Kapitel 8 Zusammenfassung Flashcards

1
Q

Typische Essstörungen im Kindesalter:

A

Neben der Pica im Kindesalter (F 98.3), bei der ungenießbare Dinge gegessen werden (und die unter »Andere Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in Kindheit und Jugend« klassifiziert wird), sind es vor allem die Magersucht (Anorexia Nervosa, F 50.0) und die Ess-Brech-Sucht (Bulimia Nervosa, F 50.2) sowie die atypischen Essstörungen.

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2
Q

Die Unzufriedenheit mit der eigenen Figur und dem eigenen Gewicht ist eine sehr häufige Erfahrung, die Jugendliche und manchmal auch schon Kinder machen. Wozu führt das?

A

Die Unzufriedenheit mit der eigenen Figur und dem eigenen Gewicht ist eine sehr häufige Erfahrung, die Jugendliche und manchmal auch schon Kinder machen. Viele haben aus diesem Grund bereits mindestens eine Diät im Kindes- und Jugendalter durchgeführt, um ihr Gewicht zu reduzieren, gleichwohl sie zu Beginn nicht übergewichtig waren.

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3
Q

Wann wollen Jugendliche vor allem einer Gewichtszunahme entgegensteuern?

A

Vor allem im Rahmen der Pubertät, wenn es entwicklungsbedingt zu körperlichen Veränderungen kommt, wollen Jugendliche einer Gewichtszunahme entgegensteuern.

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4
Q

Wodurch zeichnen sich Essstörungen aus?

A

Essstörungen zeichnen sich dadurch aus, dass Betroffene sich über ein gesundes und natürliches Maß hinaus mit Essen, Figur und Gewicht beschäftigen, dass sie eine gestörte Körperwahrnehmung aufweisen und in ihrer Lebensführung deutlich eingeschränkt sind.

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5
Q

beiden wichtigsten Essstörungen, die in der ICD-10 codiert werden können, sind?

A

Viele Kinder eignen sich schon in einem frühen Alter ein ungesundes Essverhalten an, da sie u.a. dem Schlankheitsideal entsprechen wollen. Die beiden wichtigsten Essstörungen, die in der ICD-10 codiert werden können, sind die Anorexia Nervosa und die Bulimia Nervosa.

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6
Q

Wozu kann unregelmäßiges essen führen?

A

Auch unregelmäßiges Essen kann – gleichwohl es nicht lebensgefährlich ist – zu einer Reihe von Störungen im Körperhaushalt führen.

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7
Q

Wenn Kinder und Jugendliche nicht mehr essen, weil sie sich für zu dick halten oder eine ausgeprägte Furcht davor haben, zu dick zu werden – bei gleichzeitig bestehendem Untergewicht –, spricht man von?

A

Wenn Kinder und Jugendliche nicht mehr essen, weil sie sich für zu dick halten oder eine ausgeprägte Furcht davor haben, zu dick zu werden – bei gleichzeitig bestehendem Untergewicht –, spricht man von einer Anorexia Nervosa (F 50.0).

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8
Q

Der Begriff der Anorexie per se ist nicht gleichbedeutend mit einer psychischen Störung, sondern beschreibt was?

A

Der Begriff der Anorexie per se ist nicht gleichbedeutend mit einer psychischen Störung, sondern beschreibt ein bestehendes Untergewicht bei vorherrschender Appetitlosigkeit. Dieses kann auch durch eine körperliche Erkran- kung (oder ihre Behandlung) verursacht werden.

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9
Q

Was spezifiziert der Begriff “Nervosa?”

A

Erst der zusätzliche Begriff »Ner- vosa« spezifiziert hier, dass es sich um eine psychisch bedingte Störung handelt.

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10
Q

Anorexia Nervosa: Selbstwahrnehmung und Leugnung

A

Jugendliche mit einer Anorexia Nervosa sehen die eigene Figur anders, als sie tatsächlich ist. Ihre Figur hat einen übertriebenen Einfluss auf die Selbstwahrneh- mung und den Selbstwert. Meist geht die Störung einher mit einer Leugnung des Untergewichts. Die Jugendlichen sehen nicht, dass sie psychisch krank sind, sondern erleben sich in ihrem zum Teil erheblichen Untergewicht als gewichtsangemessen und attraktiv.

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11
Q

Anorexia Nervosa und Menstruation

A

Bei Jugendlichen, die bereits ihre erste Menarche hatten, bleibt die Menstruation aus, wenn das Untergewicht dauerhaft bestehen bleibt. Sie sind dann in dieser Zeit unfruchtbar, da der Körper erkennt, dass er bei dem bestehenden Gewicht nicht in der Lage wäre, im schwangeren Zustand ein Kind mitzuversorgen.

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12
Q

Was für Verhaltensmerkmale (Bewegung etc) erleben Betroffene?

A

Meist erleben Betroffene einen hohen Bewegungsdrang, dem sie so oft es geht Folge leisten. Sie wiegen sich exzessiv, beschäftigen sich permanent mit Essen und Nahrung, erstellen Kalorientabellen und kennen sich bestens aus mit den Inhaltsstoffen und Kalorien von verschiedensten Nahrungsmitteln. Sie essen nicht gerne in der Öffent- lichkeit, bekochen dafür andere gerne.

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13
Q

Anorexia Nervosa: Schließlich zeigen sie einen merkwürdigen Umgang mit Nahrungsmitteln:

A

sie verstecken Lebensmittel vom Teller in ihrer Kleidung, damit sie sie nicht essen müssen, »verkrümeln« sie in den Taschen oder verstecken sie in den Backen. Bei Jugendlichen mit Diabetes mellitus kommt es vor, dass sie die Insulingaben absichtlich reduzieren, um dem Körper dadurch weniger Kalorien zuzuführen (Insulin-Purging).

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14
Q

Anorexia Nervosa: Die ICD-10 unterscheidet zwei Subtypen:

A

einen restriktiven Typ, bei dem keine aktiven Maßnahmen wie Erbrechen, Abführ- mittel, Laxantien ö. ä. angewandt werden, und einen bulimischen Typ, bei dem aktive Gegenmaßnahmen angewendet werden, um eine Gewichtszunahme zu vermeiden. Bei beiden Subtypen besteht ein deutliches Untergewicht.

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15
Q

Anorexia Nervosa: Die Unterversorgung des Körpers aufgrund der mangelhaften Nahrungszufuhr führt zu einer Reihe biologischer Konsequenzen (neben der Unfruchtbarkeit):

A

den betroffenen Jugendlichen können Haare ausfallen, Wasser lagert sich im Gewebe ein (Ödeme) und Magenfunktionsstörungen treten auf. Je länger und je früher (z.B. bei präpubertalem Beginn) der Mangelzustand anhält, desto ausgeprägter sind die biologischen Konsequenzen. Auch die Knochendichte kann sich ändern (Osteoporose), der Grundumsatz verringert sich und die Temperaturregulation ist gestört (Herpertz-Dahlmann, 2015). Untergewichtige Menschen frieren daher häufig und müssen sich entsprechend warm anziehen. Manche dieser körperlichen Begleiterscheinungen bilden sich wieder zurück, wenn das Gewicht sich normali- siert, andere tun das nicht vollständig (z. B. die Knochendichte). Diese psychische Störung schädigt daher – mitunter dauerhaft – die körperliche Funktionsfähigkeit.

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16
Q

Bulimia Nervosa.
Wobei handelt es sich bei dieser Störung?

A

Betroffene Jugendliche und junge Erwachsene haben häufige Episoden von Essattacken, wobei in einem kurzen Zeitraum eine große Menge – meist kalorienreicher – Nahrung verzehrt wird. Oft erleben die Betroffenen einen deutlichen Kontrollverlust über das Essen in dieser Zeit. Sie denken, sie hätten keine Kontrolle mehr über die Art und Menge der Nahrungsaufnahme und sie können bei einer Essattacke tatsächlich nicht aufhören zu essen.

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17
Q

Bulimia Nervosa: Verhalten nach den Essattacken

A

Meist essen die Jugendlichen sehr schnell und erleben dabei ein heterogenes Mischbild von Emotionen, die von Ekel bis hin zu Ekstase variieren können. Im Anschluss an den Essanfall möchten die Betroffenen den befürchteten Auswirkungen (Ge- wichtszunahme) entgegenwirken, indem sie sogenannte kompensatorische Maß- nahmen ergreifen. Die bekannteste Maßnahme ist das selbstinduzierte Erbrechen nach einem Essanfall, weitere Maßnahmen sind der Missbrauch von Laxantien, Diuretika oder Klistiere. Außerhalb der Essanfälle zeichnen sich die Jugendlichen eher durch ein stark gezügeltes Essverhalten aus.

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17
Q

Bulimia Nervosa: Verhalten nach den Essattacken

A

Meist essen die Jugendlichen sehr schnell und erleben dabei ein heterogenes Mischbild von Emotionen, die von Ekel bis hin zu Ekstase variieren können. Im Anschluss an den Essanfall möchten die Betroffenen den befürchteten Auswirkungen (Ge- wichtszunahme) entgegenwirken, indem sie sogenannte kompensatorische Maß- nahmen ergreifen. Die bekannteste Maßnahme ist das selbstinduzierte Erbrechen nach einem Essanfall, weitere Maßnahmen sind der Missbrauch von Laxantien, Diuretika oder Klistiere. Außerhalb der Essanfälle zeichnen sich die Jugendlichen eher durch ein stark gezügeltes Essverhalten aus.

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18
Q

Bulimie: wann entstehen die meisten bulimischen Störungen?

A

Die meisten bulimischen Stö- rungen entstehen vor dem 22. Lebensjahr. In etwa der Hälfte der Fälle geht der Entwicklung der Bulimie eine Anorexia Nervosa voraus.

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19
Q

Unterschied zwischen Bulimie und Anorexie:

A

Die Bulimia Nervosa kennzeichnet sich dadurch, dass die Betroffenen im Rahmen einer Essattacke viele Lebensmittel zu sich nehmen und später kompensatorische Maßnahmen zur Gewichtsregulation ergreifen. Ein we- sentlicher Unterschied zur Anorexia Nervosa besteht darin, dass bei einer Bulimia Nervosa kein deutliches Untergewicht besteht.

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20
Q

Binge Eating.

A

Eine dritte wichtige Essstörung ist das Binge Eating (Binge Eating Disorder, BED). Diese Störung ist bisher nur im DSM-5 aufgeführt. Hierbei treten ebenfalls wiederholt Essanfälle auf (die auch mit dem Erleben eines Kontroll- verlusts einhergehen), allerdings werden im Unterschied zur Bulimia Nervosa keine kompensatorischen Maßnahmen ergriffen. Die Essstörungen werden im DSM-5 in dem Kapitel Fütter- und Esssstörungen behandelt. Die Adipositas ist hingegen keine psychische Störung. Sie findet sich in der ICD-10 als medizinischer Krankheitsfaktor.

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21
Q

Prädisponierende Faktoren: genetische unspezifische Prädisposition

A

Es gibt Hinweise für eine genetische unspezifische Prädisposition für Essstörungen, denn man findet sowohl bei mono- (über 50 Prozent) als auch bei dizygoten Zwillingen (5 – 11 Prozent) erhöhte Konkordanzra- ten bei Essstörungen

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22
Q

Essstörungen und soziokulturelle Faktoren:

A

Auch soziokulturelle Faktoren spielen hier eine bedeutende Rolle. Auf Frauen (und inzwischen auch auf Männern) liegt ein großer Druck, dem Schönheitsideal einer Gesellschaft, das sich insbesondere in den Medien widerspiegelt, zu entsprechen.
Die Internalisierung des Schlankheitsideals ist dabei ein wich- tiger Risikofaktor für die die Entwicklung einer Essstörung.

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23
Q

Welche Persönlichkeitsmerkmale sind relevant bei der Entstehung einer Essstörung?

A

Persönlichkeitsmerkmale, die als relevant für die Entstehung einer Essstörung diskutiert werden, sind Per- fektionismus, Defizite in der Emotionsregulation (z.B. Probleme in der Wahr- nehmung und im Umgang mit Gefühlen; Oldershaw et al., 2015), mangelnde Autonomie oder auch soziale Unsicherheit.

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24
Q

Welche Familiären Merkmale finden sich gehäuft bei Essstörungen?

A

Familiäre Merkmale, die sich gehäuft bei Essstörungen finden, sind ein behütendes bis hin zu einem einengenden Elternhaus. Jacobi et al. (2004) weisen darauf hin, dass solche familiären Interaktionen auch Konsequenzen der Essstörung sein können. Auch Perfektionismus oder ein höheres prämorbides Gewicht ließen sich nicht eindeutig als kausale Risikofaktoren bestätigen. Schließlich ist zu bedenken, dass ein nicht unerheblicher Anteil der Eltern von essgestörten Patientinnen ebenfalls eine psychische Störung aufweist

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25
Q

Auslo ̈sende Faktoren einer Essstörung

A

Das Halten von Diäten kann als ein Auslöser sowohl für die Anorexia Nervosa als auch die Bulimia Nervosa gelten. Essanfälle sind beispiels- weise umso wahrscheinlicher, je länger nichts gegessen wurde. Auch das Ausmaß von Kohlenhydraten in der Nahrung spielt hier eine Rolle: wenn speziell Kohlen- hydrate ausgespart wurden, versucht der Körper gerade diesen Mangel durch die Essanfälle auszugleichen. Ein solcher Mangel kann dann zu einer Störung der Sättigungsregulation führen und solche körperlichen Faktoren können wiederum die Manifestation einer Essstörung begünstigen

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26
Q

Psychologische Faktoren einer Essstörung

A

Psychologische Faktoren, die z.B. das Halten von Diäten auslösen können, sind eine affektive Instabilität (unterschiedliche Intensitäten von Emotionen, die für die Jugendlichen schwer zu regulieren sind), ein dichotomes Denken (»Entweder ich kann mein Essen zügeln oder ich bin ein Versager«) sowie belastende Lebensereig- nisse oder -phasen, die mit schwierigen Entwicklungsaufgaben einhergehen. Die Pubertät ist beispielsweise eine Zeit, in der eine Sozialisation der Autonomie stattfindet, wo ein einengendes und zu behütendes Elternhaus die erfolgreiche Bewältigung der Entwicklungsaufgabe erschwert. Auch Leistungsanforderungen oder interpersonelle Konflikte können die Manifestation der Störung begünstigen.

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27
Q

Welche Faktoren halten eine Essstörung aufrecht?

A

Diätverhalten, das dichotome Denken, das negative Körperbild und der an die äußere Erscheinung geknüpfte Selbstwert.
Wichtige Faktoren bei der Entstehung und Manifestation von Essstörungen sind der Druck der Medien und der Umwelt in Bezug auf das vorherr- schende Schönheitsideal, genetische Faktoren, Persönlichkeitseigenschaften des Kindes, familiäre Faktoren sowie das Halten von Diäten.

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28
Q

Epidemiologie Essstörug

A
  • Circa 90Prozent der von einer Anorexia oder Bulimia Nervosa betroffenen Jugendlichen sind weiblich.
  • Lediglich bei der Binge-Eating-Störung ist das Geschlechtsverhältnis von weiblichen zu männlichen Jugendlichen weniger extrem.
  • Aktuelle Prävalenzraten aus dem europäischen Raum weisen darauf hin, dass die Anorexia Nervosa bei Frauen zwischen 1 bis 4 Prozent schwankt und die Bulimia Nervosa ca. 1 bis 2 Prozent der Frauen betrifft
  • Bei Männern liegen die Prävalenzen zwischen 0,3 Prozent und 0,7 Prozent.
  • Die Essstörungen kommen also etwa bei 1 bis 4 Prozent der (weiblichen) Bevöl- kerung vor. Der Erkrankungsbeginn ist zumindest bei der Anorexia Nervosa fast immer im frühen Jugendalter, wohingegen die Bulimia Nervosa in der Regel später beginnt, manchmal auch erst im frühen Erwachsenenalter
  • Schließlich ist wichtig zu erkennen, dass Essstörungen bei beiden Geschlechtern häufiger in Gruppen vorkommen, bei denen aus beruflichen Gründen Gewicht und Figur von zentraler Bedeutung sind (z. B. Balletttänzer, Skispringer, Jockeys, Models usw.).
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29
Q

Essstörung und klomorbide Störungen

A

Zu den häufigen komorbiden Störungen zählen Angststörungen (v.a. Soziale Phobie) und Depressionen sowie Zwangsstörungen. Auch Substanzkonsum und selbstverletzendes Verhalten tritt häufiger in Kombination mit Essstörungen auf

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30
Q

Essstörungen und Suizid

A

Etwa die Hälfte der von einer Anorexie betroffenen Jugendlichen haben Suizidgedanken, Suizidversuche liegen nach Herpertz-Dahlmann (2015) zwischen 3 und 7 Prozent.

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31
Q

Mit Ausnahme der Binge-Eating-Störung sind überwiegend …. von Essstörungen betroffen. Der Störungsbeginn liegt meist im ….

A

Mit Ausnahme der Binge-Eating-Störung sind überwiegend Mädchen und Frauen von Essstörungen betroffen. Der Störungsbeginn liegt meist im Jugendalter.

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32
Q

Verlauf und Prognose

A
  • Insbesondere die Anorexia Nervosa ist eine Essstörung mit einem ungünstigen Langzeitverlauf. Die Mortalitätsrate ist hier um ein Vielfaches erhöht.
  • Auf der anderen Seite sterben über einen längeren Zeitraum betrachtet (z. B. 20 Jahre) bis zu 10 Prozent (bei der Bulimie bis zu 1 Prozent) und der Rest (10 – 30 Prozent) bessert sich meist nur wenig bzw. bleibt chronisch krank.
  • Bei betroffenen Jugendlichen bleiben meist für die Magersucht typische Einstel- lungen und ein verändertes Essverhalten bestehen, selbst wenn sie ein normales Gewicht erreichen. Die Bulimie hat eine etwas günstigere Prognose als die Anorexia Nervosa, allerdings ist die Störung mit sehr viel Scham besetzt und viele Betroffene ekeln sich vor sich selbst.
    Langfristig wirksame prognostische Faktoren sind das Alter, die Krankheitsdauer und das Ausmaß des Gewichtsverlustes vor Krankheitsbeginn.
  • Die Anorexia Nervosa hat im Vergleich zur Bulimia Nervosa einen ungüns- tigen Verlauf, der mit erhöhten Mortalitätsraten verbunden ist.
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33
Q

Psychosoziale Belastungen von Essstörungen

A
  • Magersüchtige Patientinnen zeigen oft keinen Leidensdruck und versuchen viel- mehr, ihren Gewichtsverlust zu beschönigen. Während dies zu Beginn der Gewichtsabnahme dem Umfeld weniger auffallen mag, müssen Angehörige ab einem bestimmten Ausmaß an Gewichtsverlust hilflos zusehen, wie die Betroffe- nen sich fast zu Tode hungern. Dies führt oft besonders bei den nächsten Angehörigen (wie den Eltern) zu Gefühlen der Verzweiflung. Meist bemühen sie sich mit allen Mitteln, ihr Kind zum Essen zu bringen, doch dieser ständige Druck hat oft nicht den erwünschten Effekt und führt sogar eher dazu, dass die Jugend- lichen sich im Nicht-Essen bestärkt fühlen
  • Die familiären Interaktionen erhalten dadurch etwas von einem Zwangsprozess: jedes Familienmitglied versucht, den anderen durch den Einsatz von aversiven Mitteln zu einer Verhaltensänderung zu zwingen. Es ist daher nicht überraschend, dass das familiäre Klima dementspre- chend leidet. Nicht selten treten die magersüchtigen Mädchen ihren Eltern (und oft insbesondere ihrer Mutter als primärer Bezugsperson) mit einer ambivalenten Stimmung gegenüber: von extrem feindselig bis hin zu verängstigt und Sicherheit suchend finden sich viele emotionale Qualitäten bei dem Kind.
  • Oft kommt es bei Essstörungen zu belastenden innerfamiliären Konflikten, da die Betroffenen ihre Krankheit vertuschen oder verkennen, während ihr Umfeld bei ihnen eine Verhaltensänderung erzwingen will.
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34
Q

Pr ̈aventions- und Interventionsmo ̈glichkeiten Essstörungen

A

Einheiten, in denen u.a. die Subjektivität des Schönheitsideals diskutiert, ein Training zur Verbes- serung der Medienkompetenz durchgeführt sowie eine gesunde Ernährung und ihre Abgrenzung zu Essstörungen besprochen wird. Auch die Problemlösefähig- keit und soziale Kompetenz der Teilnehmer wird geschult, der Umgang mit Bullying und die (normale) pubertäre Entwicklung werden thematisiert und körperbezogene Übungen wie das wertfreie Anschauen des eigenen Körpers im Spiegel werden durchgeführt.

Bei bereits manifesten Essstörungen ist eine Psychotherapie in der Regel indiziert. Nach Herpertz-Dahlmann und Schwarte (2019) gehören zu den Bau- steinen einer mehrdimensionalen Therapie bei Anorexia Nervosa eine Ernäh- rungstherapie (z.B. Ernährungsprotokoll und Essensplan für eine gezielte Ge- wichtszunahme) sowie weitere kognitiv-verhaltenstherapeutische Strategien (z. B. zur Hinterfragung der mit einer Essstörung häufig einhergehenden dysfunktiona- len Gedanken). Auch psychoedukative Maßnahmen für Eltern sowie familien- therapeutische Maßnahmen (z. B. zur Förderung des innerfamiliären Kommuni- kationsverhaltens) haben sich als hilfreich erwiesen.

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35
Q

Depressionen: definition

A

Depressionen werden als unipolare affektive Störungen betrachtet (unipolar: an einem Pol eines Kontinu- ums). Darüber hinaus gibt es auch bipolare affektive Störungen, die beide Pole einer Stimmungsdimension beinhalten, eine abnorm gehobene (manische) Stimmung und eine abnorm gesenkte, niedergedrückte (depressive) Stimmung.

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36
Q

Hauptmerkmale einer depressiven Episode sind gemäß der ICD-10 (Remschmidt et al., 2017):

A

” depressive Stimmung 

“ Interessenverlust und / oder Freudlosigkeit 

“ Antriebsmangel (meist einhergehend mit erhöhter Ermüdbarkeit) 

Hinzu kommen weitere Symptome, darunter 

“ Verlust des Selbstvertrauens oder des Selbstwertgefühls 

“ unbegründete Selbstvorwürfe oder ausgeprägte, unangemessene Schuldgefühle 

“ Suizidgedanken oder -handlungen 

“ vermindertes Denk- und Konzentrationsvermögen, Unentschlossenheit 

“ psychomotorische Agitiertheit oder Hemmung 

“ Schlafstörungen 

“ verminderter oder gesteigerter Appetit 


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37
Q

Eine depressive Episode gilt als solche, wenn :

A

Eine depressive Episode gilt als solche, wenn die Symptome mindestens 14 Tage lang an der Mehrzahl der Tage vorhanden waren. Die Episoden werden darüber hinaus 
 hinsichtlich ihres Schweregrades klassifiziert: eine leichte depressive Episode setzt sich aus zwei der drei Hauptmerkmale und mindestens zwei der weiteren Merkmale zusammen, eine mittelgradige Episode aus zusätzlich mindestens drei weiteren Merkmalen und bei einer schweren Episode müssen alle drei Hauptmerkmale sowie mindestens fünf der weiteren Merkmale vorliegen.

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38
Q

Weitere Beschwerden, die bei Kindern und Jugendlichen im Rahmen einer Depression auftreten können (aber nicht müssen), sind:

A

Weitere Beschwerden, die bei Kindern und Jugendlichen im Rahmen einer Depression auftreten können (aber nicht müssen), sind körperliche Beschwerden wie Kopf-, Muskel-, oder Magenschmerzen, Langeweile, Substanzgebrauch (vgl. Abschn. 8.3), Angst vor dem Tod oder auch eine erhöhte Reizbarkeit.

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39
Q

Wodurch kommen depressive Symptome im Kleinkindalter zur Geltung?

A

Dementsprechend kommen depressive Symptome im Kleinkind- alter (1–3Jahre) u.a. durch ein ausdrucksarmes Gesicht, ein auffälliges Spiel- verhalten, eine Spielunlust, mangelnde Phantasie, selbststimulierendes Verhalten (wie Kopf-/Körperschaukeln oder Daumenlutschen) und gestörtes Essverhalten zum Ausdruck.

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40
Q

Wodurch kommen depressive Symptome im Vorschulalter zur geltung?

A

Im Vorschulalter (3–6Jahre) gelten ein trauriger Gesichtsaus- druck, eine verminderte Gestik und Mimik, eine mangelnde Fähigkeit, sich zu freuen, ein vermindertes Interesse an motorischen Aktivitäten sowie Schlafstö- rungen als Symptome einer Depression. Schulkinder können dann erstmals auch verbale Berichte über Traurigkeit einbringen und suizidale Gedanken haben.

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41
Q

Wie können depressive Störungen in ihrer Phänomenologie variieren?

A

Depressive Störungen können in ihrer Phänomenologie über das Vor-, Grundschul- und Jugendalter variieren. Depressionen bei Jugendlichen haben eine große Ähnlichkeit zu denen des Erwachsenenalters. Trotz der Variabilität gibt es einheitliche Kriterien der ICD-10, die für die gesamte Lebensspanne gelten.

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42
Q

Zwischen welchen Störungsbildern unterscheidet die ICD 10?

A

Die ICD-10 unterscheidet zwischen einer einzelnen (ersten) depressiven Episode (F 32), einer rezidivierenden depressiven Störung (F 33) und einer anhaltenden, leichteren Form einer depressiven Verstimmung, die als anhaltende affektive Störung bezeichnet wird (F 34). Bei letzterer findet man selten einen episodischen Verlauf, meist handelt es sich um eine leichtere chronische Form einer depressiven Verstimmung, die über mindestens zwei Jahre anhält, um als Dysthymie klassifiziert werden zu können. Obwohl die Kinder und Jugendlichen zwischendurch durchaus auch normaler Stimmung sein können, hält dies meist nur wenige Wochen an.

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43
Q

Depressionen und Verursachungsfaktoren:

A

Depressive Störungen sind multifaktoriell bedingt. Sie sind also das Resultat einer Interaktion von mehreren Verursachungsfaktoren.

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44
Q

Psychologische Faktoren der Depression

A

dass depressive Störungen besonders dann auftreten, wenn Kinder und Jugendliche dazu tendieren, schlechte Erlebnisse und Erfahrungen internal, stabil und global zu attribuieren. Demnach sollen diese Kinder dann deprimiert werden, wenn sie denken, dass sie an dem schlechten Erlebnis bzw. Ereignis selbst schuld sind (es selbst herbeigeführt haben; internale Attribution), dieses Ereignis auch in Zukunft erneut auftreten wird (es also stabil ist) und sich auch auf andere Situationen oder Ereignisse ausbreiten wird (globale Attribution). Diese Annahmen wurden in der Theorie der gelernten Hilflosigkeit verankert, die sich bis heute zum Hoffnungs- losigkeitsmodell (Abramson et al., 1989) fortentwickelt hat, die dem internalen Attributionsstil allerdings nicht mehr denselben Stellenwert in der Entstehung einer Depression zuschreibt. Unter Kontrolle des initialen depressiven Ausmaßes sagt der Attributionsstil das Ausmaß der depressiven Symptomatik bei Kindern und Jugendlichen sechs Monate später vorher.

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45
Q

Das Hoffnungslosigkeitsmodell der Depression

A

Das Hoffnungslosigkeitsmodell ist ein Beispiel für ein kognitives Vulnera- bilitäts-Stress-Modell der Depression, welches in der Interaktion von kognitiven Faktoren gepaart mit negativen Lebensereignissen den Weg hin zu einer depres- siven Störung sieht.

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46
Q

kognitives Modell der Depression von Beck:

A

Ein weiteres kognitives Modell kommt von Beck et al. (1996). Hier wird eine depressive Störung als Folge negativer Schemata gesehen, die bei der Verarbeitung von belastenden Lebensereignissen zu kognitiven Fehlern führen und so eine kognitive Triade erzeugen. Diese ist bestimmt durch ein negatives Selbst- und Weltbild sowie von einer negativen Vorstellung der Zukunft.

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47
Q

Was ist mit kognitiven Narben gemeint?

A

Allerdings erzeugen depressive Symptome auch so etwas wie »kognitive Narben«, die Kinder und Jugendliche dann wiederum anfällig für ein erneutes Auftreten depressiver und aggressiver Symptome machen

48
Q

Depression: Ebene und Theoretische Annahme
Bindung

A

Unsichere frühkindliche Bindungen führen zu verzerrten und unsicheren Arbeitsmodellen von sich und anderen.

49
Q

Depression: Ebene und Theoretische Annahme
Verhalten

A

Verstärkung durch angenehme Aktivitäten und positive Er- lebnisse kann verloren gehen.

50
Q

Depression: Ebene und Theoretische Annahme
Kognition

A

Die eigene Person, die Umwelt und die Zukunft werden verzerrt und betont negativ wahrgenommen und bewertet.

51
Q

Depression: Ebene und Theoretische Annahme
Selbstkontrolle

A

Die Möglichkeiten, das eigene Verhalten im Hinblick auf längerfristige Ziele zu organisieren und die Fähigkeiten zur Selbstbeobachtung, Selbstbewertung und Selbstverstärkung sind beeinträchtigt.

52
Q

Depression: Ebene und Theoretische Annahme
Psychodynamisch

A

Ein verlorenes Objekt wird introjiziert, Ärger und Wut darüber gegen sich selbst gekehrt.

53
Q

Depression: Ebene und Theoretische Annahme
Interpersonell

A

Mangelnde soziale Fertigkeiten, zwischenmenschliche Schwierigkeiten und besondere Herausforderungen (z. B. nach Todesfällen, Entwicklungsübergängen und Rollenver- änderungen) interagieren mit der Stimmung.

54
Q

Depression: Ebene und Theoretische Annahme
Sozial und Umweltbezogen

A

Kritische Lebensereignisse und alltäglicher Stress können in Abhängigkeit von sozialer Unterstützung und persönlichen Fertigkeiten nicht bewältigt werden.

55
Q

Depression: Ebene und Theoretische Annahme
Fru ̈he Eltern- Kind-Beziehungs- erfahrungen

A

Misshandlungen in den ersten fünf Lebensjahren erhöhen das Risiko für die Entstehung einer Depression erheblich. Diese Erfahrungen im Kindesalter führen durch die frühen chro- nisch andauernden stressreichen Erfahrungen des Kindes (vor dem Alter von 5 Jahren) zu einer neuroendokrinen Dysregulation, die mit depressiven und anderen internalen Auffälligkeiten von Kindern einhergeht (Cicchetti et al., 2010).

56
Q

Depression: Ebene und Theoretische Annahme
Neurobiologisch

A

Besonderheiten bei der synaptischen Reizübertragung, im Hormonhaushalt und in der Hirnanatomie begünstigen die Entstehung oder Aufrechterhaltung einer Depression.

57
Q

Genetische Faktoren einer Depression

A

Hierbei spielen zum einen genetische Faktoren eine Rolle, aber zum anderen auch psychologische und soziale Faktoren, die von den Eltern zum Kind weitergegeben werden (z. B. über das Erziehungsverhalten, über die familiären Beziehungen, die durch depressive Störungen erheblich beein- trächtigt werden können und in der Folge kindliche emotionale Auffälligkeiten induzieren, oder über die partnerschaftliche Interaktion, die ebenfalls durch depressive Verstimmungen eines Partners erheblich beeinflusst werden kann und darüber zu kindlichen Auffälligkeiten führt

58
Q

Neurobiologische Faktoren einer Depression

A

Neurobiologisch finden sich Auffälligkeiten in der synaptischen Reizübertragung (besonders bei den beiden Neurotransmittern Norepinephrin und Serotonin), im Hormonhaushalt (z. B. abnormale Ausschüttung des Wachstumshormons bei Kinder und Jugend- lichen) und in der Hirnanatomie (z.B. der Amygdala), die eine Depression begünstigen oder sie aufrechthalten. Manche der neurobiologischen Auffälligkei- ten ergeben sich durch frühe Misshandlungserfahrungen in der Kindheit (vgl. Tab. 8.1) und implizieren möglicherweise verschiedene Subtypen depressiver Störungen

59
Q

psychologische und soziale Faktoren einer Depression:

A

Es gibt viele psychologische und soziale Faktoren, die zu der Entstehung einer Depression beitragen. Zusammen mit einer genetischen Vulnerabilität modulieren sie die Manifestation einer depressiven Störung.

60
Q

Epidemiologie Depression

A

Depressive Störungen treten im Jugendalter deutlich häufiger auf als im Kindes- alter. Ein Auftreten vor dem 10. Lebensjahr ist möglich, allerdings im Verhältnis deutlicher seltener und dementsprechend unwahrscheinlicher als im Jugendalter. Costello et al. (2006) berichten in ihrer Übersichtsarbeit von weniger als 3 Prozent betroffenen Kindern unter 13 Jahren und von 6 Prozent betroffenen Jugendlichen im Alter von 13 bis 18 Jahren. Die Lebenszeitprävalenz der depressiven Störungen liegt deutlich höher (bis zu 18 Prozent). Hankin et al. (1998) konnten zeigen, dass die Punktprävalenz im Übergang vom Kindes- zum Jugendalter sprunghaft ansteigt mit der größten Zunahme zwischen dem 15. und dem 18. Lebensjahr und weiterer leicht steigender Tendenz nach dem 18. Lebensjahr. Vor dem 13. Lebensjahr waren Jungen und Mädchen ähnlich häufig betroffen, im Übergang zur Pubertät überwogen dann allerdings mit zunehmendem Alter immer mehr weibliche Jugendliche in der klinischen Manifestation einer Depression. Vermut- lich mehr als die Hälfte depressiv verstimmter Kinder und Jugendliche leidet unter einer weiteren psychischen Störung. Am häufigsten sind im Jugendalter nach Lewinsohn et al. (1998) Komorbiditäten mit Angststörungen und dem Konsum von Alkohol oder anderen Substanzen.

61
Q

Depressionen Komorbidität

A

Vermut- lich mehr als die Hälfte depressiv verstimmter Kinder und Jugendliche leidet unter einer weiteren psychischen Störung. Am häufigsten sind im Jugendalter nach Lewinsohn et al. (1998) Komorbiditäten mit Angststörungen und dem Konsum von Alkohol oder anderen Substanzen.

62
Q

Verlauf und Prognose Depression

A

Das Erleben einer (ersten) depressiven Episode ist der beste Prädiktor für das Erleben einer weiteren Episode. Die Spontanremission ist relativ hoch, viele depressive Episoden legen sich innerhalb von sechs Monaten auch wieder von alleine (ohne Behandlung), wenn es sich um die erste Episode handelte. Allerdings kann es in Abhängigkeit von der Schwere der (ersten) Episode dazu kommen, dass betroffene Jugendliche sich innerhalb der Episode für einen Suizid(versuch) entscheiden. Da viele Kinder und Jugendliche trotz spontanen Abklingens einer ersten Episode eine oder mehrere nachfolgende depressive Episoden erleben, spricht dies für einen chronisch depressiven Verlauf bei der Mehrzahl der betroffenen Menschen.

63
Q

Suizidalit ̈at Depression:
Selbsttötungen (oder entsprechende Versuche) sind im Kindesalter sehr selten. Im Jugendalter hingegen sind sie deutlich wahrscheinlicher. Selbst- tötungen sind die zweithäufigste Todesursache im Kindes- und Jugendalter. Kerns (1997) hat folgende Warnzeichen für ein erhöhtes Suizidrisiko formuliert:

A

” Deutliche Verhaltensänderungen (ein geselliges Kind zieht sich zurück) 

“ Vernachlässigung des eigenen Aussehens (ein Jugendlicher, dem seine Bekleidung vormals sehr wichtig war, lässt sich nun in dieser Hinsicht 
gehen) 

“ Abkapselung von anderen Menschen 

“ Verschenken von persönlichen Wertgegenständen und Regeln persönli- 
cher Angelegenheiten 

“ Starke Beschäftigung mit dem Thema Tod, z.B. in Zeichnungen, Auf- 
sätzen oder mit entsprechenden Songs 

“ Offene oder versteckte Selbstmorddrohungen, zum Beispiel: »Alles wäre 
besser, wenn es mich nicht gäbe!« 

“ Selbstmordversuche in der Vergangenheit 

“ Aneignen von benötigten Mitteln, um den Gedanken mit einer bestimm- 
ten Methode in die Tat umsetzen zu können, zum Beispiel: Tabletten, 
Waffen 

“ Übermäßiger Konsum von Alkohol und Drogen 

“ Schlechte Leistungen in der Schule 

“ Eine zum Positiven geänderte Stimmung bei einem bis dahin nieder- 
geschlagenen Kind oder Jugendlichen 

“ Wiederholte Unfälle oder körperliche Beschwerden ohne ausreichende medizinische Begründung

64
Q

Auswirkungen von Suizidversuchen Folgesuizide

A

Winter et al. (2005) haben verdeutlicht, dass bei jedem Suizid(versuch) viele Personen davon direkt oder indirekt betroffen sind. Sie merken an, dass es überdurchschnittlich oft zu Folgesuiziden bei Jugendlichen am gleichen Ort oder in derselben Schule kommt, wenn sich z. B. ein Mitschüler getötet hat.

65
Q

Depressive Störungen sind vor allem im …. häufig, ihr Verlauf ist sehr unterschiedlich. Insbesondere ….. mit frühem Beginn und einer weiteren Episode bis zum frühen Erwachsenenalter sind besonders gefähr- det für ein persistierendes depressives Beschwerdebild.

A

Depressive Störungen sind vor allem im Jugendalter häufig, ihr Verlauf ist sehr unterschiedlich. Insbesondere Mädchen mit frühem Beginn und einer weiteren Episode bis zum frühen Erwachsenenalter sind besonders gefähr- det für ein persistierendes depressives Beschwerdebild.

66
Q

Psychosoziale Belastungen Depression

A

Kinder und Jugendliche mit depressiven Störungen zeigen eine psychosoziale Beeinträchtigung, die mit der Schwere der Depression kovariiert. Sie haben oft interpersonelle Probleme (also z.B. schlechtere Beziehungen zu Gleichaltrigen, aber auch zu Eltern), sind in ihrer Leistungsfähigkeit gemindert und haben meist Schwierigkeiten, Aufgaben zu Ende zu führen. Ihr Durchhaltevermögen ist im Vergleich zu früher deutlich reduziert. Verständlicherweise führt dies mitunter auch zu schulischen Problemen: die Kinder haben schlechtere Noten und fehlen häufiger in der Schule. Auch treten häufiger Gedanken an einen Suizid auf (s. Exkurs Suizidalität). Die Bezugspersonen sind oft verzweifelt und wissen nicht, wie sie dem Kind helfen können. Nicht selten leidet ein Elternteil selbst unter einer depressiven Symptomatik, sodass die Probleme des Kindes auch in die eigene negative Sicht der Welt und der eigenen Person passen und die Störung des Kindes zu einer Verstärkung der eigenen elterlichen Beschwerden führen kann.

67
Q

Pr ̈aventions- und Interventionsmo ̈glichkeiten Depressionen

A
  • Auseinandersetzung mit eigenen kognitiven Fehlern) und interpersonelle Strate- gien (z.B. Reflektion eigener Beziehungen und Beziehungskompetenzen).
  • Die Interpersonelle Psychotherapie ist eine zeitlich begrenzte Therapie, die herausarbeitet, wie interpersonelle Ereignisse jede einzelne Person in ihrem Gefühlzustand beeinflussen. Die individuellen Probleme des Jugendlichen werden in einem interpersonellen Rahmen in Bezug gesetzt, mit dem Ziel, problematische Beziehungen zu verändern. Es werden entsprechend des Verfahrens auch hauptsächlich interpersonelle Therapietechniken angewandt (z.B. die Klärung von Kommunikationsverhalten). Diese Therapie hat sich vor allem bei Jugendlichen mit depressiven Störungen als effektiv erwiesen und wurde nun – ähnlich den kognitiv-verhaltenstherapeutischen Interventionen – in ein indiziertes Präventionsprogramm modifiziert.
  • Psycho- therapeutisch kommen verschiedene Ansätze zum Tragen. Neben empirisch po- sitiven Ergebnissen für die Kognitive Verhaltenstherapie und die Interpersonelle Therapie kann auch eine fokussierte psychodynamische Therapie oder eine Fami- lientherapie bei älteren Kindern und Jugendlichen depressive Störungen lindern (Trowell et al., 2007). Mit diesen verschiedenen psychotherapeutischen Ansätzen kann man etwa 60 bis 75 Prozent der depressiven Kinder und Jugendlichen erfolg- reich helfen.
  • Auch medikamentöse Therapien (z.B. selektive Serotonin-Wieder- aufnahmehemmer) sind hilfreich, wobei hier auf ein initial erhöhtes Suizidrisiko geachtet werden muss aufgrund der im Vergleich zur Psychotherapie meist schneller eintretenden Wirkung auf den Antrieb.
68
Q

Substanzmissbrauch und -abh ̈angigkeit
ICD 10 unterscheidet zwischen zwei Störungsbildern:

A

Die ICD-10 unterscheidet in dem Abschnitt F 1 zwischen einer akuten Intoxi- kation (F 1x.0) durch eine Substanz, dem schädlichen Gebrauch (F 1x.1) und einer Abhängigkeit (F 1x.2) von Substanzen.

69
Q

Definition von Abhängigkeit

A

Die Abhängigkeit wird häufig auch als Sucht bezeichnet und bezieht sich auf ein starkes, nicht kontrollierbares Verlangen nach einem bestimmten Erlebniszustand, den man mit der Einnahme einer Substanz erzielen kann. Manchmal werden darunter auch Verhaltensweisen ein- bezogen (z.B. Arbeiten, Fernsehen, Beschäftigung mit dem Internet oder mit Videospielen), die nach dieser Auffassung ebenfalls Suchtpotenzial haben und als stoffungebundene Suchtmittel gelten können. In der ICD-10 findet man diese stoffungebundenen Süchte allerdings kaum

70
Q

im ICD 10 werden vor allem Störungen durch folgende Substanzen berücksichtigt:

A

” F 10 Alkohol 

“ F 11 Opioide (sedierend ) 

“ F 12 Cannabinoide (sedierend und halluzinogen ) 

“ F 13 Sedativa oder Hypnotika (sedierend ) 

“ F 14 Kokain (stimulierend ) 

“ F 15 andere Stimulanzien einschl. Koffein (stimulierend) 

“ F 16 Halluzinogene (halluzinogen ) 

“ F 17 Tabak 

“ F 18 flüchtige Lösungsmittel 

“ F 19 multipler Substanzgebrauch und Konsum sonstiger psychotroper Subs- 
tanzen 


71
Q

Akute Intoxikation:

A

Bei einer akuten Intoxikation können Störungen des Bewusst- seins, der kognitiven Funktionen, der Wahrnehmung, des Affekts oder des Verhaltens auftreten. Die entsprechenden Symptome sind transient, da sie sich vollständig wieder zurückbilden, wenn die Substanz nicht weiter zugeführt wird. Es muss eine ausreichend hohe Dosis eingenommen worden sein, um das Zustandsbild damit zu erklären. Tabelle 8.2 listet das Zustandsbild nach einer akuten Intoxikation am Beispiel der Substanz Alkohol auf. Die unterschiedlichen Substanzen haben jeweils ein eigenständiges Zustandsbild einer Intoxikation in Abhängigkeit von der Wirkungsweise der Substanz.

Eine akute Intoxikation ist ein akuter, vorübergehender Rausch, der durch die Einnahme einer psychotropen Substanz erzeugt wird. Man kann auch von einer Vergiftung sprechen.

72
Q

Mögliche Kriterien einer akuten Alkohol intoxikation (nachICD-10)

A

Funktiongesto ̈rtes Verhalten, erkennbar durch mindestens eines der folgenden Merkmale:
Enthemmung
Streitlust
Aggressivität
Affektlabilität
Aufmerksamkeitsstörung
Einschränkung der Urteilsfähigkeit
Beeinträchtigung der persönlichen Leistungsfähigkeit
Weitere Anzeichen, davon mindestens eines zutreffend:
Gangunsicherheit
Standunsicherheit
Verwaschene Sprache
Nystagmus
Bewusstseinsminderung
Gesichtsröte
Konjunktivale Injektion

73
Q

Sch ̈adlicher Gebrauch. Ein schädlicher Gebrauch trifft nach der ICD-10 unter anderem dann zu, wenn
:

A
  • es einen Nachweis gibt, dass der Substanzgebrauch für die körperlichen oder psychischen Schäden (inkl. eingeschränkte Urteilsfähigkeit, Behinderungen zwischenmenschlicher Beziehungen) verantwortlich ist (oder wesentlich dazu beigetragen hat)
  • die Art der Schädigung klar festgestellt werden kann 

  • das Gebrauchsmuster seit einem Monat besteht oder wiederholt in den letzten 
zwölf Monaten auftrat 

74
Q

Abh ̈angigkeitssyndrom. Ein Abhängigkeitssyndrom kann diagnostiziert werden, wenn mindestens drei der nachfolgenden Merkmale für mindestens einen Monat zutreffen: 


A

” Starkes Verlangen, die Substanz zu konsumieren 

“ Verminderte Kontrolle über Substanzgebrauch 

“ Körperliches Entzugssyndrom 

“ Toleranzentwicklung gegenüber den Wirkungen der Substanz 

“ Einengung auf den Substanzgebrauch (Vernachlässigung anderer Dinge) 

“ Anhaltender Substanzgebrauch trotz eindeutig schädlicher Folgen 


75
Q

Eine körperliche Abhängigkeit kann angenommen werden, wenn

A

Eine körperliche Abhängigkeit kann angenommen werden, wenn die Substanz mit dem Ziel der Milderung von Entzugssymptomen eingenommen wird. Dann hat sich der Organismus auf einen verstärkten Abbau der Substanzen eingestellt, sodass die Unterbrechung der Einnahme zu Ungleichgewichten führt, die sich als Entzugssymptome bemerkbar machen. Von einem Entzugssyndrom spricht man, wenn man einen solchen Zusammenhang nach Reduktion oder Absetzen eines wiederholten Substanzkonsums nachweisen kann. Die jeweiligen Symptome eines Entzugssyndroms können für die entsprechend vorher konsumierte Substanz sehr spezifisch sein. 


76
Q

Exzessiver Konsum:

A

Im Jugendalter spielt vor allem der exzessive Konsum eine besondere Rolle. Rauschtrinken wird beispielsweise häufig definiert als der Kon- sum von 4 (Mädchen) bzw. 5 (Jungen) oder mehr Getränkeeinheiten (je 12g Alkohol) pro Trinkgelegenheit 


77
Q

Ein exzessiver Konsum beinhaltet eine Reihe von Gesundheitsrisiken für Jugendliche:

A

zum einen entsteht die Abhängigkeit immer zunächst über den exzessiven und regelmäßigen Gebrauch einer Substanz (Zimmermann et al., 2008). Damit ist der exzessive Konsum das Einstiegsfenster für eine Abhängigkeit im Erwachsenenalter. Zum anderen treten vorübergehende Risiken während des Konsums auf, die zu dauerhaften Schäden (z.B. im Fall eines Unfalls aufgrund eines veränderten Bewusstseinszustands) oder zu aversiven Erfahrungen (z. B. bei ungewollten und / oder ungeschützten sexuellen Aktivitäten) führen können. Schulische Leistungen können ebenfalls leiden, zum Beispiel durch Müdigkeit am Tage oder zunehmen- des Desinteresse. 


78
Q

Wie reagieren Jugendliche eurobiologisch auf toxische Substanzen?

A

Schließlich reagieren Jugendliche neurobiologisch besonders sensitiv auf toxische Substanzen aufgrund der noch im Prozess befindlichen Reifungsvorgänge im Gehirn (z.B. bei Alkohol, Zimmermann et al., 2008). Ein exzessiver Konsum kann zu Beeinträchtigungen der Gehirnentwicklung und der kognitiven Leistungsfähigkeit führen.

79
Q

Die ICD-10 unterscheidet eine akute Intoxikation, den schädlichen Ge- brauch und eine Abhängigkeit von einer Substanz:

A

Die ICD-10 unterscheidet eine akute Intoxikation, den schädlichen Ge- brauch und eine Abhängigkeit von einer Substanz. Die einzelnen Substan- zen haben jeweils entsprechend ihres Wirkmusters ein eigenständiges Vergiftungsbild sowie ein spezifisches Abhängigkeits- bzw. Entzugssyn- drom. Bei Jugendlichen ist aufgrund der Prävalenz vor allem der exzessive Konsum von legalen Substanzen von großer Bedeutung.

80
Q

Individuelle Merkmale des Jugendlichen: Der Konsum von Substanzen kann eine Folge anderer psychischer Auffälligkeiten sein.

A

So erhöhen aggressiv-dissoziale Verhaltensweisen die Wahrscheinlichkeit eines Substanzkonsums. In der Mann- heimer Risikokinderstudie fand sich ein solches erhöhtes Risiko für Störungen des Sozialverhaltens, die ab einem Alter von acht Jahren auftraten. Kinder mit vorherigen Verhaltensauffälligkeiten oder ausschließlichen hyperkinetischen Stö- rungen zeigten keinen exzessiven Alkoholkonsum mit 15 Jahren (Blomeyer et al., 2007). Aber auch positive Erwartungen bezüglich der Wirkung sind vor allem bei Alkohol gut untersucht (z.B. sagt die Erwartung, dass die Substanz Ängste in sozialen Interaktionen reduziert oder allgemein entspannend wirkt, einen Konsum der Substanz vorher).

81
Q

Abhängigkeit von Substanzen: Famili ̈are Faktoren.

A

In Familien, wo mindestens ein Familienmitglied (auch Geschwister) Substanzen konsumiert, ist das Risiko erhöht, dass ein Kind ebenfalls eine Substanz konsumiert. Wenn in der familiären Umgebung Alkohol oder Drogen akzeptiert und sozialisiert sind, werden Kinder aus solchen Familien auch wahrscheinlicher diese Substanzen selbst konsumieren. Ein weiterer Faktor ist das elterliche Aufsichtsverhalten: Eltern, die mit den Jugendlichen Ausgehzeiten festlegen und sich für den Freundeskreis ihres Kindes interessieren (»Monitoring«) haben Kinder, die weniger Substanzen konsumieren (Blomeyer et al., 2008). Ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Eltern wirkt ebenfalls protektiv in Bezug auf den Substanzkonsum (wie auch in Bezug auf viele andere psychische Auffälligkeiten).

82
Q

Abhängigkeit von Substanzen: Der Einfluss von Peers.

A

Dasselbe gilt für die außerfamiliäre Bezugsgruppe des Jugendlichen. Wenn die Bezugsgruppe Konsumverhalten zeigt, steigt die Wahr- scheinlichkeit, dass der Jugendliche dies auch zeigen wird (Blomeyer et al., 2008). Dabei neigen Jugendliche offensichtlich dazu, den tatsächlichen Konsum ihrer Freunde zu überschätzen, richten allerdings ihren eigenen Konsum an dem ihrer Einschätzung aus.

83
Q

Abhängigkeit von Substanzen: Nachbarschaftliche und gesellschaftliche Faktoren.

A

Wenn eine Substanz in einer Nachbarschaft leicht verfügbar ist, dann ist der Konsum dieser Substanz wahr- scheinlicher (Ihle et al., 2008). Auf gesellschaftlicher Eben spielt alleine die Akzeptanz mancher Substanzen, wie sie sich auch in der Unterscheidung von legalen und illegalen Substanzen niederschlägt, eine Rolle bei der Wahrscheinlich- keit des Konsums und bei dem erstmaligen Zeitpunkt des Konsums (bei legalen Substanzen früher als bei illegalen; Ihle et al., 2008).

84
Q

Abhängigkeit von Substanzen: Genetische Faktoren.

A

Abhängigkeitserkrankungen treten familiär gehäuft auf. Mehr als 50 Prozent dieser Häufungen sind bei Alkoholerkrankungen auf geneti- sche Effekte zurückzuführen (Zimmermann et al., 2008). Eine entsprechende Veranlagung spielt also neben den bereits genannten Ausführungen auch eine Rolle. Abbildung 8.1 verdeutlicht den Zusammenhang zwischen Risikofaktoren für einen Substanzmissbrauch und Ansatzpunkten für präventive Maßnahmen

85
Q

Epidemiologie: Alkoholmissbrauch

A

Nach einer Repräsentativstudie der BZgA konsumieren 10,9 Prozent der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen regelmäßig Alkohol (d. h. mindestens einmal pro Woche). 37,4 Prozent der Jugendlichen gaben an, innerhalb der letzten 30 Tage vor der Befragung Alkohol getrunken zu haben. Bei diesen Indikatoren unterscheiden sich die Anteile in Abhängigkeit vom Geschlecht, männliche Jugendliche bejahten beide Fragen häufiger als weibliche

86
Q

Epidemiologie: Nikotinkonsum

A

Auch beim Nikotinkonsum sind über die vergangenen Jahre hinweg deutliche Rückgänge zu verzeichnen, wenn man die verschiedenen Erhebungswellen des repräsentativen Kinder- und Jugendgesundheitssurveys der Bundesrepublik Deutschland (KiGGS-Studie) miteinander vergleicht. Hier fand sich im Erhebungs- zeitraum von 2003 bis 2006 ein Anteil von 21,4 Prozent der Kinder und Jugendlichen im Alter von 11 bis 17 Jahren, die täglich oder gelegentlich rauchten. Im Zeitraum von 2009 bis 2012 fiel dieser Anteil auf 12,4 Prozent und im Zeitraum von 2014 bis 2017 noch einmal auf 7,2 Prozent. Geschlechtsunterschiede finden sich dabei kaum

87
Q

Epidemiologie: Canabbismissbrauch

A

Beim regelmäßigen Konsum illegaler Drogen spielt im Jugendalter vor allem der Cannabiskonsum eine Rolle. Hier geben 2,5 Prozent der Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren nach der BZgA-Studie einen Konsum in den vergangenen 30 Tagen und 1,3 Prozent einen regelmäßigen Konsum an, wobei die Angaben bei den männlichen höher ausfallen als bei den weiblichen Jugendlichen.

88
Q

Abhängigkeit von Substanzen: Verlauf und Prognose

A

Prädiktiv für den Verlauf sind das Einstiegsalter und das Gebrauchsmuster. Ein frühes Einstiegsalter gepaart mit einem regelmäßigen Konsum geht mit einer erhöhten Gefahr für eine Abhängigkeit einher (40 Prozent bei Alkohol, wenn das Einstiegsalter bei 13 Jahren liegt im Vergleich zu 10 Prozent, wenn das Alter bei ca. 20 Jahren liegt; Grant & Dawson, 1997). Relevant ist auch, ob lediglich eine oder zwei Substanzen zu Beginn konsumiert werden: Hohm et al. (2007) berichten, dass Jugendliche, die rauchen und trinken, auch mit höherer Wahrscheinlichkeit Cannabis konsumieren. Sie haben daher vermutlich eine ungünstigere Prognose.

89
Q

Abhängigkeit von Substanzen: Psychosoziale Belastungen

A

Psychosoziale Belastungen treten vor allem durch die »Nebenprodukte« eines exzessiven Konsums von Substanzen und den daraus resultierenden Intoxikatio- nen auf. Jugendliche sind wahrscheinlicher innerhalb dieser Zustände in krimi- nelle oder gewalttätige Handlungen involviert, sie erleben selbst häufiger Gewalt und nicht selten kommen ungewollte sexuelle Erfahrungen und ungeschützter Geschlechtsverkehr hinzu. Es wird dann für Jugendliche zu einer Entwicklungs- aufgabe, das, was sie getan haben, in ihr eigenes Selbstbild zu integrieren und mit den Folgen zu leben. Auch schulische Leistungen können leiden. Das Ausmaß und die Art innerfamiliärer Konflikte hängt vermutlich davon ab, ob und in welchem Ausmaß die Eltern selbst die entsprechenden Substanzen konsumieren.

90
Q

Abhängigkeit von Substanzen: Pr ̈avention.

A

Ein beispielhaftes Präventionsprogramm stellt das Strengthening Fa- milies Programm (Spoth et al., 2004) für Familien mit Kindern im Alter von 10 bis 14 Jahren dar.
Eltern werden zu einem autoritativen Erziehungsstil angeleitet. Weitere präventive Programme, die sich stärker auf das Kind bzw. den Jugendlichen beziehen, sind Lebenskompetenz- programme
Typische Bestandteile solcher Programme sind Informationsvermittlungen über die jeweilige Substanz und ihre Wirkung, Übun- gen, um Gruppendruck zu widerstehen, Kommunikationstraining, Übungen zur sozialen Kontaktaufnahme, zum Ausdruck von Gefühlen, zum Erlernen von selbstsicherem Verhalten und ein Training zum Problemlösen bzw. Treffen von Entscheidungen.

91
Q

Abhängigkeit von Substanzen: Intervention.

A

Eine psychotherapeutische Intervention bei Abhängigkeitserkran- kungen ist hilfreich, die Erfolgsraten sind jedoch niedriger als bei anderen psychischen Störungen. Der Prävention dieser Störungen kommt damit eine besondere Bedeutung zu.
Die Prävention hat einen herausragenden Stellenwert bei den psy- chischen Störungen, die im Zusammenhang mit Substanzen auftreten.

92
Q

Psychotische Erkrankungen
: Definition

A

Psychotische Erkrankungen sind eine Gruppe von psychischen Störungen, von denen Jugendliche und junge Erwachsene betroffen sein können. Ein Auftreten dieser Störungen vor der Pubertät ist selten. Meist beginnen sie erstmalig zwischen dem 15. und 35. Lebensjahr (Huppert & Kienzle, 2010) und nehmen dabei häufig die Form einer schizophrenen Psychose an.

93
Q

Gemeinsames Merkmal psychotischer Störungen:

A

Gemeinsames Merkmal psychotischer Störungen ist eine schwere Störung des Denkens und des Fühlens, die mit einer deutlichen Beeinträchtigung sozialer Funktionen einhergeht.

94
Q

Die Psychosen im Kindes- und Jugendalter können in drei Entwicklungs- abschnitte eingeteilt werden (Resch, 2008):

A

wenn der Beginn vor dem 13. Lebens- jahr liegt, spricht man von sehr frühen Psychosen (Very Early Onset Psychosis), wenn sie vor dem 18. Lebensjahr auftreten, spricht man von einer frühen Psychose (Early Onset Psychosis), und wenn sie vor dem 21. Lebensjahr auftreten, von einer jugendlichen Psychose. Manche sprechen bei den sehr frühen Psychosen auch von präpubertären Psychosen.

95
Q

Wenn Schizophreniesymptome vor dem 10. Lebensjahr auftreten (was sehr selten ist), dann äußern sie sich nach Steinhausen (2016) durch:

A

Wenn Schizophreniesymptome vor dem 10. Lebensjahr auftreten (was sehr selten ist), dann äußern sie sich nach Steinhausen (2016) durch zunehmende Kontaktlosigkeit (z.B. kein Bedürfnis mehr nach einer Beziehung, fehlender Blickkontakt, Abneigung gegen Körperkontakt usw.), eine Störung der Wahrnehmung (Erfassung der Umwelt über haptische und kinästhetische Ver- änderungen), Beeinträchtigung in der Sprachentwicklung (oder Abbau von Spra- che nach bereits erworbenen sprachlichen Fertigkeiten, z. B. Agrammatismus) und Affekt- bzw. Antriebsveränderungen. Auch Störungen der Motorik treten auf (z. B. Manierismen, Grimassieren).

96
Q

Wenn die Störung erstmalig nach dem 10. Lebens- jahr (aber noch in der frühen Adoleszenz) auftritt, dann:

A

Wenn die Störung erstmalig nach dem 10. Lebens- jahr (aber noch in der frühen Adoleszenz) auftritt, finden sich vermehrt motori- sche Störungen, es treten Halluzinationen und Ich-Störungen auf (die Kinder sprechen von sich in der dritten Person, haben das Gefühl, andere können ihre Gedanken hören, oder fühlen sich in Tiere verwandelt, sie sehen eine Hexe oder einen schwarzen Mann, Gespenster oder Geister, hören Musik, die nicht gespielt wird usw.). Auch eine Wahnsymptomatik manifestiert sich nun deutlicher in dieser Entwicklungsphase.

97
Q

Plus-Sympto- matik
 (Positivsymptomatik)

A

Plus-Sympto- matik
(auch Positiv- symptomatik oder Typ-I- Symptome) seltener bei (sehr) frühen Psychosen, typisch für juvenile Psychosen

98
Q

Wahn (Inhaltliche Denkstörung)
Inhalte:

A

” Hypochondrischer Wahn (feste Überzeu- gung, an einer schweren Erkrankung zu leiden) 

“ Beeinflussungswahn (feste Überzeugung, von anderen bzw. von außen beeinflusst zu werden) 

“ Größenwahn (sich selbst für eine bedeu- tende Person halten) 

“ Beziehungswahn (andere Personen, auch fremde, oder Gegenstände und Ereignisse werden in einzigartiger Weise zu dem Ju- gendlichen selbst in Beziehung gesetzt) 

“ Verfolgungswahn (sich von etwas oder je- mandem verfolgt glauben aufgrund von objektiv harmlosen Geschehnissen in der Umwelt) 

“ Bizarrer Wahn (kulturell unangemessene Überzeugungen, wie z. B. mit Außerirdi- schen in Kontakt zu stehen) 
Formen: 

“ Wahngedanke 

“ Wahnwahrnehmung (eine tatsächliche 
Wahrnehmung wird fehlinterpretiert) 

“ Wahnstimmung (das Gefühl, dass etwas 
Seltsames vor sich geht, die Welt erscheint 
bedrohlich verändert) 

“ Wahnidee (einzelne falsche Idee, z. B., dass 
ein Essen vergiftet ist) 

“ Wahnerinnerung (vergangene, vor Krank- 
heitsausbruch abgespeicherte Erinnerun- gen werden neu interpretiert im Rahmen des jetzigen vorherrschenden Wahns) 


99
Q

Sinnestäuschun- gen und Wahrnehmungs- störungen (Halluzinatio- nen und Illusionen)
Arten:

A

” Akustisch (z. B. kommentierende oder dialogische Stimmen, die gehört werden, obwohl sie nicht da sind) 

“ Körperbezogen (Zoenästhesien, das Kör- perempfinden ist gestört, z. B. das Gefühl haben zu schweben oder von elektrischen Wellen durchgeschüttelt zu werden) 

“ Optisch (z. B. wenn Geister gesehen wer- den) 

“ Gustatorisch / Olfaktorisch (z. B. Benzin riechen, das kein anderer wahrnimmt) 

“ Taktil (z. B. das Gefühl haben, etwas krab- belt über den Arm oder jemand berührt den eigenen Körper) 

“ Illusionen (z. B. wenn aus einem tatsäch- lich vorhandenen Busch als Reiz eine Per- son in der Wahrnehmung wird) 


100
Q

Desorganisation im Denkprozess (formale Denk- störung, kogni- tive Auffälligkei- ten)
Störungen des Ich-Erlebens

A

” Zerfahrenheit, Inkohärenz (Gesagtes wird unverständlich, da die Worte und Gedan- ken in keinem logischen Zusammenhang mehr stehen) 

“ Vorbeireden (obwohl die Frage verstanden wird und diese auch beantwortet wird, trifft die Antwort inhaltlich nicht auf die Frage zu) 

“ Konzentrationsstörungen, Erinnerungs- probleme 

“ Gedankeneingebung (Gedanken werden von einer fremden Macht in den eigenen Kopf eingegeben) 

“ Gedankenentzug (Gedanken werden aus dem eigenen Kopf von einer fremden Macht entzogen) 

“ Gedankenausbreitung (Gefühl, dass sich die eigenen Gedanken ausbreiten) 

“ Gedankenlautwerden (Gefühl, die eigenen Gedanken können von anderen gehört werden)

101
Q

Minus-Symp- tomatik (auch Negativ- symptomatik oder Typ-II- Symptoma- tik) häufiger bei (sehr) frühen Psychosen, typisch für juvenile Psychosen

Störung des An- triebs, der Moti- vation, des Af- fekts, der Spra- che und der Psychomotorik Kontaktstörung sozialer Rückzug

A

” Apathie, Interessenverlust (äußert sich auch über verminderten Antrieb zum Sprechen bis hin zum Mutismus) 

“ Affektverflachung (keine emotionale Re- aktion auf Ansprache, Gesicht ausdrucks- los) 

“ Parathymie (inadäquater Affekt; was der Jugendliche sagt, passt nicht zu seinem nonverbalen Verhalten z. B. laut lachen, wenn etwas sehr Ernstes erzählt wird; die qualitative Übereinstimmung fehlt) 

“ Läppischer Affekt (Heiterkeit oder Albernheit) 

“ Weitschweifige, umständliche Sprache (der Jugendliche verliert sich beim Reden in unwichtigen Details) 

“ Negativismus (ein Jugendlicher macht im- mer das Gegenteil von dem, was ihm gesagt wird – Beispiel: er soll die Augen schließen, er sperrt sie extra auf) 

“ Neologismen (Wortneuschöpfungen werden eingesetzt) 

“ Katatone Symptome (Stupor oder Hal- tungsstereotypien, die auch als Katalepsie bezeichnet werden) 


102
Q

Die ICD-10 verlangt, dass zumindest ein Positivsymptom mindestens einen Monat lang vorhanden ist, um die meisten schizophrenen Störungen zu diagnos- tizieren. Unterformen der Schizophrenie sind :

A

” Paranoide Schizophrenie (F 20.0) 

“ Hebephrene Schizophrenie (F 20.1) 

“ Katatone Schizophrenie (F 20.2) 

“ Undifferenzierte Schizophrenie (F 20.3) 

“ Postschizophrene Depression (F 20.4) 

“ Schizophrenes Residuum (F 20.5) 

“ Schizophrenia simplex (F 20.6) 


103
Q

Was sind die Hauptmerkmale der Schizophrenie?

A

Hauptmerkmale sind Wahnthemen und Halluzinationen bei der paranoiden Form, ein inadäquater und verflachter Affekt bei der hebephrenen Form und primär psychomotorische Symptome bei dem katatonen Subtyp. Wenn keines dieser Hauptmerkmale dominant hervorsticht, spricht man z. B. von einer undif- ferenzierten Schizophrenie. 


104
Q

Was sind die Hauptmerkmale der Schizophrenie?

A

Hauptmerkmale sind Wahnthemen und Halluzinationen bei der paranoiden Form, ein inadäquater und verflachter Affekt bei der hebephrenen Form und primär psychomotorische Symptome bei dem katatonen Subtyp. Wenn keines dieser Hauptmerkmale dominant hervorsticht, spricht man z. B. von einer undif- ferenzierten Schizophrenie. 


105
Q

Schizophrenien werden von schizotypen und wahnhaften Störungen in der ICD-10 unterschieden. Weitere Formen von schizotypen und wahnhaften Stö- rungen, die nicht in F 20, sondern den nachfolgenden Abschnitten der ICD-10 codiert werden (F 21 bis F 25), sind:

A

die schizotypen Störungen, anhaltende wahnhafte Störungen, akute vorübergehende psychotische Störungen, induzierte wahnhafte Störungen oder die schizoaffektiven Störungen. 


106
Q

Halluzinationen und paranoide Symptome sind im Kindes- und Jugendalter …., nur Körperhalluzinationen kommen ….. vor (Steinhausen, 2016). Die Psychosen, die erstmalig im Jugendalter auftreten, sind weitgehend ähnlich zu der Phänomenologie im Erwachsenenalter. Nach Resch (2008) finden sich bei Kindern und Jugendlichen häufiger gemischte Symptome, eine reine Positiv- oder Negativsymptomatik ist eher selten. 


A

Halluzinationen und paranoide Symptome sind im Kindes- und Jugendalter seltener, nur Körperhalluzinationen kommen häufiger vor (Steinhausen, 2016). Die Psychosen, die erstmalig im Jugendalter auftreten, sind weitgehend ähnlich zu der Phänomenologie im Erwachsenenalter. Nach Resch (2008) finden sich bei Kindern und Jugendlichen häufiger gemischte Symptome, eine reine Positiv- oder Negativsymptomatik ist eher selten. 


107
Q

Psychosen sind eine ….. Gruppe von psychischen Störungen mit ….. Symptommustern. Häufig sind sie durch eine Plussymp- tomatik, eine Minus- oder eine gemischte Symptomatik gekennzeichnet. Neben Schizophrenie zählen auch andere vorübergehende oder anhaltende wahnhafte Störungen sowie induzierte oder schizoaffektive Störungen dazu.

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Psychosen sind eine heterogene Gruppe von psychischen Störungen mit unterschiedlichen Symptommustern. Häufig sind sie durch eine Plussymp- tomatik, eine Minus- oder eine gemischte Symptomatik gekennzeichnet. Neben Schizophrenie zählen auch andere vorübergehende oder anhaltende … Störungen sowie induzierte oder schizoaffektive Störungen dazu.

108
Q

Genetische Faktoren. Psychosen

A

Psychotische Störungen sind multifaktoriell bedingt. Gene- tische Faktoren sind ein bedeutsamer Faktor, sie tragen zu einem erheblichen Teil zu dem Erkrankungsrisiko bei (50–80 Prozent, Huppert & Kienzle, 2010). So beträgt zum Beispiel das Lebenszeitrisiko eines Ehepartners, ebenfalls eine Schi- zophrenie zu entwickeln, nur 2 Prozent verglichen mit eineiigen Zwillingen, wo der andere Zwilling ein Risiko von 48Prozent hat (Huppert & Kienzle, 2010). Genetische Faktoren nehmen damit bei dieser Störung eine dominante Rolle ein.

109
Q

Neurobiologische Faktoren. Psychosen

A

Neurobiologisch finden sich sowohl strukturell als auch neurochemisch Auffälligkeiten (z.B. ein reduziertes Volumen der grauen Hirnsubstanz, eine gestörte Dopaminfunktion). Die Variabilität der Befunde ist allerdings hoch und manche der Auffälligkeiten treten auch erst auf, wenn die Störung bereits manifest geworden ist. Kognitiv wird eine Basisstörung der Informationsverarbeitung angenommen, die sich u. a. in einer Schwächung selek- tiver Aufmerksamkeitsprozesse bemerkbar macht.

110
Q

Psychosen: Faktoren, die das genetische Risiko modulieren. Faktoren, die das genetische Risiko modulieren

A

Faktoren, die das genetische Risiko modulieren. Faktoren, die das genetische Risiko modulieren, können u.a. prä- (Unterernährung während der Schwangerschaft), peri- (Geburtskomplikationen) oder postnatale Faktoren (ZNS-Infektionen in der Kindheit) sein. Sie wirken nicht kausal auf die Entstehung der Störung, sondern erhöhen das Risiko, falls bereits eine entsprechende genetische Komponente vorhanden ist.

111
Q

Psychose: Psychosoziale Faktoren.

A

Psychosoziale Faktoren haben keinen ursächlichen Ein- fluss auf die Entstehung, kritische Lebensereignisse können jedoch wie bei vielen anderen Störungen ein auslösender Faktor für die Erkrankung sein. Schließlich haben familiäre Faktoren vor allem einen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung, nicht aber auf die Entstehung. Hier hat sich insbesondere das Konzept der »Expressed Emotion« (Leff & Vaughn, 1986) bewährt. In einer deutschen Unter- suchung (Hahlweg et al., 1989) ergab sich ein vierfach erhöhtes Risiko, einen Rückfall nach einer psychotischen Episode zu haben, wenn der betroffene Patient nach der Behandlung (und bei andauernder Medikation) in eine Familie zurück- ging, wo das familiäre Klima durch Feindseligkeit, Kritik oder emotionale Über- protektivität gekennzeichnet war.

112
Q

Psychose und das Vulnera- bilitäts-Stress-Modell

A

Gegenwärtig geht man bei der Entstehung von Psychosen von einem Vulnera- bilitäts-Stress-Modell aus. Betroffene Personen bringen eine Vulnerabilität für eine psychotische Erkrankung mit. Diese ist überwiegend genetisch determiniert. Bestimmte stressvolle Erfahrungen im Leben eines solchen Menschen können dann zum Ausbruch der Erkrankung führen und psychosoziale Faktoren bestim- men in der Folge den weiteren Verlauf der (behandelten) Erkrankung.

113
Q

Ätiologisch sind ….. Faktoren von dominanter Bedeutung für die Entstehung von Psychosen. Der Ausbruch wird durch …. Lebensereig- nisse moderiert. Psychosoziale Faktoren, insbesondere das familiäre Klima, haben einen großen Einfluss auf den weiteren Verlauf der Erkrankung.

A

Ätiologisch sind genetische Faktoren von dominanter Bedeutung für die Entstehung von Psychosen. Der Ausbruch wird durch kritische Lebensereig- nisse moderiert. Psychosoziale Faktoren, insbesondere das familiäre Klima, haben einen großen Einfluss auf den weiteren Verlauf der Erkrankung.

114
Q

Psychosen: Epidemiologie

A

Weltweit treten Schizophrenien vergleichbar häufig auf (ca. 1 Prozent). Im Kindesalter sind sie jedoch weitaus seltener: Von allen schizophrenen Episoden treten nur 1 Prozent vor dem 10. Lebensjahr und 4 Prozent vor dem 14. Lebensjahr auf (Remschmidt et al., 1994). Männliche und weibliche Jugendliche sind in etwa gleich häufig betroffen, vor der Pubertät sind hingegen mehr Jungen betroffen.

115
Q

Psychosen: Verlauf und Prognose

A

weisen die psychotischen Erkrankungen relativ zu anderen psychischen Störungen einen insgesamt ungünstigen Verlauf auf. Es handelt sich in vielen Fällen um eine chronisch rezidivierende Erkrankung. Dies bedeutet, dass es nach dem Erleben einer ersten psychotischen Episode sehr wahrscheinlich ist, dass die betroffene Person im weiteren Verlauf zusätzliche Episoden erleben wird.
Auch kommt im Kindes- und Jugendalter der Subtyp einer hebephrenen Schizophrenie häufiger vor als im Erwachsenenalter.
Eine tendenziell günstige Prognose ergibt sich bei weiblichem Geschlecht und einem abrupten Beginn (mit Plussymptomatik). Ein schleichender Beginn der Erkrankung hat dagegen eine ungünstige Prognose.
Von 100 Personen ist im Schnitt ca. eine Person von einer schizophrenen Episode betroffen. Im Kindes- und Jugendalter ist die Häufigkeit noch niedriger. Der Verlauf ist meist episodisch.

116
Q

Psychose: Psychosoziale Belastungen

A
  • Der Bruch im Lebenslauf des Kindes oder Jugendlichen durch eine psychotische Erkrankung ist oft markant und für Familienmitglieder nur schwer verständlich. Wie es zu einer solchen Erkrankung kommen konnte und wieso das Kind auf einmal (bei einem akuten Beginn) so »komisch« geworden ist, stellt viele Laien vor ein Rätsel. Familien fragen sich dann, was sie verkehrt gemacht haben, denn sie können sich nicht vorstellen, dass eine solche psychische Störung auftritt, ohne dass jemand Schuld daran hat. Sie zermürben sich und quälen sich mit der Frage, was anders hätte laufen müssen, um den Ausbruch zu verhindern. Bei chronischen Verläufen haben Eltern manchmal auch das Gefühl, ihr Kind sei ihnen genommen worden. Sie können kaum noch etwas in der (erkrankten) Person wiedererkennen.
  • Betroffene Jugendliche selbst haben in der psychotischen Episode unter Um- ständen starke Ängste. Durch Stimmen vermittelte Befehle zur Selbstverletzung oder die panische Angst vor Verfolgern, die zu einer spontanen selbstgefährdenden Handlung motiviert, können im Rahmen der akuten Erkrankung auftreten. Ähnlich belastend ist aber auch die Einsicht hinsichtlich des Krankseins, wenn die akute psychotische Episode abklingt und der Jugendliche realisiert, dass seine zukünftigen Schul- und Ausbildungschancen möglicherweise dramatisch begrenzt sind. Wenn sich eine Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit eingeschlichen hat, dann steigt das Selbstmordrisiko. Etwa ein Viertel der von dieser Störungsgruppe betroffenen Kinder und Jugendlichen versuchen, sich wiederholt das Leben zu nehmen, 10 Prozent beenden tatsächlich ihr Leben.
  • Die psychotischen Erkrankungen sind für Kinder, Jugendliche und ihre Familien sehr belastend, sowohl in der akuten psychotischen Phase als auch im weiteren Verlauf.
117
Q

Psychose: Prävention

A

Eine effektive Möglichkeit, dem erstmaligen Ausbruch einer Erkrankung primär- präventiv vorzubeugen, gibt es bisher nicht. Der Beratung betroffener Familien kommt ein hoher Stellenwert zu. Familien benötigen eine umfassende Vermittlung von Informationen über die Störung. Für viele ist das Miterleben einer Erst- manifestation überwältigend und ein Schritt-für-Schritt-Vorgehen ist vermutlich hilfreich für Familien in einer solchen Situation. Die Einsicht in die Erkrankung kann bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen begrenzt sein. Eltern werden damit auch u.U. gefordert, Entscheidungen gegen den Willen ihres Kindes zu treffen. Sie darin zu unterstützen, die mit der Bewältigung der Erkrankung des Kindes verbundenen Aufgaben zu meistern, ist eine gute Möglichkeit, beratend tätig zu werden. Hinsichtlich der Therapie des Jugendlichen ist eine medikamen- töse Behandlung mit Antipsychotika in der Regel notwendig. Eine begleitende Psychotherapie kann hilfreich sein

118
Q

Psychose: Intervention

A

Es gibt keine primärpräventiven Interventionen, die sich auf die Inzidenz der Erkrankung auswirken würden. Sekundär- und tertiärpräventive Maß- nahmen sind allerdings von großer Bedeutung bei der Störungsgruppe. Medikamentöse Interventionen und psychotherapeutische Begleitung sind Hauptbestandteil der Versorgung betroffener Kinder und Jugendlicher.