Posttraumatische Belastungsstörung Verhaltenstherapie Flashcards
Merkmale eines Traumas:
- schockierendes (z.T. unerwartetes) Ereignis
- Existentielle Bedrohung der körperlichen
Unversehrtheit (Lebensgefahr, tatsächliche oder
drohende schwere Körperverletzung, sexualisierte Gewalt) - Auslösung subjektives Gefühl intensiven Schreckens,
Horrors oder Hilflosigkeit DSM-IV
Was ist ein Trauma? ICD-10
„Traumata sind kurz- oder langanhaltende Ereignisse oder Geschehen von außergewöhnlicher Bedrohung mit katastrophalem Ausmaß, die nahezu bei jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würden.”
Was ist ein Trauma? ICD-11
„an event or situation (either short- or long-lasting) of an extremely threatening or horrific nature.”
Was ist ein Trauma?
—> DSM-5
—> Konfrontation mit tatsächlichem oder drohendem Tod, schwerer Verletzung oder sexualisierter
Gewalt auf eine (oder mehrere) der folgenden Arten:
1. direkte Erfahrung des traumatischen Ereignisses
2. Zeug:in davon sein, wie das/die Ereignis(se) anderen Personen zugestoßen ist
3. Erfahren, dass eine nahestehende Person Gewalt oder Unfall erlebt hat.
4. Wiederholte oder extreme Konfrontation mit aversiven Details eines oder mehrerer
traumatischer Ereignisse (z.B. Ersthelfer:in, die menschliche Überreste einsammelt; Polizeiangehörige, die wiederholt mit Details von sexualisierter Gewalt konfrontiert werden)
Welche drei Arten von Trauma gibt es?
- Man-made Trauma
- sexualisierte oder körperliche Gewalt, Kriegserlebnisse, Vergewaltigung, folter etc. - Katastrophen Unfälle
- Verkehrsunfälle, Arbeitsunfälle, Naturkatastrophen - Andere
- lebensgefährliche Erkrankung, Beobachtung von Traumata bei anderen
Typ 1 Traumata
einmalig, unerwartet
Typ 2 Traumata
andauernd, chronisch, wiederholt
Handelt es sich hierbei um ein Trauma?
Frau D. erlebt eine Fehlgeburt nach lang ersehnter Schwangerschaft
Nein
Handelt es sich hierbei um ein Trauma?
Markus wird in seinem Sportverein nach dem Training von seinem Trainer unter der Dusche beobachtet und berührt.
Ja
Handelt es sich hierbei um ein Trauma?
Herr U kommt nach hause und findet seine Tochter blutüberströmt inmitten eines suizidversuchs vor.
Ja
Handelt es sich hierbei um ein Trauma?
Herr und Frau K trennen sich nach jahrelangen Streitereien. Der Streit um das Sorgerecht artet aus und muss vor Gericht geklärt werden.
Nein
Handelt es sich hierbei um ein Trauma?
Als Ersthelferin hat Frau B mehrmals dabei geholfen menschliche Überreste aufzuheben. Den tatsächlichen Unfall hat sie nie miterlebt.
Ja
Psychische Störungen infolge einer traumatischen Erfahrung:
Trauma muss vorliegen!
- Anpassungsstörung
- Angststörung
- Depression
- PTBS
- komplexe PTBS
- Substanzkonsum
- Persönlichkeitsstörung
- Essstörung
Entwickeln alle Traumaüberlebende chronische Probleme?
Nein
- traumatische Erlebnisse sind häufig
- viele traumüberlebende mit psychischen Problemen erholen sich ohne Hilfe oder Behandlung innerhalb der ersten monate
- nur eine Minderheit von traumüberlebenden entwickeln chronische Probleme (auch abhängig von art des Traumas)
Ein paar Worte zu epidemiologischen Werten
–> Prävalenz abhängig von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Lebensraum
–> 1-Monats-Prävalenz (ICD-11) bei 14- bis 99jährigen Personen in der deutschen
Allgemeinbevölkerung:
‒ Gesamt: 1,5%
‒ (21% aus der Stichprobe haben mindestens eine potenziell traumatische Situation erlebt)
Symptomatik: Was muss vorliegen?
- Mindestens 1 Monat Symptome von Wiedererleben, Vermeidung/Gefühlstaubheit und Übererregung, Leidensdruck, Einschränkung
DSM-5 Kriterien
A. Konfrontation mit einem Trauma
B. Symptome des Wiedererlebens (mind. 1)
(1) intrusive Erinnerungen
(2) Albträume
(3) Dissoziative Reaktionen (Flashbacks)
(4) starke emotionale Reaktion auf Erinnerungsreize
(5) starke physiologische Reaktion auf Erinnerungsreize
C. Symptome der Vermeidung (mind. 1)
(1) Vermeidung von Erinnerungen, Gedanken oder Gefühlen (2) Vermeidung von äußeren Erinnerungsreizen/Situationen
D. Veränderungen in Kognitionen und/oder Emotionen (mind. 2)
(1) Erinnerungslücken
(2) negative Überzeugungen über Selbst, andere oder
die Welt
(3) übertriebene Schuldkognitionen
(4) persistierende negative Emotion
(5) Interessensverlust
(6) Abgeschnitten/distanziert von anderen Menschen
(7) Unfähigkeit, positive Gefühle zu erleben
E. Symptome erhöhten Arousals (mind. 2)
(1) Ärger
(2) Rücksichtsloses oder selbstverletzendes Verhalten (3) Hypervigilanz
(4) übertriebene Schreckreaktion
(5) Konzentrationsprobleme
(6) Schlafstörungen
F. Dauer mind. 1 Monat
G. Klinisch bedeutsames Leiden oder Beeinträchtigung
Was bedeutet Dissoziation? Was sind die Auswirkungen?
- Losgelöst sein von psychischen Prozessen
- Keine bewusste Kontrolle & Gedächtnisdefizite
- Derealisation und Out-of-Body Erlebnis/ Depersonalisation
Ätiologische Faktoren der PTBS
Trauma und Gehirn
Was passiert während und nach einem traumatischen Ereignis im Gehirn? Wie werden Traumata (neurobiologisch) verarbeitet?
—> Beispiele aus der Forschung (Neurokognitive Psychologie, Klinische Psychologie, Stress- und Gedächtnisforschung):
- Sensorische Elemente des Traumas (z.B Geräusche und Gerüche) sehr gut abrufbar
- Konzeptuelle Elemente des Traumas (z.B Zeitpunkt) sehr schlecht abrufbar
- Hippocampus: Integration von Einzelkomponenten einer Erfahrung zu kohärenter Episode
‒ Stress beeinflusst Gehirnstrukturen: Beeinträchtigung Hippocampus unter Stress (akut oder strukturell)
‒ Schnittstelle Trauma und Stress: Trauma als extremer oder auch chronischer Stressor
Emotionale Verarbeitungstheorie der PTBS:
—> Hintergrund: Netzwerkmodelle des Gedächtnisses
–> Ausgangspunkt: Furchtstruktur im Gedächtnis
‒ Stimuluselemente (z.B. Messer)
‒ Reaktionselemente (z.B. Herzrasen)
‒ Bedeutungselemente (z.B. Gefahr, Schuld)
—> Besonderheiten bei PTBS
‒ Besonders viele Stimuluselemente
‒ Besonders starke Reaktionselemente
‒ Unrealistische Verknüpfung harmloser Stimuluselemente mit Reaktions- und Bedeutungselementen
Duale Repräsentationstheorie
- Annahme:
—> Traumaerinnerungen sind in verschiedenen Gedächtnissystemen gespeichert
—> hohes Erregungs-/Stresslevels während der Traumatisierung –> Hemmung des Hippocampus
- reduzierte Encodierung und Speicherung detaillierter c-rep/VAM Informationen
- überproportionale Encodierung und Speicherung in s-rep/SAM Repräsentationen
—> VAM/c-rep:
‒ Narrative “bewusste“, intentional „top-down“ abrufbare Erinnerung
‒ enthält v.a. verbale und bedeutungshaltige, kontextualisierte Information (z.B.
Ort, Zeit des Geschehens)
‒ autobiografisch integriert (explizites Gedächtnis)
‒ zugänglich für kognitive Bewertungen
—> SAM/s-rep:
‒ nicht bewusst zugängliche Erinnerungen
‒ kann „bottom-up“ durch traumaassoziierte Reize aktiviert werden
‒ enthält v.a. sensorische Informationen sowie körperliche und emotionale Reaktionen ohne Kontextualisierung
Ungleichgewicht SAM / VAM wird angesehen:
- als Merkmal des Traumagedächtnisses und
- als Erklärung für intrusionen (Wiedererleben)
Kognitives Modell
—> Zusätzlicher Fokus auf kognitive Komponente: Traumagedächtnis und Bewertung
—> Empirisch gut gestütztes Modell
—> Merkmale der Traumaerinnerung:
Bildung assoziativer Netzwerke im autobiografischenGedächtnis
1. Unzureichende Elaboration und ungenügende Verbindung mit anderen autobiographischen Erinnerungen
- häufige Auslösung ungewollter Erinnerungen
- Wiedererleben des Traumas im „Hier und jetzt“
- z.T. Probleme beim intentionalen Abruf
2. Hohes perzeptuelles Priming für traumabezogene Reize
niedrige Wahrnehmungsschwelle
3. Starke konditionierte Verbindungen
—> PTBS aufgrund einer „Gedächtnisstörung“:
Entwicklung eines Traumagedächtnisses Ò Merkmale der Traumaerinnerung: Bildung assoziativer Netzwerke im autobiografischen
Gedächtnis
—> Bewertung von Trauma und dessen Folgen relevant für Aufrechterhaltung der Symptomatik und des Bedrohungsgefühls
‒ Bewertungen des Traumas:
‒ „Ich bin nirgendwo sicher.“
‒ „Ich bin verletzlich, mir kann so etwas jederzeit wieder passieren.“
‒ „Ich ziehe Unglück an.“
—> Bewertung von Trauma und dessen Folgen relevant für Aufrechterhaltung der Symptomatik und des Bedrohungsgefühls
- Bewertung des eigenen Verhaltens und Erlebens während des Traumas:
‒ „Es ist meine Schuld, dass es passiert ist.“
‒ „Meine Reaktion während des Traumas zeigt, dass ich ein schlechter Mensch bin.“
—> Bewertung von Trauma und dessen Folgen relevant für Aufrechterhaltung der Symptomatik und des Bedrohungsgefühls
‒ Bewertung der Symptome/Folgen nach dem Trauma:
‒ „Ich habe mich für immer verändert.“
‒ „Ich werde verrückt.“
—> Kontrollstrategien:
- fördert Aufrechterhaltung der Symptomatik
‒ Vermeidungsverhalten (z.B. nicht alleine rausgehen)
‒ Sicherheitsverhalten (z.B. Waffe mitführen, nur in Begleitung Haus verlassen)
‒ Kognitive Vermeidung/Gedankenunterdrückung (z.B. nicht an das Trauma denken)
—> Weitere Möglichkeiten von Kontrollstrategien:
‒ exzessives Grübeln
‒ Alkohol- oder Drogengebrauch zur Kontrolle der Symptome
Was wird als Teufelskreis bezeichnet?
Keine Veränderung Traumagedächtnis –> keine Modifikation der negativen Interpretation –> Sicherheitsverhalten verstärkt Überzeugung von Bedrohung (und von vorne)
Wann wurde im DSM III die Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung eingeführt?
Erst 1980 wurde im DSM-III jedoch erstmalig offiziell die Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) („posttraumatic stress disorder“, PTSD) als eine spezifische Störung in Reaktion auf traumatische Erleb- nisse eingeführt, was zu einer intensiven Forschung zur Ätiologie und Behandlung der Störung geführt hat.
Was ist ein Trauma: Die nötige Voraussetzung für PTBS
Die Definition der PTBS nimmt innerhalb der Klassi- fikationssysteme psychischer Störungen eine Sonder- stellung ein, da ein spezifischer ätiologischer Faktor – das Erleben eines Traumas – eine notwendige Vor- aussetzung für die Diagnosestellung ist. Der Traumabe- griff, d. h., die Frage, welche Ereignisse als Traumata bezeichnet werden, hat damit einen großen Einfluss auf die Störungsdefinition, die Prävalenz der Störung sowie die Möglichkeit für Betroffene, Behandlung zu erhalten
Wie wurden Traumata in den anfangen der PTBS Forschung typischerweise definiert? Wie sieht es im ICD 10 aus?
In den An- fängen der PTBS-Forschung wurden Traumata typi- scherweise definiert als außergewöhnliche Ereignisse, die bei fast jedem Menschen eine starke Belastungsre- aktion hervorrufen. Diese Sichtweise findet sich auch noch in der ICD-10 wieder, in der Traumata definiert werden als „belastende Ereignisse oder Situationen au- ßergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenarti- gen Ausmaßes (kurz- oder langanhaltend), die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würden“
Wie steht die Traumadefinition des ICD 10 im Widerspruch zu epidemiologischen Befunden? Was besagt demnach der ICD 11?
Diese Traumadefinition steht jedoch in Widerspruch zu epidemiologischen Befunden, die zum einen zeigen, dass traumatische Ereignisse nicht sel- ten sind, sowie zum anderen, dass Menschen sehr un- terschiedlich auf traumatische Erlebnisse reagieren (7 Abschn. 51.3). In der ICD-11 wurden diese proble- matischen Aspekte daher aus der Traumadefinition he- rausgenommen, die nun nur noch von Trauma als „ex- posure to an extremely threatening or horrific event or series of events“ spricht