Epidemiologie: Inzidenz, Prävalenz, Mortalität und andere zentrale Begriffe Flashcards
Epidemiologie: Definition der Epidemiologie:
—> Epidemiologie (Gr. epi = über, demos = Volk, logos = Lehre)
—> Nach einer verbreiteten Definition ist die Epidemiologie die quantitative Erforschung der Verteilung und der Determinanten (Risikofaktoren) von Krankheiten (oder auch Gesundheitszuständen) in der Bevölkerung und die Anwendung der Erkenntnisse auf die Kontrolle (Prävention und Behandlung) von Krankheiten.
Repräsentative Befragungen
(Bevölkerungssurvey, Bevölkerungspanel)
- Sozio-oekonomische Panel (SOEP)
- Gesundheit in Deutschland aktuell (GEDA)
- Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS)
- Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS, Kinder- und Jugendgesundheitssurvey)
- European Health Interview Survey (EHIS), Europäische Gesundheitsumfrage
Ziele und Methoden der DEGS1-MH:
- Bundesweiter Gesundheitssurvey
- Ziel: Umfassende Gesundheitsberichterstattung
(Prävalenz, Risiken, Korrelate) - Repräsentative bundesweite Querschnittstudie N = 5.317
(4.483) Personen (18 – 79 Jahre, soziodemographisch gewichtet). - Diagnostische Basis: DIA-X/CIDI ! DSM-IV-TR-Kriterien, neuropsychologische Daten, Psychosesymptome, Fatigue- und Lebensqualitätsscreenings.
- Auswertung: Nach Geschlecht und Störung getrennt und auf die Bevölkerungszahl hochgerechnet (in Mio.)
12 - Monatsprävalenz Geschlecht (Frauen, Männer, Gesamt, Anzahl betroffener in Millionen)
Frauen: 33,3
Männer: 22,0
Gesamt: 27,7
Anzahl betroffener in Millionen: 17,8
12 Monats Prävalenz Substanzgebrauch
Frauen: 3,5
Männer: 7,9
Gesamt: 5,7
Anzahl betroffener in Millionen: 3,7 Millionen
12 Monatsprävalenz Affektive Störungen
Frauen: 12,4
Männer: 6,1
Gesamt: 9,3
Anzahl betroffener in Millionen: 6 Millionen
12 Monatsprävalenz Angststörungen
Frauen: 21,3
Männer: 9,3
Gesamt: 15,3
Anzahl betroffener in Millionen: 9,8
Gegenstandsbereich der Epidemiologie Spezifische Aufgaben der Epidemiologie
- Die Bestimmung der Häufigkeit und der Verteilung der Krankheiten in der Bevölkerung
- Das Erkennen der Krankheitsätiologie und deren Risikofaktoren, um damit zur besseren Definition beizutragen
- Die Untersuchung des natürlichen Verlaufs und der Prognose von Krankheiten
- Das Bewerten von präventiven und therapeutischen Maßnahmen
- Die Entwicklung von Entscheidungshilfen für Fragen der Gesundheits- und Umweltpolitik
Gegenstandsbereich der Epidemiologie Definition der Epidemiologie: Aufgabe/Ziele: 1) Deskriptive Epidemiologie:
1) Deskriptive Epidemiologie:
Differenziert und beschreibt die Krankheitshäufigkeiten und Krankheitsverläufe ➔ Darstellung der Verteilung von Krankheiten gegenüber der gesunden Bevölkerung, Untersuchung der Entstehung, Verlauf und Ausgang von Erkrankungen (Vervollständigen des klinischen Bildes).
Gegenstandsbereich der Epidemiologie Definition der Epidemiologie: Aufgabe/Ziele: 2) Analytische Epidemiologie:
2) Analytische Epidemiologie:
Deckt die Ursache- Wirkungsbeziehungen bei der Entstehung oder Verhütung von Erkrankungen auf (Prüfung „kausaler“ Beziehungen zwischen Umweltfaktoren und Krankheit)
➔ Analyse der Ursachen der Verteilung von Krankheiten, Ermittlung von individuellen Krankheitsrisiken.
Gegenstandsbereich der Epidemiologie Definition der Epidemiologie: Aufgabe/Ziele: 3) Experimentelle Epidemiologie:
3) Experimentelle Epidemiologie:
Widmet sich der Implementation epidemiologischer Erkenntnisse in Form von Interventionsmaßnahmen und der Evaluation der Wirksamkeit dieser Interventionen.
Relevanz der Epidemiologie für die Klinische Psychologie
” Die Beschäftigung mit dem Ausmaß psychischer Störungen und der Behandlungsplanung.
“ Die Häufigkeit von konkreten Störungen (übersetzt in verschiedene Maßzahlen) dienen als Basis für vielfältige (gesundheitspolitische) Überlegungen.
“ Die Studien liefern Hinweise auf Risikofaktoren, die wiederum für das Verstehen individueller Zustände nützlich sind.
Historischer Exkurs
Geschichte und die Grundlagen epidemiologischer Forschung:
- Epidemiologie war schon früh ein Forschungsfeld, das sich besonders auf die Ausbreitung von Infektionskrankheiten bezog.
BEISPIEL: Dr. John Snow und William Farr untersuchten die Ausbreitung der Cholera Epidemie in London 1848, 1853/54 und 1866.
Grundbegriffe der Epidemiologie
Die Falldefinition ist?
Die Falldefinition ist die exakte Zuordnung einer Person zu einem Krankheitsfall.
Mit anderen Worten: Die Falldefinition bezeichnet diagnostisch greifbare Störungsmerkmale, die eine Person aufweisen muss, um als „Fall“ identifiziert zu werden.
* Eine oder mehrere spezifische Diagnosen
* Ein oder mehrere Syndrome
* Oder einzelne diagnostische Merkmale.
Die Falldefinition kennt zwei methodische Ansätze:
- Der dimensionale Ansatz: stützt sich auf Merkmale oder Symptome als Analyseeinheit und untersucht, unter Annahme gradueller Unterschiede, ihr Ausmaß und ihre Häufigkeit.
- Der kategoriale Ansatz: nimmt kategoriale Unterschiede zwischen Fällen und Nicht-Fällen an und analysiert die jeweiligen Fallhäufigkeiten.
Was versteht man unter Exposition?
Unter Exposition versteht man die Faktoren, denen eine Bevölkerung ausgesetzt ist und die einen Einfluss auf den gesundheitlichen Zustand haben können.
Mögliche (aber nicht kausale) Folgen einer Exposition:
- z.B. Morbidität: ist das Auftreten von Krankheitsfällen.
- z.B. Mortalität: ist die Häufigkeit der Sterbefälle, bezogen
auf eine Bevölkerung.
Was ist der Fallindex?
Der Fallindex ist der erste bekannte Fall in einem Krankheitsausbruch.
BEISPIEL: Fallindex: Ausbruch der Cholera in London, 1848: Der englischer Seemann, John Harnold, der in einem Seemannhaus in Horsleydown an der Themse übernachtete.
Cholera (London 1853/54): Datenerhebung:
- Wer erkrankt (Falldefinition/Fallindizies) —> welche Personengruppe(Geschlecht,Alter, Familienstand,Bildung, Einkommenetc.)
- Wo tritt die Krankheit auf (Exposition) —> bestimmte Stadtteile, Regionen etc.
Wann tritt die Krankheit auf —> akute Fälle, einzelne Tage, saisonal auftretende Krankheiten etc.
Das Risiko der Southwark & Vauxhall-Kunden an Cholera zu sterben:
Das Risiko der Lambeth-Kunden an Cholera zu sterben:
Interpretation?
(1.263 Todesfälle : 40.046 Haushalte)* * 1.000 = 31,5
Interpretation: 31,5 Personen pro 1.000 Haushalte der Southwark & Vauxhall Kunden starben an Cholera.
(98 Todesfälle : 26.107 Haushalte)* * 1.000 = 3,8
Interpretation: 3,8 Personen pro 1.000 Haushalte der Lambeth Kunden starben an Cholera.
Wie viel höher ist das Risiko (Relatives Risiko)? 31,5 : 3,8 = 8,3
Interpretation: Die Southwark & Vauxhall Kunden tragen ein 8,3 mal höheres Risiko an Cholera zu erkranken als die Lambeth-Kunden.
Epidemiologische Maße
1) Prävalenz
Häufigkeit einer Erkrankung: Erkrankung einer zufällig ausgewählte Person zu einem konkreten Zeitpunkt an der entsprechenden Krankheit
Die Prävalenzrate ist der Anteil der Erkrankungen in der Bevölkerung (z.B. in Prozent).
Berechnung der Prävalenz:
P=M:N
P —> Prävalenz
M. —> AnzahlderPersonenmitKrankheitineinerbestimmten Population während eines bestimmten Zeitraums
N. —> AnteilallerPersonenmitErkrankungsrisikowährendeines bestimmten Zeitraums.
Prävalenzrate=P*100! ProzentualerAnteil!
Prävalenz - Population:
Wahre Prävalenz, Behandlungsprävalenz und Administrative Prävalenz
- Wahre Prävalenz: Repräsentative Erfassung der Häufigkeit von Erkrankungen für die interessierende Population
- Behandlungsprävalenz: Zahl der Personen mit einer Erkrankung, die sich zu einem bestimmten Zeitpunkt in Behandlung befinden oder versorgt werden
- Administrative Prävalenz: Zahlen auf der Basis von administrativen Routinestatistiken (z.B. in Kliniken)
Prävalenz - Zeit: Punktprävalenz, Periodenprävalenz und Lebenszeitprävalenz
- Punktprävalenz: Die Gesamtzahl aller Krankheitsfälle, die in einer
definierten Population zu einem bestimmten Zeitpunkt auftreten - Periodenprävalenz: Die Prävalenz bezieht sich auf eine konkrete zeitliche Periode (z.B. 12-Monatsprävalenz)
*Lebenszeitprävalenz: Prävalenzrate beschreibt den %-Anteil der Erkrankungen über die Lebensspanne