Kapitel 13 - Sozialpsychologische Ansätze der Führung Flashcards
Führung
Ein Prozess der sozialen Einflussnahme, durch den ein oder mehrere Mitglieder einer Gruppe andere Gruppenmitglieder motivieren und befähigen, etwas zur Erreichung der Gruppenziele beizutragen
Führung dient primär der Erreichung eines kollektiven Ziels
Zwischen welchen zwei zentralen Führungsfunktionen unterscheiden Cartwright & Zander (1972)?
Lokomotion
Kohäsion
Zwischen welchen zwei zentralen Führungsfunktionen unterscheiden Cartwright & Zander (1972)?
Lokomotion
Unter der Lokomotionsfunktion versteht man generell alle Funktionen, die der Lösung der jeweiligen Aufgabe der Gruppe, der Annäherung an das kollektive Ziel und der Bewältigung der äußeren Situation dienen
Die Funktionen lassen sich weiter in Teilbereiche differenzieren
Zwischen welchen zwei zentralen Führungsfunktionen unterscheiden Cartwright & Zander (1972)?
Kohäsion
Die Kohäsionsfunktion schließt hingegen alle Funktionen ein, die den Zusammenhalt einer Gruppe fördern, also zu einem Wir-Gefühl und einem positiven Gruppenklima beitragen
Dabei sind sowohl die Beziehungen zwischen der Führungsperson und den Geführten relevant als auch die Beziehung der Geführten untereinander
Zwischen welchen MItteln unterscheiden French & Raven (1959), auf die sich der Einflsus einer oder mehrerer Führungspersonen auf die übrigen Gruppenmitglieder konstituieren kann?
- Belohnungsmacht
- Bestrafungsmacht
- Expertenmacht
- Legitimierte Macht
- Identifikationsmacht
→Cartwright (1959) fügte die “ökologische Macht” hinzu
Belohnungsmacht
Die Führungsperson verfügt über (im)materielle Belohungswerte, die sie den anderen Gruppenmitgliedern zukommen lassen kann
Bestrafungsmacht
Sie ergibt sich aus der Möglichkeit, dass die Führungsperson über negative Sanktionen gegenüber den anderen Gruppenmitgliedern verfügen kann und äußert sich in der Ausübung von Zwang oder der Androhung von Strafen
Expertenmacht
Der Einfluss der Führungsperson begründet sich auf der Überzeugung der Geführten, dass die Führungsperson bestimmtes Wissen und bestimmte Kompetenzen besitzt, die für die Erreichung der Gruppenziele relevant sind
Legitimierte Macht
Die anderen Gruppenmitglieder stimmen einer Führungsperson zu, da sie deren Position als legitimiert wahrnehmen und es als Pflicht betrachten, der Führungsperson Folge zu leisten
Identifikationsmacht
Sie beruht auf der Identifikation der anderen Gruppenmitglieder mit der Führungsperson und dem Bedürfnis, Übereinstimmung mit der Führungsperson zu demonstrieren
“ökologische Macht” (Cartwrigth - 1959)
Die Möglichkeit, durch bestimmte Umweltgestaltung ein bestimmtes Verhalten herbeizuführen
Persönlichkeitseigenschaften
Die ersten führungsorientierten Ansätze gingen davon aus, dass es vor allem angeborene Persönlichkeitseigenschaften sind, die Führungspersonen für ihre Rolle qualifizieren, und man daher für Führungspositionen “geboren sein muss” (→ great man-Führungstheorien)
Die empirische Überprüfung zeigt allerdings, dass dieser Ansatz so kaum haltbar ist
Stabile Verhaltensmuster und Führungsstile
Manche Varianten der führerorientierten Ansätze nehmen an, dass sich Führungspersonen weniger durch distinkte Charaktereigenschaften, sondern vielmehr durch bestimmte Verhaltensweisen bzw. einen bestimmten Führungsstil auszeichnen
Auch hier wird Verhalten nicht als eine Interaktion von Person- und Situationsvariablen verstanden, sondern eher als ein stabiles, weitgehend situationsunabhängiges Verhaltensmuster
Situationsorientierte Ansätze
Effektive Führung ist v.a. durch Merkmale des Kontexts bedingt
Führungspersonen führen dann effektiv, wenn sie zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer bestimmten Gruppe angemessen auf eine bestimmte Herausforderung reagieren
→beinahe jeder oder jede kann eine effektive Führungsperson sein, wenn nur die Umstände entsprechend gestaltet sind (leicht überspitzte Formulierung)
Erfolgreiche Führungspersonen zeichnen sich vor allem dadurch aus, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein, und weniger durch ihre persönlichen Eigenschaften
Situationsorientierte Ansätze
Relevanz heute
Aufgrund ihrer sehr einseitigen Betrachtung von Führung und ihrer unzureichenden empirischen Bestätigung haben sie in der (sozial-)psychologischen Führungsforschung aber kaum noch Gewicht
Kontingenzansätze
Gehen davon aus, dass die Effektivität von Führung aus einem Zusammenspiel von Merkmalen der Führungsperson und Merkmalen der Führungssituation resultiert
Kontingenzansätze
Zwischen welchen Führungsstilen unterscheidet Fiedler (1971)?
Fiederls Kontingenzansatz
Aufgabenorientierte Führung
dient dazu, Gruppen- und Kommunikationsstrukturen zu schaffen und Ressourcen bereitzustellen, die der Zielerreichung dienen
Beziehungsorientierte Führung
dient dazu, den Zusammenhalt der Gruppe zu stärken und die Qualität der Beziehungen der Gruppenmitglieder untereinander zu verbessern
Kontingenzansätze
zentrale Annahme
Fiederls Kontingenzansatz
besteht darin, dass keiner der beiden Führungsstile (aufgabenorientiert / beziehungsorientiert) grundsätzlich effektiver ist als der andere, sondern, dass die Effektivität einer eher aufgaben- oder eher beziehungsorientierten Führung von den Merkmalen der Führungssituation abhängt
Kontingenzansätze
Welche Situationsmerkmale sind besonders relevant für die Effektivität der Führung?
Fiederls Kontingenzansatz
- Merkmale der Gruppenaufgabe
ist sie eher komplex oder relativ einfach strukturiert?
- Merkamle der Beziehung zwischen der Führungsperson und Geführten
vertrauen und mögen die Geführten die Führungsperson oder nicht?
- Macht, die mit der Führungsposition einhergeht
Verfügt die Führungsperson über Sanktionsierungsmacht oder nicht?
Kontingenzansätze
Wann ist Führung effektiv?
Fiederls Kontingenzansatz
Wenn die Führungsperson die relevanten Charakteristika der Situationen, die Führung erfordern, erkent und darauf mit der richtigen Balance zwischen aufgabenorientierter und beziehungsorientierter Führung reagiert
Kontingenzansätze
Wann ist vor allem der aufgabenorientierte Führungsstil effekt?
Fiederls Kontingenzansatz
Wenn die Situationsmerkmale entweder sehr günstig (einfach strukturierte Aufgabe, gute Beziehung zwischen Führungsperson und Geführten, Führungsperson hat Sanktionierungsmacht) oder sehr ungünstig (komplex strukturierte Aufgabe, schlechte Beziehung zwischen Führungsperson und Geführten, Führungsperson hat keine Sanktionierungsmacht) ausgeprägt sind
Kontingenzansätze
Wann ist vor allem der beziehungsorientierte Führungsstil überlegen?
Fiederls Kontingenzansatz
Wenn die drei Situationsmerkmale zusammen betrachtet eine mittelmäßig günstige Situation bilden
→z.B. komplex strukturierte Aufgabe, gute Beziehung zwischen Führungsperson und Geführten, Führungsperson hat keine Sanktionsierungsmacht
Kontingenzansätze
empirische Befunde für Fiedlers Kontingenzansatz
Zusammengenommen wird Fiedlers Kontingenzansatz durch empirische Befunde nur schwach gestützt
Ansatz implizierter Führungstheorien - Lord & Maher (1991)
- komzentriert sich auf die Geführten
- im Zentrum dieser sozial-kognitiven Theorie effektiver Führung steht die Annahme, dass Menschen auch in Bezug auf Führungspersonen implizite Theorien darüber haben, was eine “gute” Führungsperson ausmacht
- als kognitive Schemata repräsentiert, also als Wissensstrukturen, in denen Eigenschaften und Verhaltensweisen von fähigen Führungspersonen und die Beziehungen zwischen diesen Attributen gespeichert sind
Wesentlich für die Kategorisierung einer anderen Person als Führungsperson ist nun, inwieweit die beobachteten Eigenschaften und Verhaltensweisen dieser Person mit den eigenen Führungsschemata übereinstimmen
Ansatz impliziter Führungstheorien - Lord & Mahers
empirische Befundlage
Im Einklang mit den zentralen Annahmen der Theorie konnten einige Studien demonstrieren, dass Personen umso eher als Führungsperson positiv bewertet und akzeptiert werden, je mehr sie in ihren Eigenschaften und ihrem Verhalten den Führungsschemata entsprechen
Auch wenn die direkte empirische Stützung des Ansatzes noch nicht weit gedient ist, steht er im Einklang mit Forschungsbefunden zum Einfluss von Stereotypen auf FÜhrung
Ansatz impliziter Führungstheorien - Lord & Maher
Was zeichnet eine gute Führungsperson aus?
zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie von anderen als eine solche wahrgenommen wird
Führungserfolg wird als Produkt einer Interaktion von Merkmalen der Führungsperson und Merkmalen der Führungssituation verstanden
→mit zunehmender Kongruenz der Führungsschemata der Geführten und den Merkmalen und Verhaltensweisen der Führungsperson wird erfolgreiche Führung wahrscheinlicher
Einfluss von Stereotype auf Führungsprozesse
Rollen-Kongruenz-Theorie von Eagly (2002)
Im Zentrum dieser Theorie steht die Annahme, dass männliche Geschlechtssteroetype stärker mit generellen Führungsschemata übereinstimmen als weibliche Geschlechtsstereotype
Einfluss von Stereotypen auf Führungsprozesse
Rollen-Kongruenz-Theorie von Eagly
Auswirkungen auf die Bewertung
Das unterschiedliche Ausmaß an Kongruenz sollte sich auf die Bewertung in zwei Bereichen auswirken
- sollte Männern mehr Führungspotential zugesprochen werden als Frauen
- sollte auch das tatsächliche Führungsverhalten von Männern positiver bewertet werden als das von Frauen
→Diese Annahme wurde durch zahlreiche empirische Befunde gestützt
Transaktionale Ansätze der Führungsforschung
- Basieren auf dem Austausch- oder Interdepenzansastz
- gehen davon aus, dass die Führungsperson und die anderen Gruppenmitglieder im Hinblick auf ihre Bedürfnisbefriedigung wechselseitig voneinander abhängig sind
- Führung bzw. der Einfluss einer Fürhungsperson auf die übrigen Gruppenmitglieder gründet sich nach dieser Perspektive auf den Austausch individuell benötigter materieller, sozialer oder psychologischer Ressourcen
Transaktionale Ansätze der Führungsforschung
Effektive / erfolgreiche Führung
Effektive oder erfolgreiche Führung liegt vor, wenn der gegenseitige Nutzen, den die Führungsperson(en) und die übrigen Gruppenmitglieder aus der Führer-Geführten-Beziehung ziehen, maximal ist
Der transaktionale Ansatz betont, das erfolgreiche Führung nicht nur von der Führungsperson, sondern genauso von den geführten Gruppenmitgliedern abhängt
→Ohne engagierte Gefolgsleute gibt es keine erfolgreiche Führung
Transformationale Ansätze der Führungsforschung
Setzen an den Kritikpunkten gegenüber dem austauschtheoretischen Verständnis von Führung an, und werden den transaktionalen Ansätzen häufig kontrastierend gegenübergestellt
Häufige Kritik an dem austauschtheoretischen Verständnis von Führung
Ein häufig genannter Kritikpunkt an dem austauschtheoretischen Verständnis von Führung ist das vorherrschende Prinzip der Rationalität, das die Führer-Geführten-Beziehung kennzeichnet
Transformationale Ansätze der Führungsforschung
erfolgreiche Führung
die Fähigkeit der Führungsperson, die Einstellungen, Emotionen, Werte und Verhaltensweisen der Gruppenmitglieder aktiv zu verändern (zu transformieren), und so die Motivation der Mitglieder sich für die Erreichung des kollektiven Ziels einzusetzen, zu erhöhen
Transformationalen Führungspersonen wird von den Geführten Vertrauen, Bewunderung, Loyalität und Respekt entgegengebracht, und die Geführten sind bereit, ihr Selbstinteresse zugunsten von kollektiven Zielen zurückzustellen
Wodurch lässt sich nach Bass & Avolio (1990) transformationales Führungsverhalten kennzeichnen?
- Idealisierender Einfluss (idealizes influence)
- Inspirierende Motivation (inspirational motivation)
- Intellektuelle Stimulierung (intellectual stimulation)
- Individualisierte Mitarbeiterorientierung (individualized consideration)
Wodurch lässt sich nach Bass & Avolio (1990) transformationales Führungsverhalten kennzeichnen?
Idealisierender Einfluss (idealized influence)
Die Führungsperson fungiert als moralisches und fachliches Vorbild, indem sie ihre persönlichen Bedürfnisse zurücknimmt, hohe Ansprüche an sich selbst stellt (und diese auch erfüllt) und nach ethischen und moralischen Prinzipien handelt
Als Folge identifizieren sich die Geführten mit der Führungperson und eifern dieser nach
Wodurch lässt sich nach Bass & Avolio (1990) transformationales Führungsverhalten kennzeichnen?
Inspirierende Motivation (inspirational motivation)
Die Führungsperson vermittelt den Geführten eine inspirierende Vision, artikuliert diese klar und zeigt Enthusiasmus und Optimismus in Bezug auf die Erreichung der Vision
Wodurch lässt sich nach Bass & Avolio (1990) transformationales Führungsverhalten kennzeichnen?
Intellektuelle Stimulierung (intellectual stimulation)
Die Führungsperson fördert die Kreativität und Innovativität der Geführten, indem sie bestehende Annahmen in Frage stellt und Probleme aus einer neuen Perspektive beleuchtet
Sie fordert neue Ideen und kreative Problemlösungen von den Geführten, kritisiert diese aber nicht öffentlich
Wodurch lässt sich nach Bass & Avolio (1990) transformationales Führungsverhalten kennzeichnen?
Individualiserte Mitarbeiterorientierung (individualized consideration)
Die Führungsperson lässt den Bedürfnissen jedes einzelnen Geführten Aufmerksamkeit zukommen und nimmt die Rolle eines*einer Mentor*in ein
Die Geführten erfahren Unterstützung und werden ermutigt, sich kontinuierlich weiter zu entwickeln
Befunde zu transformationaler und transaktionaler Führung zum Führungserfolg
sind insgesamt eher uneinheitlich
Eine umfangreiche Metaanalyse legt nahe, dass weder die eine noch die andere Führungsform überlegen ist, sonder die Effektivität beider Führungsformen stark vom Kontext abhängt
Wesentlicher Kritikpunkt an den transformationalen Ansätzen
Lassen, ähnlich wie die führerorientierten Ansätze, den Einfluss situativer Gegebenheiten auf den Führungserfolg außen vor
Befürworter der Perspektive entgegnen zwar, dass transformationale Führung als ein Prozess zu verstehen ist, der einerseits durch dispositionelle und erlernbare Verhaltensweisen der Person und andererseits durch bestimmte Bedingungen der Sitaution beeinflusst wird;
Situationsmerkmale werden in allen Ansätzen zur transformationalen Führung aber nur am Rande thematisiert
Sozialer Identitätsansatz der Führungsforschung
Welche Annahme steht im Zentrum dieses Ansatzes?
Das Führungspotenzial einer Person wird entscheidend durch ihre Prototypikalität für die Eigengruppe beeinflusst
Soziale Kategorierungsprozesse unterteilen die soziale Welt in Eigen- und Fremdgruppen
Kognitiv repräsentiert sind diese Eigen- und Fremdgruppen als Protoypen
Prototypen
Prototypen sind kontextspezifische, oftmals unscharfe (fuzzy) kognitive Repräsentationen der typischen/idealen Attribute (Überzeugungen, Einstellungen, Gefühle, Verhaltensweisen), die eine Gruppe charakterisieren und sie gleichzeitig von einer oder mehreren anderen Gruppen abgrenzen
Führungsperson als Eigengruppen-Prototyp
Was verkörpert der Eigengruppenprototyp?
Sowohl, was die Mitglieder der Eigengruppen gemeinsam haben, als auch, was “uns” von “denen” unterscheidet
Relevant für den sozialen Identitätsansatz der Fürhung ist nun, dass nicht alle Eigengruppenmitglieder als gleich prototypisch wahrgenommen werden
Führungsperson als Eigengruppen-Prototyp
Eigengruppenmitglied & Prototyp der Gruppe
Je mehr ein Eigengruppenmitglied dem Prototyp der Gruppe entspricht, umso repräsentativer wird diese Person auch für die Eigengruppe bzw. die geteilte soziale Identität wahrgenommen, umso mehr scheint sie die Werte, Normen und Ziele der Gruppe zu verkörpern
Der soziale Identitätsansatz der Führung nimmt daher an, dass es maßgeblich von der wahrgenommenen Prototypikalität einer Person (oder einer Personengruppe) abhängt, ob diese von den anderen Eigengruppenmitgliedern als Führungsperson wahrgenommen bzw. akzeptiert wird
Was macht ein prototypisches Eigengruppenmitglied zur aktiven Führungsperson?
Nach Hogg sind zwei Prozesse dafür verantwortlich, dass ein prototypisches Gruppenmitglied auch tatsächlich eine aktive Führungsrolle übernimmt und Einfluss auf die übrigen Eigengruppenmitglieder ausübt:
- Soziale Attraktion
- Dispositionale Attributionsprozesse
Was macht ein prototypisches Eigengruppenmitglied zur aktiven Führungsperson?
soziale Attraktion
Eigengruppenmitglieder werden in der Regel aufgrund der gemeinsamen Gruppenzugehörigkeit gemocht (= soziale Attraktion), während individuelle Vorlieben, interpersonale Beziehungen und die Bewertung individueller Eigenschaften (= Basis für interpersonale Attraktion) vergleichsweise unwichtig werden
Doch innerhalb der Eigengruppe wird noch einmal differenziert:
Je prototypischer ein Eigengruppenmitglied wahrgenommen wird, umso mehr soziale Attraktion wird gegenüber dem Mitgleid empfunden
(Soziale) Attraktion wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Forderungen Folge geleistet wird
Eine hoch prototypische (und damit hoch sozial attraktive) Person sollte also deshalb tatsächlich einen größeren Einfluss als weniger protoypische Gruppenmitglieder haben, da ihre Ideen und Forderungen innerhalb der Eigengruppe bereitwilliger angeommen werden
Was macht ein prototypisches Eigengruppenmitglied zur aktiven Führungsperson?
disposiationale Attributionsprozesse
Ein weitere Prozess, der dazu beiträgt, dass ein prototypisches Gruppenmitglied eine aktive Fürhungsrolle übernimmt und beibehält, ist die Korrespondenzverzerrung
Auch in Intragruppenkontexten neigen Mesnchen dazu, dass Verhalten einer handelnden Person eher auf interne Faktoren zurückzuführen
Ein für die Fürhungsforschung wichtiger Befund ist, dass Menschen umso stärker zu Personattributionen neigen, je mehr die beobachtete Person aus der Umgebung hervortritt, d.h. je perzeptuell distinkter sie ist
Innerhalb der Eigengruppe sind es oftmals die prototypischsten Mitgliedder, die am meisten Aufmerksamkeit auf sich ziehen, bzw. sich als “Figuren” vor dem “Hintergrund” aus weniger prototypischen Mitgliedern abheben
Kontextabhängigkeit Prototyp-basierter Führung
Von besonderer Bedeutung für den sozialen Identitätsansatz der Führung ist die Annahme, dass die wahrgenommene Prototypikalität der Gruppenmitglieder kontextabhängig ist
Welches Gruppenmitglied als besonders prototypisch wahrgenommen wird, wird wesentlich durch den Vergelichsrahmen (“frame of reference”) - also den Intergruppenkontext, in den die Eigengruppe eingebettet ist - beeinflusst
Metakontrast-Prinzip
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Ansammlung sozialer Stimuli als Mitglieder einer Kategorie (= der Eigengruppe) wahrgenommen werden, steigt in dem Maße, in dem die Unterscheide auf einer relevanten Vergleichsdimension innerhalb dieser Gruppe von Stimuli als geringer wahrgenommen werden als die Unterschiede dieser Stimuli zu anderen Stimuli (= den Mitgliedern der Fremdgruppe)
Kontetabhängigkeit Prototyp-basierter Führung
Metakontrast-Wert (“meta contrast ratio”, MCR)
Für eine Ansammlung sozialer Stimuli lässt sich ein Metakontrast-Wert (“meta contrast ratio”, MCR) berechnen, der nach Turner et al. (1987) gleich dem wahrgenommene Unterschied zwischen den Mitgliedern einer Kategorie und anderen Stimuli, geteilt durch den wahrgenommenen Unterschied innerhalb der Mitglieder einer Kategorie ist
Dieser MCR lässt sich für jedes einzelene Mitglied der Eigengruppe berechnen
Entscheidend ist, dass das Eigengruppenmitglied mit dem höchsten MCR, d.h. das Eigengruppenmitglied, das gleichzeitig am wenigsten Unterscheide zu den anderen Eigengruppenmitgliedern aufweist und sich am meisten von den Mitgleidern der Fremdgruppe abhebt, auch das prototypischste Mitglied der Eigengruppe ist
Die Prototypikalität eines Eigengruppenmitglieds und damit auch seiner “Eignung” als Führungsperson der Gruppe ist als ein dynamischer Wert, der je nach Vergleichsrahmen unterschiedlich ausfallen kann:
Je nachdem, welche Fremdgruppe zum Vergleich herangezogen wird, kann ein anderes Eigengruppenmitglied den höchsten MCR aufweisen
→man spricht von der relativen Prototypikalität eines Gruppenmitglieds
Wodurch lassen sich beim sozialen Identitätsansatz Führungspersonen definieren?
Der soziale Identitätsansatz der Führung nimmt nicht an, dass bestimmte Eigenschafen und Verhaltensweisen eine Person per se zur Fürhung befähigen
Vielmehr lassen sich Führungspersonen durch bestimmte Eigenschaften und Verhaltensweisen definieren, die - in einem bestimmten Intergruppenkontext - ihre Unterschiedlichkeit zu anderen Eigengruppenmitgliedern minimieren, während sie gleichzeitig ihre Unterschiedlichkeit zu Mitgliedern der Fremdgruppe maximieren
Vergleich des prototyp-basierten Ansatzes mit Kontingenzansätzen
Vergleich mit Fiedlers Modell
Wie in Fiedlers Modell nimmt der soziale Identitätsansatz der Führung an, dass der Einfluss einer Führungsperson und damit auch der Führungserfolg auf einem Zusammenspiel von personalen und situativen bzw. Kontextfaktoren beruhen
Die situativen Faktoren unterscheiden sich maßgeblick:
Während Fiedlers Kontingenzansatz den Aufgabenmerkmalen, der intermpersonalen Beziehung zwischen Geführten und Führungsperson und der Sanktionsmacht der Führungsperson eine zentrale Rolle zuspricht, betont der soziale Identitätsansatz die Relevanz des Vergleichsrahmens
Vergleich des prototyp-basierten Ansatzes mit Kontingenzansätzen
Vergleich mit der leadhership categorization-Theorie
Die leadership categorization-Theorie von Lord und Maher (1991) weist einige Gemeinsamkeiten zum sozialen Identitätsansatz der Führung auf
Unterschiede:
Lord & Maher verstehen (zumindest in ihren frühen Arbeiten) die zur Kategorisierung einer Person als “Führer*in” herangezogenen Führungsschemata als relativ fixe kognitive Repräsentationen von Führungsattributen, d.h. die Annahmen darüber, was eine “prototypische” Führungsperson ausmacht, sind relativ zeitstabil und kontextunabhängig
Nach dem sozialen Identitätsansatz wird die Prototypikalität einer Führungsperson hingegen maßgeblich vom sozialen Kontext beeinflusst
Vergleich des prototyp-basierten Ansatzes mit Kontingenzansätzen
Die beiden Ansätze schließen einander nicht aus, vielmehr sollten sie als komplimentär betrachtet werden:
Je mehr der soziale Kontext von einem interpersonalen zu einem intergruppalen wird (d.h. je stärker sich Individuen auf der Basis ihrer Gruppenmitgliedschaft definieren), umso wichtiger sollte auch die Prototypikalität einer Person für Führung werden und umso geringer sollte der Einfluss von Führungsschemata sein
Führungsperson als Entrepreneur der Sozialen Identität
Gemäß dem sozialen Identitätsansatz ist die Führungsperson ein aktiver Teil der Gruppe - sie wird nicht nur durch die Gruppe definiert, sondern definiert auch ihrerseits die Gruppe
Reicher & Hopkins haben für dise aktive Rolle von Führungspersonen bei der Identitätsdefinition den Terminus “Entrepreneur” der sozialen Identität geprägt
Führungsperson als Entrepreneur der Sozialen Identität
Was ist das Ziel des Entrepreneurs?
Ziel eines solchen Entrepreneurs ist es vor allem, über eine (Re-)Definition der sozialen Identität der Gruppe die Mitglieder in Hinblick auf ein spezifisches kollektives Ziel zu mobilisieren und die eigene Position als Führungsperson zu stärken
Eine solche (Re)Definition der sozialen Identität geschieht meist über rhetorische Mittel und setzt an den folgenen Punkten an:
- Stabilisierung der eigenen Führungsposition*
- Defintion der “zu Mobilisierenden”*
- Definition der kollektiven Ziele*
Führungsperson als Entrepreneur der Sozialen Identität
(Re)Definition der sozialen Identität durch den Entrepreneur
Stabilisierung der eigenen Führungsposition
Gemäß dem sozialen Identitätsansatz ist Führung immer kontextabhängig
In ihrer Rolle als Identitäts-Entrepreneur kann eine Führungsperson auf eine Vielzahl von Strategien zurückgreifen, um ihre prototypische Position innerhalb der Eigengruppe zu stärken
Die Führungsperson kann:
- die Definition der sozialen Identität der Gruppe an die eigene Person anpassen
- konkurrierende Führungsanwärter*innen als wenig prototypisch charakterisieren
- den “passenden” Vergleichsrahmen herstellen
- die Salienz des Intergruppenkontextes entweder erhöhen oder verringern
Führungsperson als Entrepreneur der Sozialen Identität
(Re)Definition der sozialen Identität durch den Entrepreneur
Definition der “zu Mobilisierenden”
Über eine Definition der Gruppengrenzen der Eigengruppe kann eine Führungsperson regulieren, welche Personengruppen in Hinblick auf das kollektive Ziel mobilisiert werden sollen
Führungsperson als Entrepreneur der Sozialen Identität
(Re)Definition der sozialen Identität durch den Entrepreneur
Definition der kollektiven Ziele
Welche Aktionen bei der Erreichung des kollektiven Ziels von den Eigengruppenmitgliedern als angemessen betrachtet werden, wird unter anderem darüber bestimmt, wie die Werte und Normen einer Gruppe definiert sind
Je mehr eine Aktion oder Vorgehensweise die zentralen Werte und Normen einer Gruppe widerspiegelt, umso eher sollte sie auch kollektive Unterstützung durch die Mitglieder der Eigengruppe erfahren
Führungsperson als Entrepreneur der Sozialen Identität
Empirische Belege
Empirische Belege für diese Annahmen wurden vornehmlich aus Diskursanalysen gewonenn, in denen die Appelle, Wahlkampfreden etc. politischer Führungpersonen ausgewertet wurden
Zusammengenommen betont dieser Forschungsstrang die Bidirektionalität von Gruppen- und Führungsprozessen:
Zum einen beeinflusst der spezifische Intergruppenkontext welche Person von den Gruppenmitgliedern als Führungsperson wahrgenommen und akzeptiert wird, zum anderen hat die Führungsperson ihrerseits einen maßgeblichen Einfluss auf die Definition der sozialen Identität der Gruppe