Kapitel 4 - Eindrucksbildung und Personenwahrnehmung Flashcards
Salomon Asch
legte einen Grundstein für das Verständnis der Eindrucksbildung
Was schloss Asch (1946) aus seinen Befunden?
- der Eindruck, den eine Person von einer anderen Person eintwickelt, nicht einfach aus der Addition der wahrgenommenen Merkmale der Zielperson resultiert
Die einzelnen Merkmale werden im Kontext ihrer Beziehung zu anderen Merkmalen gewichtet und interpretiert und anschließend zu einem subjektiv sinnvollen Gesamteindruck integriert
zentrale Persönlichkeitsmerkmale
Charakteristika einer Zielperson, die einen überproportional großen Einfluss auf den resultierenden Gesamteindruck einer beobachtenden Person ausüben
Periphere Persönlichkeitsmerkmale
haben nur einen geringen Einfluss auf die Eindrucksbildung einer beobachtenden Person
Norman H. Anderson
Beschäftigte sich intensiv mit Personenwahrnehmung und Eindrucksbildung
Stellte die Informationsintegrationstheorie (IIT) auf
Kritik Norman H. Andersons an Salmon Asch
Anderson kritisierte Aschs Einteilung in zentrale und periphere Persönlichkeitsmerkmale
→er sah dies durch Aschs Experimente nicht bestätigt
- er unterstütze die Sichtweise, dass unterschiedliche Eigenschaften unterschiedlich große Auswirkungsbereiche besitzen und dadurch bei der Bildung eines Gesamteindurcks unterschiedlich gewichtet werden
Informationsintegrationstheorie (IIT)
alle Informationen werden bestimmten mathematischen Regeln folgend zu einem Gesamteindruck integriert
- jede Information hat einen Wert im Sinne von positivem, neutralem oder negativem EInfluss auf den Eindruck, und ein
- bestimmtes Gewicht, also eine Stärke, mit dem sich diese Bewertung auf die Eindrucksbildung auswirkt
⇒ auch als “kognitive Algebra” bezeichnet
IIT hatte später auch Einfluss auf Forschung zu Einstellung und Überzeugung
Andersons Forschung zur Addition der Einzelinformationen zu einer Gesamtbewertung
Andersons Forschung spricht gegen die Addition der Einzelinformationen zu einer Gesamtbewertung und unterstützt die Annahme, dass vorhandene Informationen gemittelt werden
Weight Average Modell - Anderson & Kampel
besagt, dass einzelne Attribute je nach ihrer Gewichtung unterschiedlich stark in die Bildung des Gesamteindrucks eingehen, der sich dann aus den gemittelten Werten der Attribute zusammensetzt
im Weight Average Modell sind additive und mittelnde Zusammenhänge ohne Widerspruch vereinbar
In welcher Beziehung stehen die Modellvorstellungen von Asche und Anderson?
Während Asch laienpsychologsiche Theorien als maßgeblich für die Gewichtung von Merkmalen ansah, unterstütze Anderson den Ansatz einer unabhängigen und objektiven Analyse der Merkmale, losgelöst von laientheoretischen Vorerwartungen
Letztlich lässt sich keiner der Ansätze als dem anderen überlegen bezeichnen
Sie stellen zwei völlig unterschiedliche Herangehensweisen und Erklärungsverusche für den komplizierten Prozess der Eindrucksbildung dar, die sich kaum falsifizieren lassen
Beiden Modellen fehlt die Einbeziehung von Motiven, Bedürfnissen und Zielen der wahrnehmenden Person
Implizipe Persönlichkeitstheorien
beinhalten Vorstellungen darber, welche Persönlichkeitsmerkmale i.d.R. gemeinsam auftreten, zusammenpassenoderzusammengehören
Wenn Person A die Eigenschaft X hat, dann hat sie vermutlich auch die Eigenschaft Y
Werden als “implizit” bezeichnet, weil sie der wahrnehmenden Person typischerweise nicht bewusst sind
Es handelt sich nicht um formale Theorien im wissenschaftlichen Sinne, sondern um laienpsychologische Theorien
Implizite Persönlichkeitstheorien innerhalb einer Gruppe oder Kultur
reflektieren innerhalb einer Gruppe oder Kultur vorherrschende Vorstellungen darüber, welche Persönlichkeitsmerkmale gemeinsam auftreten und welche Merkmale einander ausschließen
→Diese Vorstellungen werden über Sozialisationsprozesse erworben
implizite Theorien können auch hochgradig idiosynkratische Elemente aufweisen, die aus spezifischen biographischen Erfahrungen resultieren
Zwei inhaltliche Dimensionen von impliziten Theorien über Merkmalszusammenhänge - Rosenberg, Nelson & Vivekananthan (1968)
1. Soziabilität / Vertrauenswürdigkeit
Merkmale wie “warmherzig”, “kontaktfreudig”, “hilfbereit” sind subjektiv indikativ für hohe Sozialibität; Eigenschaften wie “kalt”, “ungesellig” oder “humorlos” sind subjektiv indikativ für niedrige Soziabilität
2. Intelligenz / Kompetenz
Merkmale wie “intelligent”, “fleißig”, “zielstrebig” sind subjektiv indikativ für hohe Intelligenz (bzw. Kompetenz); Eigenschaften wie “dumm”, “leichtsinnig” oder “naiv” subjektiv indikativ für niedrige Intelligenz (bzw. Kompetenz)
Worauf schließen Personen wenn sie ein Merkmal beobachten - auf der Grundlage ihrer impliziten Theorien
Auf der Grundlage ihrer impliziten Theorien über die Zusammenhänge von Merkmalen schließen Personen von einem beobachteten Merkmal auf andere nicht beobachtete Merkmale
Wie schnell schließen Menschen vom Aussehen auf Persönlichkeitseigenschaften eines Menschen?
sehr schnell
Studienergebnisse legen nahe, dass Menschen schon nach etwa 100 Millisekunden einen Eindruck gebildet haben
Warum spielen Hinweise auf Soziabilität / Vertrauenswürdigkeit und Intelligenz / Kompetenz bei der Eindrucksbildung eine wichtige Rolle?
Laut: Fiske, Cuddy, Glick & Xu (2002)
Wenn Menschen andere Menschen kennen lernen, sind sie zunächst primär an zwei Informationen interessiert:
- 1.* wollen wissen, welche Absichten die Person gegenüber der eigenen Person hegt
- 2.* wollen wissen, wie hoch die Kompetenz der Person ist, ihre Absichten umzusetzen
Soziabilität und Intelligenz werden besondere Beachtung geschenkt, weil sie für die Beantwortung dieser Fragen hoch diagnostisch sind
Anmerkung: Soziabilität und Intelligenz sind nicht die einzigen inhaltlichen Dimensionen, die Personen bei der Eindrucksbildung berücksichtigen
Physische Merkmale und deren korrelation zur Einschätzung von Vertrauenswürdigkeit
Im Hinblick auf die physischen Merkmale korrelieren Einschätzungen von Vertrauenswürdigkeit mit einer geschwungenen Form der Augenbrauen, der Augenpartie und einer hohen Stirn
Physische Merkmale und deren Korrelation zur Einschätzung von Dominanz
Im Hinblick auf die physischen Merkamle korrelieren Einschätzungen von Dominanz insbesondere mit der Ausprägung der Kinnpartie und der Stellung der Augenbrauen
Erwachsene mit schmalen Augen, schmaler Stirn und rechteckigem, ausgeprägten Kinn werden eher Dominanz**, Durchsetzungsfähigkeit und Kompetenz zugeschrieben
Assoziierte Eigenschaften bei Erwachsenen mit kindlichen Gesichtern
Erwachsene, deren Gesichtszüge in das Kindchenschema fallen - große runde Augen, hohe Stirn, hohe Augenbrauen und schmales Kinn - werden viele der Eigenschaften zugeschrieben, die man auch Kindern zuschreibt:
Naivität, Unerfahrenheit, Abhängigkeit
Duales Prozessmodell der Eindrucksbildung - Brewer 1988
Eindrucksbildung beginnt mit der initialen Identifizierung der anderen Person
- bestimmte Merkmale werden automatisch wahrgenommen
- hat beobachtete Person Relevanz für den Betrachter, geht der Prozess in den kontrollierten zweiten Teil über
- Ist die wahrnehmende Person selbst involviert, wird die Person personalisiert wahrgenommen
- ist das nicht der Fall, beginnt der Prozess der kategorisierten Personenwahrnehmung
Kategorisierung nach Brewer
Zuordnung zu visuell repräsentierten Prototypen, die bei fehlender Passung durch Subtypisierung korrigiert und angeglichen werden
Individualisierung nach Brewer
Prozess der Anpassung von anfänglicher Typisierung hin zur feineren Kategorisierung durch Bildung von Untergruppen oder ergänzenden Zusätzen
Personalisierung nach Brewer
tritt bei hoher Selbstrelevanz des sozialen Stimulus ein
Person als Individuum wahrgenommen und sowohl einzelne Persönlichkeitseigenschaften, als auch Gruppenzugehörigkeiten (also Kategorien) werden der Person zugeordnet
Parallel Constraint Satisfaction Theory - Kunda & Thagard
Modell zur Eindrucksbildung
Grundlage: konnektionistisches Verständnis der menschlichen Wahrnehmung und Repräsentation sozialer Informationen
- Stereotype, Eigenschaften und Verhaltensweisen als Knotenpunkte in assoziativen Netzwerken miteinander verbunden
- Wahrnehmung von Merkmalen einer Person aktiviert entsprechende Knotenpunkte
- Aktivierung breitet sich zu den nächsten assoziativ verbundene Knotenpunkten aus und führt dazu, dass auch deren Inhalte entweder leichter repräsentiert oder gehemmt werden
Konnektionismus
aus der Kognitionsforschung stammender Ansatz, das menschliche Denken durch Netzwerke nachzubilden
Netzwerke bestehen aus zahlreichen simplen, aber eng miteinander verbundenen Einheiten
Aktivation oder Hemmung einzelner Schaltpunkte und Weiterleitung dieser Aktivierung zu verbundenen Einheiten, entstehen Aktivierungsmuster, die dann z.B. Gedanken entsprechen
Parallel Constraint Satisfaction Theory - Ablauf der Aktivierung
nicht sequentiell, sonder parallel
Alle Informationen im Netzwerk werden quasi gleichzeitig abgerufen und bilden gemeinsam den Eindruck
Eindruck beruht auf existierenden Verknüpfungen, die aus Vorerfahrungen entstanden sind
Je nachdem, welche Kontextinformationen also gleichzeitig aktiviert sind, kann es zu völlig unterschiedlichen Zuschreibungen kommen
Stereotypen und Kategorien kommen keine andere Rolle als Eigenschaften oder Verhalten zu
Simulationsstudien
Bestehende Versuchsdesigns aus bekannten Experimenten werden mittels theoretischen Überlegungen in die Form von konnektionistischen Netzwerken übertragen
Über Computersimulationen wurden Daten erzeugt und mit den ursprünglichen empirischen Befudnen verglichen
Simulationsstudien für konnektionistische Modell - Kritik
es fehle die Systematik und Produktivität, die in höheren Denkprozessen auftreten
Mechanismen und Prozesse, die in der Lage sind, die Aktivierung und Hemmung in den konnektionistischen Netzwerken zu steuern und zu überwachen (sog. Monitoring-Prozesse), bleiben unklar
Macht des ersten Eindrucks
Der erste Eindruck entsteht schnell und beeinflusst unsere folgenden Wahrnehmungen und Interpretationen
Eine ganze Reihe von psychologischen Prozessen tagen dazu bei, dass Menschen einen einmal gewonnenen Eindruck nicht so leicht aufgeben
Diese ersten Eindrücke sind unabhängig von ihrer Richtigkeit oft ziemlich beständig, aber nicht unveränderbar
Positivität und Negativität
allgemein bilden Meschen eher positive als negative Ersteindrücke von anderen Personen
Wird die wahrnehmende Person in der Phase der Eindrucksbildung mit einer negativen Information über die Zielperson konfrontiert, dann zieht diese Information überproportional viel Aufmerksamkeit auf sich und fällt bei der Eindrucksbildung stark ins Gewicht
Menschen sind anderen Menschen beim ersten Kennenlernen prinzipiell eher positiv gegenüber eingestellt
Allerdings sind sie besonders sensibel gegenüber negativen Informationen
Warum sind Menschen sensibler gegenüber negativen Informationen beim Ersteindruck?
Negative Informationen sind eher unerwartet und ungewöhnlich und ziehen deshalb besonders viel Aufmerksamkeit auf sich
Dies führt zu einer intensiveren Verarbeitung
Negative Informationen signalisieren potentielle Gefahr, es ist daher adaptiv auf sie zu reagieren
Primacy Effekt
Ein Reihenfolgeeffekt, bei dem die zuerst dargebotenen Informationen einen überproportional großen Einfluss auf die Wahrnehmung und die Eindrucksbildung haben
Recency Effekt
Reihenfolgeneffekt, bei dem die zuletzt dargebotenen Informationen einen überproportional großen Einfluss auf die Wahrnehmung und die Eindrucksbildung haben
Kann passieren, wenn eine Person abgelenkt oder nur gering motiviert ist, personenbezogene Informationen zu verarbeiten
Halo Effekt
erstmals von Edward Thorndike (1920) beschrieben
Phänomen, dass das Wissen über eine bestimmte Eigenschaft einer Person den Gesamteindruck dominiert
Andere Eigenschaften werden vernachlässigt oder ignoriert
Gleichzeitig führt das Wissen über diese bestimmte EIgenschaft dazu, Schlussfolgerungen auf weitere Eigenschaften zu begünstigen
Eine Eigenschaft “überstrahlt” so quasi alle anderen
Aktive versus passive Informationssuche
es gibt keine unterschiedliche Qualität der Bewertung
passiv Wahrnehmenden fällt die Beurteilung von Persönlichkeitseigenschaften fremder Personen leichter und sie sind sich insgesamt sicherer mit ihrem Urteil
Geben auch im Vergleich zu den aktiven Informationssuchenden eine positivere Sympathieeinschätzung über die zu bewertende Personen ab
Bei aktiver Informationssuche scheint es mehr Unsicherheit bei der Eindrucksbildung zu geben. Ein mögliches Mehr an Informationen geht nicht zwingend mit höherer Sicherheit einher
Alter und Länge der Bekanntschaft
Ältere Menschen scheinen negative Informationen stärker zu gewichten
Alter ist aber allgemein kein Prädiktor für die Änderung von Eindrücken
Generell werden Personen je länger und näher man sie kennt, auch differenzierter und individueller wahrgenommen
Die Länge der Bekanntschaft scheint allerdingt trotzdem einen geringeren Einfluss auf die Einschätzung eines Gegenübers zu haben, als man vielleicht annehmen würde.
Die Übereinstimmung der Einschätzung von Persönlichkeitseigenschaften wird mit steigender Dauer der Bekanntschaft nicht signifikant besser
Tendenz zur Beharrung (Perseverance Bias)
Der erste Eindruck hat häufig sogar dann noch einen Einfluss auf die Beurteiltung einer Zielperson, wenn er sich nachfolgend als falsch herausgestelt hat
Aufgrund dieser Tendenz ist es oft schwierig, die Effekte eines ersten Eindrucks vollständig zu eliminieren, selbst wenn er auf offensichtlichen Fehlinformationen beruht
Konfirmatorische Informationssuche
Menschen neigen dazu, gezielt nach Informationen zu suchen, die ihre Eindrücke oder soziale Hypothesen über andere Personen bestätigen, während Informationen, die diese widerlegen könnten, vernachlässigt werden
Sich selbst erfüllende Prophezeiung
Der Prozess der sich selbst erfüllenden Prophezeiung führt über folgende Schritte zur Bestätigung des Eindrucks:
Man hat eine bestimmte Erwartung von einer Zielperson und ihrem Verhalten; diese Erwartung führt dazu, dass man diese Zielperson in einer Art und Weise behandelt, die diese wiederum dazu bringt, sich tatsächlich erwartungskonform zu verhalten, wodurch der Eindruck bestätigt wird
Wie leicht lässt man sich von den Erwartungen anderer dazu verleiten, ihre Eindrücke zu bestätigen?
Hängt von drei Faktoren ab:
Stärke des eigenen Selbstbilds
Wenn eine Person ein festes Bild von sich selbst in einem bestimmten Bereich hat, dann wird sie sich weniger durch gegenteilige Erwartungen einer anderen Person in ihrem Verhatlen beeinflussen lassen
Dem Bewusstsein, dass der Interaktionspartner bestimmte Vorstellungen über einen hat
Wenn sich Personen negativer Erwartungen ihrer Interaktionspartner*innen bewusst sind, versuchen sie typischerweise diese durch erwartungsinkonsistentes Verhalten zu entkräften
Den Motiven der Person in der sozialen Interaktion
Wenn Menschen bestrebt sind, dass die Interaktion mit der anderen Person unkompliziert verläuft, sind sie eher bereit, sich in ihrem Verhalten den Erwartungen dieser Person anzupassen
Änderungen von Eindrücken
Verarbeitung inkonsistenter Informationen
Inkonsistente Informationen gefährden die anfängliche Sicherheit in der Einschätzung des Gegenübers
Basis für soziale Interaktion oder Beziehung kann auch betroffen sein
inkonsistente Informationen werden in vielen Fällen ignoriert, oberflächlich verarbeitet oder wegerklärt
Gibt Belege, dass unerwartete oder inkongruente Verhaltensweisen und Eigenschaften besser erinnert werden als neutrale oder erwartbare
Besonders, wenn es weniger inkongruente als kongruente Informationen gibt
Die bessere Erinnerung muss aber nicht unbedingt bedeuten, dass sich ein vorheriger Eindruck ändert
Änderungen von Eindrücken
Motive zur Integration zusätzlicher Informationen
Das neue Informationen über die Zielperson gesucht und sorgfältig verarbeitet werden kann zu einer Veränderung des Ersteindrucks führen
Ähnlich ist es, wenn Menschen dazu angeleitet werden, sich auf Hinweise für eine mögliche Veränderung bei anderen Personen zu konzentrieren, um den ersten Eindruck zu überprüfen
-> leichtere Identifikation der Änderungen von Einstellungen, Motivation und Fähigkeiten bei den zu beobachteten Personen