A

Take Home Message
—> Entwicklungspsychopathologie
= Erforschung des Zusammenspiels von biologischen, psychologischen und sozial- kontextuellen Aspekten der normalen und abnormalen Entwicklung über die Lebensspanne
—>Risikofaktor (erhöht Wahrscheinlich abnormaler Entwicklung)
—>Schutzfaktor (senkt Wahrscheinlichkeit abnormaler Entwicklung)
—>Kontextrelevanz (mehrere „Schichten“ von Kontext zu berücksichtigen)
–> Gesundheit und Krankheit (fließende Übergänge, eher dimensionale Betrachtung von Krankheit)
—>Zentrales Konzept: die Entwicklungsaufgabe und Entwicklungspfade
‒ MultifinalitätundÄquifinalitätalsGrundprinzipderEntwicklung
–> Prävention und Intervention als Folge der Kenntnisse aus entwicklungspsychopathologischer Forschung

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27
Q

Womit befasst sich die Entwicklungspsychopathologie?

A

Die Entwicklungspsychopathologie befasst sich mit Entwicklungsprozes- sen, die zur Entstehung oder Vermeidung von psychischen Störungen beitragen.

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28
Q

In der Entwicklungspsychopathologie geht es um die Beschreibung, Erklärung und Vorhersage von:
Welcher Forschungsansatz liegt dem zugrunde?

A

In der Entwicklungspsychopathologie geht es um die Beschreibung, Erklärung und Vorhersage von psychischen Störungen ebenso wie um die Identifikation von Bedingungen, die das Risiko von Fehlentwicklungen reduzieren. Zugrunde liegt dabei ein interdisziplinärer Forschungsansatz, der neben einer entwicklungspsy- chologischen Perspektive unter anderem auch klinisch-psychologische, biologisch- medizinische, soziologische und kulturvergleichende Perspektiven integriert.

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29
Q

Kurz zusammengefasst wird in der Entwicklungspsychopathologie von einem ….. Forschungsansatz ausgegangen. Dies bedeutet, dass:

A

Kurz zusammengefasst wird in der Entwicklungspsychopathologie von einem biopsycho- sozialen Forschungsansatz ausgegangen. Dies bedeutet, dass eine Störung (wie beispielsweise eine Angststörung) unter verschiedenen Blickwinkeln betrachtet wird (nämlich biologisch, psychologisch und sozial-kontextuell) und einseitige Erklärungsmodelle vermieden werden.

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30
Q

Potenzielle Definitionskriterien für eine psychische Störung im Kindes- und Jugendalter:
Abweichung von der Entwicklungsnorm:

A

Die Beschäftigung mit psychischen Störungen setzt voraus, dass geklärt wird, was unter einer Störung zu verstehen ist. Ein erster Klärungsansatz könnte darin bestehen, eine Abweichung von der Entwick- lungsnorm als Störung zu definieren. Am Beispiel der Hochbegabung wird jedoch schnell klar, dass dies kein hinreichendes Abgrenzungsmerkmal sein kann, da auch hochbegabte Kinder und Jugendliche von der statistischen Norm abweichen, ohne dass dies im Regelfall mit einer psychischen Störung gleichzusetzen ist.

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31
Q

Potenzielle Definitionskriterien für eine psychische Störung im Kindes- und Jugendalter:
Subjektiver Leidensdruck:

A

Auch das Vorliegen eines subjektiven Leidensdrucks erweist sich nicht immer als sinnvolles Kriterium. So können beispielsweise sehr junge Kinder (z. B. im Säuglings- oder Vorschulalter) ihren Leidensdruck häufig (noch) nicht artikulieren. Hinzu kommt, dass viele Kinder und Jugendliche keinen Leidensdruck wahrnehmen, obwohl die soziale Umgebung sich durch ihr Ver- halten beeinträchtigt fühlt. Es besteht also die Möglichkeit, dass eine psychische Störung nicht bei den Betroffenen selbst, sondern vor allem bei ihrer sozialen Umgebung zu einem Leidensdruck führt. Auch dies wäre jedoch kein hinreichen- des Abgrenzungskriterium, da die Toleranzschwellen in der sozialen Umgebung sehr unterschiedlich sein können.

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32
Q

Potenzielle Definitionskriterien für eine psychische Störung im Kindes- und Jugendalter:
Gefährdung von Personen:

A

Ein weiteres Kriterium könnte eine Gefährdung der eigenen Person oder anderer Personen sein (z. B. durch aggressives Verhalten). Das Gefährdungskriterium kann jedoch nur bei einigen wenigen Störungen (wie beispielsweise Suizidalität) ein Abgrenzungskriterium sein und spielt bei vielen anderen Störungen kaum eine Rolle. Keines der Kriterien wird für sich genommen dem gerecht, was als psychische Störung im Kindes- und Jugendalter zu kenn- zeichnen ist

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33
Q

Eine psychische St ̈orung im Kindes- und Jugendalter ist dadurch charakte- risiert, dass:

A

Eine psychische St ̈orung im Kindes- und Jugendalter ist dadurch charakte- risiert, dass sie das betroffene Kind bzw. den Jugendlichen darin beein- trächtigt, seine alterstypischen Entwicklungsaufgaben erfolgreich zu bewäl- tigen

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34
Q

Eine Beeinträchtigung der Bewältigung alterstypischer Entwicklungsaufgaben kann darin zum Ausdruck kommen, dass:

A

Eine Beeinträchtigung der Bewältigung alterstypischer Entwicklungsaufgaben kann darin zum Ausdruck kommen, dass eine Abweichung von der statistischen Norm vorliegt, dass ein subjektiver Leidensdruck besteht oder dass es zu Gefähr- dungspotenzialen kommt. Die zuletzt genannten Kriterien sind daher diesem grundlegenden Definitionskriterium nachgeordnet.

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35
Q

Der Bezug auf die Bewältigung alterstypischer Entwicklungsaufgaben impliziert vor allem, dass eine psychische Störung im Hinblick auf das Alter des betroffenen Kindes oder Jugendlichen zu betrachten ist:

Die diesbezügliche Rolle der Psychopathologie:

A

So ist ein Einnässen bei einem einjährigen Kind als vollkommen unproblematisch zu beurteilen, weil in diesem Alter noch nicht erwartet werden kann, dass es die Entwicklungsaufgabe, eine Kontrolle über die Blasenfunktion zu erlangen, schon erfolgreich bewältigt hat. Bei einem Schulanfänger würde ein Einnässen dagegen auf das Vorliegen einer Störung hinweisen. Die Entwicklungspsychopathologie betrachtet Störungen dementsprechend immer auch vor dem Hintergrund des jeweiligen Entwicklungs- standes bzw. Alters eines Kindes oder Jugendlichen. Einzelne Entwicklungs- abschnitte erfordern die Bewältigung von alterstypischen Entwicklungsaufgaben. Die erfolgreiche Bewältigung dieser Aufgaben stellt ein Entwicklungsziel dar. Aus dem Erreichen solcher Ziele ergeben sich neue Entwicklungschancen.

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36
Q

Nach dem Modell der Entwicklungsaufgabenbewältigung können Störungen wozu führen?

A

Nach dem Modell der Entwicklungsaufgabenbewältigung können Störungen der Entwick- lung zu einer Nicht-Erreichung eines Entwicklungsziels führen, das aus der Nicht-Bewältigung einer alterstypischen Entwicklungsaufgabe resultiert. Damit wären dann auch zukünftige Entwicklungschancen gefährdet.

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37
Q

Pinquart und Pfeiffer (2018) haben sich solche längsschnittlichen Zusammenhänge zwischen der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben und psychischen Beschwerden bei Jugendlichen im Rahmen einer Metaanalyse näher angeschaut. Sie haben zehn Entwicklungsaufgaben identifiziert, die im Jugendalter in der Regel auftreten (z. B. die Integration in eine Gruppe Gleichaltriger oder die Ablösung vom Elternhaus). Für die Mehrheit der Entwicklungsaufgaben fanden sich die erwarteten Zusam- menhänge:

A

Wenn Jugendliche bereits psychische Auffälligkeiten hatten, dann hatten sie mehr Schwierigkeiten, die alterstypischen Entwicklungsaufgaben zu bewältigen. Und diejenigen, die die Entwicklungsaufgaben erfolgreich bewältigten, hatten später weniger psychische Auffälligkeiten.

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38
Q

Welche Funktionsbereiche können von Störungen betroffen sein und wozu führen Wechselwirkungen auf Entwicklungsbereiche?

A

Hinzu kommt, dass Störungen verschiedene Funktionsbereiche wie Kognition, Emotion oder Verhalten betreffen können. Es wird in den seltensten Fällen einseitige Wirkungen auf nur einen isolierten Entwicklungsbereich geben. Viel- mehr kommt es in den meisten Fällen zu Wechselwirkungen, indem beispielsweise Verhaltensstörungen auch das emotionale Erleben beeinträchtigen (und umge- kehrt).

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39
Q

Was ist für die Prävention und Intervention von Bedeutung in Bezug auf die Fehlentwicklung sein und was folgt daraus?

A

Dennoch kann es für die Prävention und Intervention von Bedeutung sein, wie eine Fehlentwicklung entstanden ist und wo die primäre Ursache zu vermuten ist. Daraus folgt, dass in der Entwicklungspsychopathologie eine verlaufsorien- tierte Betrachtung von Störungen von besonderer Bedeutung ist. Erst bei einer verlaufsorientierten (längsschnittlichen) Betrachtungsweise lassen sich Ursachen, Wirkungen und Wechselwirkungen voneinander differenzieren.

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40
Q

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass psychische Störungen durch eine Beeinträchtigung bei der Bewältigung ….. gekennzeichnet sind, wobei Funktionsbereiche wie …, … oder … betroffen sein können. Die Entwicklungspsycho- pathologie befasst sich mit der ….. und ….. von derartigen psychischen Störungen aus einer interdisziplinären Perspektive.

A

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass psychische Störungen durch eine Beeinträchtigung bei der Bewältigung alterstypischer Entwicklungs- aufgaben gekennzeichnet sind, wobei Funktionsbereiche wie Kognition, Emotion oder Verhalten betroffen sein können. Die Entwicklungspsycho- pathologie befasst sich mit der Entstehung und Vermeidung von derartigen psychischen Störungen aus einer interdisziplinären Perspektive.

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41
Q

Als was werden Risikofaktoren zusammengefasst und was erhöhen sie?

A

Als Risikofaktoren werden Einflussfaktoren zusammengefasst, die die Auftretenswahrscheinlichkeit einer psychischen Störung erhöhen.

42
Q

Dabei ist insbesondere zu beachten, dass ein Faktor erst dann als ein Risikofaktor betrachtet werden sollte, wenn: (2 punkte)

A

(1) das Auftreten des Faktors zeitlich dem Beginn der Störung vorgelagert war und (2) der Faktor mit der Störung zusammenhängt. Der Zusammenhang allein ist nicht ausreichend, es kann sich um ein Symptom der Störung selbst handeln oder auch um eine Folge der Störung anstatt um ein Risiko

43
Q

Eine Differenzierungsmöglichkeit ergibt sich durch die Unterscheidung zwi- schen …., ….. und …. wirksamen Risikofaktoren. Hier werden die Risikofaktoren also im Entwicklungsverlauf betrachtet.

A

Eine Differenzierungsmöglichkeit ergibt sich durch die Unterscheidung zwi- schen pränatal, perinatal und postnatal wirksamen Risikofaktoren. Hier werden die Risikofaktoren also im Entwicklungsverlauf betrachtet.

44
Q

Potenzielle Risikofaktoren
Risikofaktoren in der pränatalen Entwicklung

Genetische Defekte.

A

Beginnt man bei der pränatalen Entwicklung, so können sich bereits bei der Befruchtung genetische Konstellationen ergeben, die den weiteren Entwicklungsweg beeinträchtigen.

Es kann zu genetischen Abweichungen kom- men, die sich in strukturellen oder zahlenmäßigen Veränderungen des Chromo- somenbestands äußern. Ein Beispiel ist die Trisomie 21 (Down-Syndrom), bei der das Chromosom 21 bzw. Teile davon dreifach vorliegen. Als Folge ergeben sich schwerwiegende physische und psychische Beeinträchtigungen, die bis zur geisti- gen Behinderung führen können.

Auch Kombinationen von unterschiedlichen Genvarianten (Genallelen), die mit physischen und psychischen Problemkonstel- lationen verknüpft sind, können auftreten. So resultiert beispielsweise eine schwerwiegende Stoffwechselerkrankung, wenn zwei rezessive Allele zusammen- treffen, die eine Mutation aufweisen und zu der Folge führen, dass die Aminosäure Phenylalanin nicht abgebaut werden kann (Phenylketonurie).

Unbehandelt führt diese Genkombination zu einer schwerwiegenden geistigen Entwicklungsstörung, die jedoch heute durch Neugeborenenscreenings und eine gegebenenfalls früh- zeitig einsetzende phenylalaninreduzierte Ernährung in der Regel verhindert werden kann. Die Verhütung der Entstehung einer Entwicklungsstörung durch ein bestimmtes Verhalten (wie hier durch eine Änderung des Ernährungsver- haltens) ist ein gutes Beispiel für die Wichtigkeit und den Nutzen von Prävention.

45
Q

Risikofaktoren in der Pränatalen Entwicklung
Teratogene.

A

Neben genetischen Risiken sind in der pränatalen Entwicklungsphase vor allem Teratogene (schädliche äußere Einwirkungen) als Risikofaktoren zu benennen.

Als wichtige Teratogene, die die weitere Entwicklung beeinträchtigen können, gelten vor allem Alkohol, Drogen, Rauchen, spezifische Medikamente, Umweltgifte, Strahlenschäden und Infektionserkrankungen der Mutter.

Wenn das ungeborene Kind über längere Zeit in größerem Umfang den Auswirkungen von Alkohol ausgesetzt ist, kommt es beispielsweise zur Alkoholembryopathie, die durch Organschäden, Intelligenzverminderungen und Verhaltensänderungen (z. B. Aufmerksamkeitsstörungen, Hyperaktivität) gekennzeichnet ist. Auch haben diese Kinder ein typisches Erscheinungsbild (wie Untergewicht, Unterlänge bei Geburt, Minderwuchs, kleiner Kopf, kurze Lidspalten, kleines Kinn, Skelettano- malien, Genitalanomalien).

Beim Rauchen kann es zu Gewichtsreduktionen und einem verlangsamten Wachstum kommen. Auch das Risiko für den Plötzlichen Säuglingstod ist dadurch erhöht.

Weiterhin ist bei einzelnen Medikamenten (wie beispielsweise dem Thalidomid als Wirkstoff in Contergan) eine teratogene Wirkung bekannt.

Unter den Umweltgiften sind insbesondere Blei, Quecksilber und Pestizide als Teratogene bekannt, während bei Strahlenschäden beispielsweise radioaktive Strahlung zu nennen ist.

Unter den Infektionskrankheiten gelten insbesondere Viruserkrankungen der Mutter (z.B. HIV-Infektionen) als Terato- gene. Da in den ersten Lebensmonaten vor allem die körperlichen Strukturen gebildet werden, ergeben sich in den ersten beiden Schwangerschaftsmonaten aus teratogenen Wirkungen vor allem strukturelle Schädigungen (z. B. hinsichtlich der Ausbildung von Organen oder Extremitäten).

In den späteren Schwangerschafts- wochen stehen dagegen im Wesentlichen funktionelle Schädigungen im Vorder- grund (z. B. Beeinträchtigungen der Intelligenz).

46
Q

Perinatale Risikofaktoren
Fru ̈hgeburt.

A

Perinatale Risiken beziehen sich auf mögliche Risiken, die sich aus den Umständen der Geburt ergeben. Zunächst ist hier insbesondere das Risiko einer Frühgeburt zu nennen.

Die Schwangerschaft dauert im Durchschnitt etwa 38 Wo- chen, wobei eine Überlebensfähigkeit mit medizinischer Unterstützung schon etwa mit 23 Wochen (und sogar darunter) gegeben ist. Mit der Zunahme des medizini- schen Fortschritts gelingt es zwar, immer mehr Kinder zu einem immer früheren Schwangerschaftszeitraum am Leben zu erhalten, auf der anderen Seite steigt dabei jedoch das Risiko medizinischer Komplikationen.

Hierzu gehören beispielsweise Hirnblutungen, die vor allem bei den sehr früh geborenen Kindern (bei Geburten vor der 27. Schwangerschaftswoche) vorkommen.

Vor allem bei Frühgeburten mit medizinischen Komplikationen finden sich nicht selten Spätfolgen bei den betroffenen Kindern, die sich beispielsweise in Intelligenzminderungen, Lernstörungen und Verhaltensproblemen äußern können.

47
Q

Perinatale Risikofaktoren
Geburtskomplikationen:

A

Geburtskomplikationen. Neben dem Risiko einer Frühgeburt sind als perinataler Risikofaktor weiterhin Geburtskomplikationen zu nennen. So kann beispielsweise eine geburtsbedingte Sauerstoffunterversorgung zu Hirnschädigungen führen. Auch die Art der Geburt kann für die weitere Entwicklung von Bedeutung sein. So weinen Kinder, bei denen sich Geburtskomplikationen ergeben haben, nach Angaben ihrer Mütter in der Folgezeit häufiger als Kinder mit normaler Geburt oder mit (geplanter) Kaiserschnittgeburt

48
Q

Postnatale Risikofaktoren

Fru ̈hkindliche Bedu ̈rfnisregulation.

A

Postnatal wächst die Bedeutung der psycho- sozialen Umgebung bei der Bestimmung von Entwicklungsrisiken. Bei den meisten Risiken liegt eine Interaktion zwischen Kindvariablen und psychosozialen Umge- bungsvariablen vor.

Betrachtet man die postnatalen Entwicklungsrisiken chronolo- gisch, so ergeben sich erste Risikokonstellationen aus der frühkindlichen Bedürf- nisregulation.

Grundlegend sind dabei die Ernährung sowie die Entwicklung der Schlaf-Wach-Regulation. Es kommt dabei darauf an, die eigene innere Rhythmik (und die damit verbundene Bedürfnisregulation) an die Rhythmik der sozialen Umgebung anzupassen. Wenn dies frühzeitig gelingt, sind dadurch gute Voraus- setzungen für positive Eltern-Kind-Interaktionen gegeben. Gelingt dies dagegen nicht und bleibt beispielsweise die Schlaf-Wach-Regulation über längere Zeiträume unbefriedigend, können die dauerhaften Schlafunterbrechungen sich negativ auf das Verhalten der Eltern auswirken.

Auch ein häufiges Weinen (bis hin zu einem exzessiven Schreien) kann entsprechend negative Auswirkungen auf die Eltern- Kind-Interaktion haben. Als ein Risikofaktor, der mit der Bedürfnisregulation im Zusammenhang steht, gilt das frühkindliche Temperament.

Beim Temperament handelt es sich nach Kagan (1994) um stabile behaviorale und emotionale Ver- haltensreaktionen, die bereits sehr früh beobachtet werden können und in hohem Maße genetisch determiniert sind.

49
Q

Postnatale Risikofaktoren

Fru ̈hkindliche Bedu ̈rfnisregulation: Nach Thomas und Chess (1977) lassen sich auf der Basis von Temperamentsdimensionen drei Gruppen von Kleinkindern unter- scheiden.

A

Es handelt sich um einfache, schwierige und »langsam auftauende« Säuglinge. Problematisch sind hierbei vor allem die schwierigen Säuglinge, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie sich nur schwer auf neue Erfahrungen einstellen können und häufig negativ und intensiv auf Ereignisse reagieren.

Wei- terhin zeigen sich gerade bei dieser Gruppe häufig Anpassungsprobleme, die relativ stabil bestehen bleiben und sich nicht selten in späteren Schulproblemen äußern. Die Art des Temperaments und die frühkindlichen Regulati- onsfähigkeiten hängen also miteinander zusammen und können zu späteren sozia- len und auch kognitiven Folgeproblemen führen.

50
Q

Postnatale Risikofaktoren
Bindung zu den Bezugspersonen.

A

Als weiterer Risikofaktor, der die Entwicklung beeinflussen kann, gilt eine unsichere Bindung eines Kindes zu seinen Bezugs- personen.

Die Bindung als emotionales Band zu einer Bezugsperson entwickelt sich in einem Alter von etwa sechs bis acht Monaten.

51
Q

Postnatale Risikofaktoren
Bindung zu den Bezugspersonen.
Nach Ainsworth et al. (1974) entsteht dann eine sichere Bindung, wenn:

A

Nach Ainsworth et al. (1974) entsteht dann eine sichere Bindung, wenn die Bezugsperson in konsistenter Weise die Signale ihres Kindes wahrnimmt, richtig interpretiert sowie angemessen und prompt darauf reagiert. Dies schafft für das Kind emo- tionale Sicherheit, da es weiß, dass seine Bedürfnisse in entscheidenden Situatio- nen zuverlässig befriedigt werden. Geschieht dies jedoch nicht, kann der Säugling kein Vertrauen in seine Umgebung entwickeln.

52
Q

Es werden verschiedene unsichere Bindungsformen unterschieden:

A

Bei einer unsicher-vermeidenden Bindung steht die Erfahrung im Vordergrund, dass von der Bezugsperson keine Zuverlässigkeit und Sicherheit ausgeht. Ihre Anwesenheit ist daher für das Kind nicht von hoher emotionaler Bedeutung.

Bei einer unsicher-ambivalenten Bindung hat das Kind wenig Konsistenz in der Interaktion mit einer Bezugsperson erlebt. Die Bezugs- person kümmert sich zeitweise zuverlässig um die Signale des Kindes, aber es gibt ebenso Phasen, in denen keine Zuverlässigkeit erlebt wird. Das Kind neigt dementsprechend dazu, an der Bezugsperson zu klammern, um Nähe und Sicherheit herzustellen bzw. zu erhalten.

Eine desorganisiert-desorientierte Bin- dung kann (muss aber nicht) auf besonders ungünstige Interaktionserfahrungen (z. B. bei Kindesmisshandlung) hinweisen. Die Bindungserfahrungen werden in einem inneren Arbeitsmodell gespeichert und können später das Erleben und Verhalten in Sozialbeziehungen prägen (z.B. in Interaktionen mit eigenen Kindern oder in Partnerbeziehungen). Es sollte jedoch bedacht werden, dass Kinder Bindungen zu mehreren Bezugspersonen entwickeln können. Daraus können sich Kompensationsmöglichkeiten ergeben, da verschiedene Personen Bindungsfunktionen übernehmen und damit für einen Ausgleich sorgen kön- nen. Unsichere Bindungen gelten als Risikofaktoren für die Entwicklung von psychischen Störungen.

53
Q

Postnatale Risikofaktoren
Elterliches Erziehungsverhalten. Die unmittelbare (familiäre) soziale Umgebung kann nicht nur die Art der erlebten Bindungsbeziehungen prägen, sondern auf vielfältige Weise Risiken für die weitere Entwicklung eines Kindes bergen. Vier Wichtige Funktionen:

A

Eine wichtige Funktion von Eltern ist beispielsweise darin zu sehen, die physischen Grundbedürfnisse eines Kindes sicherzustellen:
Hier geht es um die körperlichen Bedürfnisse (z.B. nach Nahrung) sowie um den Schutz der Gesundheit.

Eine zweite, wichtige Funktion von Eltern ist die Erfüllung emotionaler Grundbedürf- nisse eines Kindes. Hier geht es vor allem um die Vermittlung einer emotionalen Sicherheit (z.B. durch unkonditionale Zuwendung).

Weiterhin kommt den Eltern eine wichtige Funktion bei der Sozialisation eines Kindes zu. Soziale Kompetenzen eines Kindes werden zumindest am Anfang der Entwicklung in erster Linie durch die Eltern vermittelt (Sprachkompetenzen, interaktive Kom- petenzen etc.). Dies geschieht in der Regel durch das Erziehungsverhalten der Eltern (z. B. direkte Unterweisung) ebenso wie durch ein entsprechendes Modell- verhalten.

Nicht zuletzt übernehmen Eltern weiterhin Funktionen bei der Steuerung der Sozialkontakte eines Kindes, indem sie Sozialisationsgelegenhei- ten vermitteln oder auf die Wahl von Freundschaftsbeziehungen von Kindern Einfluss nehmen.

54
Q

Postnatale Risikofaktoren
Elterliches Erziehungsverhalten. Risiken:

A

Risiken können sich dabei dadurch ergeben, dass Eltern ihre Funktionen nicht oder nur unzureichend übernehmen. Dies kann bis hin zur Vernachlässigung oder Misshandlung gehen. Gerade vom Verhalten der Eltern gehen dementsprechend nicht nur Chancen, sondern auch Risiken für die Entwicklung eines Kindes aus.

55
Q

Postnatale Risikofaktoren
Sozialisation durch die Gleichaltrigengruppe.

A

Im weiteren Entwicklungsverlauf erhält die Gleichaltrigengruppe eine zunehmende Bedeutung für Kinder und Jugendliche. Hier ergeben sich Entwicklungsrisiken dadurch, dass Kinder und Jugendliche sich Gruppen mit normabweichendem Verhalten anschließen. So lässt sich zeigen, dass das Aggressionspotenzial bei Kindern und Jugendlichen steigt, die sich Gleichaltrigengruppen anschließen, die durch ein erhöhtes Aggressionspoten- zial charakterisiert sind.

Gleichzeitig lässt sich feststellen, dass sich Kinder und Jugendliche mit erhöhtem Aggressionspotenzial vorrangig Freunde mit ähnlicher Ausrichtung suchen. Es kann dadurch zu entsprechenden Aufschaukelungsprozessen kommen. Ein bereits vorhandenes Entwicklungsrisiko kann sich daher durch die Wahl einer entsprechenden Gleichaltrigengruppe weiter erhöhen.

56
Q

Postnatale Risikofaktoren
Kulturelle Einflussfaktoren.

A

Als Risikofaktoren werden hier beispielsweise kulturelle Werte, Handlungen oder Symbole bezeich- net, die in einer bestimmten Kultur tief verankert sind und einen maladaptiven Entwicklungspfad initiieren oder auch aufrechterhalten können.

Causadias und Cicchetti führen als Beispiel für einen kulturellen Risikofaktor Rassismus in den USA an. Als kulturbezogene Schutzfaktoren nennen sie kulturelle Bewältigungs- strategien, die z. B. eine ungünstige Wirkung rassistischer Diskriminierung abfe- dern können, wie eine hohe Wertschätzung der eigenen Kultur oder die Unterstüt- zung durch die Gemeinschaft, der man sich zugehörig fühlt. Diese Sichtweise hinterfragt auch die häufig defizitorientierten Modelle über Minderheiten, in denen Werte, Rituale und Traditionen als Quelle für Bedrohungen bzw. als Risiko konzeptualisiert werden, obwohl sie gleichzeitig auch Schutzfaktoren sein können

57
Q

Ansätze zur Systematisierung und Differenzierung von Risikofaktoren:

A

Es lassen sich Risikofaktoren weiterhin danach differenzieren, ob sie als Risikofaktoren für die Entstehung, für die Aufrechterhaltung oder für einen Rückfall in eine bereits remittierte Störung gelten

Darüber hinaus ist eine Klassifizierung nach biologischen (z.B. genetischen) und psychosozialen (z.B. familiären) Risikofak- toren möglich, wobei unter den psychosozialen Risikofaktoren weiterhin zwischen Risikofaktoren, die das umgebende Mikrosystem betreffen (wie die Gleichaltrigen- gruppe), und Risikofaktoren, die sich auf das Makrosystem beziehen (wie die sozioökonomischen Bedingungen), unterschieden werden kann.

58
Q

Spezifische Risikokonstellationen

Kontinuität von Entwicklungsrisiken.

Entwicklungsrisiken in verschiedenen Ent- wicklungsabschnitten sind häufig nicht unabhängig voneinander. Vielmehr kann ein Entwicklungsrisiko in einem Lebensabschnitt die Wahrscheinlichkeit, dass psychische Störungen in einem späteren Lebensabschnitt entstehen, erhöhen. Beispiel Kind mit einem schwierigen Temperament:

A

So kann ein Kind mit einem schwierigen Temperament mehr Probleme haben, das eigene Verhalten zu kontrollieren. Wenn es den Eltern nicht gelingt, durch ihr Erziehungsverhalten regulierend einzugreifen, setzt sich dies bis in das Vorschul- und Schulalter fort. Die mangelnde Selbstkontrolle kann zunehmend mit einem problematischen Sozialverhalten (z. B. im Unterricht unaufgefordert etwas rufen etc.) verknüpft sein und wird möglicherweise durch das Verhalten der Gleich- altrigengruppe verstärkt, die ein ungewöhnliches Verhalten (und die daraufhin erfolgenden Reaktionen des Lehrers) interessant findet (und z.B. mit Lachen quittiert). Ein unangemessenes Sozialverhalten tritt dadurch zunehmend häufiger auf. Die Anpassung an die Schule und ihre Anforderungen wird dann ebenfalls schwieriger. Die ursprünglich aus dem schwierigen Temperament entstandenen Verhaltensprobleme setzen sich damit in unterschiedlicher Form über das Kindes- und Jugendalter fort und können zu Schulproblemen, aber auch zum Anschluss an Gleichaltrige führen, die ein problematisches Sozialverhalten fördern.

59
Q

Kumulation von Entwicklungsrisiken:

A

Im Entwicklungsverlauf besteht nicht nur die Gefahr, dass Entwicklungsrisiken aus einem Lebensabschnitt sich auf den folgen- den Lebensabschnitt auswirken und dort die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer psychischen Störung erhöhen. Auch innerhalb eines Lebensabschnitts kann es zur Kumulation von Entwicklungsrisiken kommen.

So ließ sich beispielsweise in einer Studie von Rutter (1979) zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer psychischen Störung im Alter von zehn Jahren bei 2Prozent lag, wenn ein oder kein Risikofaktor (wie geringer sozialer Status, Kriminalität der Eltern, psychische Störung der Mutter) vorlag. Lagen jedoch zwei oder drei Risikofak- toren vor, stieg die Wahrscheinlichkeit auf 6Prozent. Bei vier Risikofaktoren betrug sie bereits 20Prozent.

Je mehr Risikofaktoren zusammenkommen, desto größer dürfte also die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer psychischen Störung sein

Die einzelnen Faktoren wirken dabei nicht notwendigerweise additiv, sondern es kann auch zu multiplikativen Wirkungen kommen. Dies würde bedeuten, dass das Risiko bei Vorliegen mehrerer Risikofaktoren deutlich weiter erhöht wird, als dies bei einer Addition der Einzelrisiken zu erwarten wäre.

60
Q

Kritische Lebensereignisse
Die bisher dargestellten Entwicklungsrisiken beziehen sich auf den normativen Entwicklungsverlauf und dabei auf Einflussfaktoren, die einen negativen Einfluss auf die Entwicklung in einem spezifischen Lebensabschnitt nehmen können. Es gibt jedoch weiterhin Risiken, die unabhängig von einem bestimmten Lebens- abschnitt eintreten und die weitere Entwicklung beeinflussen können:

A

Es geht dabei um kritische Lebensereignisse, die in jedem Lebensabschnitt eintreten können und dabei zu einschneidenden Veränderungen im Leben führen.

Dazu gehören beispielsweise ein Umzug in eine andere Wohnumwelt, eine Scheidung der Eltern, der Tod eines nahen Verwandten oder die Konfrontation mit einer chronischen Erkrankung.

Kritische Lebensereignisse erfordern in der Regel eine Neuanpassung an die veränderten Gegebenheiten, führen aber zunächst häufig zu einer starken Verunsicherung.

61
Q

Kritische Lebensereignisse:
Welche Ereignisse gelten als besonders Problematisch?

A

Als besonders problematisch gelten dabei kritische Lebensereignisse, die abrupt eintreten, ohne dass eine Vorbereitung stattfinden konnte.

So ist die Konfrontation mit dem plötzlichen Tod eines Elternteils ein besonders gravierender Einschnitt, auf den sich das betroffene Kind oder der Jugendliche nicht vorbereiten kann.

Dagegen kann man ein Kind oder einen Jugendlichen auf einen bevorstehenden Umzug vorbereiten, um dadurch die Auswirkungen des Wohnumfeldwechsels abzumildern.

Auch für kritische Lebensereignisse gilt, dass sie zu bereits vorhandenen Risiken hinzutreten können und ihre Wirkung additiv oder multiplikativ verstärken können.

62
Q

Potenzielle Schutzfaktoren
Definition:

A

Als Schutzfaktoren gelten solche Faktoren, die die Wirkung von Risiko- faktoren abmildern können. Sie wirken dabei im Sinne eines Puffereffekts und verhindern die negativen Folgen eines Entwicklungsrisikos.

63
Q

Zum Verhältnis von Risiko- und Schutzfaktoren

A

Ein Schutzfaktor ist nicht das bloße Gegenteil eines Entwicklungsrisikos. Es kann vielmehr mehrere Schutzfaktoren geben, die einem Entwicklungsrisiko entgegen- stehen.

So kann eine dauerhafte Exposition mit aggressiven Modellen zwar die Wahrscheinlichkeit aggressiven Verhaltens erhöhen, es sind jedoch auf der anderen Seite mehrere potenzielle Schutzfaktoren denkbar, die die Modellwirkungen abmildern können (wie das Temperament oder soziale Kompetenzen eines Kindes bzw. Jugendlichen). Auch wenn die ideale Herangehensweise darin gesehen werden könnte, die Modell- einwirkungen (und damit die Risiken) zu reduzieren, können gleichzeitig ver- schiedene Schutzfaktoren greifen, die die Modellauswirkungen in positivem Sinne beeinflussen.

64
Q

Was ist von den Schutzfaktoren abzugrenzen?

A

Von den Schutzfaktoren abzugrenzen sind allgemein förderliche Faktoren, die auch dann mit förderlichen Wirkungen verbunden sind, wenn kein spezifisches Entwicklungsrisiko vorliegt. Beispielhaft ist die Fähigkeit zum Beloh- nungsaufschub zu nennen, die mit einer Vielzahl positiver Entwicklungsergebnisse verbunden ist, ohne dass damit zwingend die Wirkung von Risikofaktoren abge- mildert wird.

65
Q

Pränatal angelegte Schutzfaktoren

Günstige genetische Konstellationen.

A

In den vergangenen Jahren sind Genvari- anten identifiziert worden, die möglicherweise in diesem Zusammenhang von Bedeutung sein könnten. Zu nennen ist beispielsweise das Serotonin-Transporter- Gen (5-HTTLPR), das – je nach Genvariante – mit Optimismus und einer positiven Grundstimmung auf der einen Seite oder Pessimismus und einer Neigung zu Depression und Ängstlichkeit auf der anderen Seite in Verbindung gebracht wurde (s.u.a. Caspi et al., 2003).

Ein erhöhter Optimismus, eine positivere Grundstim- mung und eine geringere Depressivität und Ängstlichkeit könnten gleichzeitig mit einer höheren Stressresistenz zusammenhängen und damit der Entstehung von psychischen Störungen entgegenstehen

66
Q

Pränatal angelegte Schutzfaktoren

Genetisch mitgeprägte Persönlichkeitsmerkmale.

A

Auch wenn dabei kein einzelner Genort verantwortlich ist, sondern eine polygene Vererbung anzunehmen ist, gelten auch Persönlichkeitsvariablen wie Temperament und Intelligenz als poten- zielle Schutzfaktoren, da sie vielfältige Entwicklungsrisiken ausgleichen können.

Beide Merkmale gelten zumindest als genetisch mitbestimmt, sodass ihre Grund- lagen möglicherweise bereits pränatal gelegt werden. Ein Merkmal wie Intelligenz kann als Schutzfaktor gelten, weil es Risiken, die sich beispielsweise aus ungüns- tigen sozioökomischen Verhältnissen ergeben können, ausgleichen kann.

Ähn- liches gilt für ein ausgeglichenes oder ruhiges Temperament, da es sich positiv auf Interaktionen mit der sozialen Umgebung auswirkt.

67
Q

Postnatale Schutzfaktoren

Soziale Beziehungen.

A

Dazu gehört eine sichere Bindung zu unmittelbaren Bezugspersonen (wie den Eltern).

Bei einer sicheren Bindung empfindet das Kind die soziale Umgebung als verlässlich, da seine physischen und psychischen Grundbedürfnisse befriedigt werden.

Da es seine Bezugspersonen als verlässliche Basis sieht, zu der es jederzeit zurückkehren kann, besteht eine Bereitschaft, die Umgebung zu explorieren und neue Sozial- kontakte aufzunehmen.

Es werden Grundlagen gelegt, die die weitere kognitive und soziale Entwicklung positiv beeinflussen können.

68
Q

Postnatale Schutzfaktoren
Erziehungsverhalten der Bezugspersonen.
Nach Baumrind (1971) lassen sich ein autoritativer, ein autoritärer, ein permissiver und ein vernachlässigender Erziehungsstil unterscheiden. Dem Erziehungsstil-Mo- dell von Baumrind liegen zwei Dimensionen des Erziehungsverhaltens zugrunde:

A
  • Responsivität und Lenkung.
    Ein responsives Elternverhalten ist dadurch gekenn- zeichnet, dass die Bezugspersonen verständnisvoll und unterstützend auf die Bedürfnisse ihres Kindes reagieren, während ein lenkendes Elternverhalten dadurch gekennzeichnet ist, dass die Bezugspersonen Regeln und Grenzen setzen, auf deren Einhaltung sie achten. Ein autoritatives Erziehungsverhalten lässt sich durch ein gleichermaßen responsives wie lenkendes Verhalten der Bezugspersonen charakte- risieren: Die Bezugspersonen kümmern sich in warmherziger Weise um die Bedürf- nisse ihres Kindes, achten aber gleichzeitig darauf, dass Regeln eingehalten werden. Bei einem autoritären Erziehungsstil steht die Dimension des Lenkens im Vorder- grund (ein striktes Einhalten gesetzter Regeln), die Responsivität ist dagegen jedoch niedrig ausgeprägt.
  • Das umgekehrte Muster kennzeichnet den permissiven Erzie- hungsstil, während bei einem vernachlässigenden Erziehungsstil sowohl Responsi- vität als auch Lenkung niedrig ausgeprägt sind. Vor allem ein autoritatives Eltern- verhalten scheint sich dabei als Schutzfaktor für die weitere Entwicklung auszuwir- ken. Autoritativ erzogene Kinder zeigen eine positivere psychosoziale Anpassung, bessere Schulleistungen, ein positiveres Selbstkonzept und weniger Problemver- halten als Kinder, die einen der anderen Erziehungsstile erlebt haben
69
Q

Postnatale Schutzfaktoren
Soziales Umfeld.

A

Ein positives Schul- und Klassenklima fördert die Integration von Kindern und Jugendlichen in das außerfamiliäre Sozialleben. Als Konsequenz ergeben sich positive Sozialerfahrun- gen, die die soziale Kompetenz und das Selbstwertgefühl steigern. Beides erhöht die Chance, in Problemsituationen soziale Unterstützung zu erhalten (und nicht Ignoranz oder Zurückweisung zu erfahren). Es erhöht weiterhin die Chance, auch in nicht-schulischen Kontexten positive soziale Kontakte aufbauen zu können.

Gute Schulleistungen gelten als ein weiterer potenzieller Schutzfaktor, da sie einerseits ebenfalls zum Aufbau eines positiven Selbstwertgefühls beitragen und andererseits eine Zukunftsperspektive vermitteln. Gute Schulleistungen bedeuten in der Regel, dass positive Karrierewege sowohl hinsichtlich der Schul- als auch der weiteren Berufsausbildung offenstehen. Bedenkenswert ist weiterhin, dass auch das innerfa- miliäre Konfliktpotenzial bei guten Schulleistungen geringer sein dürfte, da für viele Familien in unserer Gesellschaft Leistung eines der wichtigsten Erziehungsziele ist.

Im weiteren Entwicklungsverlauf gewinnt die Gleichaltrigengruppe als Schutzfaktor an Bedeutung. Positive Beziehungen zu Gleichaltrigen, die ihrerseits eine gute psychosoziale Anpassung aufweisen, können die weitere Entwicklung positiv beein- flussen. Diese Bedeutung ergibt sich einerseits durch die Modellwirkung der Gleich- altrigen und andererseits durch die soziale Unterstützung, die sich aus der Integra- tion in ein soziales Netzwerk ergibt.

70
Q

Der Begriff der Vulnerabilität:

A

Der Begriff der Vulnerabilität bezieht sich auf das einzelne Individuum und seine spezifische Anfälligkeit dafür, dass Risikofaktoren wirksam werden können

So kann die Anfälligkeit für spezifische Risikofaktoren beispielsweise erhöht sein, wenn eine ohnehin schon ungünstige Ausgangslage eingetreten ist. Dementspre- chend kann ein kritisches Lebensereignis (wie eine Scheidung der Eltern) beson- ders ungünstig wirken, wenn der soziale Rückhalt, den ein Kind erfährt, ohnehin wenig stabil ist und kaum emotionale Unterstützung vorhanden ist.

Ob ein Kind oder ein Jugendlicher vulnerabel für einen Risikofaktor ist, hängt damit von der Konstellation der übrigen Risiko- und Schutzfaktoren ab.

Daraus folgt, dass die individuelle Vulnerabilität nicht einfach zu bestimmen ist. Es ist zwar möglich, die individuell vorhandenen Risiko- und Schutzfaktoren zu identifizieren, es ist jedoch auf der anderen Seite nicht problemlos möglich, ihr Zusammenwirken im Sinne einer Vulnerabilität für zukünftige Ereignisse zu bestimmen, da individuelle Gewichtungen hierbei von entscheidender Bedeutung sind.

71
Q

Während Vulnerabilität die …… erhöht, entsteht Resilienz als Ergebnis eines:

A

Während Vulnerabilität die individuelle Anfälligkeit für die Wirkung von Risiko- faktoren erhöht, entsteht Resilienz als Ergebnis eines Entwicklungsprozesses, bei dem trotz einer Vielzahl von Entwicklungsrisiken eine günstige Entwicklung resultiert.

72
Q

Der Begriff der Resilienz:

A

Der Begriff der Resilienz bezieht sich auf einen Prozess positiver Anpassung angesichts bedeutender Belastungen. Resilienten Kindern und Jugendlichen gelingt es, aversive Bedingungen, Ereignisse und Erfahrungen erfolgreich zu bewältigen und sie unbeschadet zu überstehen

73
Q

Resilienz stellt keine … Fähigkeit dar. Während Kinder in bestimmten Entwicklungsabschnitten und gegenüber bestimmten Bedingungen resilient sein können, können sie zu einem anderen Zeitpunkt und gegenüber anderen Faktoren durchaus … sein

A

Resilienz stellt keine generalisierte Fähigkeit dar. Während Kinder in bestimmten Entwicklungsabschnitten und gegenüber bestimmten Bedingungen resilient sein können, können sie zu einem anderen Zeitpunkt und gegenüber anderen Faktoren durchaus anfällig sein

74
Q

Resilienz ist nach Bengel et al. (2009):

A

” gekennzeichnet durch einen dynamischen Anpassungs- und Entwicklungspro- zess, 

“ gilt als eine variable Größe und ist 

“ situationsspezifisch und multidimensional. 
Neben bestimmten Persönlichkeitsfaktoren (wie beispielsweise Intelligenz) dürfte dabei vor allem das im Laufe der vorherigen Entwicklungsabschnitte aufgebaute Bewältigungspotenzial von großer Bedeutung sein. Da das Bewältigungspotenzial nicht alle potenziellen Risiken abdeckt, könnte dies auch erklären, warum sich Resilienz nicht zwangsläufig auf alle Entwicklungsrisiken bezieht. 


75
Q

Zusammenfassend beziehen sich Vulnerabilität und Resilienz damit auf individuelle Konstellationen, die das Risiko der Entstehung einer psychischen Störung …. oder …… Dabei spielen …., vorhandene ….. sowie das bereits aufgebaute Bewältigungspotenzial eine Rolle.

A

Zusammenfassend beziehen sich Vulnerabilität und Resilienz damit auf individuelle Konstellationen, die das Risiko der Entstehung einer psychischen Störung erhöhen oder senken. Dabei spielen Persönlichkeitsvariablen, vorhandene Risiko- und Schutzfaktoren sowie das bereits aufgebaute Bewältigungspotenzial eine Rolle.

76
Q

Ein Mediator ist nach Kerig, Ludlow und Wenar (2012) eine Variable, die?

Ein Moderator gibt dagegen an?

A

Ein Mediator ist nach Kerig, Ludlow und Wenar (2012) eine Variable, die den Zusammenhang zwischen einem vorausgehenden Entwicklungszustand und ei- nem nachfolgenden Entwicklungsergebnis kausal beeinflusst. Ein Moderator gibt dagegen an, unter welchen Bedingungen eine bestimmte Beziehung zwischen einem vorausgehenden Entwicklungszustand und einem nachfolgenden Entwick- lungsergebnis besteht.

77
Q

Betrachtet man den Sprachentwicklungsstand am Ende des ersten Lebens- jahres und am Ende der Vorschulzeit, so dürfte das Ausmaß der Sprach- unterstützung im Elternhaus ein entscheidender …. für den Entwick- lungsfortschritt sein. Gleichzeitig ist bekannt, dass es Geschlechterunter- schiede in der Sprachentwicklung gibt. Das Geschlecht kann daher als … gelten, der auf die Beziehung zwischen Ausgangszustand und dem Entwicklungsergebnis Einfluss nimmt: Bei vergleichbarem Ausgangs- zustand kann sich bei Jungen ein anderes sprachliches Entwicklungsergeb- nis als bei Mädchen ergeben.

A

Betrachtet man den Sprachentwicklungsstand am Ende des ersten Lebens- jahres und am Ende der Vorschulzeit, so dürfte das Ausmaß der Sprach- unterstützung im Elternhaus ein entscheidender Mediator für den Entwick- lungsfortschritt sein. Gleichzeitig ist bekannt, dass es Geschlechterunter- schiede in der Sprachentwicklung gibt. Das Geschlecht kann daher als Moderator gelten, der auf die Beziehung zwischen Ausgangszustand und dem Entwicklungsergebnis Einfluss nimmt: Bei vergleichbarem Ausgangs- zustand kann sich bei Jungen ein anderes sprachliches Entwicklungsergeb- nis als bei Mädchen ergeben.

78
Q

Ein Mediator ist eine Variable, die? während ein Moderator angibt, unter welchen Bedingungen?

A

Ein Mediator ist eine Variable, die die Beziehung zwischen einem Ausgangs- und einem Endzustand kausal beeinflusst, während ein Moderator angibt, unter welchen Bedingungen eine bestimmte Beziehung zwischen Ausgangs- und Endzustand besteht.

79
Q

Risiko- und Schutzfaktoren im Kontext von Mediation und Moderation

A

Viele der bisher aufgeführten Risikofaktoren können nachfolgende Entwicklungs- ergebnisse kausal beeinflussen und sind dementsprechend als potenzielle Media- toren anzusehen. Umgekehrt sind viele Schutzfaktoren als potenzielle Moderato- ren zu betrachten, da es von ihrem Vorhandensein abhängt, ob ein Risikofaktor eine ungünstige Entwicklung herbeiführen kann. Ähnliches gilt für die individuelle Vulnerabilität und die individuelle Resilienz, die ebenfalls die Wirkung von Risikofaktoren moderieren können.

80
Q

Das Meditations-Moderations-Modell: Wovon geht es aus?

A

Nach dem Mediations-Moderations-Modell geht also die ursächliche Wirkung in Richtung auf die Entwicklung einer psy- chischen Störung von Risikofaktoren aus, während Schutzfaktoren sowie indivi- duelle Vulnerabilitäts- und Resilienzfaktoren eine moderierende Wirkung haben Dies bedeutet gleichzeitig, dass Schutz- faktoren ihre Wirkung erst in Gegenwart eines Entwicklungsrisikos entfalten. Sie können erst greifen, wenn überhaupt ein Entwicklungsrisiko besteht. Daneben kann es die allgemein förderlichen Faktoren geben, die auch unabhängig von Risikofaktoren ursächlich positiv auf die Entwicklung wirken und dementsprechend als Mediatoren zu verstehen sind.

81
Q

Äquifinalität: Was ist damit gemeint?

A

Mit A ̈quifinalita ̈t ist gemeint, dass viele Entwicklungswege zu einem ähnlichen Entwicklungsergebnis führen können

Wenn eine psychische Störung vorliegt, so kann sie häufig nicht auf eine spezi- fische Ursache zurückgeführt werden. Es können vielmehr verschiedene Ursachen und Ursachenkombinationen für das Entwicklungsergebnis verantwortlich sein. So lässt sich ein sozial ängstliches Verhalten beispielsweise sowohl auf individuelle Faktoren (wie das Temperament eines Kindes) als auch auf soziale Faktoren (wie beispielsweise Modellwirkungen oder mangelnde Unterstützung bei der Entwick- lung sozialer Kompetenzen) zurückführen. Auch eine Kombination der verschie- denen Faktoren ist denkbar.

82
Q

Multifinalität: Was ist damit gemeint?

A

Mit Multifinalita ̈t ist gemeint, dass ähnliche Entwicklungswege zu unter- schiedlichen Entwicklungsergebnissen führen können.

Ein Kind, das wenig Unterstützung bei der Entwicklung seiner sozialen Kom- petenzen erhält, kann beispielsweise sowohl soziale Ängste als auch ein aggressives Verhalten entwickeln. Ein ähnlicher Risikofaktor führt hier zu unterschiedlichen Entwicklungsergebnissen. Auch spielt die individuelle Kombination verschiedener Risikofaktoren eine entscheidende Rolle.

83
Q

Äquifinalität und Multifinalität weisen darauf hin, dass es vielfach keine eindeutige Beziehung zwischen?

Daraus folgt gleichzeitig?

A

Äquifinalität und Multifinalität weisen darauf hin, dass es vielfach keine eindeutige Beziehung zwischen Entwicklungswegen und Entwicklungs- ergebnissen gibt. Daraus folgt gleichzeitig, dass es im individuellen Fall von großer Bedeutung ist, den individuellen Entwicklungsverlauf (und die dabei aufgetretenen Risiko- und Schutzfaktoren) zu rekonstruieren. Erst durch eine umfassende Anamnese lassen sich Rückschlüsse darüber gewinnen, wie es zu einer spezifischen psychischen Störung gekommen ist.

84
Q

Entwicklungsaufgaben-Modell
Grundannahmen.

A

Grund- sätzlich wird in diesem Modell davon ausgegangen, dass ein Kind bzw. Jugendlicher im Laufe seiner Entwicklung mit verschiedenen Entwicklungsaufgaben konfrontiert wird.

Ein Beispiel für eine Entwicklungsaufgabe könnte der Erwerb der Kontrolle über die Ausscheidungsfunktionen sein.

Es kommt nach dem Entwicklungsauf- gaben-Modell darauf an, diese Entwicklungsaufgaben in angemessener Weise zu bewältigen.

Nachfolgende Aufgaben können wiederum leichter bewältigt werden, wenn frühere Aufgaben erfolgreich bewältigt wurden. Der Grund liegt dabei darin, dass im Umgang mit Entwicklungsaufgaben Bewältigungsmechanismen aufgebaut werden, auf die später zurückgegriffen werden kann. Es lassen sich dabei normative Entwicklungsaufgaben, die sich jedem Kind bzw. Jugendlichen stellen, von nicht- normativen Entwicklungsaufgaben unterscheiden, die von den individuellen Le- bensumständen abhängen.

85
Q

Entwicklungsaufgaben Modell: Beispiele für normative Entwicklungsaufgaben

A

Beispiele für normative Entwicklungsaufgaben sind der Aufbau von sozialen Beziehungen zu Gleichaltrigen oder der Umgang mit der Sexualität, die sich jedem Kind bzw. Jugendlichen während seiner Entwicklung als Aufgaben stellen. Häufig ergeben sich dabei aufgrund biologischer Reifungsprozesse oder aufgrund sozialer Erwartungen bestimmte Zeiträume, an die normative Entwicklungsaufgaben gebunden sind (z. B. Eintritt der Pubertät). Nicht-normative Entwicklungsaufgaben beziehen sich auf kritische Lebensereignisse (wie eine Schei- dung der Eltern) oder alltägliche Anforderungen bzw. Probleme (wie Streitigkeiten mit Geschwistern).

86
Q

Entwicklungsrisiken durch die unangemessene Bew ̈altigung von Entwicklungsauf- gaben.

A

Geht man von einem Entwicklungsaufgaben-Modell aus, dann sind Fehlentwicklungen vor allem vor dem Hintergrund unzureichender Bewältigungsressourcen zu sehen. Probleme entstehen dann, wenn sich Entwicklungsaufgaben stellen, die mit den vorhandenen Bewältigungsressourcen nicht adäquat gelöst werden können.

Da die Folgen der unzureichenden Bewältigung auch den Umgang mit nachfolgenden Entwicklungsaufgaben beeinträchtigen können, kann es zu ungünstigen Entwick- lungssequenzen kommen. Es können Entwicklungspfade eingeschlagen werden, die längerfristig in eine psychische Störung münden.

87
Q

Unterstu ̈tzung durch soziale Ressourcen.
Nach Holodynski und Friedlmeier (2006) entwickelt sich beispielsweise die Bedürfnisregulation von einem interpsychischen zu einem intrapsychischen Prozess, indem

A

Nach Holodynski und Friedlmeier (2006) entwickelt sich beispielsweise die Bedürfnisregulation von einem interpsychischen zu einem intrapsychischen Prozess, indem in den ersten Lebensmonaten zunächst die Bezugsperson das Erregungsniveau des Säuglings regelt und das Kind selbst im weiteren Verlauf der Entwicklung eine zunehmend aktivere Rolle in der Regulation des eigenen Erregungsniveaus übernimmt.

Der Säugling erlernt in zunehmendem Maße Selbstregulationsstrategien, die die Fremdregulation durch die soziale Umgebung ergänzen bzw. sogar ersetzen. Die Angemessenheit der Fremdregula- tionsstrategien (und die damit verbundenen sozialen Ressourcen) haben einen entscheidenden Anteil am Gelingen des Übergangs in die Selbstregulation. Als Beispiel kann hier die Schlafregulation genannt werden, die einigen Säuglingen frühzeitig gelingt, während andere Säuglinge über lange Zeit auf Fremdregulation angewiesen sind (z. B. durch Wiegen auf dem Arm).

88
Q

Instrumentelle und emotionale Unterstu ̈tzung.

Neben der Hilfe beim Übergang von der Fremd- zur Selbstregulation bieten die sozialen Ressourcen eine Vielzahl an potenziellen Unterstützungsfunktionen. Allgemein lassen sich die instrumen- telle und die emotionale soziale Unterstützung voneinander unterscheiden:

A

Wäh- rend die instrumentelle soziale Unterstützung auf ein bestimmtes Problem aus- gerichtet ist und dem Kind bzw. Jugendlichen Unterstützung bei der Problemlö- sung bietet, steht bei der emotionalen sozialen Unterstützung die Hilfe beim Umgang mit den Emotionen im Vordergrund, die bei einem Kind oder Jugend- lichen durch eine Problemsituation hervorgerufen werden. So steht bei Eltern, die ihrem Kind bei der Erledigung der Hausaufgaben helfen, die instrumentelle Funktion im Vordergrund. Wenn ein Kind jedoch traurig ist, weil sein Haustier verstorben ist, und wenn die Eltern das Kind deshalb trösten, überwiegt dagegen die emotional-unterstützende Funktion.

89
Q

Mit personalen Ressourcen sind die individuellen Ressourcen gemeint, die?

A

Mit personalen Ressourcen sind die individuellen Ressourcen gemeint, die dem Kind oder Jugendlichen zur Verfügung stehen, um Entwicklungs- aufgaben zu bewältigen.

90
Q

Beispiel Personale Ressourcen

A

Dies können biologische Merkmale (wie die physische Ausstattung oder der Gesundheitszustand) oder psychosozial geprägte Merkmale (wie Einstel- lungs- oder Persönlichkeitsmerkmale) sein. Auch Merkmale wie die indi- viduelle Vulnerabilität oder Resilienz fallen in den Bereich der persönlichen Ressourcen zum Umgang mit Entwicklungsaufgaben.

91
Q

Einen besonderen Stellenwert innerhalb der individuellen Ressourcen nehmen die bereits erworbenen Bewältigungsstrategien ein. Im Umgang mit Entwicklungs- aufgaben werden Strategien geprägt, die die Bewältigung zukünftiger Entwick- lungsaufgaben erleichtern. Mit zunehmender Erfahrung kann auf einen zuneh- mend größeren Fundus an Bewältigungsstrategien zurückgegriffen werden. Die individuellen Bewältigungsstrategien lassen sich (ähnlich wie die sozialen Bewäl- tigungsressourcen) in instrumentelle und emotionsorientierte Bewältigungsfor- men unterscheiden:

A

Instrumentelle (oder problemorientierte) Bewältigung zielt auf die Lösung eines Problems ab, während emotionsorientierte Bewältigung auf die Regulation der emotionalen Reaktionen, die in einer Problemsituation aus- gelöst werden (wie Angst- oder Ärgerreaktionen), ausgerichtet ist.

92
Q

Transaktionale Stresstheorie

A

Wie gut die Bewältigung von Entwicklungsaufgaben gelingt, hängt von den vorhandenen personalen und sozialen Ressourcen ab. Dieser Grundgedanke wird auch in der transaktionalen Stresstheorie von Lazarus und Mitarbeitern betont, die ebenfalls als integrative Theorie herangezogen werden kann, um die Entstehung von psychischen Störungen zu beschreiben bzw. zu erklären. Nach der transaktionalen Stresskonzeption kommt es zu Stress, wenn die Anforderungen an ein Individuum seine Bewältigungsressourcen übersteigen.

93
Q

Übertragen auf Entwicklungsaufgaben ist Stress dann zu erwarten, wenn ?

A

Übertragen auf Entwicklungsaufgaben ist Stress dann zu erwarten, wenn mit den Entwicklungsaufgaben Anforderungen verbunden sind, denen das Kind bzw. der Jugendliche nicht gerecht werden kann, z.B. weil es nicht über ausreichende personale oder soziale Ressourcen verfügt. Als Folge kommt es zu Stressreaktionen, die sich – vor allem bei langfristigen und chronischen Stresserfahrungen – in vielfältigen Symptomen äußern können.

94
Q

Neben somatischen Symptomen (wie Kopf- oder Bauchschmerzen, Schlafstörungen etc.) sind hierbei auch vielfältige psychische Symptome (wie Ängste und Aggressionen) zu nennen. Die Besonderheit des trans- aktionalen Stressmodells ist darin zu sehen, dass hier – stärker als in dem Entwicklungsaufgaben-Modell – die Rolle …. betont wird. Wenn ein Kind oder ein Jugendlicher mit einer Anforderungssituation konfrontiert wird (wie beispielsweise eine Klassenarbeit schreiben zu müssen), so kommt es zunächst zu einer?

A

Neben somatischen Symptomen (wie Kopf- oder Bauchschmerzen, Schlafstörungen etc.) sind hierbei auch vielfältige psychische Symptome (wie Ängste und Aggressionen) zu nennen. Die Besonderheit des trans- aktionalen Stressmodells ist darin zu sehen, dass hier – stärker als in dem Entwicklungsaufgaben-Modell – die Rolle individueller Bewertungsprozesse betont wird. Wenn ein Kind oder ein Jugendlicher mit einer Anforderungssituation konfrontiert wird (wie beispielsweise eine Klassenarbeit schreiben zu müssen), so kommt es zunächst zu einer Bewertung der Situation (primäre Bewertung) und anschließend zu einer Bewertung des vorhandenen Bewältigungspotenzials (sekun- däre Bewertung). Zu Stressreaktionen (Veränderung des physischen und psy- chischen Erregungszustandes) kommt es dann, wenn Anforderungen erlebt werden, denen ein als unzureichend empfundenes Bewältigungspotenzial gegenüber steht.

95
Q

Nach Einschätzung von Schröder (2002) lassen sich viele andere Stresskonzepte auf das von Lazarus und seinen Mitarbeitern entwickelte Modell zurückführen. Er gelangt zu dem Urteil, dass mit dem transaktionalen Stressmodell was gegeben ist?

A

Nach Einschätzung von Schröder (2002) lassen sich viele andere Stresskonzepte auf das von Lazarus und seinen Mitarbeitern entwickelte Modell zurückführen. Er gelangt zu dem Urteil, dass mit dem transaktionalen Stressmodell ein »Kern- konzept« gegeben ist, dass im Hinblick auf bestimmte Anwendungsbereiche angepasst werden kann. So fehlen beispielsweise explizit entwicklungspsychologi- sche Aspekte im transaktionalen Stresskonzept. Forschungsarbeiten zur Über- tragung des Modells auf den Kinder- und Jugendbereich weisen jedoch darauf hin, dass das Modell zur Erklärung von Stressreaktionen auch im Kinder- und Jugend- bereich geeignet sein kann

96
Q

Modelle mit Betonung einzelner psychischer Funktionen bei der Störungsgenese:
Tripartite-Modell von Morris et al. - wovon geht es aus?

A

Als konkretes Beispiel kann das Tripartite-Modell von Morris et al. (2007) genannt werden, das davon ausgeht, dass Auffälligkeiten in der Emotionsregulation einer psychischen Störung zugrunde liegen, die wiederum durch eine Reihe von poten- ziellen Einflussfaktoren zustande kommen. Hierzu gehören u. a. ungünstige Modell- wirkungen der Eltern, die Art des Erziehungsverhaltens der Eltern, das Familien- klima sowie spezifische Charakteristika der Eltern (wie psychische Gesundheit) und der Kinder (wie Temperamentsmerkmale). Die Rolle der Emotionsregulations- kompetenzen wird auch in den Entwicklungsaufgaben- und Stressregulations- modellen betont, wobei die Emotionsregulation in diesen Modellen jeweils nur Teil einer umfassenderen Konzeption ist. Insofern beziehen sich Modelle wie das Tripartite-Modell auf spezifische Aspekte des Entstehens einer Entwicklungspsy- chopathologie und differenzieren diese aus. Sie lassen sich jedoch grundsätzlich in die allgemeineren Modelle integrieren und sind damit kompatibel.

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Was beschreiben Entwicklungspfadmodelle?

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Entwicklungspfadmodelle beschreiben typische Entwicklungswege, die zu einer Entwicklungspsychopathologie führen können. Es wird dabei insbesondere der Frage nachgegangen, ob sich typische Entwicklungssequenzen identifizieren lassen, die mit der Entwicklung spezifischer Störungsbilder bzw. allgemein mit der Entwicklung von Entwicklungspsychopathologien verbunden sind.

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Jüngst werden auch verstärkt transdiagnostische Modelle entwickelt, die stö- rungsübergreifende und störungsspezifische Prozesse verbinden, um die haupt- sächlichen Störungen des Kindes- und Jugendalters zu erklären. Ein solches Modell ist z. B. das REAL Modell von Dadds und Frick (2019), wobei das Akronym für Responsiveness, Emotional Attention und Learning steht. Das Modell legt dar, wie?

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individuelle Unterschiede in bestimmten neurobiologischen oder psycho- sozialen Vulnerabilitäten dazu beitragen, psychische Gesundheit oder Krankheit übergreifend (über verschiedene Störungsbilder hinweg) zu formen.

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Das REAL Modell von Dadds und Frick basiert auf den beiden folgenden voraussetzenden Annah- men:

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(1) Die meisten psychischen Störungen beginnen in Kindheit und Jugend; viele derjenigen Störungen, für die im Kindesalter Hilfe gesucht wird (Störungen des Sozialverhaltens, hyperkinetische Störungen, Angststörungen und Stö- rungen aus dem autistischen Spektrum) haben ihren Beginn sogar vor dem Alter von zehn Jahren. 

(2) Die meisten umgebungsbezogenen Risikofaktoren sind störungsunspezifisch. Das heißt, sie sind hoch relevant, aber nicht für eine bestimmte Störung in besonderem Ausmaß, sondern eher übergreifend für viele psychische Störungen. 


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Das REAL Modell sieht drei zentrale Prozesse vor, die störungsübergreifend zur Stö- rungsgenese beitragen:

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Aufmerksamkeit, Responsivität und Lernen. Es geht also darum, wie Kinder sich bestimmten Reizen (selektiv) zuwenden, auf sie reagieren und von ihnen lernen. Das Ausmaß, in dem zum einen individuelle Differenzen und zum anderen Störungen in diesem System auftreten, markiert die (psycho- pathologische) Entwicklungsabweichung.