Angststörung TP Flashcards

1
Q

In den psychoanalytisch geprägten Richtungen wird der Konflikt als der Normalfall in unserem Seelenleben aufgefasst:

A

In den psychoanalytisch geprägten Richtungen wird der Konflikt als der Normalfall in unserem Seelenleben aufgefasst: In unserer Brust wohnen immer mehrere Seelen, wir müssen immer mit verschiedenen widersprechenden Wünschen, Ansprüchen, Idealen umgehen.

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2
Q

Sigmund Freud betrachtete den Menschen als ?

A

Sigmund Freud betrachtete den Menschen als Konfliktwesen, dessen gesamte Existenz durch die letztlich unaufhebbare Gegensätzlichkeit von naturnahen Bedürfnissen und sozialen Normen geprägt ist.

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3
Q

Was steht nach Freud der kultivierten Seite des menschen am stärksten im Kontrast?

A

Es ist bei Freud die dem Animalischen nahe stehende Seite, die zu der zivilisierten, kultivierten Seite des Menschen im stärksten Kontrast steht.

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4
Q

Dabei ging Freund von einer nur …. Schicht der Zivilisiertheit aus, unter der alle Formen ….. wach seien.

A

Dabei ging Freund von einer nur schwachen Schicht der Zivilisiertheit aus, unter der alle Formen primitiver Strebungen wach seien.

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5
Q

Ein Konflikt Konfasst im Kern eine?

A

Bedürfnisproblematik

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6
Q

Was für Konzepte gibt es nach Freud?

A

Triebe, Wünsche, Bedürfnisse, Motive

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7
Q

Triebwünsche sind?

A

Besonders drängende Motivationslagen, die von vitaler, d.h. explizit körperlicher Art sind .
Es sind die dem animalischen nahestehenden Seiten (orale Gier, Aggression, Sexualität), die zu der zivilisierten, kultivierten Seite des Menschen im starken Kontrast steht.
—> periodisch anschwellend und abklingend

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8
Q

Beziehungswünsche meint?

A

. Soziales Miteinander: Wunsch nach emotionalem Kontakt, nonverbalem und sprachlichen Austausch, nach geselligem Miteinander, Zugehörigkeit

. Sicherheit im Bindungssystem: Wunsch nach körperlicher Versorgung und Nahrung, nach Sicherheit und Schutz gegen Gefahren, nach Hilfe und Unterstützung, nach Wärme, Sicherheit, Geborgenheit

. Anregung und Gewährenlassen:
Wunsch nach Stimulation, Anregung, Anleitung, nach Freiraum für die eigenen Handlungsversuche
. Zuneigung und Bestätigung
—> dauerhaft vorhanden, geringe Schwankungen

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9
Q

Bedürfnisse des Selbst: Was gehört dazu?

A

Zu den Bedürfnissen des Selbst gehört es, sich von Zeit zu Zeit von der Objektwelt abzuwenden, sich auf sich zurückzuziehen, sich etwas Gutes zu tun oder sich reflexiv mit sich selbst zu beschäftigen.
Bedürfnisse des Selbst: Ein Selbst sein – Autonom sein – Sich abgrenzen – Über sich verfügen – Für sich sein – Eine Identität entwickeln – Authentisch sein – Selbstwert beanspruchen – Seine Würde bewahren
—> Gelegentlich spürbar werdend

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10
Q

Grundorientierung: Psychoanalytisches Modell - Was sind die Verfahren?

A

Psychoanalytische Verfahren

Tiefenpsychologisch fundierte Verfahren

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11
Q

Zur Sprache: Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie - wird diese Aussage verwendet?

A

Die Kategorie „Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie“ wurde 1967 in Deutschland durch die Einführung der Richtlinien-Psychotherapie geprägt. Diese Kategorie wird ausschließlich im deutschen Sprachraum verwendet.
Die Bezeichnung »Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie« ist im internationalen Sprachgebrauch ungebräuchlich.
International spricht man eher von der »psychodynamischen Psychotherapie«.

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12
Q

Was sind die Unterschiede zwischen Analytischer Psychotherapie und Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie?

A

TABELLE ANGUCKEN, KLIPS 2!!! (wichtig)

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13
Q

5 Achsen im OPD 2

A

Achse I: Krankheitsleben und Behandlungsvoraussetzungen

Achse II: Beziehung

Achse III: Konflikte

Achse IV: Strukturniveau

Achse V: psychische und psychosomatische Störungen in Bezug auf ICD 10 und DSM V

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14
Q

Drei grundlegende Psychodynamische Entstehungs und Behandlunsmodelle:

A
  1. Modell der Traumatischen Informationsverarbeitung (Traumamodell)
    –> Integration traumatisch bedingter Abspaltungen
  2. Modelle der Ich strukturellen Defizite (Strukturmodell)
    –> Nachentwicklung struktureller Ich Funktionen
  3. Modell der unbewussten Konflikte (Konfliktmodell)
    –> Bewusstmachung/Bearbeitung der Konflikte
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15
Q

Symptomauslösende Konfliktlagen, entspringen oft aus?

A

Symptomauslösende Konfliktlagen, entspringen oft aus Veränderungen der Lebenssituation, wie sie – oft undramatisch– im Laufe des Lebens immer wieder auftauchen:
—> z.B. Veränderungen in der Berufssituation, Erkrankung, Unfall, Todesfall, Pandemie,, Arbeitslosigkeit, Hochzeit, Scheidung, Elternschaft, Hausbau, Migration, Flucht ….

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16
Q

Es kann sich bei den symptomauslösenden Konfliktlagen auch um so genannte?

A

Es kann sich bei den symptomauslösenden Konfliktlagen auch um so genannte Schwellensituationen angesichts von alterstypischen Entwicklungsaufgaben handeln.
—> z.B. erster Schulbesuch, Abschluss der Schule, Berufsanfang, Verselbstständigung, erste Partnerschaft, …. erstes Jahr in Rente

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17
Q

Vier entwicklungsbedingte Grundbedürfnisse

A
  1. 0 LM - 6 LM
    –> Bedürfnis nach Nähe
    Aufbau des Beziehungs und Kommunikationssystems
  2. 6 LM - 18 LM
    –> Bedürfnis nach Bindung
    Aufbau des Bindungssystems
  3. 2 LJ - 3 LJ
    –> Bedürfnis nach Autonomie
    Aufbau des Autonomiesystems
  4. 3 LJ - 6 LJ
    –> Bedürfnis nach Identität
    Aufbau des Identitätssystems
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18
Q

Grundkonflikt nach Nähe (Erstes Halbjahr) Konflikt?

A

Wunsch nach Nähe versus Angst vor Überwältigung

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19
Q

Grundkonflikt der Bindung (2 Halbjahr bis 2 Lebensjahr) Konflikt?

A

Verlangen nach einem halsgebenden Idealen Objekt versus Objektenttäuschung - Entwertung - Vermeidung

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20
Q

Grundkonflikt der Autonomie (2-3 LJ) Konflikt?

A

Autonomiewunsch versus Objektverlustangst

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21
Q

Grundkonflikt der Identität (3-6 LJ) Konflikt)

A

Bedürfnis eigene Identität zu leben versus Anpassung an Erwartungen und Verbote anderer

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22
Q

Grundkonflikte

Entwicklungsschritte:

A

Aufbau des Beziehungs- und Kommunikationssystems
Aufbau des Bindungssystems
Aufbau des Autonomiesystems
Aufbau des Identitätssystem

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23
Q

Mögliche Störungsfolgen:

A

Grundkonflikt der Nähe (Strukturelle Vulnerabilität)
Grundkonflikt der Bindung (Strukturelle Vulnerabilität)
Grundkonflikt der Autonomie (Strukturelle Vulnerabilität)
Grundkonflikt der Identität

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24
Q

Grundkonflikte nach Rudolf beziehen sich auf?

A

Grundkonflikte nach Rudolf beziehen sich auf kindlichen Beziehungserfahrungen und die dazugehörigen Entwicklungsaufgaben, Wünsche, Affekte und Abwehrstrategien.

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25
Q

Das psychodynamische Konfliktmodell

Das traditionelle psychodynamische Konfliktmodell besagt,

A

 dass Triebimpulse oder Beziehungswünsche in der Kindheit zu negativen Erfahrungen führen können, d. h. die Erfahrung von wichtigen Beziehungspersonen zurückgewiesen, übersehen, verachtet oder bestraft zu werden, kann die Folge haben, dass negative Affekte von Schmerz, Scham, Angst, Schuld usw. mit dem Wunscherleben verknüpft werden.

 Die negativen Affekte heften sich sowohl auf die zurückweisenden Objekte als auch auf das ohnmächtige zurückgewiesene Selbst mit der Folge, dass die heiklen Wünsche und Impulse gehemmt und die Erinnerungen an die negativen Erfahrungen mit Hilfe von Abwehrvorgängen aus dem bewussten Erleben ferngehalten werden

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26
Q

Neurosenstruktur als Schutzrüstung verbildlicht

A

Die Entstehung der Neurosenstruktur lässt sich auch mit einem Kind vergleichen, dass sich eine Schutzrüstung zulegt, die so schwer ist, dass es in eine groteske Form wachsen muss.
Nach Jahren ist der Körper so verformt, dass das Kind die Rüstung nicht mehr ablegen kann, obwohl die ursprüngliche Bedrohung nicht mehr existiert

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27
Q

Wichtige Unterscheidung: Grundkonflikte vs. aktualisierte Konflikte nach dem OPD 2

A

Grundkonflikte nach Rudolf:
- Grundkonflikt der Nähe
- Grundkonflikt der Bindung
- Grundkonflikt der Autonomie
- Grundkonflikt der Identität

Aktualisierte Konflikte OPD2:
- Abhängigkeit vs Autonomie
- Unterwerfung vs Kontrolle
- Versorgung vs Autarkie
- Selbstwertkonflikte
- Schuldkonflikte
- Odipal Sexuelle Konflikte
- Identitätskonflikte

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28
Q

Individuation versus Autonomie

A

Konflikt zwischen dem Wunsch nach Beziehungen mit ausgeprägter Abhängigkeit und dem Bedürfnis nach emotionaler Unabhängigkeit. Leitaffekt ist die durch Nähe oder Distanz ausgelöste Angst, die um den Grundbestand der Selbstständigkeit kreist

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29
Q

Unterwerfung versus Kontrolle

A

Gehorsam/Unterwerdzbg versus Kontrolle bestimmen die interpersonellen Beziehungen und das innere Erleben

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30
Q

Versorgung versus Autarkie

A

Der Wunsch nach Versorgung und Geborgenheit führen zu starker Abhängigkeit oder werden als Selbstgenügsamkeit und Anspruchslosigkeit abgewehrt

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31
Q

Selbstwertkonflikt

A

Die Frage nach dem Selbstwert ist in jeder Situation von zentraler bedeutung: Bin ich großartig oder gar nichts wert? Damit korrespondiert die überhöhte oder entwertende Sicht auf Objekte

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32
Q

Schuldkonflikt

A

Schuld wird bereitwillig auf sich genommen oder es fehlen Schuldgefühle

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33
Q

ödipal sexueller konflikt

A

Erotik und Sexualität sind im erleben ausgeblendet oder bestimmen alle Lebensbereiche ohne das eine Befriedigung erfolgt

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34
Q

Identitätskonflikt

A

Es besteht Identitätsdissonanz hinsichtlich Zugehörigkeit zu Geschlecht, Generation, sozialen rollen und kulturellen Gemeinschaften

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35
Q

Selbstwertkonflikt – OPD-2 KJ

A
  • Hier geht es um Kinder und Jugendliche, bei denen die Anstrengungen zur Regulierung des Selbstwertgefühls übermäßig stark, in besonderer Weise erfolglos oder deutlich konflikthaft sind
  • Ihr erleben und verhalten werden weitgehend von dem Thema der eigenen Wertigkeit bestimmt und bewegen sich zwischen den Polen geringer vs. übersteigter Objektwert
  • Aktiv: Grandiose Selbstüberschätzung
  • Passiv: Starke Verunsicherung und Ängste vor befürchteten Kränkungserlebnissen
36
Q

Zum AWUK – aktuell wirksamen unbewussten Konflikt

A

Unter dem Druck der auslösenden Situation und seines Konfliktstoffes wird eine individuelle Schwachstelle berührt, so dass die Neurosenstruktur und ihre Abwehr den Grundkonflikt nicht länger im Unbewussten halten können.
Das alte Gleichgewicht wird empfindlich labilisiert oder zerstört und die im Grundkonflikt gespeicherte „Erinnerungsspur“ wiederbelebt, so dass das alte Konfliktthema wieder aufbricht.
Es konstituiert sich der AWUK.

37
Q

Definition von zeitlich überdauernden, (unbewussten) Konflikten in OPD-2

A

Zeitlich überdauernde, unbewusste Konflikte
 sind gekennzeichnet durch festgelegte repetitive Erlebnis- und Konfliktmuster,
 die in entsprechenden Situationen immer wieder zu ähnlichen Verhaltensmustern führen,
 ohne dass dies dem Menschen bewusst wäre.
Zu psychischen Störungen kommt es in dieser Sicht, wenn sog. dysfunktionale Konfliktlösungen vorliegen. Es können keine situativ angemessenen Konfliktlösungen oder Kompromisse gefunden werden.

38
Q

Differenzierung der Störungskonzepte

Was ist mit Strukturniveau und Symbolisierungsfähigkeit gemeint?

A

„Zwei als ätiologisch kausal zu verstehende Ordnungsdimensionen sind für die Vor- hersage der Angemessenheit der unterschiedlichen Behandlungsverfahren und den damit verbundenen Ergebnissen zentral. Die eine bezieht sich auf die Existenz bzw. Nicht-Existenz eines oder mehrerer unbewusster Kernkonflikte und die andere auf das jeweils mögliche Niveau der kognitiv-mentalen Operationen des Patienten. Letzteres wird manchmal Strukturniveau, an anderen Orten Mentalisierungs- oder Symbolisie- rungsfähigkeit genannt.“

39
Q

Ätiologische Voraussetzungen für gestörte psychische Entwicklungen
Das psychodynamische Störungskonzept fokussiert auf?
Maßgeblich für die künftige Entwicklung ist dabei?

A

Das psychodynamische Störungskonzept fokussiert auf lebensgeschichtlich frühe familiäre Belastungserfahrungen, die nachhaltige Stressreaktionen in Gang setzen. Maßgeblich für die künftige Entwicklung ist dabei die Passung zwischen dem individuellen Kind mit seiner genetischen Ausstattung (Vulnerabilität bzw. Resilienz) und den psychosozialen Belastungen in seiner familiären Situation. Dabei werden in unterschiedlichen frühen Lebensabschnitten unterschiedliche Entwicklungsschritte gefördert bzw. gestört.

40
Q

Umweltbelastungen und genetische Vulnerabilität
Welche äußeren Belastungen führen dazu, dass bei einem Kind psychische Fehlent- wicklungen in Gang gesetzt werden?

A

Die einfache Frage verweist auf einen schwieri- gen Kontext, nämlich den der kindlichen Entwicklung und darauf, welche fördernden Voraussetzungen für sie gegeben sein müssen. Noch schwieriger ist im Einzelfall die Frage zu beantworten, welches Ausmaß von emotionalen Belastungen, Entbehrun- gen, Zurückweisungen, Verlusten, körperlicher Vernachlässigung oder Misshandlung bei einem Kind vorliegen muss, damit nachhaltige psychische Fehlentwicklungen im Sinne internalisierter unbewusster Konflikte oder struktureller Defizite einge- leitet werden.

Gleichwohl zeigt sich immer wieder die individuelle Varianz der Störbarkeit bei einzelnen Patienten und das schwer durchschaubare Geflecht von belastenden und protektiven Faktoren in der sozialen Umwelt, so dass im Einzelfall nicht immer ver- lässliche Vorhersagen für eine Fehlentwicklung gemacht werden können. Die soziale Umwelt ist keine konstante Größe, so kann z. B. die selbe Familie einige Jahre später für ein weiteres Geschwister ganz andere Entwicklungsbedingungen zur Verfügung stellen, weil sie dem Kind andere Zuschreibungen macht und es anders behandelt als das vorhergehende. Letzten Endes geht es stets um die Passung zwischen einem individuellen Kind und seiner jeweils gegebenen sozialen Umwelt.

41
Q

Gegenwärtig ist die Tendenz zu verzeichnen, die meisten der erwähnten biographi- schen Belastungen als „traumatisch“ zu kennzeichnen. Damit soll betont werden, dass diese Störungseinflüsse als schwerwiegend und nachhaltig eingeschätzt werden. Die Konsequenz ist jedoch, dass?

A

Gegenwärtig ist die Tendenz zu verzeichnen, die meisten der erwähnten biographi- schen Belastungen als „traumatisch“ zu kennzeichnen. Damit soll betont werden, dass diese Störungseinflüsse als schwerwiegend und nachhaltig eingeschätzt werden. Die Konsequenz ist jedoch, dass dann auch die später resultierende Störung des Erlebens und Verhaltens als Traumafolgestörung verstanden und folglich auch trau- matherapeutisch behandelt wird. Damit erfolgt eine Ausweitung des Traumabegriffs, der ursprünglich als eine sehr spezifische physiologisch-psycholo- gische Reaktion auf eine überwältigende, lebensbedrohliche und nicht verarbeitbare Erfahrung konzipiert ist. Biographisch frühe Belastungen werden dann als „Kom- plextraumatisierung“ interpretiert, wobei angenommen wird, dass sich spezifische Traumafolgen mit strukturellen und konflikthaften Persönlichkeitsentwicklungen verknüpfen und wechselseitig verstärken.

42
Q

Wichtig für das bessere Verständnis individueller Störungen und den Einfluss äu- ßerer Belastung sind die Befunde zur genetischen Vulnerabilität des Kindes:

A

Wichtig für das bessere Verständnis individueller Störungen und den Einfluss äu- ßerer Belastung sind die Befunde zur genetischen Vulnerabilität des Kindes.

  • Hier haben offenbar „Polymorphismen“ in den von beiden Eltern stammenden geneti- schen Allelen einen großen Einfluss auf die Belastbarkeit oder Störbarkeit des Kindes hinsichtlich früh einsetzender Stressreaktionen.
  • Dies ist entscheidend für die phy- siologische und emotionale Ausgeglichenheit des Kindes, d. h. für seine Bereitschaft, entweder ängstlich-erregt bzw. deprimiert zu reagieren oder eine stabile Gelassenheit zu wahren, die nur schwer aus der Ruhe zu bringen ist.
  • So genügt für ein genetisch vulnerables Kind bereits eine mittlere biographische Belastung, um es in seiner Entwicklung zu stören, während ein genetisch stabil ausgestattetes Kind erst unter massiven Belastungen in seiner Entwicklung beeinträchtigt werden kann.
43
Q

Die Zeitfenster der frühen Entwicklung

Die Internalisierung von Konflikten (im traditionell-psychoanalytischen Sinne) er- folgt wann?
Wann geschieht die Grundlegend struktureller Funktionen und was passiert, wenn in dem Zeitfenster der affektive Dialog nicht zustande kommt?

A
  • Die Internalisierung von Konflikten (im traditionell-psychoanalytischen Sinne) er- folgt zu einer Zeit, da das Kind bereits über ausgeprägte kognitive Fähigkeiten in dem Sinne verfügt, dass es Beziehungsprobleme wahrnehmen, sprachlich benennen und problematische Beziehungserfahrungen als narrative Episoden speichern kann.
  • Hingegen geschieht die Grundlegung struktureller Funk- tionen bereits in den ganz frühen Beziehungserfahrungen, die das Baby mit seinen regulating others“ macht. Wenn in diesem Zeitfenster der affektive Dialog nicht zustandekommt, das affektive Reguliertwerden nicht erfahren wird, bleiben basale strukturelle Funktionen unentwickelt
44
Q

Zwischen dem strukturellen und konflikthaften Pol liegen zwei weitere bedeutsame Entwicklungsschritte:

A

Zwischen dem strukturellen und konflikthaften Pol liegen zwei weitere bedeutsame Entwicklungsschritte – die Entwicklung der Bindung und der Autonomie. In diesen Abschnitten entwickeln sich weitere strukturelle Funktionen, aber dieser Zeitraum wird von manchen Therapeuten auch als Entstehungsraum der „frühen Konflikte“ verstanden.

45
Q

Neurobiologische Befunde der Gehirnentwicklung lassen erkennen, dass in der frühen Persönlichkeitsentwicklung unterschiedliche Hirnstrukturen maßgeblich sind:

A
  • Vor- und nachgeburtlich die untere limbische Ebene (Hypothala- mus), in der das Stressmanagementsystem etabliert (oder gestört) wird;
  • in den frühen Lebensabschnitten die mittlere limbische Ebene (Amygdala), in der Bedrohungs- und Angsterfahrungen der frühen Beziehung erkannt und gespeichert werden;
  • in den folgenden Jahren das mesolimbische System, das mittels körpereigener Opioide (Belohnungssystem) die Freude der Bindung und den Schmerz des Verlusts erleben lässt;
  • schließlich von der mittleren Kindheit an der orbitofrontale Cortex, der mittels kognitiver Strukturen die Etablierung sozialer Regeln ermöglicht.
46
Q

Aus den Belastungserfahrungen der frühen Ätiologie lassen sich in der psycho- dynamischen Modellbildung unterschiedliche Konzepte der Pathogenese der krankmachenden inneren Bedingungen) ableiten:

A
  • Entwicklungsdefizite (die Entwicklung struktureller Funktionen wurde nicht gefördert, Grundkompetenzen der Näheregulierung oder Bindung oder Autonomie oder Identität konnten nicht ausgebildet werden),
  • Bedürfnisstau (wichtige menschliche Grundbedürfnisse in Be- ziehungen, Bedürfnisse des Selbst oder Triebwünsche blieben unerfüllt und drängen an),
  • konflikthafte Strukturierung der Persönlichkeit (Aufbau von problematischen Repräsentanzen der Beziehungen, der Objekte, des Selbst, der inneren Normen und Ideale) und dysfunktionale Lösungsversuche (in der Entwicklung von starren Ab- wehrfunktionen oder selbstschädigenden Bewältigungsmustern).
47
Q

Pathogenetische Folgen ätiologischer Belastungen in der frühen Beziehung

A
  • fehlende Entwicklungsförderung
  • strukturelle Fähigkeiten vulnerabel (z. B. Affektregulierung)
  • Grundkompetenzen unsicher (z. B. Bindung, Autonomie)
  • fehlende Befriedigung von Grundbedürfnissen
  • Beziehungsbedürfnisse (z.B. Bindung) unerfüllt
  • Selbstbedürfnisse (z. B. Autonomie, Selbstwert) unerfüllt
  • Triebbedürfnisse (z. B. Oralität, Aggressivität) gestaut
  • fehlende Internalisierung positiver Erfahrungen
  • negative Beziehungsrepräsentanzen
  • negative Objektrepräsentanzen
  • negative Selbstrepräsentanzen
  • pathogene Überzeugungen hohes Ich-Ideal
  • strenges Über-Ich
  • dysfunktionale Abwehr- und Bewältigungsstrukturen
  • „Komplextraumatisierung“
48
Q

Während sich die ersten vier pathogenen Aspekte in der diagnostischen und thera- peutischen Situation ausreichend gut erfassen lassen, stellt die „Komplextraumati- sierung“ ein weitgehend hypothetisches Konstrukt dar. Sie bedeutet:

A

Während sich die ersten vier pathogenen Aspekte in der diagnostischen und thera- peutischen Situation ausreichend gut erfassen lassen, stellt die „Komplextraumati- sierung“ ein weitgehend hypothetisches Konstrukt dar. Sie bedeutet eine spezifisch traumatheoretische Interpretation der frühen Persönlichkeitsentwicklung und ein daraus abgeleitetes Verständnis aktueller psychischer Störung. Eine diagnostische Unterscheidung früher traumatischer Erfahrungen von nicht-traumatischen Belas- tungserfahrungen erscheint derzeit kaum möglich, ebenso wenig wie eine sichere Differenzierung aktueller komplextraumatischer Störung von strukturellen oder konfliktbedingten Störungen.

49
Q

Konfliktbedingte Störungen
Das klassische Konfliktmodell beschreibt?

A
  • Das klassische Konfliktmodell beschreibt die Internalisierung von unlösbar schwierigen Beziehungserfahrungen in der mittleren Kindheit mit der Folge abwehrbedingter Einschrän- kungen des Erlebens und Verhaltens. Diese „Grundkonflikte“ werden als Störungsdisposition mitgetragen und in konflikthaften Situationen des Erwachsenenlebens aktualisiert. Dieses Konzept wurde auf lebensgeschichtlich „frühe“ Konflikte ausgedehnt, die andere, emotional- atmosphärische und nicht narrativ, sondern implizit gespeicherte Beziehungserfahrungen hinterlassen. Die aus den Grundkonflikten aktualisierten Konflikte des Erwachsenenalters sind in der OPD systematisch beschrieben.
50
Q

Das psychodynamische Konfliktmodell
Das traditionelle psychodynamische Konfliktmodell besagt, dass

A

Das traditionelle psychodynamische Konfliktmodell besagt, dass
Triebimpulse oder Beziehungswünsche in der Kindheit zu negativen Erfahrungen führen können, d. h. die Erfahrung von wichtigen Beziehungspersonen zurückgewiesen, übersehen, verachtet oder bestraft zu werden, kann die Folge haben, dass negative Affekte von Schmerz, Scham, Angst, Schuld usw. mit dem Wunscherleben verknüpft werden. Die negativen Affekte heften sich sowohl auf die zurückweisenden Objekte als auch auf das ohnmächtige zurückgewiesene Selbst mit der Folge, dass die heiklen Wün- sche und Impulse gehemmt und die Erinnerungen an die negativen Erfahrungen mit Hilfe von Abwehrvorgängen aus dem bewussten Erleben ferngehalten werden

51
Q

Eine Auflistung möglicher biographischer Belastungsfaktoren enthält unterschiedliche Konstellationen:

A
  • eine konflikthafte Beziehungsgestaltung in der Elternfamilie, welche das Kind emotional überfordert
  • psychische oder soziale Belastungen der Bezugspersonen, wodurch das Kind emotional vernachlässigt und in seiner Entwicklung zu wenig gefördert wurde
  • psychische oder soziale Belastungen in der Elternfamilie, aufgrund derer das Kind ungeschützt blieb, körperlich vernachlässigt, misshandelt oder sexuell miss- braucht wurde
  • schicksalshafte Belastungen wie Personenverluste, Erkrankungen, Unfälle, denen das Kind ausgesetzt war
  • Vulnerabilität des Kindes durch Teilleistungsstörungen oder angeborene Miss- bildungen
  • transgenerative Weitergabe von traumatischen Erfahrungen in der Familie
52
Q

Unter dem Einfluss solcher Belastungserfahrungen kann eine Persönlichkeitsent- wicklung in Gang gesetzt werden, die in der Regel mit dem psychoanalytisch-his- torischen und heute eigentlich nicht mehr gebräuchlichen Begriff „neurotisch“ charakterisiert wird. Diese Entwicklung ist nach außen erkennbar durch:

A
  • fehlende Verfügbarkeit über Grundkompetenzen (Sicherheitsgefühl, Gebunden- heitsgefühl, autonome Handlungsfähigkeit, Identitätsgefühl)
  • andrängende Bedürftigkeit, die hinter der Abwehr durchschimmert oder gele- gentlich durchschlägt
  • ausgeprägtes Abwehrverhalten, das den Patienten im Spielraum seines Verhaltens einengt und ihn viel seelische Energie kostet
  • negative Beziehungserwartungen im Sinne pathogener Überzeugung vom eige- nen Unglück, eigener Erfolglosigkeit, Beziehungslosigkeit einschließlich negativer Selbstbewertung und Tendenzen der Selbstkritik, Selbstbestrafung
  • zwiespältige Beziehungserwartungen, bestehend aus idealisierenden Hoffnungen bei gleichzeitiger Gewissheit der Enttäuschung, des Zurückgewiesenwerdens und des Scheiterns
  • unbewusste Tendenz, neue Beziehungen im Sinne der genannten Einstellungen zu gestalten und dadurch das zentrale Konfliktthema zu inszenieren (Übertra- gungsbereitschaft)
53
Q

Durch Maßnahmen der Abwehr werden aus der bewussten Wahrnehmung fernge- halten:

A
  • unerfüllte, andrängende, objektgerichtete Bedürfnisse kindlicher Art (Sehnsüchte nach Geborgenheit, Zuneigung, Anerkennung)
  • negative Affekte bezogen auf die Einstellung zu wichtigen Objekten (Angst,
    Scham, Ärger, Enttäuschung)
  • negative Selbstbewertung (Zweifel am eigenen Wert, an der eigenen Kompetenz) neben Aspekten der Selbstidealisierung
  • negative Objektbilder (zurückweisende, entwertende, strafende Einstellungen der Objekte) neben Objektidealisierung
  • pathogene Überzeugungen (bzgl. Abgelehntsein, Scheitern, Misserfolge etc.)

Im beobachtbaren Verhalten wird das Nicht-Handeln, Nicht-Fühlen, Nicht-Erin- nern des Patienten erkennbar, psychodynamisch als unbewusstes Nicht-Wollen bzw. Vermeiden-Wollen verstanden. Das dahinterliegende Abgewehrte der Wünsche und Affekte ist hingegen schwerer zu erkennen und oft nur zu vermuten.

54
Q

Konflikte: bewusst versus unbewusst; aktualisiert versus Grundkonflikt
Wann wird von Unbewussten Konflikten gesprochen?

A

Von unbewussten Konflikten wird gesprochen, wenn eine Person von motivationalen Einstellungen bewegt wird, die ihr selbst nicht bewusst sind und in denen widerstrei- tende innere Einstellungen zusammenstoßen.

55
Q

Auch bewusste Konflikte sind durch widerstreitende Gefühle und Intentionen gekennzeichnet:

A

Soll eine junge Erwachsene bei ihren Eltern wohnen bleiben, wo sie sich gut versorgt, aber nicht als Erwachsene ernst genommen fühlt, oder soll sie eine eigene Wohnung am Studienort beziehen, wo sie selbst entscheiden kann, aber auch häufig allein ist und alles selbst machen muss? In einer bewussten Antinomie des Erlebens sollte sich die betreffende Person irgendwann für das eine oder das andere entscheiden können. Ein unbewusster Konflikt läge bei der jungen Frau vor, wenn sie beispielsweise aus unbewussten Schuldgefühlen gegenüber der dann „im Stich gelassenen“ Mutter oder aus eigenen Verlassenheitsängsten den Schritt nach draußen nicht wagte.

56
Q

Der Grundkonflikt bedeutet also?

A

Der Grundkonflikt bedeutet also ein biographisch verstehbares dysfunktionales Muster des Selbsterlebens, der erlebten Beziehungen, der eigenen Beziehungser- wartungen und eigenen aktiven Beziehungsgestaltung. Er resultiert aus familiären Beziehungserfahrungen, die das Kind in eine unlösbare Konfliktlage und kaum erträgliche Gefühlslage versetzt hatten. Eine Konstellation, bei deren Lösung oder Bewältigung die Eltern, die das Kind in jenem Alter zur Problemlösung und Affekt- regulierung benötigen würde, nicht hilfreich wirkten, weil sie selbst wesentlicher Teil des Problems waren.

57
Q

Was besagt die psychoanalytische Abwehrtheorie? Beispiel Kind unlösbare Konfliktlage

A

Das Kind bleibt in diesem Beispiel (unlösbare Konfliktlage) auf seinen vielfältigen heftigen Affekten sitzen (Angst vor Verlust beider Eltern, Schuldgefühl wegen des elterlichen Unglücks, überforderndes Pflichtgefühl gegenüber der Mutter, verbotene Anhänglichkeit an den ungetreuen Vater, Ärger wegen der eigenen Einengung, Sehnsucht nach kindlicher Geborgenheit in einer heilen Familie usw.). Die psychoanalytische Abwehrtheorie besagt, dass diese Affekte und Bedürfnisse so leidvoll, ängstigend und schuldgetönt sind, dass sie im Interesse des seelischen Gleichgewichts aus dem bewussten Erleben beseitigt werden.

58
Q

Das Entwick- lungsalter des 3. bis 6. Lebensjahrs beinhaltet den Aufbau von?

A

Das Entwick- lungsalter des 3. bis 6. Lebensjahrs beinhaltet den Aufbau von Autonomie (unter der Voraussetzung einer erworbenen sicheren Bindung) und sodann den Aufbau von psychosexueller Identität (unter der Voraussetzung von verfügbarer Bindung und Autonomie). In der beschriebenen familiären Trennungsproblematik dürfte für das Kind beides schwer zu erlangen sein. Ein neugieriges, lustvolles, autonomes Funktionieren würde die Gewissheit voraussetzen, sich jederzeit auf die sicheren Bindungspersonen beziehen zu können, ehe die Welt weiter exploriert und erobert wird. Diese Sicherheit ist bedroht durch den Vater, der weg will, und die Mutter, die zunehmend depressiv verschwindet.

59
Q

Das kleine Mädchen, das sich in den Dienst der mütterlichen Affektregulierung gestellt hat und für sie Verantwortung übernimmt, kann auf der Ebene der psy- chosexuellen Identitätsbildung?

A

Das kleine Mädchen, das sich in den Dienst der mütterlichen Affektregulierung gestellt hat und für sie Verantwortung übernimmt, kann auf der Ebene der psy- chosexuellen Identitätsbildung keine eindeutige Rolle als Kind gegenüber der El- terngeneration, als Tochter des gegengeschlechtlichen Vaters, als mit der Mutter identifiziertes Mädchen einüben; es ist in der Mutterbeziehung parentifiziert und muss die Vaterbindung verleugnen.

60
Q

Das psychodynamische Konfliktmodell sieht diese Vorgänge nicht als einzelne von beliebig vielen Lebenserfahrungen, sondern als?

A

Das psychodynamische Konfliktmodell sieht diese Vorgänge nicht als einzelne von beliebig vielen Lebenserfahrungen, sondern als entscheidend wichtige, die innere Verfassung des Selbst und die künftigen Beziehungserwartungen prägende Erfah- rung, die ihre konflikthafte Sprengkraft über die Zeit hinweg bewahrt und die als mitgetragene Disposition später in Konflikte der Jugend und des Erwachsenenalters einfließen kann.

61
Q

Diese Dispositionen verknüpfen sich mit … und … des Erwachsenenlebens, z. B. in der Partnerschaft oder im Beruf, was dann zur Aktualisierung des … unter neuen Lebensbedingungen führt. An- drängende Bedürfnisse und vorweggenommene Enttäuschungen gelten jetzt nicht mehr den konkreten Elternfiguren, sondern?

A

Diese Dispositionen verknüpfen sich mit Lebenskonflikten und Beziehungsproble- men des Erwachsenenlebens, z. B. in der Partnerschaft oder im Beruf, was dann zur Aktualisierung des Grundkonflikts unter neuen Lebensbedingungen führt. An- drängende Bedürfnisse und vorweggenommene Enttäuschungen gelten jetzt nicht mehr den konkreten Elternfiguren, sondern sie werden auf wichtige Personen des Erwachsenenlebens übertragen (auf den Partner, die beruflichen Vorgesetzten, die eigenen Kinder usw.).

62
Q

Wann wird die Unterscheidung von Grundkonflikten und aktualisierten Konflikten bedeutsam?

A

Die Unterscheidung von Grundkonflikten und aktualisierten Konflikten wird später im Zusammenhang mit der Therapieplanung bedeutsam, denn als Aufgabe der tiefenpsychologischen Psychotherapie ist definiert, den aktua- lisierten Konflikt bewusst zu machen und durchzuarbeiten, während die analytische Psychotherapie bis zu den Grundkonflikten zurückgreift und diese in der Übertra- gung durchzuarbeiten sucht.

63
Q

Wie aber ist die Situation bei jenen Grundkonflikten, die sich in vorsprachlichen Entwicklungsstufen und vor der Entwicklung selbstreflexiver Fähigkeiten ereignet haben?

A

Bis dorthin reicht die Erinnerung des erwachsenen Patienten nicht zurück und es ist nicht mit narrativen Abspeicherungen im expliziten Gedächtnis zu rech- nen. Was ist von den frühen Belastungserfahrungen geblieben, wo und wie werden sie gespeichert, sollte man diese frühen Erfahrungen überhaupt Konflikt nennen? In der Tat sind die „frühen“ Grundkonflikte des vorsprachlichen Alters keine Konflikte im oben definierten engeren Sinn. Nehmen wir als Beispiel den depres- siven Grundkonflikt , so ist leicht zu erkennen, dass das Kleinkind im ersten Lebensjahr zunehmend auf die zentralen Bezugspersonen ausgerichtet ist, im Kontakt mit ihnen emotional verlebendigt wird bzw. schmerzlicher Unlust ausgeliefert ist, wenn es sie über die Maßen entbehrt. In diesem Alter erlaubt die zunehmende kognitive Reifung mehr und mehr das Wiedererkennen der wichtigsten Beziehungspersonen. Das ebenfalls heranreifende Belohnungssystem des Gehirns unterlegt die vertrauten Interaktionen mit Freudeaffekten oder mit Unlust, wenn sie nicht zustandekommen. Als Erwachsene können wir beim Kleinkind das verzwei- felte, schmerzliche Verlassensein und die zunehmende Resignation beim Verlust der wichtigen Person beobachten. Wir können uns die sehnsüchtig-bedürftige, hungrige, ungetröstete Gestimmtheit eines allein gelassenen, unreifen Selbst vorstellen. Aber freilich ist das die Sichtweise und psychische Zuschreibung von Erwachsenen, die bei dem Kind Beziehungswünsche, Enttäuschungserfahrungen oder Konflikte zwischen widerstreitenden Wünschen zu spüren glauben.

64
Q

Die moderne Entwicklungspsycho- logie betont für die Entwicklung des Babys und Kleinkindes den interaktionellen Aspekt:

A

Mutter und Kind kommunizieren aktiv handelnd und in dieser wechselsei- tigen Bezogenheit bilden und entwickeln sich „motivational-funktionale Systeme“ (Lichtenberg 1991). Die affektiv-kognitiven Erfahrungen des Kindes werden aus dieser Sicht als „generalisierte Interaktionsrepräsentanzen“ internalisiert und färben das „implizite Beziehungswissen“ des Kindes (Stern 1992), das von positiven oder auch von negativen Erfahrungen geprägt sein kann. Für die nicht sprachfähigen, nicht reflexionsfähigen frühen Entwicklungsabschnitte des Kindes wird eine impli- zite Speicherung von Beziehungserfahrungen als ganzheitliche Gestalt angenom- men, stark affektiv getönt, mehr atmosphärisch-medial, noch nicht differenziert in umschriebene Selbst- und Objektrepräsentanzen, die sich erst später ausbilden. Vertreter der Selbstpsychologie haben diese Konzepte, insbesondere Lichtenbergs Modell der motivationalen Systeme aufgegriffen, „die mit ihrem ganzen Potential an Affekten, Bedürfnissen, Phantasien und Handlungsabläufen“ in das Selbst integriert werden

65
Q

In diesem Konzept wird das frühe Selbst nicht nur „embodied“ (d. h. psychisch und körperlich zugleich) gedacht, sondern?

A

In diesem Konzept wird das frühe Selbst nicht nur „embodied“ (d. h. psychisch und körperlich zugleich) gedacht, sondern auch als „Selbst in Beziehung zum Objekt“, was an die OPD-Definition von Struktur erinnert. Winnicotts Formulierung „there is no such thing as a baby“ soll ausdrücken, dass das kleine Kind nicht als isoliertes Wesen zu sehen ist, sondern als Teil eines Beziehungssystems, das sich wechselseitig ko-konstruiert. Aus diesem System heraus differenzieren sich nach und nach ansatz- weise das kindliche Selbst und der Objektpol seines Erlebens. Durch die spezifischen Interaktionen der Erwachsenen, vor allem durch ihre spiegelnden, markierenden Zuschreibungen, wird es allmählich „psychisiert“.

66
Q

Wenn in solchen Entwicklungsabschnitten familiäre Katastrophen geschehen (z. B. schwere psychische Erkrankungen oder soziale Einbrüche einer Hauptbeziehungs- person), wird das System „…..“ affektiv schwer belastet und? Was leitet die Bindungstheorie daraus ab?

A

Wenn in solchen Entwicklungsabschnitten familiäre Katastrophen geschehen (z. B. schwere psychische Erkrankungen oder soziale Einbrüche einer Hauptbeziehungs- person), wird das System „Selbst in Beziehung zum Objekt“ affektiv schwer belastet und die sich entwickelnde emotionale Objektbindung massiv irritiert. Die Bin- dungstheorie leitet aus diesen Erfahrungen unterschiedliche Bindungsmuster ab, die zwischen sicherer und unsicherer Bindung variieren und über alle folgenden Lebensentwicklungen hinweg das Beziehungsverhalten maßgebend beeinflussen. Die spannungsreichen Affektmuster bleiben erhalten und nachhaltig wirksam, ihre Speicherung erfolgt jedoch auf völlig andere Weise, nämlich implizit, körpernah, atmosphärisch und emotional. Je weiter der angenommene Konflikt in die frühe Kindheit zurückreicht, desto diffuser werden zwangsläufig die inneren Bilder vom Selbst, seinen Wünschen und seinen Objekten, hier kann nur Affektiv-Atmosphäri- sches oder Bedürfnishaftes erlebt werden. Sicher liefert dieses Erleben Hinweise auf mögliche problematische Beziehungserfahrungen mit bestimmten Personen, aber es erscheint dennoch nicht unproblematisch, wenn diese diffusen atmosphärischen Eindrücke vom Therapeuten mit Hilfe seiner Gegenübertragungsphantasien mit konkreten Beziehungsinhalten gefüllt werden. Diese Problematik zeigt sich ganz besonders dort, wo nicht nur auf frühe Konflikterfahrungen, sondern auf frühe Traumatisierungen Bezug genommen wird

67
Q

Die Grundkonflikte im Überblick
Die Auflistung der Grundkonflikte erfolgt unter der im vorigen Abschnitt abgeleite- ten Voraussetzung, dass sie sehr unterschiedlich sind: Um Konflikte im engeren und klassisch psychoanalytischen Sinne handelt es sich lediglich bei?

A

dem Grundkonflikt der Identität. Bei den übrigen „frühen“ Konfliktthemen stehen zunehmend weniger die spezifischen Impulse des Kindes im Vordergrund als vielmehr die verschiedenen Entwicklungsaufgaben.

68
Q

Wenn die Entwicklungsaufgaben erfüllt werden, dann? Unter ungünstigen Beziehungsbedingungen passiert was?

A

Wenn die Entwicklungsaufgaben erfüllt werden, tritt das Kind in eine jeweils neue Lebensform ein und es stehen ihm jeweils neue Grund- kompetenzen zur Verfügung. Unter ungünstigen Beziehungsbedingungen werden die Entwicklungsaufgaben nicht bewältigt und die neuen Kompetenzen nicht ausgebildet mit der Folge, dass die Funktionsweisen früherer Entwicklungsstufen vorherrschend bleiben.

69
Q

Was ist bestimmend für die Konfliktaktualisierung im Erwachsenenleben?

A

Bestimmend für die Konfliktaktualisierung im Erwachsenenleben ist die Internalisierung von atmosphärischen affektiv-kognitiven Mustern, welche das im- plizite Beziehungswissen des Kindes inhaltlich bestimmten und sich auf alle späteren Erfahrungen prägend auswirken – weniger indem sie sie mit konkreten Inhalten füllen, als dass sie sie affektiv einfärben.

70
Q

Der Grundkonflikt der Identität (etwa 3. bis 6. Lebensjahr): Entwicklungsaufgabe, Grundkompetenz, Störungsfolgen

A
  • Entwicklungsaufgabe: als Selbst in einer eigenen psychosexuellen und sozialen Rolle authentisch sein dürfen und entsprechend variable Beziehungen leben können (als Mitglied der Kindergeneration in Beziehungen zur Eltern- und Groß-lterngeneration, als Tochter/Sohn in Beziehungen zu Mutter/Vater/Großeltern,
    als Kind zu Geschwistern, Freunden, Fremden usw.)
  • Grundkompetenz: über eine eindeutige psychosexuelle und soziale Identität des
    Selbst verfügen können und darin anerkannt werden
  • Störungsfolgen:
    – unbewusste andrängende Bedürfnisse: in der jeweiligen Identität gesehen,
    akzeptiert, bewundert, geliebt zu werden
    – unbewusste Angst: in den eigenen Identitätsaspekten nicht angenommen,
    sondern abgelehnt zu werden
    – unbewusste negative Affekte: Beschämung, Verwirrung, bedrohliche Ero-
    tisierung
    – Erleben/Verhalten (von außen gesehen): Rollenhaftigkeit, Kindlichkeit oder
    aufgesetzte Weiblichkeit/Männlichkeit, Emotionalisierung, Sexualisierung,
    narzisstische Züge
    – aktualisierte Konflikte (OPD): ödipaler Konflikt, Identitätskonflikt
71
Q

Der Grundkonflikt der Autonomie (etwa 2. bis 3. Lebensjahr): Entwicklungsaufgabe, Grundkompetenz, Störungsfolgen

A
  • Entwicklungsaufgaben: unter der Voraussetzung sicherer Objektbindung unab- hängig vom Objekt nach eigenem Willen handeln und entscheiden, daran fest- halten, sich damit durchsetzen, sich abgrenzen, explorieren, dominieren, Macht und Willkür ausüben können
  • Grundkompetenz: der eigenen Neugier folgend mit Funktionslust selbstbe- stimmt wollen und handeln können
  • Störungsfolgen:
    – unbewusst andrängende Impulse: willkürliche, von starken Affekten beglei-
    tete Handlungsimpulse, die auch aggressiv, destruktiv oder „anal“ geprägt
    sein können
    – unbewusste Angst: die Selbstverfügbarkeit und die wohlwollende Zustim-
    mung der Objekte verlieren
    – unbewusste negative Affekte: Angst (vor der eigenen Impulsivität), Wut (ge-
    gen die verbietenden Objekte), Schuld (wegen eigener aggressiv-destruktiver
    Impulse)
    – Erleben/Verhalten (von außen gesehen): Verzicht auf selbstbestimmtes,
    emotional belebendes Handeln zugunsten einer ängstlichen, sicherheitssu-
    chenden oder an zwanghaften Prinzipien orientierten Einstellung
    – aktualisierte Konflikte (OPD): Unterwerfung vs. Kontrolle, Schuldkonflikt
72
Q

Der Grundkonflikt der Bindung (depressiver Grundkonflikt) (etwa 2. Halb- jahr bis 2. Lebensjahr): Entwicklungsaufgabe, Grundkompetenz, Störungsfolgen

A
  • Entwicklungsaufgabe: Sicherheit und Versorgung finden beim verlässlich ver- fügbaren Objekt, sich dadurch liebenswert fühlen

*Grundkompetenz: mit Hilfe der wichtigen Objekte ein Gefühl von Sicherheit, emotionaler Lebendigkeit, Liebenswertheit, körperlichem Wohlbefinden erlangen

  • Störungsfolgen:
    – unbewusst andrängende Impulse: sehnsüchtiges Verlangen nach idealisier-
    ten Objekten, wütendes Zurückstoßen der enttäuschenden Objekte
    – unbewusste Angst: das wichtige Objekt verlieren
    – unbewusste negative Affekte: Schmerz, Verzweiflung, Hilflosigkeit, Enttäu-
    schungswut
    – Erleben/Verhalten (von außen gesehen): dependente, Sicherheit in Bezie-
    hung suchende Einstellung oder zwiespältig ambivalentes Beziehungsverhal-
    ten oder ängstlich Beziehung vermeidende Einstellung
    – Aktualisierter Konflikt (OPD): Versorgung vs. Autarkie
73
Q

Zur Strukturentwicklung im depressiven Grundkonflikt: Wofür bildet diese Entwicklungsstufe die Grundlage?

A

Diese Entwicklungsstufe bildet (ebenso wie die vorangehende) zugleich die Grundlage für die strukturelle Entwicklung des Kindes. Störungen der frühen Beziehung, speziell durch emotionale und physische Vernachlässigung, haben daher nicht nur negative Auswirkungen auf die Entwicklung der Bindung, sondern auch massive Folgen für die eingeschränkte Entwicklung struktureller Funktionen, die nur in einigermaßen tragfähigen frühen Beziehungen aufgebaut werden können. Wir müssen also klinisch bei der Aktuali- sierung des depressiven Grundkonfliktes mit dem Vorliegen struktureller Störungen bzw. struktureller Vulnerabilität rechnen.

74
Q

Der „Grundkonflikt der Nähe“ (erstes Halbjahr)

A
  • In diesem Entwicklungsabschnitt wird die Polarisierung von Selbst und Objekt in Ansätzen konstituiert.
  • Zwischen beiden wird eine kommunikative Brücke errichtet und Nähe und Distanz werden reguliert. Man kann dieses Geschehen in seiner Pola- risierung von Nähebedürfnis und Distanzierungswunsch ebenfalls als Grundkonflikt verstehen.
  • Da in der frühen Beziehung aber insbesondere strukturelle Funktionen geweckt und entwickelt werden, würden wir heute den ätiologischen Akzent eher auf die strukturellen Aspekte als auf die Konfliktthematik setzen und diese Phänomene im Zusammenhang mit der strukturellen Entwicklung beschreiben. Das hat insbe- sondere den Vorteil, dass die therapeutische Aufgabe der strukturellen Förderung unterstrichen wird.
  • Gleichwohl wird in der OPD-Beschreibung des Individuations-Abhängigkeits- Konflikts der konflikthafte Aspekt unterstrichen; er betrifft die tiefsitzende Angst, die basale Beziehung zu einem Objekt oder die Beziehung zu sich selbst zu verlieren versus sich, in Abgrenzung dazu, betont autonom zu entwickeln. Es hat allerdings den Anschein, dass eine konfliktaufdeckende Bearbeitung dieser Thematik, die sich nicht zugleich aktiv um die Förderung der strukturellen Defizite bemüht, nur begrenzt effektiv ist.
75
Q

Die aktualisierten unbewussten Konflikte: Worin liegt der gemeinsame Nenner alle Anhänger*Innen der psychoalyse?

A
  • Es gibt in der psychoanalytischen Tradition keinen Konsens über die Systema- tik der unbewussten Konflikte. Manche betonen die Triebkonflikte der sexuellen Libido (Freudianer) bzw. der Aggression (Kleinianer), andere unterstreichen die Bedeutung von sozialen Konflikten (Adlerianer) oder von Konflikten der Persön- lichkeitsentwicklung und -reifung (Jungianer). Der gemeinsame Nenner liegt in der Annahme unbewusster innerer Spannungen, unabhängig von den Konfliktthemen.
76
Q

Was ist das wesentliche Bestimmungsmerkmal eines Konflikts?

A

Das wesentliche Bestimmungsmerkmal eines Konflikts generell ist seine Polarität, d.h. die spürbare Spannung zwischen zwei Polen des unbewussten Erlebens, z.B. beim Selbstwertkonflikt der Pol der Selbstzweifel („Immer wieder erweise ich mich als minderwertig“) gegenüber dem Pol der Selbstidealisierung („Eigentlich bestätigt sich immer wieder meine Großartigkeit“). Diese Art der inneren Polarisierung gilt es diagnostisch zu fassen, um auf einen unbewussten Konflikt schließen zu können.

77
Q

Jeder Konflikt kann nach OPD in einem vorwiegend …. Modus (Vorherr- schen der Bedürftigkeit) oder einem …. Modus (Vorherrschen der Abwehr und kompensatorische Gegenbewegung) vorliegen.

A

Jeder Konflikt kann nach OPD in einem vorwiegend passiven Modus (Vorherr- schen der Bedürftigkeit) oder einem aktiven Modus (Vorherrschen der Abwehr und kompensatorische Gegenbewegung) vorliegen.

78
Q

Konfliktaktualisierung und Symptombildung
Das psychodynamische Verständnis des unbewussten Konflikts ist deshalb so wichtig, weil?

A

Das psychodynamische Verständnis des unbewussten Konflikts ist deshalb so wich- tig, weil es heuristisch nicht nur das „neurotische“ Erleben und Verhalten des Pa- tienten in seiner Dauerhaftigkeit erklärt, sondern vor allem auch den Vorgang der aktuellen Erkrankung und Symptombildung plausibel machen kann. In dem früh erworbenen Grundkonflikt ist die lebensbestimmende Konfliktthematik festgelegt, die entweder als konkretes Beziehungsskript (bei reifen Grundkonflikten) oder als emotional-atmosphärische Grundeinstellung (bei frühen Grundkonflikten) die unbewussten pathogenen Überzeugungen prägt und in den alterstypischen Lebens- schwierigkeiten des Erwachsenenalters die alten Konfliktthemen in neuer personeller Besetzung inszeniert.

79
Q

Auch der so aktualisierte Konflikt kann sich zunächst nur in den neurotischen Lebensstilen des Verhaltens und Erlebens äußern, ehe es zu …. kommt. Die Beschreibungen des klassischen Konfliktmodells besagen, dass :

A

Auch der so aktualisierte Konflikt kann sich zunächst nur in den neurotischen Lebensstilen des Verhaltens und Erlebens äußern, ehe es zu einer kritischen Desta- bilisierung des Systems und damit zur manifesten Symptombildung kommt. Die Beschreibungen des klassischen Konfliktmodells besagen, dass nun eine Situation eingetreten sei, in welcher die Abwehr des Patienten labilisiert wurde, so dass z. B. die Verdrängung intensiver Impulse und heftiger Affekte nicht länger aufrechter-halten werden kann.

80
Q

Was wurde früher über die Symptomwahl angenommen?

A

Über die Sym- ptomwahl wurde früher angenommen, dass sie einem umschriebenen Konfliktge- schehen zugeschrieben werden könne. Diese Zusammenhänge haben sich letztlich nicht in der angenommenen Eindeutigkeit bestätigen lassen, vor allem nicht im psychosomatischen Bereich, wo man zunächst eindeutige Störungs- und Konflikt- typen angenommen hatte.

81
Q

Inzwischen richtet sich das Interesse stärker auf Themen des …. und der …. in der Symptombildung und im dahinter liegenden … (z. B. die enttäuschte Bemühung eines objektbedürftigen Selbst bezogen auf verloren- gehende Objekte vor dem Hintergrund depressiver Symptomatik oder die wütende Verzweiflung eines lebenshungrigen Selbst bezogen auf die einengenden Objekte vor dem Hintergrund einer Angstsymptomatik, die freilich auch ganz andere, z. B. strukturell-existenzielle Hintergründe haben kann).

A

Inzwischen richtet sich das Interesse stärker auf Themen des Affektausdrucks und der Affektregulierung in der Symptombildung und im dahinter liegenden Konfliktthema (z. B. die enttäuschte Bemühung eines objektbedürftigen Selbst bezogen auf verloren- gehende Objekte vor dem Hintergrund depressiver Symptomatik oder die wütende Verzweiflung eines lebenshungrigen Selbst bezogen auf die einengenden Objekte vor dem Hintergrund einer Angstsymptomatik, die freilich auch ganz andere, z. B. strukturell-existenzielle Hintergründe haben kann).

82
Q

Die heutige Sicht auf psychische Symptome unterstreicht darüber hinaus ?

A

Die heutige Sicht auf psychische Symptome unterstreicht darüber hinaus die in der Symptombildung liegenden Lösungsversuche für die aktuell zugespitzte Problema- tik (indem z. B. das depressive Symptom nicht nur als Durchbrechen der affektiven Verzweiflung, sondern auch als Hilferuf, Appell, Bitte, Vorwurf, Anklage an das sich abwendende Objekt verstanden wird). Damit ist das Symptom nicht etwas, das möglichst schnell beseitigt werden muss, sondern das als möglicher Indikator für die dahinterliegende Konfliktthematik therapeutisch genutzt werden kann.

83
Q

Das Wichtigste für den Vorgang des Symptomverständnis ist?

A

Das Wichtigste für den Vorgang des Symptomverständnis ist freilich die Erarbeitung des Kontextes zur aktuellen Situation, zu aktuellen Beziehungen und den darin erkennbaren Konfliktthemen. So liegt die Bedeutung weniger im Symptom als in der symptomauslösenden Situation, deren affektive Bedeutung der Patient in der Regel nicht wahrgenommen hatte bzw. die er aufgrund seiner mitgetragenen Internalisie- rungen nicht anders als konflikthaft konstellieren konnte.

84
Q

Darauf bezogen, versteht es sich von selbst, dass die situativen Kontexte der Symp- tomauslösung in jedem Lebensalter völlig andere und auch für Frauen und Män- ner sehr unterschiedlich sein können:

A

Jugendliche, junge und ältere Erwachsene erkranken in verschiedenen Situationen, weil die jeweiligen Altersabschnitte und sozialen Lebensräume sie vor unterschiedliche Entwicklungsaufgaben stellen. Wenn der diagnostische Blick auf die intrapsychische Situation be- schränkt bleibt, resultiert eine gewisse Stereotypie, während die Einbeziehung der sozialen Lebensrealität des Patienten die Problematik und die Erkrankung sehr viel deutlicher werden lässt. Die in der OPD vorgenommene Operationalisierung der ein- zelnen Konflikte veranschaulicht diese Zusammenhänge zwischen innerem Erleben und äußerer Lebensrealität.

85
Q

Das typische klinische Bild konfliktbedinger Störungen lässt folgende Züge erkennen:

A
  • Symptomatik: psychische Symptome (Depression, Ängste, Zwänge), somatofor- me Beschwerden
  • Affekterleben: spezifische Affekte herrschen vor (Ängstlichkeit, Resignation, Enttäuschung, Ärger etc.)
  • Beziehungserleben: sich wiederholende Belastungserfahrungen (Verlassenwer- den, Gekränktwerden, Enttäuschtwerden etc.)
  • Selbsterleben: Selbstentwertung, Selbstüberforderung, Selbstaufopferung etc.
  • Verhalten: Bemühen und Scheitern an immer gleichen Konfliktthemen