Klassifikation und Diagnostik (Teil 2) Flashcards

1
Q

Die wichtigsten Aufgaben der klinisch- psychologischen Diagnostik
Beschreibung

A
  • Qualitative und quantitative Beschreibung der vorliegenden (psychischen) Störung —> Symptome, Häufigkeit, Intensität, Dauer, Bedingungen und Faktoren, die Symptome beeinflussen
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2
Q

Die wichtigsten Aufgaben der klinischen Diagnostik
Klassifikation

A
  • Klassifikation der psychischen Störung —> Reduktion von Informationen für besseren Austausch sowie durch Klassifikationssysteme erhaltende therapierelevante Hinweise für Interventionsmethoden
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3
Q

Die wichtigsten Aufgaben der klinischen Diagnostik
Exploration

A
  • Exploration von besonderen lebensgeschichtlichen Bedingungen bei der Entstehung und dem bisherigen Verlauf der Störungàfür individuelle Planung der Behandlung
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4
Q

Die wichtigsten Aufgaben der klinischen Diagnostik
Verlaufsdiagnostik

A
  • Beobachtung des Verlaufs der Intervention und der Veränderung des Symptomatik (adaptive Diagnostik, Verlaufsdiagnostik)àerster Ist-Zustand behält nicht unveränderte Gültigkeit
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5
Q

Die wichtigsten Aufgaben der klinischen Diagnostik
Therapie-Evaluation

A
  • Überprüfung des Therapieerfolgs (Qualitätssicherung) à Überprüfung des Ergebnis der Behandlung nach möglichst objektiven Kriterien, im Interesse der Therapeutinnen und Klientinnen
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6
Q

Diagnostische Ansätze und Methoden
Ansätze und Methoden für Erfüllen der Aufgaben der klinisch- psychologischen Diagnostik, Unterteilung in zwei Gruppierungen:

A

„Aspekt“, der beobachtet wird (Modalität)
—> Zentrale Aspekte menschlichen Erlebens und Verhaltens
‒ Körperliche Aspekte (z.B. physiologische Erregung)
‒ Gedanken und Gefühle (kognitiv- emotionale Ebene; z.B. Hoffnungslosigkeit, Angst)
‒ Verhalten (motorisch und sprachlich; z.B. Vermeiden einer Situation, die Angst macht)

Eingesetzte diagnostische Methode
—> Das (offene) diagnostische Gespräch
—> Strukturierte und standardisierte klinisch-
psychologische Interviews (z.B. zur Klassifikation) ÒFragebogen- und Testverfahrung (z.B. für
personenbezogene Informationen, Symptomatik) Ò Beobachtungsmethoden (z.B. Häufigkeit von
Verhalten)
—> Psychophysiologische und biologische
Verfahrungen (z.B. Messen von Muskelspannung)

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7
Q

Verfahren zur Klassifikation psychischer Störungen

A

—> Internationale Diagnose Checklisten für ICD-10 und DSM-IV (IDCL; Hiller et al., 1995)
—> Internationale Diagnose Checklisten für Persönlichkeitsstörungen (IDCL-P; Bronisch et al.,
1995),
—> Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV, Achse I (SKID-I; Wittchen et al., 1997),
—> Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV, Achse II (SKID-II; Fydrich et al., 1997),
—> Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen (DIPS; Margraf et al., 1994; als Kurzversion: »Mini-DIPS«; Margraf, 1994),
—> Composite International Diagnostic Interview (CIDI; Wittchen et al., 1997)

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8
Q

Symptombelastung: Die Symptom-Checkliste mit 90 Items

A

– Standard (SCL 90-R) Franke, 2014
—> Erfassung subjektiver Beeinträchtigungen durch körperliche und psychische Symptome innerhalb der letzten sieben Tage
—> Anwendungsbereiche: Screening, Eingangsdiagnostik, Verlaufsmessung, Veränderungsmessung, Therapieevaluation
—> 83 der 90 Items werden zu 9 Skalen zusammengefasst, 7 der Items gehen als Zusatzinformation in die Berechnung der drei globalen Kennwerte ein

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9
Q

Die Symptom-Checkliste mit 90 Items - Standard
(SCL 90-S; Franke, 2014) Franke, 1995 –> Skalen

A

—> Skalen: jede Skala erfasst dimensionale Übergänge von „normaler“ alltäglicher
Symptombelastung bis zur psychopathologisch relevanten Symptomatik
1. Somatisierung
2. Zwanghaftigkeit
3. Unsicherheit im Sozialkontakt 4. Depressivität
5. Ängstlichkeit
6. Aggressivität/Feindseligkeit 7. Phobische Angst
8. Paranoides Denken
9. Psychotizismus

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10
Q

—> Die 9 Skalen der Symptomcheckliste lassen sich in drei globale Kennwerte umwandeln:

A

‒ GSI: Global Severity Index: Indikator für die psychische Belastung
‒ PSDI: Positiv Symptom Distress Index: Intensität der Belastung
‒ PST: Positiv Symptom Total: Anzahl der Items, bei denen
eine Belastung vorliegt
—> Reliabilität:
* Interne Konsistenz: .79-.97 (stationäre
Psychiatriepatientinnen), .51-.94 (normale Personen)
* Retest-Reliabilität: 1 Woche (ambulante Psychiatriepatient
innen):
.78 -.90

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11
Q

Depressivität Beck-Depressionsinventar (BDI-II)

A

—> BDI – 1961, Schwere der Depression, 21 Items, Revision 1978
—> Erfassung subjektiv-kognitiver Aspekte globaler Depressivität, BDI-II
speziell auf die DSM-IV-Kriterien bezogen
—> 21 Aussagen mit Punktwerten jeweils von 0-3 (je höher der Wert,
desto stärker die Depression)
—> Sowohl Intensität als auch Symptome der Depression werden
erfasst: Traurige Stimmung, Pessimismus, Versagergefühle, Unbefriedigtsein, Schuldgefühle, Selbstbestrafungsgedanken, Selbsthass, Selbstvorwürfe, Weinen, Reizbarkeit, Sozialer Rückzug, Unentschlossenheit, Körperbild, Arbeitsstörungen, Schlafstörungen, Ermüdbarkeit, Appetitverlust, Gewichtsverlust, Hypochondrie, Sexuelles Interesse

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12
Q

Beck-Depressionsinventar (BDI-II)
—> Beispiel zu „Schuldgefühle“:
—> Cut-Off-Werte:

A

‒ 0 Ich habe keine Schuldgefühle
‒ 1 Ich habe häufig Schuldgefühle
‒ 2 Ich habe fast immer Schuldgefühle
‒ 3 Ich habe immer Schuldgefühle
—> Cut-Off-Werte: 0-8 nicht depressiv, 9-13 minimal depressiv, 14-19 milde depressiv, 20-28 mittel-schwer-depressiv und 29-63 schwer- depressiv —> je höher der wert desto wahrscheinlicher depressiv! Nicht zwangsläufig
—> Reliabilität
‒ Interne Konsistenz: .93. / Retest: .86-.92
—> Aufgrund seiner guten psychometrischen Qualitäten, seiner Kürze und der mit den Items erfassten breiten Symptombereiche, wird der BDI als vergleichsweise bestes Selbsteinschätzungsverfahren zur Erfassung der Schwere einer Depression bezeichnet

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13
Q

Gesundheitsfragebogen für Patienten (PHQ-D)

A

—> Screening, Fallidentifikation, Schweregrad, Behandlungserfolg
—> Selbstbeurteilungsfragebogen
—> erfasst werden die häufigste psychischen Störungen: somato-forme
Störungen, depressiver Störungen, Angststörungen, Essstörungen und
Alkoholmissbrauch
—> diagnostische Kriterien nach DSM-IV, hohe Passbarkeit zu DSM-V
—> Versionen: Komplettversion (10 Minuten), Kurzform (3 Minuten),
Ultrakurzform (PHQ-2 + GHD-2), einzelne Module
—> Einzelne Module: z.B. PHQ-9: Depression, GAD-7: generalisierte
Angststörung, PHQ-15: Schweregrad somatischer Symptome
—> Vielfältige Angaben zu den Gütekriterien und zur Sensitivität und
Spezifität
—> Nutzungsberechtigung: frei und kostenlos erhältlich, muss bei der
Publikation der generierten Daten korrekt zitiert sein

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14
Q

Screening psychischer Beschwerden

A

möglichst wenig schaden erzeugen aber alle erwischen die betroffen sind
—> spart zeit und Geld
—> Nachteile: hohe Ökonomie wird erkauft

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15
Q

WHO-5-Fragebogen: Beschreibung und Auswertung

A

—> Beschreibung
‒ Kurzscreening zur Erfassung der Lebensqualität.
‒ Ursprüngliche Entwicklung zur Behandlung von Patienten mit Diabetes.
‒ Hohe Sensitivität für depressive Erkrankungen.
—> Auswertung
‒ Die Items werden summiert. Bei einem Rohwert < 13 ist ein weiterführenderdiagnostischerProzesszuAbklärungeiner Depression indiziert.
‒ Zur Therapieverlaufskontrolle können Prozentwerte berechnet werden (Summenwert * 4).

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16
Q

Eigenschaften von Screenings

A

—> Ein Screening ist die vermutete Identifizierung einer unerkannten Erkrankung oder Störung durch die Anwendung von Tests, Untersuchungen oder anderer Prozeduren, die schnell durchgeführt werden können.
—> Screening-Tests unterscheiden Personen, die wahrscheinlich eine Erkrankung haben, von Personen, die wahrscheinlich keine haben.
—> „Ein Screening-Test ist nicht dazu bestimmt, diagnostisch zu sein.“

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17
Q

Klassifikation: Cut-Off-Werte

A

—> Ein Cut-Off-Wert klassifiziert in „unauffällig“ und „auffällig“.
—> Der Vergleich erfolgt mit einer konkreten Bezugsgruppe (z.B. gleiche Altersgruppe) und
—> Orientiert sich an der Ausprägung eines konkreten Kriteriums (z.B. Ausprägung von Problemverhalten)

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18
Q

Gütekriterien

A

Ein gutes Screeningverfahren zeichnet sich durch hohe Sensitivität bei gleichzeitig hoher Spezifität aus
—>Sensitivität = Trefferquote = 𝑅𝑃 𝐹𝑁+𝑅𝑃
—>1-Sensitivität = Verpasserquote = 𝐹𝑁 ! Beta-Fehler 𝐹𝑁+𝑅𝑃
—>Spezifität=(korrekte)Ablehnungsquote = 𝑅𝑁 𝐹𝑃+𝑅𝑁
—>1-Spezifität = Quote falscher Alarme = 𝐹𝑃 ! Alpha-Fehler

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19
Q

Beispiel Diagnostik bei Substanzkonsum

Substanz Alkohol:

A

Diagnostik der Alkoholabhängigkeit
Zielsetzungen im Überblick:
1. Screening-Verfahren (Verdachtsdiagnose)
Identifizierung von Personen mit Alkoholabhängigkeit, Alkoholmissbrauch sowie von Personen mit riskantem Alkoholkonsum
2. Feststellung einer Alkoholabhängigkeit
Zur Absicherung einer Verdachtsdiagnose
3. Differentialdiagnostik
Schweregrad, typologische Besonderheiten, differentielle Indikation und Therapieplanung
4. Symptombelastung und psychiatrische Komorbidität
Differentielle Indikation und Therapieplanung
5. Qualitätssicherung

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20
Q

Beispiel: Screening-Verfahren CAGE-Test (Cut down, Annoyed, Guilty, Eyeopener)

A

—> Zielsetzung: Identifizierung Personen mit Alkoholabhängigkeit und Alkoholmissbrauch
—> Selbstbeurteilungsfragebogen mit vier Items:
1. Waren Sie der Meinung, dass Sie Ihr Trinken einschränken sollten?
2. Ärgert es Sie, dass andere Ihr Trinken kritisierten?
3. Fühlten Sie sich schlecht oder schuldig wegen des Trinkens?
4. Tranken Sie als erstes am Morgen, um Ihre Nerven zu stärken oder einen Kater loszuwerden (“Augenöffner”)?
—> Güte:
- Sensitivität 85% (richtig klassifizierte Alkoholiker)
Spezifität 89% (richtig klassifizierte Nicht-Alkoholiker)

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21
Q

Feststellung einer Alkoholabhängigkeit

A
  • Strukturierte Interviews
  • z.B. Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV (SKID I)
  • Suchtmodul * Fragebögen
  • z.B. Münchener Alkoholismustest (MALT)
    ‒ Zielsetzung: Screening-Test zur Identifizierung von Alkoholabhängigen und zur Absicherung einer Verdachtsdiagnose
    —> Selbstbeurteilungsteil (MALT-S): 24 Items Fremdbeurteilungsteil (MALT-F): 7 Items
    –> 0-5 Punkte: unauffällig
    6-10 Punkte: Verdacht auf Alkoholismus bzw. Alkoholgefährdung
    11-52 Punkte: Alkoholismus
    —> Güte: hohe Spezifität, geringe Sensitivität
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22
Q

Differentialdiagnostik
—>Differentialdiagnostisches Problem:

A

Viele Störungen oder Krankheiten produzieren ähnliche oder gleiche Syndrome oder Symptome, d.h. dass viele Symptome unterschiedliche Syndrome bedeuten oder anzeigen können. Wie können wir also sicher stellen, dass ein Symptom oder Syndrom eine diese Störung oder Krankheit anzeigt und nicht jene oder eine andere?
—>ausgerichtet auf die Abgrenzung und Identifizierung einer bestimmten Krankheit innerhalb einer Gruppe symptomatisch ähnlicher (oder z.T. sogar übereinstimmender) Krankheiten

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23
Q

Differentialdiagnostik
Skala zur Erfassung der Schwere der Alkoholabhängigkeit (SESA)

A

—>Zielsetzung: Bestimmung der Schwere einer bestehenden Alkoholabhängigkeit auf der Basis des Abhängigkeitssyndroms
—>Selbstbeurteilungsfragebogen, der aus zwei Teilen besteht: - Gesamtskala mit 28 Items (sieben Subskalen)
- Subskala „Wiederauftreten des Syndroms nach Abstinenz“
mit fünf Items
—>Güte: Cronbach‘s-Alpha: .71-.95; Vergleiche mit SCAN und CIDI, Zusammenhänge mit MALT, Trinkmengen und Folgeerkrankungen

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24
Q

Verbindung von Diagnostik und Intervention

A

—>Der praktischer Wert der Diagnostik zeigt sich aus den ableitbaren Handlungsanweisungen
—>Unterscheidung in selektive Indikation (Zuordnungsproblem, Selektionsstrategie) und adaptive Indikation (Anpassung der therapeutischen Intervention an den Einzelfall/ therapeutischen Prozess, Modifikationsstrategie)
—> Aufgaben der Indikation (hierarchische Entscheidung folgender Aspekte): Psychotherapie-IndikationàBehandlungsbezogene Indikation —> Adaptive oder prozessuale Indikation
—> Sowohl Zuordnung von zentralen Problem/ Symptomatiken zu Behandlungsansätzen als auch Passung zwischen Therapeutin und Klientin zur Indikationsstellung von Relevanz

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25
Q

Take Home Message
1. Die zentralen Aufgaben der Diagnostik sind …, …., …., …. und ….
2. Es gibt eine Vielzahl klinisch-diagnostischer Verfahren. Strukturierte Interviews werden (meist) zur …. Diagnostik herangezogen, „Klinische“ Fragebögen (meist) zur …. Diagnostik.
3. Beispiele für strukturierte Interviews sind das … bzw. …. und … für …
4. Typische klinische Fragebögen sind SCL-90-S, BDI-II, PHQ-9 uvm.
5. Screenings unterscheiden sich in Umfang und Aussage von … Fragebögen –hier sind …. und …. zentrale Gütemaße, auch im Umgang mit der Interpretation der Testwerte.

A

Take Home Message
1. Die zentralen Aufgaben der Diagnostik sind Beschreibung, Klassifikation, Exploration, Verlaufsdiagnostik und Therapie-Evaluation.
2. Es gibt eine Vielzahl klinisch-diagnostischer Verfahren. Strukturierte Interviews werden (meist) zur kategorialen Diagnostik herangezogen, „Klinische“ Fragebögen (meist) zur dimensionalen Diagnostik.
3. Beispiele für strukturierte Interviews sind das SKID-I/II bzw. SCID 5-CV/PD und DIPS für DSM-5
4. Typische klinische Fragebögen sind SCL-90-S, BDI-II, PHQ-9 uvm.
5. Screenings unterscheiden sich in Umfang und Aussage von dimensionalen Fragebögen –hier sind Sensitivität und Spezifität zentrale Gütemaße, auch im Umgang mit der Interpretation der Testwerte.

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26
Q

Ansätze zur Unterscheidung von psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter
Allgemein lassen sich zwei unterschiedliche Herangehensweisen unterschei- den:

A

(a) der kategoriale und (b) der dimensionale Klassifikationsansatz.

  • Beim kategorialen Klassifikationsansatz wird davon ausgegangen, dass die einzel- nen Störungsbilder mehr oder weniger klar voneinander abgrenzbar sind. Es gibt eine Reihe von Störungskategorien, wobei die Zuordnung des Erlebens und Verhaltens der Kinder zu den Kategorien nach definierten Regeln erfolgt. Man spricht hierbei auch von einem qualitativen Klassifikationsansatz, da hier distinkte Kategorien einander gegenübergestellt werden. Quantitative Abstufungen sind nicht vorgesehen, da eine Zugehörigkeit zu einer Kategorie entweder vorliegt oder nicht vorliegt.
  • Anders ist dies bei einem dimensiona- len Klassifikationsansatz. Hier werden bei entwicklungspsychopathologisch relevanten Dimensionen (wie dem Ausmaß der Ängstlichkeit oder der Depressivität) quantitative Abstufungen vorgenommen. Durch den Ver- gleich mit Normwerten lässt sich erkennen, ob Auffälligkeiten vorliegen. Wenn mehrere Dimensionen erfasst werden, können auch individuelle Profile in den Blick genommen werden.
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27
Q

Kategoriale Klassigikationsansätze

A

Bei kategorialen Klassifikationsans ̈atzen geht es darum, ein bestimmtes Muster an Symptomen nach definierten Kriterien bestimmten Störungs- kategorien zuzuordnen.

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28
Q

Das ICD-Klassifikationssystem : Der kategoriale Klassifikationsansatz steht von seiner Denkweise her in der Tradition mit?

A
  • Der kategoriale Klassifikationsansatz steht von seiner Denkweise her in der Tradition medizinischer Krankheitsmodelle. So wie eine körperliche Erkrankung (wie beispielsweise ein Herzinfarkt) entweder vorliegt oder nicht vorliegt und – wenn sie vorliegt – mit bestimmten Symptomen einhergeht, werden auch psy- chische Störungen und ihre Symptome voneinander abgegrenzt. Dieser Grund- gedanke wird besonders deutlich an dem ICD-Klassifikationssystem. Es handelt sich hierbei um die Internationale Klassifikation der Krankheiten (International Classification of Diseases). Das System ermöglicht eine Klassifikation aller Erkran- kungen, wobei psychische Störungen lediglich einen Teilbereich bilden.
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29
Q

Aufteilung des ICD 10:

A

Das ICD-System liegt derzeit noch in der zehnten Fassung vor, wobei die Einführung der elften Fassung in absehbarer Zeit erwartet wird und die neuen Codierungen bis 2022 umgesetzt werden sollen (Reed et al., 2019). Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die derzeit gültige ICD-10. Die ICD ist nach Kapiteln von A bis Z unterteilt. Der Teilbereich, der sich auf psychische Störungen bezieht, ist das Kapitel F. Alle psychischen Störungen werden von F 0 bis F 9 klassifiziert. Die ICD-10 erlaubt etwa 1000 Unterscheidungen innerhalb dieses Teilbereichs. Die Störungen mit Beginn in Kindheit und Jugend finden sich im Abschnitt F 9. Nach dem Multiaxialen Klassifikationsschema für psychische Störungen des Kindes- und Jugendalters (MAS), das auf der Basis der ICD-10 entwickelt wurde, lassen sich dabei die folgenden sechs Achsen unterscheiden

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30
Q

Die 6 Achsen des ICD 10:

A

” Achse 1: Klinisch psychiatrisches Syndrom 

“ Achse 2: Umschriebene Entwicklungsstörung 

“ Achse 3: Intelligenzniveau 

“ Achse 4: Körperliche Symptomatik 

“ Achse 5: Assoziierte aktuelle abnorme psychosoziale Umstände 

“ Achse 6: Globalbeurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus 


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31
Q

ICD 10: Achsen1 bis 3:

A
  • Auf der ersten Achse wird die Art der vorliegenden Störung klassifiziert (wie beispielsweise hyperkinetische Störung, Störung des Sozialverhal- tens oder emotionale Störung des Kindesalters ). Hier kommt das gesamte Störungs- spektrum infrage – mit Ausnahme der umschriebenen Entwicklungsstörungen sowie des Intelligenzniveaus, die auf den Achsen 2 und 3 beschrieben werden. Unter die umschriebenen Entwicklungsstörungen fallen dabei Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache, Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten (Lese- Rechtschreib-Störung und Dyskalkulie) und Entwicklungsstörungen der motori- schen Funktionen.
  • Da diese Entwicklungsstörungen nur einzelne Entwicklungs- funktionen betreffen, werden sie auf der zweiten Achse als umschriebene Entwick- lungsstörungen aufgeführt.
  • Auf Achse 3 wird das Intelligenzniveau beschrieben, wobei hier insbesondere die Frage nach einer möglichen Intelligenzminderung von Bedeutung ist.
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32
Q

ICD 10: Achsen 4 bis 6.

A
  • Auf Achse 4 werden körperliche Symptome aufgeführt. Hierdurch können sich Hinweise auf körperliche Verursachungen für die psychischen Störun- gen ergeben. Weiterhin können sich Hinweise auf psychosomatische Bezüge ergeben.
  • Achse 5 beschreibt die aktuellen psychosozialen Umstände, die mit dem Auftreten einer Störung verbunden sind. Hierunter fallen beispielsweise kritische Lebensereig- nisse oder familiäre Bedingungen, die mit der Störung verknüpft sein können.
  • Auf Achse 6 erfolgt ein Globalurteil der psychosozialen Anpassung eines betroffenen Kindes oder Jugendlichen. Es handelt sich um ein Urteil auf einer abgestuften Skala, die von einer persistenten Gefährdung der eigenen oder anderer Personen und starken sozialen Beeinträchtigungen bis hin zu einer sehr guten psychosozialen Anpassung mit guten Sozialkontakten und angemessenen Interessen und Aktivitäten reicht.
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33
Q

ICD 10: Kombinationsdiagnosen.

A
  • Mit der ICD-10 können mehrere Diagnosen gleichzeitig vergeben werden, wobei dann die Hauptdiagnose vorangestellt wird und die weiteren Diagnosen folgen (Komorbidität).
  • Charakteristisch für die ICD-10 ist die Möglichkeit von Kombinationsdiagnosen: Störungen, die im Entwicklungs- verlauf eines Kindes häufig zu einem Zeitpunkt gemeinsam auftreten, können als eine kombinierte Diagnose vergeben werden (anstatt von zwei unabhängig neben- einanderstehenden Einzeldiagnosen). Die ICD-10 berücksichtigt hier bereits spe- zielle Entwicklungspfade , indem sie eine Störungskategorie vorgibt für Störungen, die oft gemeinsam auftreten. Ein Beispiel dafür ist die hyperkinetische Störung, auf die im weiteren Entwicklungsverlauf nicht selten eine Störung des Sozialverhaltens folgt (z. B. mit oppositionellem Trotzverhalten). Hier wird dann als kombinierte Störung die hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens vergeben.
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34
Q

Änderungen und Neuerungen in der ICD-11:

A
  • Ein Ziel war die Minimierung willkürlicher oder auch zufälliger Unter- schiede zum DSM-5, wobei berechtigte konzeptuelle Unterschiede weiterhin vor- kommen.
  • Die Einordnung der Störungen mit Beginn in Kindheit und Jugend wird es nicht mehr geben, die Störungen werden eher nach ihrer Symptomatik gruppiert. So wird beispielsweise die emotionale Störung mit Trennungsangst in der ICD-11 nun der Sektion Angststörungen zugeordnet.
  • Eine weitere Veränderung betrifft die Erweiterung um kulturelle Einflüsse auf die Diagnosegruppen der ICD-11. Schließ- lich ist eine weitere markante Änderung der Einbezug eines dimensionalen Ansatzes. So können zum Beispiel statt diagnostischer Subtypen jetzt dimensionale Marker (dimensional qualifiers) vergeben werden. Dieses Vorgehen soll der Erkenntnis Rechnung tragen, dass viele psychische Störungen besser entlang von Symptomdi- mensionen beschrieben werden können, als Eingruppierungen in diskrete Katego- rien vorzunehmen.
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35
Q

Neuerungen ICD 11: Für die psychischen Störungen, die im Rahmen von Kindheit und Jugend besondere Relevanz haben, sind insbesondere die Einführung folgender neuer Kategorien relevant:

A

die komplexe posttraumatische Belastungsstörung, die Fütter- und Essstörungen mit vermeidender/restriktiver Nahrungsaufnahme, die Störung mit intermittierend auftretender Reizbarkeit, die verlängerte Trauerstörung und die Störung im Zusammenhang mit (Computer-)Spielen

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36
Q

Das DSM-Klassifikationssystem : Merkmale des DSM

A

Ein weiteres Klassifikationssystem, das sich ausschließlich auf psychische Störun- gen bezieht, liegt mit dem Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen vor. Das DSM liegt mittlerweile in der fünften Fassung (DSM-5) vor, die seit 2015 auch in deutscher Sprache zur Verfügung steht. Die aktuelle Fassung des DSM-Systems ähnelt dem ICD-System, kommt jedoch ohne Beschreibungsachsen aus und ist in 22 Störungs- kategorien untergliedert. Viele Störungen, die bereits im Kindes- und Jugendalter erstmals auftreten, sind dabei unter der Oberkategorie der Störungen der neuro- nalen und mentalen Entwicklung zusammengefasst. Dazu gehören intellektuelle Beeinträchtigungen, Kommunikationsstörungen, Autismus-Spektrum-Störun- gen, Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen, spezifische Lernstörun- gen, motorische Störungen, Tic-Störungen sowie andere Störungen der neurona- len und mentalen Entwicklung. Einige Störungen, die ebenfalls bereits im Kindes- und Jugendalter in Erscheinung treten, wurden dagegen wegen ihrer inhaltlich- strukturellen Passung anderen Störungskategorien zugeordnet. Dies gilt beispiels- weise für Fütter- und Essstörungen im Säuglings- und Kleinkindalter, die in die allgemeine Kategorie Fütter- und Essstörungen integriert wurden. Ähnliches gilt für die Störung mit Trennungsangst und den Selektiven Mutismus, die der allgemeinen Kategorie der Angststörungen zugeordnet wurden. Ähnlich wurde die Störung des Sozialverhaltens den Disruptiven, Impulskontroll- und Sozial- verhaltensstörungen, die Enuresis und Enkopresis den Ausscheidungsstörungen sowie die Bindungsstörungen den Trauma-/belastungsbezogenen Störungen zu- geordnet. Die inhaltlich-strukturelle Systematik erhielt dabei Vorrang vor einer entwicklungspsychologischen Orientierung, die beispielsweise bei der Einordnung den typischen Entstehungszeitpunkt im Entwicklungsverlauf bzw. Abweichungen davon in stärkerem Maße berücksichtigt hätte.

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37
Q

Gemeinsamkeiten zwischen den ICD- und DSM-Klassifikationssystemen

A
  • Ein gemeinsames Charakteristikum ist, dass beide Systeme sich um eine Störungsklassifikation bemühen, die unabhängig von einer spezifischen ätiologi- schen Theorie ist (wie beispielsweise der Psychoanalyse oder der Lerntheorie). Daher werden weitgehend deskriptive Dimensionen genutzt.
  • Für die einzelnen Störungsbilder werden Ein- und Ausschlusskriterien definiert, die so operationalisiert sind, dass sie eine möglichst eindeutige Beurteilung erlauben. Dadurch soll die Reliabilität der Beurteilung sichergestellt werden. Damit ist gemeint, dass zwei (oder mehr) Beurteiler bei gleicher Befundlage zu einem vergleichbaren Urteil gelangen sollten (Interrater-Reliabilität). Weiterhin sollte derselbe Beurteiler bei einer wiederholten Einschätzung nach einem mehr oder minder großen Zeitintervall zu einer vergleichbaren Einschätzung kommen, wenn er auf der Basis derselben Befundlage urteilt.
  • Ein entscheidender Nachteil der ICD- und DSM-Beurteilungssysteme ist, dass eine entwicklungspsychologische Ausrichtung weitgehend fehlt. Beide Beurteilungssysteme sind überwiegend mit Blick auf das Erwachsenenalter konzipiert und enthalten lediglich einige Störungs- bilder, die schon im Kindes- und Jugendalter auftreten. Sie sind jedoch wenig spezifisch auf die Besonderheiten des Kindes- und Jugendalters ausgerichtet. Dies ist beim DSM-5 stärker ausgeprägt als bei der ICD-10, allerdings entwickelt sich auch die ICD-11 stärker weg von einer entwicklungsbezogenen Klassifikation.
38
Q

as Zero-to-Three-Klassifikationssystem mit 5 Achsen

A

Diesem Mangel versucht das »Zero-to-Three«-Klassifikationssystem gerecht zu werden, das speziell für die Störungen im Altersbereich von null bis drei Jahren entwickelt wurde (National Center for Infants, Toddlers and Families, 1999). Bei diesem Klassifikationssystem werden fünf Achsen unterschieden :
“ Achse 1: Klinische Störung (Primärdiagnose) 

“ Achse 2: Vorhandensein bzw. Art einer Beziehungsstörung 

“ Achse 3: Körperliche und Entwicklungsstörungen bzw. -bedingungen 

“ Achse 4: Psychosoziale Stressoren 

“ Achse 5: Funktionsniveau der emotionalen Entwicklung 


39
Q

Die 5 Achsen des as Zero-to-Three-Klassifikationssystem

A
  1. Auf der ersten Achse wird die primäre Diagnose klassifiziert (wie beispielsweise Angststörung im Säuglings- und Kleinkindalter etc.).
  2. Auf der zweiten Achse wird beurteilt, ob eine Beziehungsstörung vorliegt und welcher Art sie ist. Die Qualität der Beziehung wird dabei einerseits durch eine globale Einschätzungsskala beur- teilt und andererseits durch ein Kategoriensystem, das als zentrale Kategorien (a) überinvolviert bzw. besonders eng, (b) unterinvolviert bzw. besonders locker, (c) ängstlich-gespannt, (d) zornig-feindselig, (e) gemischt oder (f) missbrauchend unterscheidet.
  3. Die dritte Achse bezieht sich auf medizinische bzw. entwicklungs- bezogene Diagnosen (z.B. Sprachentwicklungsverzögerung).
  4. Auf der vierten Achse werden psychosoziale Stressoren beschrieben, mit denen ein Kind kon- frontiert ist,
  5. während auf der fünften Achse der funktionell-emotionale Entwick- lungsstand beurteilt wird.
40
Q

was wird mit dem »Zero-to-Three«-Klassifikationssystem erreicht?

A

Mit dem »Zero-to-Three«-Klassifikationssystem wird zwar eine stärker entwicklungsbezogene Ausrichtung der Störungsbeurteilung erreicht, es bleibt aber auf frühe Altersabschnitte beschränkt.

41
Q

Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik (OPD-KJ)

A

Ein weiteres Beispiel eines Klassifikationssystems ist die »Operationalisierte Psycho- dynamische Diagnostik im Kindes- und Jugendalter« (OPD-KJ). Auch hier findet eine multiaxiale Klassifikation statt, allerdings handelt es sich im Unterschied zu den drei anderen Klassifikationssystemen nicht um eine deskriptive Klassifikation. Die OPD-KJ beruht auf psychodynamischen Annahmen über die Entstehung und Aufrechterhaltung psychischer Störungen. Ausführlichere Informationen zu diesem Klassifikationssystem finden sich beim Arbeitskreis OPD-KJ-2

42
Q

Diagnoseinstrumente für die kategorialen Klassifikationssysteme: Kinder-DIPS.

A
  • Um die Diagnosestellung zu erleichtern, gibt es Diagnoseinstrumente, die speziell auf die Klassifikationssysteme ICD und DSM abgestimmt sind. Hervor- zuheben ist in diesem Zusammenhang das Diagnostische Interview bei psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter (Kinder-DIPS, Margraf et al., 2017; Schneider et al., 2017).
  • Es handelt sich um ein strukturiertes Interview zur Befragung des betroffenen Kindes bzw. Jugendlichen sowie der Eltern. Es werden dabei die für die Diagnosestellung nach DSM bzw. ICD relevanten Kriterien erfasst, um dadurch zu einer systematisierten Diagnosestellung zu gelangen. Erfasst werden damit die psychischen Störungsbereiche des Kindes- und Jugendalters, die am häufigsten in klinischen Settings vorzufinden sind.
43
Q

Kinder-Dips: Erfasst werden damit die psychischen Störungsbereiche des Kindes- und Jugendalters, die am häufigsten in klinischen Settings vorzufinden sind. Dies sind im Einzelnen:

A

” Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung 

“ disruptive, Impulskontroll- und Sozialverhaltensstörung 

“ Tic-Störungen 

“ Angststörungen 

“ Zwangsstörungen 

“ Trauma- und belastungsbezogene Störungen 

“ Störungen der Ausscheidung 

“ depressive Störungen 

“ Schlaf-Wach-Störungen 

“ Essstörungen 

“ Kommunikationsstörungen 


44
Q

Das Kinder-DIPS bezieht sich auf das Altersspektrum von … bis … Jahren und besteht aus einer …. und einer ….version. Was wird zu beiden Versionen empfohlen?

A

Das Kinder-DIPS bezieht sich auf das Altersspektrum von 6 bis 18 Jahren und besteht aus einer Kinder- und einer Elternversion. Da die Angaben nicht immer übereinstimmen und nicht selten unterschiedliche Sichtweisen beste- hen, wird empfohlen, beide Versionen einzusetzen, um dadurch möglichst umfas- sende Informationen für die Diagnostik zu erhalten.

45
Q

Kinder-DIPS: Wie wird das Interview durchgeführt? Wie und wonach werden die Diagnosen gestellt?

A

Das Interview wird weitgehend in einer standardisierten Form mit vorgegebenen Fragen durchgeführt. In Abhän- gigkeit von den Antworten werden Diagnosen nach den Kriterien des DSM-5 vergeben. Die Diagnosen können mithilfe einer Tabelle nach Diagnosen im Sinne der ICD-10 überführt werden.

46
Q

Ein weiteres System liegt mit dem Diagnostik-System für psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter nach ICD-10 und DSM-5 (DISYPS-III) von Döpfner und Görtz-Dorten (2017) vor:

A

Damit können hyper- kinetische Störungen, Störungen des Sozialverhaltens, Angststörungen, Depressive Störungen, Trauma- und belastungsbezogene Störungen, Zwangs-Spektrum-Stö- rungen, Tic-Störungen, Autismus-Spektrum- und Soziale Kommunikationsstörun- gen sowie Bindungs- und Beziehungsstörungen im Fremd- (FBB) und / oder Selbst- beurteilungsbogen (SBB) erfasst werden.

47
Q

Weitere Diagnoseverfahren. Es gibt weitere Interviewverfahren, die zur Unterstüt- zung der Diagnosestellung zum Einsatz gelangen können. Im deutschsprachigen Raum ist weiterhin vor allem das Mannheimer Elterninterview (MEI) von Esser et al. (1989) zu nennen:

A

Weitere Diagnoseverfahren. Es gibt weitere Interviewverfahren, die zur Unterstüt- zung der Diagnosestellung zum Einsatz gelangen können. Im deutschsprachigen Raum ist weiterhin vor allem das Mannheimer Elterninterview (MEI) von Esser et al. (1989) zu nennen, das allerdings lediglich in einer Elternversion vorliegt und sich auf den Altersbereich von 6 bis 16 Jahren bezieht. Die Interviewergebnisse können ebenfalls zur Diagnosestellung nach ICD bzw. DSM genutzt werden, wobei in diesem Fall insgesamt 38 kinder- und jugendpsychiatrische Symptome erfasst werden.

48
Q

Vorteile von kategorialen Klassifikationssystemen:

A
  • Die Vorteile der Nutzung von Klassifikationssystemen sind in ihrer ökonomischen, kommunikativen und indikativen Funktion zu sehen: mithilfe der festgelegten Kategorien und Kriterien kann man durch eine Einordnung auch eine Vorhersage machen (Antizipation weiteren Verhaltens und Erlebens), die Einordnung hilft bei der Verständigung zwischen Fachleuten (und Forschern) und sie kann dazu beitragen, effiziente Entscheidungen über Behandlungsformen zu treffen.
  • Mit den kategorialen Klassifikationssystemen existiert ein gemeinsames Sprach- system, das einen Informationsaustausch ermöglicht. Dies gilt insbesondere auch für die Forschung, die damit die Möglichkeit erhält, Fälle nach gemeinsamen Kriterien zusammenzufassen, um sowohl Diagnose- als auch Interventionsmaß- nahmen zu entwickeln. Uneinheitliche Diagnosekriterien haben beispielsweise in der Vergangenheit vielfach dazu geführt, dass epidemiologische Angaben zur Verbreitung von Störungsbildern recht heterogen ausfallen können. Mit der Nutzung einheitlicher Kriterien wird zu einer Vergleichbarkeit der Ergebnisse in der Forschung und auch in der Praxis beigetragen.
49
Q

Nachteile von kategorialen Klassifikationssystemen:

A
  • Die Verwendung von Kategoriensystemen legt eine Einheitlichkeit nahe, die dem individuellen Fall nicht immer gerecht wird. Hinter einer Diagnose (wie beispiels- weise einer Angststörung) kann sich ein breites Spektrum von individuellen Erfahrungen, Symptomen und Begleitumständen verbergen. Die Kategorisierung birgt die Gefahr einer künstlichen Vereinheitlichung, die den individuellen Fall nur unzureichend abbildet.
  • Ein zweiter gewichtiger Nachteil ist darin zu sehen, dass ein Kategoriensystem überwiegend einen Zustand abbildet, während eine Störung Veränderungen über die Zeit aufweist. Dies ist insbesondere bei einem Entwick- lungsgeschehen von besonderer Bedeutung. Ein dritter Nachteil von Kategorien- systemen ist, dass eine eindeutige Abgrenzung zwischen einer gestörten und einer nicht-gestörten Entwicklung vorgenommen wird. Dass es auch Grauzonen bzw. Übergänge gibt, ist in diesem System wenig berücksichtigt. Dieser Nachteil fällt bei den dimensionalen Klassifikationsansätzen weniger stark ins Gewicht.
50
Q

Dimensionale Klassifikationsansätze : Wovon wird ausgegangen?

A
  • Bei einem dimensionalen Klassifikationsansatz wird von einem Störungs- kontinuum ausgegangen, das von dem Nicht-Vorliegen einer Störung bis zu einer starken Störungsausprägung reichen kann. Eine Klassifikation kann sich hierbei sekundär ergeben, wenn Kriterien definiert werden, die fest- legen, ab welchem Ausprägungsgrad von einer Störung zu sprechen ist.
51
Q

Beispiel für die Anwendung eines dimensionalen Klassifikationsansatzes: Child Behavior Check List. Als Beispiel für den dimensionalen Klassifikationsansatz wird im Folgenden auf die Child Behavior Check List einge- gangen.

A
  • Mit der aktuellen Fassung der CBCL können Verhaltensprobleme und soziale Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 18 Jahren aus der Sicht ihrer Eltern erfasst werden.
  • Die CBCL enthält 120 Items zur Erhebung von Verhaltensauffälligkeiten, emotionalen Auffälligkeiten und somatischen Be- schwerden sowie weitere 20 Items, die auf psychosoziale Kompetenzen bezogen sind. Aus den Items zur Erhebung von Verhaltensproblemen lassen sich ein Gesamt-Summenscore für das Ausmaß der Problembelastung sowie Summen- scores für zwei Syndrom-Skalen (internalisierende und externalisierende Störun- gen) bilden.
  • Zu der Syndrom-Skala »Internalisierende Störungen« lassen sich Sozialer Rückzug, Körperliche Beschwerden und Ängstlich-Depressive Symptome als weitere Subskalen unterscheiden. Die Syndrom-Skala »Externalisierende Störun- gen« lässt eine weitere Unterscheidung in die Subskalen Dissoziales Verhalten und Aggressives Verhalten zu. Neben den beiden Syndrom-Skalen lassen sich weiterhin einige Problembereiche erfassen, die unter dem Oberbegriff »Gemischte Auffällig- keiten« zusammengefasst werden. In diesen Bereich fallen die Subskalen Soziale Probleme, Aufmerksamkeitsprobleme und Schizoid-zwanghafte Symptomatik.
  • Aus den Elterneinschätzungen zu psychosozialen Kompetenzen lassen sich weiterhin drei Kompetenzskalen (Aktivitäten, Soziale Kompetenz und Schule) bilden. Die Sum- menscores für die einzelnen Skalen können mit Normdaten in Bezug gesetzt werden. Dadurch kann angegeben werden, wie weit sich ein individueller Summenscore von den Durchschnittsdaten einer Vergleichsgruppe entfernt. Als auffällig wird dabei häufig ein individueller Wert angesehen, der mehr als zwei Standardabweichungen von der Bezugsgruppe entfernt liegt. Das Kriterium, das definiert, ab wann eine Abweichung als auffällig anzusehen ist, wird hier im Wesentlichen empirisch auf der Basis der Verteilung der Werte in einer Bezugsgruppe festgelegt.
52
Q

Eltern- und Lehrerformen sowie Selbstbeurteilungsform der Child Behavior Check- list:

A

Neben der Version für Eltern existieren weiterhin Versionen für Erzieher / innen bzw. Lehrer/innen und zur Selbstbeurteilung durch Kinder- und Jugendliche (ab 11 Jahren, Youth Self Report, YSR). Es liegt weiterhin eine Fremdbeurteilungsversion für den Altersbereich von 1 1/2 bis 5 Jahren vor (CBCL 1 1/2 bis 5). Es liegen umfangreiche Daten vor, die die psychometrische Qualität dieses Verfahrens unterstützen. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt in der sehr breiten Nutzung, mit dem ein Datenvergleich (auch international) ermöglicht wird.

53
Q

Fragebogen zu Stärken und Schwächen als Alternative zur CBCL:

A
  • Als ähnliches Verfahren ist der Fragebogen zu Stärken und Schwächen (Strengths and Difficulties Questionnaire, SDQ) von Goodman (1997, 1999) zu nennen, der eine ökonomische Alternative zur Nutzung der CBCL darstellt.
  • Er enthält 25 Items zu fünf unter- schiedlichen Problemdimensionen (Emotionale Probleme, Verhaltensprobleme, Hyperaktivität / Unaufmerksamkeit, Probleme mit Gleichaltrigen-Beziehungen und Prosoziales Verhalten). Auch hier kann neben den Summenscores für die Problemdimensionen ein Gesamtscore gebildet werden. Weiterhin existieren neben der Selbstberichtsform ebenso Fremdberichtsversionen für Eltern und Lehrer / innen bzw. Erzieher/innen.
  • Da eine hohe Korrelation mit den Ergebnissen der CBCL besteht, der Fragebogen jedoch wesentlich weniger umfangreich ist, wird offenbar Ähnliches mit weniger Aufwand erhoben. Allerdings ist der Differenzierungsgrad geringer.
54
Q

Dimensionale Klassifikationsansätze finden teilweise auch im Rahmen kategoria- ler Klassifikationsansätze Verwendung, nämlich wenn?

A

Wenn es beispielsweise um die Feststellung von Intelligenzdefiziten geht (Achse 3 in der ICD-10 bzw. Diagnose von intellek- tuellen Beeinträchtigungen im DSM-5), kommen häufig Intelligenztests zum Einsatz. Hierbei handelt es sich in der Regel um dimensionale Diagnoseinstru- mente, wobei ein Intelligenzwert, der mehr als zwei Standardabweichungen unter- halb des Normwertes liegt, als Intelligenzminderung definiert wird. Hier gelangt also ein auf der Basis eines dimensionalen Diagnoseinstrumentes empirisch bestimmter Grenzwert zum Einsatz. Beide Ansätze schließen sich nicht aus, sondern können auch miteinander kombiniert werden.

55
Q

Diagnoseverfahren: Die Klassifikation einer Störung gehört zu den Bestandteilen eines Diagnose- verfahrens. Mit einem Diagnoseverfahren soll jedoch insgesamt noch weit mehr erreicht werden. Nach Cantwell (1988) sind dabei unter anderem die folgenden Fragen von Bedeutung:

A

” Frage nach dem Vorliegen und der Art einer Störung 

“ Frage nach intrapsychischen, familiären, soziokulturellen und biologischen 
Faktoren, die an der Entstehung einer Störung beteiligt sind 

“ Frage nach aufrechterhaltenden Faktoren 

“ Frage nach protektiven Faktoren beim Kind und seiner sozialen Umgebung 

“ Frage nach der Prognose, wenn keine Intervention erfolgt 

“ Frage nach der Notwendigkeit einer Intervention und nach der erfolgverspre- 
chendsten Intervention 


56
Q

Es ist eine Vielzahl von Abklärungen erforderlich, die unter Umständen mit einem umfangreichen diagnostischen Prozess verbunden sind. Eine zentrale Frage bezieht sich dabei auf die Feststellung, ob ?

A

Es ist eine Vielzahl von Abklärungen erforderlich, die unter Umständen mit einem umfangreichen diagnostischen Prozess verbunden sind. Eine zentrale Frage bezieht sich dabei auf die Feststellung, ob überhaupt eine Störung vorliegt. Es kommt nicht selten vor, dass Eltern aus Verunsicherung professionelle Unterstützung suchen, auch wenn das Verhalten ihres Kindes bei näherem Betrachten nicht aus dem Rahmen fällt. Hierbei sind auch entwicklungspsychologische Kenntnisse von großer Bedeutung. So liegt ein Einnässen bei einem sechsjährigen Kind sicherlich nicht mehr im Normbereich, während es bei einem zweijährigen Kind keinen Anlass zur Sorge geben würde. Wenn sich Hinweise auf eine Störung ergeben, ist die Art der Störung genauer abzuklären. Hier stellt sich auch die Frage nach den Faktoren, die zur Entstehung und Aufrechterhaltung der Störung beitragen. Selbst wenn eine Störung vorliegt, bedeutet dies nicht zwingend, dass eine Intervention erforderlich ist. Es ist abzuklären, wie die Prognose wäre, wenn keine Intervention erfolgen würde. Bei einer ungünstigen Prognose ohne Intervention schließt sich die Suche nach einer angemessenen und erfolgversprechenden Intervention an.

57
Q

Herangehensweisen im Rahmen einer Diagnostik
Ein fundierter diagnostischer Prozess reduziert das Risiko von Fehlentscheidungen und ist daher von großer Bedeutung für den weiteren Entwicklungsprozess eines Kindes bzw. Jugendlichen. Grundsätzlich lassen sich dabei die folgenden Heran- gehensweisen unterscheiden:

A

” Interviewverfahren
“ Fragebogenverfahren und Tests
“ Beobachtungsverfahren

58
Q

Die Art der eingesetzten Verfahren richtet sich nach…?

A

Grundsätzlich gilt dabei, dass die Art der eingesetzten Verfahren sich nach den Hypothesen richtet, die über die Art der Störung sowie über die auslösenden und aufrechterhaltenden Bedingungen gebildet wurden. So ist beispielsweise bei einem Kind mit schlechten Schulleistungen die Durchführung eines Intelligenztests geboten, wenn die Hypothese besteht, dass das Kind in der Schule überfordert sein könnte. Dies bedeutet, dass im diagnostischen Prozess aufgrund der vor- liegenden Informationen bestimmte Annahmen generiert werden, die dann in der Folge mit weiteren diagnostischen Maßnahmen systematisch geprüft werden. Wichtige Basisinformationen ergeben sich dabei in der Regel aus Interviewverfah- ren, auf die im Folgenden daher zunächst eingegangen werden soll.

59
Q

Interviewverfahren
Exploration am Beginn eines diagnostischen Prozesses

A
  • Am Beginn eines diagnostischen Prozesses stehen häufig unstrukturierte bzw. halbstrukturierte Interviews. Vielfach sind es zunächst Erwachsene aus der sozialen Umgebung eines Kindes bzw. Jugendlichen, die den Verdacht hegen, dass eine Störung vorliegen könnte. Am Beginn des diagnostischen Prozesses steht dement- sprechend häufig zunächst eine Schilderung der Auffälligkeiten, die dazu geführt haben, professionelle Unterstützung zu suchen. Weiterhin geht es um die Explo- ration einer Reihe von Hintergrundinformationen. Im Rahmen eines solchen wenig- bzw. teilstrukturierten Interviews können beispielsweise die folgenden Punkte exploriert werden:
    “ Vorstellungsanlass 

    “ Beschreibung der aktuellen und gegebenenfalls bereits vorausgegangenen Auf- 
fälligkeiten 

    “ Annahmen über die Genese bzw. Auslösung der Auffälligkeiten 

    “ Risikofaktoren und Ressourcen des Kindes bzw. Jugendlichen 

    “ Bisherige Entwicklung 

    “ Familiärer und vorschulischer / schulischer / beruflicher Hintergrund 

    “ Beziehungen zu Gleichaltrigen und Geschwistern 

    “ Vorausgegangene oder aktuell wirksame kritische Lebensereignisse 

    “ Erwartungen an die professionelle Unterstützung 

    “ Leidensdruck und Änderungsmotivation 

60
Q

Interviewformen. Bei einem niedrig bzw. unstrukturierten Interview?
Bei einem halb- strukturierten Interview sind dagegen?
Bei einem hoch- strukturierten Interview sind?

A

Bei einem niedrig bzw. unstrukturierten Interview richtet der Interviewer sich mit seinen Fragen nach den jeweiligen Gesprächspartnern. Es ist wenig vorgegeben und die Fragen sind offen. Gegebenenfalls existiert eine Liste der anzusprechenden Themen. Die Antworten werden dokumentiert.

Bei einem halb- strukturierten Interview sind dagegen die Fragebereiche (z. B. durch Checklisten) vorgegeben und auch das Antwortspektrum ist eingeschränkt.

Bei einem hoch- strukturierten Interview sind sowohl die Fragen als auch die Antwortmöglich- keiten eindeutig definiert. 


61
Q

Explorationshilfen. Es gibt verschiedene Instrumente, um den Explorationsprozess zu unterstützen: EPSKI

A

Beispielhaft ist dabei das Explorationsschema für Psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen (EPSKI) von Döpfner und Petermann (2012) zu nennen. Es handelt sich hierbei um ein halbstrukturiertes Explorations- instrument, mit dem die Auffälligkeiten eines Kindes bzw. Jugendlichen und die damit verbundenen Hintergrundinformationen erhoben werden können. Die Informationen aus dem explorativen Interview können dann die Basis für eine differenziertere diagnostische Abklärung liefern. 


62
Q

inbezug verschiedener Perspektiven. Um ein vollständiges Bild zu erhalten, sind verschiedene Perspektiven einzubeziehen:

A
  • Einbezug verschiedener Perspektiven. Um ein vollständiges Bild zu erhalten, sind verschiedene Perspektiven einzubeziehen (z.B. Perspektive des Kindes bzw. Ju- gendlichen und der Eltern). Sowohl eine getrennte als auch eine gemeinsame Befragung der Beteiligten kann dabei hilfreich sein.
  • Wenn verschiedene Perspek- tiven berücksichtigt werden, lassen sich nicht selten Perspektivendivergenzen erkennen. Häufig stimmen beispielsweise die Perspektiven von Kindern bzw. Jugendlichen und ihren Eltern nicht oder nur mäßig überein. Betrachtet man beispielsweise die Child Behavior Checklist unter diesem Gesichtspunkt, so finden sich zwischen den beiden Beurteilerperspektiven in der Regel Korrelationen in einer Größenordnung von etwa r = .30 und damit eher niedrige Übereinstim- mungen.
63
Q

Für diese Perspektivendivergenzen, die sich in Interviews ebenfalls finden, lassen sich verschiedene Ursachen benennen. Dazu gehören unter anderem die folgenden:

A

” Kontextdivergenzen. Die Eltern sehen ihre Kinder nicht in allen Kontexten (z. B. nicht im Schulkontext) und stützen ihr Urteil daher auf eine andere Basis als die Kinder. 


” Sichtbarkeit von Symptomen. Vor allem Symptome aus dem internalisierenden Bereich (wie Ängste oder Depressionen) sind vor allem den Kindern (und weniger den Eltern) zugänglich. Hier finden häufig Unterschätzungen der Problematik durch die Eltern statt. Bei Symptomen aus dem externalisierenden Bereich findet sich häufig eine umgekehrte Tendenz. Da sie den Eltern stärker auffallen (und da sie nicht selten auch darunter leiden), werden sie von den Eltern stärker gewichtet. 


” Urteilstendenzen. Die Einschätzungen können durch Urteilstendenzen beein- flusst werden. So können die Kinder und Jugendlichen selbst vielleicht daran interessiert sein, nicht allzu negativ zu erscheinen, was zur Folge haben kann, dass sie Urteile im Sinne sozialer Erwünschtheit abgeben. Umgekehrt können die Eltern an Hilfe durch eine Therapie interessiert sein und daher an einer realistischen oder sogar übertriebenen Darstellung der Symptome, um dadurch möglichst schnell Unterstützung zu bekommen. 


64
Q

Falls Perspektivdivergenzen bestehen, kann es sinnvoll sein:

A

Falls Perspektivendivergenzen bestehen, kann es daher sinnvoll sein, nach Ursachen für die Beurteilungsunterschiede zu suchen. Unter Umständen kann dabei der Einbezug einer dritten Perspektive (z.B. das Urteil eines Lehrers) von Bedeutung sein.

65
Q

Entwicklungsabhängigkeiten bei den einsetzbaren Instrumenten: Bei jüngeren Kindern (z.B. im Vorschul- und frühen Grundschulalter) ist der Einsatz von Interviewverfahren…

A

Bei jüngeren Kindern (z.B. im Vorschul- und frühen Grundschulalter) ist der Einsatz von Interviewverfahren nur eingeschränkt möglich. Hier bietet es sich an, ergänzend auch nonverbale Techniken der Informationsgewinnung einzusetzen. Dazu bieten sich unter anderem Spieltechniken (z. B. das Nachspielen von bestimmten Situa- tionen), zeichnerische Verfahren (z. B. das Malen einer Situation, die als belastend empfunden wird) oder Gestaltungsverfahren (z. B. die Darstellung der Familie aus der Sicht des Kindes mithilfe von Spielzeugfiguren, die dem Kind zur Verfügung gestellt werden) an. 


66
Q

Interviewverfahren spielen nicht nur am Beginn eines diagnostischen Prozesses, sondern auch:

A

Interviewverfahren spielen nicht nur am Beginn eines diagnostischen Prozesses, sondern auch bei der Diagnosefindung eine Rolle. Beispielhaft erwähnt wurde bereits das Kinder-DIPS, das mithilfe eines strukturierten Interviews die für die Diagnosestellung nach ICD bzw. DSM relevanten Kriterien erfasst und damit die Diagnosestellung erleichtert.

67
Q

Interviewverfahren zur Interventionsplanung: SORKC Modell

A
  • Interviewverfahren spielen weiterhin auch bei der Interventionsplanung eine wichtige Rolle. So können Interviewverfahren nützlich sein, um z. B. im Rahmen einer Verhaltenstherapie Ansatzpunkte für Interventionen zu identifizieren. In der Regel wird dabei das S-O-R-K-C-Modell zugrunde gelegt. Es geht dabei darum, Stimulusbedingungen (S) zu identifizieren, unter denen ein bestimmtes Problemverhalten (als Verhaltensreaktion R) auftritt bzw. nicht auftritt. Berücksichtigt werden dabei Organismusvariablen (O), die die Wahrscheinlichkeit des Auftretens des Problemverhaltens beeinflussen. Hierzu gehören stabile oder veränderliche Personvariablen (wie Gedanken, Gefühle, Einstellungen, Bedürfnisse etc.). Entscheidend für die Entstehung und Aufrecht- erhaltung eines Verhaltens sind neben den Organismusvariablen die Konsequen- zen (C), die mit einem Problemverhalten verbunden sind. Wenn ein Problem- verhalten negativ oder positiv verstärkt wird, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass ein Problemverhalten auftritt bzw. aufrechterhalten wird. Entscheidend für den Verhaltensaufbau und die Verhaltensaufrechterhaltung ist weiterhin die Kontingenz (K) zwischen Problemverhalten und Konsequenz. So ist eine unmittel- bare Kontingenz zwischen Problemverhalten und Konsequenz in der Regel wirk- samer als eine zeitverzögerte Konsequenz.
68
Q

nterviewverfahren lassen sich einsetzen, um Informationen zu den einzelnen Komponenten des S-O-R-K-C-Modells zu erhalten: Dadurch lassen sich beispielsweise…..identifizieren. Was kann auch noch in Frage kommen?

A

Interviewverfahren lassen sich einsetzen, um Informationen zu den einzelnen Komponenten des S-O-R-K-C-Modells zu erhalten. Dadurch lassen sich beispiels- weise Auslösesituationen, Konsequenzen und Kontingenzen identifizieren. Möglicherweise können auch Befragungen des Kindes bzw. Jugendlichen in Frage kommen, um beispielsweise innerorganismische Verarbei- tungen in Erfahrung zu bringen. Auch eine genaue Beschreibung des Problem- verhaltens lässt sich auf diesem Wege erreichen. Neben Interviewverfahren kommen auch Verhaltensbeobachtungen im Kontext dieses Modells in Frage.

69
Q

Interviewverfahren spielen insgesamt eine große Rolle wobei?

A

Interviewverfahren spielen insgesamt eine große Rolle im Diagnose- und Behandlungsprozess. Gerade bei jüngeren Kindern sind dabei vielfach Anpassun- gen an die kindlichen Auffassungs- und Ausdrucksmöglichkeiten vorzunehmen.

70
Q

Was lässt sich zu offenen Interviewformaten im Gegensatz zu halbstrukturierten oder hochstrukturierten Interviews sagen? Was ist zudem zu bedenken?

A

Offene Interviewformate bieten dem Interviewer insgesamt mehr Flexibilität als halbstrukturierte oder hochstrukturierte Interviews. Zu bedenken ist weiterhin, dass die Konzentrationsfähigkeit bei jüngeren Kindern nicht unbegrenzt aufrecht- erhalten werden kann. Unter Umständen sind daher bei längeren Interview- sequenzen Unterbrechungen einzuplanen.

71
Q

Fragebogenverfahren und Tests
Unterscheidung zwischen Fragebogen- und Testverfahren

A

Während Fragebögen durch einen mehr oder weniger umfangreichen Standardi- sierungsgrad gekennzeichnet sein können, kann man davon ausgehen, dass bei einem Test durchweg hohe Standardisierungsgrade für die Durchführung, Aus- wertung und Interpretation vorliegen, um eine möglichst hohe Objektivität beim Einsatz des Tests zu gewährleisten.

Weiterhin liegen bei einem Testverfahren in der Regel teststatistische Gütekriterien (wie eine hinreichende Reliabilität und Validi- tät) sowie eine Normierung vor. Dies bedeutet, dass Normen aus einer umfang- reichen und repräsentativen Vergleichsstichprobe vorliegen, an denen ein indivi- duelles Testergebnis gemessen werden kann.

72
Q

StörungsUnspezifische Fragebogenverfahren:

A
  • Störungsunspezifische Verfahren (auch als Breitbandverfah- ren bezeichnet) sind nicht auf eine bestimmte Störung bezogen, sondern ermög- lichen einen breiten Überblick zu den vorliegenden Symptomatiken.
73
Q

StörungsUnspezifische Fragebogenverfahren: Neben der Child Behavior Checklist (CBCL) und dem Strengths and Difficulties Questionnaire (SDQ) und den damit verbundenen Selbst- und Fremdberichtsversionen gibt es noch einige weitere Verfahren, die ebenfalls einen breiten Symptomüberblick ermöglichen: Beispielverfahren:

A
  • Zu nennen ist in diesem Zusammenhang der Verhaltensbeurteilungs- bogen für Vorschulkinder (VBV) von Döpfner et al. (2018), mit dem sozial-emo- tionale Kompetenzen und Verhaltensauffälligkeiten bei drei- bis sechsjährigen Kindern erfasst werden können. Dieser Fragebogen liegt in zwei Versionen (für Eltern und Erzieher) vor.
  • In diesen Bereich fällt weiterhin der Gießener Beschwer- debogen für Kinder und Jugendliche (GBB-KJ) von Barkmann und Brähler (2009), der sich auf körperliche Beschwerden im Selbst- und Fremdurteil bezieht. Die Selbstbeurteilungsform richtet sich an Kinder und Jugendliche im Alter von 11 bis 18 Jahren, während sich die Fremdbeurteilungsform auf Eltern von Kindern und Jugendlichen in einem Altersspektrum von 4 bis 18 Jahren bezieht.
  • In diesem Zusammenhang sind weiterhin auch Persönlichkeitsfragebögen für Kinder und Jugendliche zu nennen. Dazu gehört der Persönlichkeitsfragebogen für Kinder (PFK 9 – 14) von Seitz und Rausche (2004), der auf der Basis von 15 Primärdimensionen die vier Sekundärdimensionen Ich-Durchsetzung, Emotionalität (Angst), Selbst- genügsame soziale Isolierung und Aktives Engagement unterscheidet.
  • Weiterhin gehört in diesen Bereich die deutsche Version des Hierarchical Personality Inven- tory for Children (HiPIC, s. Bleidorn & Ostendorf, 2009), die sich an der Big-Five- Konzeption der Persönlichkeit orientiert. Es werden dabei die Dimensionen Neurotizismus, Extraversion, Imagination, Gutmütigkeit und Gewissenhaftigkeit unterschieden.
74
Q

Störungsspezifische Fragebogenverfahren.

A

Es gibt darüber hinaus eine Reihe von Fragebögen, die spezifisch auf bestimmte Störungsbilder bezogen sind. Als Be- standteil des bereits erwähnten DISYPS-III von Döpfner und Görtz-Dorten (2017) gibt es beispielsweise spezifische Fragebögen zur Selbst- und Fremdbeurteilung zu hyperkinetischen Störungen, Störungen des Sozialverhaltens, Angst- und Zwangs- störungen, depressiven Störungen, tiefgreifenden Entwicklungsstörungen (nur Fremdbeurteilungsversion) und Tic-Störungen. Darüber hinaus sind das Depres- sionsinventar für Kinder und Jugendliche von Stiensmeier-Pelster et al. (2014) sowie der Erfassungsbogen für aggressives Verhalten in konkreten Situationen von Peter- mann und Petermann (2015) zu nennen. Für trennungsängstliches Verhalten kann das Trennungsangst-Inventar (TAI, In-Albon & Schneider, 2011) genutzt werden, für phobisches Verhalten der Phobiefragebogen für Kinder und Jugendliche

75
Q

Testverfahren: Die wichtigsten Testverfahren, die neben den Fragebogenverfahren in der kli- nischen Diagnostik von Bedeutung sind, beziehen sich auf?

A

Die wichtigsten Testverfahren, die neben den Fragebogenverfahren in der kli- nischen Diagnostik von Bedeutung sind, beziehen sich auf die Feststellung des Entwicklungsstands, auf die Intelligenzdiagnostik sowie auf die Leistungsdiagnos- tik in spezifischen Fähigkeitsbereichen.

76
Q

Testverfahren zur Feststellung des Entwicklungsstands: Allgemeine und Spezifische

A

Beginnt man zunächst mit dem Entwicklungsstand, so lassen sich allgemeine Entwicklungstests unterschei- den von spezifischen Entwicklungstests, die sich auf einzelne Entwicklungsberei- che (wie beispielsweise Sprache oder Kognition) beziehen.

77
Q

Allgemeine Entwicklungstests:

A

Unter den allgemeinen Entwicklungstests ist sicherlich der Bayley-Entwicklungstest – auch international – am weitesten verbreitet. Das Verfahren liegt mittlerweile in der dritten Über- arbeitung vor (Bayley, 2006; deutsche Fassung: Reuner & Rosenkranz, 2014) und bezieht sich auf den Altersbereich von 0;1 bis 3;6 Jahren. Erfasst wird der Entwick- lungsstand in der kognitiven Entwicklung, der Sprachentwicklung (rezeptiv und expressiv) sowie in der Motorikentwicklung (Fein- und Grobmotorik). Speziell für den deutschsprachigen Raum liegt weiterhin der Wiener Entwicklungstest von Deimann und Kastner-Koller (2012) vor, der die Bereiche Motorik, visuelle Wahrnehmung, kognitive Entwicklung, Sprache, Gedächtnis und Lernen sowie sozial-emotionale Entwicklung im Altersbereich von drei bis sechs Jahren erfasst. Daneben ist der Entwicklungstest sechs Monate bis sechs Jahre (ET 6–6-R) von Petermann und Macha (2013) zu nennen, der ebenfalls einen breiten Überblick zu verschiedenen Entwicklungsbereichen erlaubt.

78
Q

Von den allgemeinen Entwicklungstests lassen sich spezifische Entwicklungs- tests unterscheiden, die auf die Entwicklung in einzelnen Funktionsbereichen (wie Sprache, Sozialverhalten etc.) bezogen sind:

A

So finden sich beispielsweise für den Bereich der Sprachentwicklung verschiedene spezifische Testverfahren, die den Sprachentwicklungsstand in einzelnen Altersabschnitten abzubilden erlau- ben. Zu nennen ist beispielsweise der Sprachentwicklungstest für zweijährige Kinder (SETK-2) von Grimm (2016) oder der Sprachentwicklungstest für drei- bis fünfjährige Kinder (SETK 3 – 5) von Grimm (2015). Auch die Sprachstands- erhebungstests für Kinder im Alter von drei bis fünf Jahren (SET 3 – 5) bzw. von fünf bis zehn Jahren (SET 5–10) von Petermann (2016 bzw. 2018) fallen in diesen Bereich.

79
Q

Basisdiagnostik im Vor und Grundschulalter:

A

Ein weiteres Verfahren ist die Basisdiagnostik umschriebener Entwicklungs- störungen im Vor- (BUEVA-III; Esser & Wyschkon, 2016) oder Grundschulalter (BUEGA; Esser et al., 2008), die neben der allgemeinen kognitiven Leistungsfähig- keiten den Stand in der Entwicklung schulischer Fertigkeiten und der Aufmerk- samkeit sowie der expressiven Sprache feststellt.

80
Q

Intelligenztests:

A

Während Entwicklungstests einen Überblick über den Entwick- lungsstand in verschiedenen Entwicklungsbereichen geben, beziehen sich Intelli- genztests ausschließlich auf die kognitive Leistungsfähigkeit. Zu den im deutschen Sprachraum gebräuchlichen Intelligenztests gehören insbesondere die Wechsler Intelligence Scale for Children V (WISC-V) von Petermann (2017), die Kaufman Assessment Battery for Children II (K-ABC-II) von Kaufman und Kaufman in der deutschen Fassung von Melchers und Melchers (2016) sowie die Grundintelli- genztests CFT 1 und CFT 20-R

81
Q

Der WISC-V basiert auf einem mehrdimensionalen Intelligenzkonzept und ermöglicht die Bildung von sechs Indizes:

A


(1) Arbeitsgedächtnis

(2) Sprachverständnis
(3) Verarbeitungsgeschwindigkeit
(4) Visuell-räumlichesDenken
(5) FluidesSchlussfolgern

(6) Gesamt-IQ-Wert

82
Q

Der K-ABC basiert ebenfalls auf? Was erfasst er?

A

einem mehrdimensionalen Intelligenzkonzept. Er erfasst Fähigkeiten zur sequenziellen und simultanen Verarbeitung, zum Lernen, zum Problemlösen sowie kristalline (wissensbasierte bzw. kulturabhängige) Fähig- keiten. Auch hier handelt es sich um ein Einzeltestverfahren mit einem Alters- bereich, der von 3 bis 18 Jahren reicht.

83
Q

Der CFT erfasst Intelligenz nach welchem Konzept?

A

Der CFT erfasst Intelligenz nach dem Konzept von Cattell, das eine Unterschei- dung zwischen fluider Intelligenz (Kulturunabhängige Intelligenz: Generelle Denk- fähigkeit, Verarbeitungsgeschwindigkeit, schlussfolgerndes Denken etc.) und kris- talliner Intelligenz (Kulturabhängige Intelligenz: Faktenwissen, Wortschatz, Re- chenfähigkeit etc.) ermöglicht. Vor allem die fluide Intelligenz wird mit dem CFT 1 weitgehend sprachunabhängig erfasst. Der Altersbereich liegt hier zwischen 5;3 und 9;11 Jahren, wobei Einzel- und Gruppentestung möglich sind.

84
Q

Die Entscheidung für einen spezifischen Intelligenztest hängt wovon ab? Was ist ebenfalls zu bedenken in Bezug auf Sprache und Tagesform?

A

Die Entscheidung für einen spezifischen Intelligenztest hängt vom Alter und von der Testsituation (Einzel- vs. Gruppentestung) ab. Weiterhin ist zu bedenken, dass die Sprachgebundenheit des Testmaterials unterschied- lich ist. Bei wichtigen Fragestellungen kann es sinnvoll sein, zwei Testun- gen mit unterschiedlichen Verfahren durchzuführen, um eventuelle Ab- hängigkeiten von der Tagesform oder Übungseffekte berücksichtigen zu können und damit Fehlurteile in stärkerem Maße auszuschließen.

85
Q

Leistungstest für spezifische Fähigkeitsbereiche:

A

Neben den Entwicklungs- und Intelligenztestverfahren spielen im Rahmen der Diagnostik weiterhin Leistungs- testverfahren für spezifische Fähigkeitsbereiche eine Rolle. Dazu gehören unter anderem Sprachtests, Lese- und Rechtschreibtests und Rechentests sowie Auf- merksamkeits- und Konzentrationstests. Auch diese Testverfahren erlauben einen Vergleich mit Normwerten spezifischer Altersgruppen und weisen damit auf mögliche Defizite in spezifischen Fähigkeitsbereichen hin.

86
Q

Zur Stabilität von Testergebnissen in unterschiedlichen Altersbereichen:

A

Für alle Testverfahren gilt, dass die prognostische Validität mit dem Alter steigt. So sind die Stabilitäten bei Entwicklungs- und Intelligenz- tests in den ersten Lebensjahren relativ gering.
Dies lässt sich einerseits dadurch erklären, dass die Entwicklungsgeschwindigkeiten in den ersten Lebensjahren interindividuell schwanken und damit relativ große Verschiebungen innerhalb der jeweiligen Bezugsgruppe auftreten können. Auf der anderen Seite ergeben sich relativ starke Einflüsse durch »Störgrößen«, die das Ergebnis beeinflussen können. Jüngere Kinder lassen sich leichter ablenken und können sich weniger lange konzentrieren. Dadurch kommt es zu vergleichsweise großen Messfehleranteilen, die die Korrelation zu späteren Erhebungen reduzieren.

87
Q

Beobachtungsverfahren:

A

Nicht alle Informationen, die im Rahmen eines Diagnose- und Interventions- prozesses erforderlich sind, lassen sich durch Interviews, Fragebögen oder Test- verfahren gewinnen. Um genauere Aufschlüsse über das tatsächliche Verhalten zu bekommen (und nicht nur über das berichtete Verhalten), kann es wichtig sein, ein Verhalten unmittelbar in den relevanten Situationen zu beobachten.

88
Q

Strukturierte und unstrukturierte Beobachtung

A
  • Bei einer unstrukturierten Beobachtung werden über einen definierten Zeitabschnitt hinweg alle relevanten Verhaltensauffällig- keiten eines Kindes in einer Beobachtungssituation (z. B. das Verhalten während des Schulunterrichtes) dokumentiert.
  • Liegt dagegen ein Kategoriensystem vor, werden ausschließlich Verhaltensweisen erfasst, die in dem Kategoriensystem repräsentiert sind. Bei Verwendung eines Kategoriensystems lassen sich inter- und intraindividuelle Vergleiche leichter vornehmen (z.B. ein Vergleich des Verhaltens vor und nach einer Intervention), da sichergestellt ist, dass vergleich- bare Verhaltensaspekte erfasst werden.
89
Q

Was kann neben der Fremdbeobachtung noch von Bedeutung sein?

A

Neben der Fremd- kann auch die Selbstbeobachtung im Diagnose- und Interventionsprozess von Bedeutung sein. Dies bedeutet, dass ein Kind oder Jugendlicher gebeten wird, sich selbst in bestimmten Situationen gezielt zu beobachten und anschließend darüber zu berichten.

90
Q

Vorteile von Selbstbeobachtung:

A

Der Vorteil von Selbstbeobachtungsverfahren ist nicht nur darin zu sehen, dass aus den Selbstaussagen Aufschlüsse über Verhaltenshäufigkeiten gezogen werden können. Darüber hinaus wird auch die Aufmerksamkeit auf das eigene Verhalten gelenkt. Die erhöhte Selbstaufmerksamkeit wiederum kann sich positiv auf Verhaltensauffälligkeiten auswirken. In einer Studie von Lohaus (1985) wurden beispielsweise Kinder einer Schulklasse über mehrere Wochen hinweg wiederholt am Ende einer Schulstunde gebeten, das Ausmaß einzuschätzen, in dem sie selbst und andere Schüler den Unterricht gestört hatten. Das durch- schnittliche Ausmaß des Störens wurde jeweils an die Schüler zurückgemeldet. Über die Zeit hinweg ergab sich dadurch eine signifikante Reduktion des Stör- verhaltens. Dieser Effekt lässt sich durch die Aufmerksamkeit, die auf das Stör- verhalten gelenkt wurde, erklären.

91
Q

Zusammenführung von Informationen aus dem Diagnoseprozess

A

Die vielfältigen Informationen aus Interview, Fragebogen- und Testverfahren sowie Selbst- und Fremdbeobachtung müssen im Diagnoseprozess zusammenge- führt werden, um nicht nur zu einer Diagnose zu gelangen, sondern auch den Interventionsprozess planen zu können. Hinzu kommen gegebenenfalls eine Diagnostik körperlicher (Begleit-)Erkrankungen, eine neuropsychologische Diag- nostik sowie eine Familiendiagnostik. Auch während und nach dem Interventions- prozess ist eine Informationsgewinnung erforderlich, um die Effekte einer Inter- vention beurteilen zu können und um gegebenenfalls rechtzeitig gegensteuern zu können, wenn nicht die gewünschten Effekte eintreten.