Angststörungen über die Lebensspanne (Teil 1 – mit Fokus auf dem Kindesalter) Flashcards

1
Q

Das Empfinden von Angst als normativer Prozess
“Angst kennt jeder”
Was ist Angst? Wann Angst?

A

—> Normale Stressreaktion des menschlichen Körpers
—> Sinnvolle Reaktion mit hohem Überlebenswert
‒ Warnt vor Gefahr, Strafe
‒ Ermöglicht schnelles Handeln (Kampf oder
Flucht)
—> Angst bei körperlichen Erkrankungen
—> Angst bei anderen psychischen Erkrankungen
—> Angst als eigene Erkrankung

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2
Q

Angst hat 3 Anteile:

A

—> Körperliche Empfindungen
‒ Herzklopfen, Brustschmerzen, Schwitzen, Atemnot, Schwindel, Zittern, Kribbeln
—> Gedanken
‒ Ich werde einen Herzinfarkt erleiden ‒ Ich werde verrückt
—> Verhalten
‒ Sicherheitssignale ‒ Weglaufen
‒ Vermeiden

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3
Q

Symptome der Angst:
Körperlich:

A

Kardiopulmonal: Tachykardie Palpitationen Luftnot, Thoraxschmerzen

Neuro-vegetativ: Schweißausbrüche, Trockener Mund, Übelkeit, Tremor, Harndrang, Missempfindungen

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4
Q

Symptome der Angst:
Denken/ Fühlen

A

Katastrophisierendes Denken:
„Ich muss hier weg!“
„Ich kriege gleich einen Herzinfarkt!“ „Ich werde gleich sterben!“
„Es wird gleich was Schlimmes passieren!“

Depersonalisation:
Neben sich stehen
Die Welt als unwirklich erleben

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5
Q

Symptome der Angst:
Handeln:

A

„Fight or Flight“:
Sich der Angst stellen Flüchten
Vermeiden
Schreien
Weinen

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6
Q

Angstreaktionen haben einen typischen Verlauf :

A

—> Biologisch verankertes Programm
—> Steigen schnell an
‒ rasche Reaktion auf Gefahr ist sinnvoll
—> Klingen langsam ab
‒ erhöhte Reaktionsbereitschaft sinnvoll
—> Können nicht einfach abgeschaltet werden
‒ „Angsthormone“ haben eine bestimmte Lebensdauer

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7
Q

Angst als behandlungsbedürftige Krankheit: warum?

A
  • Zu häufig, zu lange anhaltend, zu intensiv, aus minoren Anlässen.
  • Gefühl, die Kontrolle zu verlieren.
  • Häufiges Vermeiden von angstbesetzten Situationen.
  • Häufiges Fliehen aus angstbesetzten Situationen.
  • Starker Leidensdruck.
  • Starke Beeinträchtigung in der Lebensführung/ -qualität.
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8
Q

Folgen einer Angststörung:

A

—> Vermeidungsverhalten („Angst vor der Angst“)
—> Abnahme von Aktivitätsniveau und Aktionsradius
—> Sozialer Rückzug bis hin zur völligen Isolation
—> Unfähigkeit, Alltagssituationen zu bewältigen
—>Abhängigkeitserkrankungen (Alkohol, Benzodiazepine)
—> Entwicklung depressiver Erkrankungen bis hin zur Suizidalität

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9
Q

Angststörungen im Kindes- und Jugendalter:
Mit Beginn in Kindheit und Jugend (F9):
Alle Anderen (F4):

A

Mit Beginn in Kindheit und Jugend (F9):
Emotionale Störung mit Trennungsangst
Phobische Störung des Kindesalters
Generalisierte Angststörung
Störung mit sozialer Ängstlichkeit

Alle Anderen (F4):
Spezifische Phobie
Soziale Phobie
Zwangsstörung
Panikstörung
Agoraphobie
Posttraumatische Belastungsstörung

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10
Q

Emotionale Störung mit Trennungsangst: Zentrale Merkmale

A

—> Unangemessene Angst bei Trennung von einer Bezugsperson
—> Anhaltende und exzessive Sorge, eine Bezugsperson zu verlieren (oder dass ihr etwas Schlimmes zustoßen könnte)
—> Somatische Beschwerden: Übelkeit, Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Erbrechen
—> Vermeidung von Trennungssituationen: Alleine im eigenen Bett schlafen,
Übernachtung bei Freunden, Kindergarten- oder Schulbesuch

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11
Q

Phobische Störung des Kindesalters

A

—> Anhaltende und exzessive Angst, in Anwesenheit oder Erwartung spezifischer Objekte oder Situationen (Bsp. Fliegen, Höhe, Tiere)
—> Exposition führt zu unmittelbarer Angst
—> Phobische Situationen werden vermieden oder unter intensiver Angst ertragen
—> Starke Beeinträchtigung des täglichen Lebens

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12
Q

Typische Phobien des Kindesalters

A

—> Plötzliche, laute Geräusche
—> Gewitter / Unwetter
—> Dunkelheit
—> Monster unterm Bett / Phantasiefiguren
–> Fremde,“komisch /merkwürdig”aussehendePersonen
—> Andere grosse Kinder / Jugendliche
—> Tiere (Spinnen, Schlangen, Hunde, Mäuse etc.)

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13
Q

Generalisierte Angststörung (F93.80)

A

—> Exzessive Angst und Sorgen um Ereignisse oder Aktivitäten (Bsp. Schulleistungen, tägliche Routineaktivitäten)
—> Schwierigkeiten, Sorgen zu kontrollieren
—> Sorgen sind mit Symptomen assoziiert:
‒ Ruhelosigkeit und Nervosität
‒ Müdigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten
‒ Reizbarkeit, Muskelverspannung, Schlafstörungen
—> Ängste müssen vielfältig sein

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14
Q

Generalisierte Angststörung des Kindesalters (F93.2)

A

—> Keine abgrenzbaren Episoden
—> Seltener primäre Klagen über vegetative Symptome (findet man bei Erwachsenen oft, z.B.
Muskelverspannung)
—> Meist starkes Bedürfnis nach Rückmeldung bzw. Rückversicherung
—> Wirken oft ängstlich-gehemmt und wenig selbstbewusst

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15
Q

Entwicklungsaspekte von Zwangshandlungen
Merke:

A
  • Im Kindesalter treten leichte Rituale und Aberglaube als Teil der normalen Entwicklung auf (treten zeitlich begrenzt auf; dominieren nicht das Verhalten des Kindes, nicht fremdartig und inkongruent erlebt)
  • Zwangssymptome scheinen bei Kindern stärker als andere psychische Beschwerden überwiegend auf den häuslich-familiären Bereich ausgerichtet zu sein.
  • Zwangsgedanken mit sexuellen Inhalten finden sich häufiger in der Adoleszenz.

—> Beginn ist oft in einer Entwicklungsphase, in der magisches Denken häufig ist
‒ Denkstil macht Kinder anfällig dafür, allerdings durchlaufen alle diese Phase,
aber nur wenige entwickeln eine Zwangsstörung
—> Bestimmte entwicklungsphasenunabhängige kognitive Prozesse fördern ebenfalls
die Entstehung
‒ Fokussierung auf potentielle Gefahren
‒ Überzeugung eigener Verantwortung für potenzielle Unglücke ‒ Versuch, Zwangsgedanken zu unterdrücken (Rebound-Effekt)

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16
Q

Zwangssymptome treten bei vielen psychischen Störungen auf…

A

—> geistige Behinderung:
‒ Stereotypien mit einfachen motorischen Abläufen, Autostimulation
und –mutilation (Zwänge dienen dem Spannungsabbau + Angstreduktion)

—> Autismus:
‒ zwanghafte Rituale sind in formaler Hinsicht einfacher und nicht vom
ich-fremden Gefühl des Ausgeliefertseins begleitet Ò Organische Psychosyndrome (z.B. nach Enzephalitis):

‒ Symptome haben nicht die typische angstreduzierende Funktion)
—> Anorexie:
‒ Zwänge immer im Dienst der Essstörung, werden nicht als unsinnig
erlebt

17
Q

Posttraumatische Belastungsstörung (F43.1:
Folgt auf das Erleben außergewöhnlicher Bedrohungen:

A

—> Folgt auf das Erleben außergewöhnlicher Bedrohungen
‒ Das Kind kann selbst bedroht worden sein (z.B. in seiner
körperlichen Integrität) oder als Folge stellvertretender
Erlebnisse
‒ Typisch sind z.B. Naturkatastrophen, Krieg, Unfälle, Folterung,
sexuelle oder körperliche Misshandlung ÒErinnerungen an das Trauma
‒ Gegen den Willen im Wachzustand (Intrusionen, seltener Flashbacks) oder im Schlaf (Albträume)
‒ Wiederholtes Nachspielen der traumatischen Situation

18
Q

Kinder und Jugendliche mit PTBS
—>Mehr als 1/4 der Kinder erlebt ein signifikantes traumatisches Ereignis, bevor es erwachsen wird: Beispiele:

A

‒ Missbrauch
‒ häusliche oder schulische Gewalt ‒ Unfälle
‒ Flüchtlingstrauma
‒ Tod eines Angehörigen etc.
—> Bei Kindern Symptome z.T. schwer zu erkennen

19
Q

F43.1 Posttraumatische Belastungsstörung: Diagnose

A

A Die Betroffenen sind einem kurz oder lang anhaltenden Ereignis oder Geschehen von außergewöhnlicher Bedrohung oder mit katastrophalem Ausmaß ausgesetzt, das nahezu bei jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde,

B Anhaltende Erinnerungen oder Wiedererleben der Belastung durch aufdringliche Nachhallerinnerungen (Flashbacks), lebendige Erinnerungen, sich wiederholende Träume oder durch innere Bedrängnis in Situationen, die der Belastung ähneln oder mit ihr in Zusammenhang stehen,

C Umstände, die der Belastung ähneln oder mit ihr im Zusammenhang stehen, werden tatsächlich oder möglichst vermieden,

D Entweder 1, oder 2,
1. Teilweise oder vollständige Unfähigkeit, einige wichtige Aspekte der Belastung zu erinnern,
Institut für Psychologie
Klinische Psychologie und Psychotherapie
2. Anhaltende Symptome einer erhöhten psychischen Sensitivität und Erregung (nicht vorhanden vor der Belastung) mit zwei der folgenden Merkmale:
a. Ein- und Durchschlafstörungen
b. Reizbarkeit oder Wutausbrüche
c. Konzentrationsschwierigkeiten
d. Hypervigilanz
e. erhöhte Schreckhaftigkeit,

E Die Kriterien B, C und D treten innerhalb von sechs Monaten nach dem Belastungsereignis oder nach Ende einer Belastungsperiode auf
(in einigen speziellen Fällen kann ein späterer Beginn berücksichtigt werden, dies sollte aber gesondert angegeben werden),

20
Q

Symptome der PTBS bei Kindern: 3 Stück

A

1) Wiedererleben: wiederkehrende Erinnerungen, Flashbacks, emotionale und physiologische Reaktionen bei Konfrontation, traumatische und unspezifische Alpträume, repetitives Spielen des Traumas und traumaspezifische Neuinszenierungen
2) Vermeidung: aktiv durch Vermeidung von Erinnerungen, Orten und Gesprächen in Verbindung mit dem Trauma, passiv durch Amnesie, Interessenverlust, emotionale Abstumpfung und Distanzierung von Menschen
3) Übererregung: Hypervigilanz, Reizbarkeit, Schreckhaftigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und Schlafprobleme
→ stärkere Orientierung an kindheitsspezifischen Symptomen bei den Klassifikationskriterien wird diskutiert

21
Q

PTBS Prävalenzen hängen von der Traumaexposition ab

A

—> In Deutschland: ca. 1,2 % PTBS bei Kindern und Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren
—> In Nachkriegsregionen: 25-80% Prävalenz
—> Auch unter Asylbewerber:innen der westlichen Industrienationen stark erhöhte Prävalenzen der PTBS bei Erwachsenen (ca. 40% bei Einreise)

22
Q

Epidemiologie

A

—> Ängste im Allgemeinen sind häufig
‒ Dabei kommen die verschiedenen Angststörungen unterschiedlich häufig und zu unterschiedlichen Entwicklungspunkten vor
—> GAS ist eher selten (1% der Kindern und Jugendlichen)
—> Häufigkeit für PTBS wird ähnlich berichtet
‒ Hängt aber natürlich davon ab, wie häufig traumatische Erlebnisse in der jeweiligen Region sind
—> Deutlich häufiger sind Trennungs- und soziale Ängste, spezifische Phobien (und/oder Phobische Störungen des Kindesalters) mit je ca. 3 %
‒ Soziale Phobie ist vor dem Alter von 8 Jahren sehr selten
‒ Trennungsangst und Störung mit sozialer Ängstlichkeit sind im Vorschul- und frühen Grundschulalter typisch
—> Panikstörung oder Agoraphobie meist erst ab etwa 12 Jahren (Panikanfälle können
aber schon im Alter von 8 auftreten)
‒ Im Jugendalter betrifft diese Störung etwa 1 bis 3 %

23
Q

Verlauf und Prognose
—> Great Smoky Mountains Study (Costello et al., 2003)

A

‒ Repräsentative Stichprobe von Kindern im Alter von 9-13 bis zum Alter von 16 Jahren untersucht (Längsschnitt)
‒ Homotypische Kontinuität: ein Kind erhält im weiteren Verlauf noch die selbe Diagnose
‒ Findet man bei allen Diagnosen
‒ Heterotypische Kontinuität: Kind bekommt inzwischen eine andere Diagnose
‒ Angststörungen zu depressiven Störungen und umgekehrt
‒ Keine Kontinuität: keine Diagnose mehr (z.B. spezifische Phobien)

24
Q

Verlauf und Prognose

A

—> Kurpfalzerhebung (Esser et al., 1990, 1992 und 2000)
‒ Stabilität emotionaler Störungen im KA bei etwa 30 %
‒ Stabilität steigt bei Störungen, die im Jugendalter auftreten
‒ Angststörungen im Kindesalter haben vermutlich einen positiveren Verlauf, auch wenn sie früh
beginnen
—> Bisher kaum Längsschnittstudien, die bis ins Erwachsenenalter reichen
‒ Vermutlich sind Angststörungen bei den Erwachsenen häufiger, die bereits im Kindesalter eine Angststörung hatten
—> Ängste sind wohl stabiler als ursprünglich angenommen, aber nicht so stabil wie expansive Störungen

25
Q

Verlauf und Prognose: Beispiel PTBS
—> Kinder entwickeln v.a. dann eine PTBS, wenn

A
  • Sie bereits vorher eine psychische Erkrankung hatten (prätraumatisch)
  • Das traumatische Erlebnis sehr schwer war, zu einer deutlichen Verminderung oder dem Verlust vorhandener Ressourcen führt oder das Kind im starken Ausmaß Lebensgefahr wahrgenommen hat (peritraumatisch)
  • Die erste Reaktion (innerhalb von 4 Wochen) mit mehreren Symptomen einhergeht, die Kinder starke Schuldkognitionen haben, wenig Unterstützung vom sozialen Umfeld erhalten oder weitere belastende Lebensereignisse auftreten (posttraumatisch)
26
Q

—> Was Kinder vor der Entwicklung einer PTBS Schützt:

A

Wenig innerfamiliäre Gewalt
Wenig Schuldkognitionen
Wenig Rachegefühle
Besserer SES (familienbezogen)
Die Möglichkeit, Spiritualität zu (er-)leben