Kapitel 2 - Zur Geschichte der Sozialpsychologie Flashcards
Wann war der wichtigste Zeitpunkt für die Entstehung der Sozialpsychologie und warum? - laut Gordon Allport
1908, da in diesem Jahr das erste Buch mit dem Titel “Social Psychology” (von Edward A. Ross) veröffentlicht worden sei.
1908 gilt als das Geburtsjahr der Sozialpsychologie
Wie war die Entwicklung der Sozialpsychologie?
Das Gebiet hat sich nur “mühsam” entwickelt
Die Psychologie brauchte lange Zeit, um die soziale Bedingtheit menschlichen Erlebens und Verhaltens zu erkennen
Welche gelten als die zwei Wurzeln der Sozialpsychologie?
Als eine der ältesten Wurzeln der Sozialpsychologie kann die Völkerpsychologie gelten
Geht auf Wilhelm von Humboldt (1767 - 1835) zurück
Neben der Völkerpsychologie wird auch die Massenpsychologie als ein Vorläufer der Sozialpsychologie gesehen
meist wird an die so genannte romantische Massenpsychologie gedacht, die in Frankreich in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts zur Blüte kam
Der Ursprung liegt allerdings in Italien
Was verband Wilhelm von Humboldt mit dem Begriff “Völkerpsychologie”?
- Humboldt behauptet, dass das Denken wesentlich durch die Sprache bestimmt werde
⇒ Whorf- oder Whort-Sapir-Hypothese
Was ist die Whorf- oder Whorf-Sapir-Hypothese?
Denken werde wesentlich durch die Sprache bestimmt (laut Humboldt)
Verschiedene Völker würden durch ihre verschiedenen Sprachen verschiedene Weltansichten haben
Diese These ist immer wieder aufgestellt worden
Von wem wurde die “Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft” gegründet?
Lazarus und Steintahl gründeten 1860 die Zeitschrift
Sie sollte kulturvergleichenden Untersuchungen dienen
Was verbindet man heute mit dem Begriff der Völkerpsychologie?
die Vorstellung Wilhelm Wundts (1832 - 1920) zehnbändiger “Völkerpsychologie” (1900 - 1920)
Völkerpsychologie bliebt bei Wundt auf Beobachtung, Vergleich und Beschreibung, sowie Schreibtischarbeit beschränkt
Völkerpsychologie könnte nicht experimentell arbeiten, da das Experiment zum Studium komplexerer, “höherer”, und damit auch sozialer Vorgänge ungeeignet sei
Welche Themen verband Wilhelm Wundt mit der Völkerpsychologie?
u.a. Sprache, Religion, Mythos, Recht, Kultur und Geschichte
Wundt ging von den Objektivikationen des Zusammenlebens in Völkern aus und musste von diesen “Produkten” wie Sprache, Religion, Musik, Wirtschaft, Recht, usw. immer wieder auf die Psyche der Individuen zurück schließen
Die Völkerpsychologie des alten Wilhelm Wundt hatte in der Psychologie nur wenig Resonanz
Was waren die Anfänge der Massenpsychologie?
Der Kriminologe Scipio Sighele (1868 - 1913) stellte sich die Frage nach der Zurechnungsfähigkeit des einzelnen Menschen, der in “entgleisten” Menschenmengen zu solchen strafbaren Handlungen hingerissen wird, die dieser allein kaum begehen würde
Gabriel Tarde (1843 - 1904) ging es in Frankreich um juristische und kriminologische Fragen
Der Journalist und Arzt Gustave LeBon (1841 - 1931) stellte dem kritischen und vernünftigen Denken des Einzelnen die Masse gegenüber
⇒ Die Masse gleiche einem kopflosen Tier, in der Massensituation würden Instinkte aktiviert
Sozialpsychologie heute
es wird heute weder die Massenpsychologie, noch eine kulturvergleichende Völkerpsychologie verstanden
Geht eher auf französische und amerikanische Soziologen zurück, die die Bedeutung der sozialen Umgebung für das Individuum beschrieben und der empirischen Forschung zugänglich machten
→Charles H. Cooley, der den Begriff der Primärgruppe (primary group) einführte
Was ist eine Primärgruppe (primary group)?
von Charles H. Cooley in 1902 geprägter Begriff
Primärgruppen sind durch direkten Kontakt von Angesicht zu Angesicht gekennzeichnet
Cooley bezeichnet sie als primär, weil sie für die Formung der sozialen Persönlichkeit fundamentale Bedeutung haben
Bsp. Familie, die Nachbarschaft, die Freundesgruppe der Kinder und Arbeitskolleg*innen
Warum ist sozialpsychologie vorallem in den USA zur ersten Blüte gelangt?
In einer Nation mit multikulturellem Hintergrund kommen eher Fragen nach der Bedeutung sozialer Normen und Gewohnheiten auf
Zudem war man in den USA recht ungezwungen bereit, soziale Einflüsse experimentell zu untersuchen und zur Zeit der Wende zum 20. Jahrhundert zahlreiche Hochschulen gründete, in denen Psychologie und damit auch Sozialpsychologie - weitgehend von den Mutterwissenschaften Philosophie und Physiologie getrennt - gelehrt wurde
→Dabei stand die praktische Nutzanwendung oft im Vordergrund
Welche waren die ersten Themen mit denen sich die experimentelle Sozialpsychologie beschäftigte?
Die ersten Themen betrafen den Einfluss, den die Anwesenheit anderer Personen auf die Leistung des Individuums hat
Das 1898 veröffentlichte Experiment zum Schrittmacherphänomen von Norman D. Triplett (1861 - 1900), gehört zu den frühen Arbeiten der Sozialpsychologie
Sowohl Social Faciliation-Forschung und die Leistungsmotivationsforschung berufen sich auf dieses frühe Experiment als “Klassiker”
Walther Moede (1888 - 1958)
Walther Moede - ein Schüler Wilhelm Wundts - hat als erster eine ganze Serie von Experimenten experimenteller Psychologie mit Kindern durchgeführt, um den Enfluss der Anwesenheit Anderer auf die Leistung des Einzelnen festzustellen
Er fand bei mehreren Aufgaben Leistungssteigerungen, die er auf Geltungsstreben und Äquivalenzgefühle zurückführte
Sowohl mit seinen Experimenten als auch mit seinen Interpretationen setzte sich Moede in Widerspruch zu seinem Lehrer Wundt, der soziale Prozesse für zu komplex hielt, um sie experimentell erforschen zu können
Was ist soziale Erleichterung - “social faciliation”?
Nicht Gruppengeist oder Gruppenseele seien für die erzielten Leistungsveränderungen verantwortlich, sonder lediglich die Tatsache, dass bei der Arbeit andere Menschen zu hören und zu sehen sind
Welche Methode stellte Floyd Allport (1924) in seinem Lehrbuch der Sozialpsychologie vor?
Die Methode der Isolation unabhängiger Variablen, die Kontrolle von Störvariablen und die statistische Verrechnung der Messwerte der abhängigen Variablen bei Versuchs- und Kontrollgruppen ermöglichten das systematische Studium sozialer Prozesse
In seinem Lehrbuch der Sozialpsychologie (1924) stellte Floyd Allport eine behavioristische Sozialpsychologie dar, die für die Weiterentwicklung der Sozialpsychologie von großer Bedeutung werden sollte
Erste Untersuchungen von Gruppenprozessen
Mit Jakob L. Moreno (1889 - 1974), Muzafer Sherif (1906 - 1988) und vor allem mit Kurt Lewin (18990 - 1947) war in den dreißiger Jahren die Kleingruppenforschung als ein Kerngebiet der Sozialpsychologie entstanden
- Moreno* hatte durch seine Techniken der soziometrischen Befragung Gruppenstrukturen sichtbar machen und in Form von Soziogrammen graphisch darstellen können
- Sherif* ging in seiner Dissertation der Entstehung gesellschaftlicher Normen nach
Er ermittelte in Laborexperimenten mit Zwei- oder Drei-Personen-Gruppen die Bildung von sozialen Gruppennormen
Lewin führte seine bahnbrechenden Experimente über den Einfluss autokratischer und demokratischer Führung auf die Gruppenatmosphäre in Jungengruppen durch
Einstellungs- oder Attitüdenforschung
Gilt als ein weiterer Kernbereich der Sozialpsychologie
- entwickelte standardisierte Einstellungsskalen analog zu persönlichketisdiagnostischen Verfahren
- Diese Einstellungsskalen erwiesen sich aber in allen Bereichen der angewandten Sozialpsychologie als nützlich
- besonders in der Vorurteils- und Stereotypforschung
F-Skala
“F” von fascism
eines der am häufigsten in der Einstellungsforschung verwendeten Messinstrumente
Bezugsgruppe (reference group)
von Herbert Hyman 1942 geprägter Begriff
wie auf die Bedeutung sozialer Gruppen für den sozialen Vergleich, aber auch für den Erwerb von Einstellungen hin
Stellte eine wichtige Beziehung zwischen Einstellungen und Gruppen her
Balancemodell
Modell von Fritz Heider (1896 - 1988)
theoretisches Modell, das den Zusammenhang von Einstellungen und Sozialbeziehungen zum Ausdruck brachte
Theorie der kognitiven Dissonanz
von Festinger 1957
plausibles Modell, mit dem Einstellungsveränderungen vorhergesagt wurden
Theorie der kognitiven Dissonanz war lange Zeit nicht nur in der Sozialpsychologie, sonder auch z.B. in der Markt- und Werbeforschung ein viel benutzter theoretischer Rahmen
Sozialpsychologie in Westdeutschland
Sozialpsychologie im heutigen Sinn gab es in der Nachkriegszeit kaum
- älteren Psychologien wie Alber Wellek fehlte das Verständnis für eine experimentelle Sozialpsychologie selbst zu dieser Zeit noch
- vielleicht fehlte Wellek auch die Einsicht, sozialpsychologische Forschung könne auch bei zentralen gesellschaftlichen Fragen zu Erziehung und Politik hilfreich sein
Bezeichnen für die Nachkriegszeit ist, dass gerade die angewandt-sozialpsychologischen Arbeiten von Lewin eher übersetzt und adaptiert wurden als die grundlegenderen, theoretischen Aufsätze und Bücher
z.T. wurde auch eigentümlich interpretiert
Sozialpsychologie in Westdeutschland
praktsich tätige Psycholog*innen
- Wehrmachtpsychologie gab es nicht mehr
- neue Berufsfelder mussten erst gefunden werden
- viele Personen mit psychologischer Ausbildung gingen in andere Berufsfelder
- einen Berufs-Boom für Psycholog*innen gab es erst ab Mitte der sechziger Jahre mit dem Aufkommen der wichtigen Psychotherapie-Verfahren und einer entsprechenden Nachfrage nach Beratung und Therapie
Studierende wussten oft wenig über die Vergangenheit ihrer akademischen Lehrkräfte - es herrschte eine Kultur des gemeinsamen Beschweigens vor
Sozialpsychologie in Westdeutschland
Probleme in der Psychologischen-Bildung
Die Universitätsbibliotheken und Psychologischen Institutsbibliotheken hatten bis in die sechziger Jahre hinein keine einzige fremdsprachige psychologische Zeitschrift abonniert
Es fehlte an Devisen und bei der älteren Generation der Hochschulkräfte fehlte es vermutlcih auch an Einsicht:
War Deutschalnd doch Jahrzehnte lang das Land gewesen, in dem die Psychologie entstanden und zur Blüte gebracht wurde
Studierende der Psychologie hatten es daher nicht leicht, sie nutzten zum Teil ergänzend die Bibliotheken der Amerika-Häuser & manche neue Entwicklung der Psychologie erarbeiteten sie sich selbst
Willz Hellpach
1877 - 1955, war ein Politiker und politischer Journalist
er begründete das erste und einzige Institut für Sozialpsychologie im Deutschen Reich, das allerdings nur sehr kurze Zeit bestand
Nach 1945 war er wohl der einzige deutsche Psychologieprofessor, der “Sozialpsychologie” in seiner Stellenbezeichnung trug
Hellpach stand der experimentellen Sozialpsychologie nicht nahe
Aus heutiger Sicht muss man sagen, dass Autoren wie Hellpach praktisch bewirkten, dass deutsche Studierende auch nach dem Krieg von einer modernen Sozialpsychologie abgehalten wurden
Kriphal S. Sodhi
Kripal Singh Sodhi (1911 - 1961), gebürtiger Inder, hatte in Indien studiert und kam 1937 nach Berlin, um bei Wolfgang Köhler Gestaltpsychologie zu studieren
Sodhis Forschung lag im Bereich der Konformitätsforschung, der sozialen Wahrnehmung und der Stereotypforschung
Peter R. Hofstätter
Die Frühzeit der Sozialpsychologe in der Bundesrepublik ist untrennbar mit dem Namen Peter Hofstätter (1931 - 1994) verbunden
Sein Firscher Lexikon Psychologie & vor allem seine Gruppendynamik (beide 1957 erschienen), wurden zu Taschenbuch-Bestsellern und weckten das Interesse an der Sozialpsychologie amerikanischer Prägung
Es ist nicht abwegig zu vermuten, dass selbst die Einrichtung von neuen Lehrstühlen für Sozialpsychologie auf die Überzeugungkraft von Hofstätters Büchern zurückging
Hofstätter war der erste in Westdeutschland, dem es gelang, Fragen der Sozialpsychologie, Fragen der empirischen psychologischen Forschungsmethoden und vieles mehr einem breiten Publikum vorzutragen
Martin Irle
1964 nahm Martin Irle einen Ruf auf eine sozialpsychologische Professur an die Wirtschaftshochschule Mannheim im Bereich (später: Fakultät) Sozialwissenschaften an
ab 1968 war Irle Sprecher des Sonderforschungsbereichs 24
Irle war auch 1970 Mitbegründer der bis heute bestehenden Zeitschrift für Sozialpsychologie (seit 2008: “Social Psychology”)
Sonderforschungsbereich 24
Sonderforschungsbereich 24 “Sozialwissenschaftliche Entscheidungsforschung”, der für die weitere Entwicklung der Sozialpsychologie in der BDR von erheblicher Bedeutung werden sollte
Der Sonderforschungsbereich 24 in Mannheim und Forschungsaktivitäten einiger weitrer Lehrstühle bewirkten, dass die westdeutsche Sozialpsychologie langsam ein respektables Niveau bekam
Sozialpsychologie in der DDR
Anders als in der BDR war in der DDR Sozialpsychologie nicht an allen Universitäten mit Diplomausbildung vertreten
1962 wurde die Friedrich-Schiller-Universität in Jena nach der Berufung von Hans Hiebsch (1922 - 1990) jene Hochschule der DDR, an der bis 1990 Sozialpsychologie Schwerpunkt war
Die erste Generation um folge den Problemorientierten Theorien Gottschalfts, während die zweite Generation in Leipzig und Jena in Theorien, Modellen und Methoden der amerikanischen Forschung folgte
Sozialpsychologie in der DDR
Gründe für die mühsame Entwicklung der Sozialpsychologie im gesamten “Ostblock”
Gründe sind in der Vergangenheit zu suchen:
Das Dekret des Zentralkomitees der KPdSU vom 4. Juli 1936 gegen die sog. pädologische Perversion (sog. Pädologendekret) hatte weitreichende Folgen für die Psychologie in der Sowjetunion und später im ganzen “Ostblock”
Ideologisch akzeptiert war nunmehr nur noch die Reflexologie, die später auch im “Ostblock” als naturwissenschaftliche Grundlage der materialistichen Weltanschauung gefeiert und als Waffe gegen Idealismus und Spekulationen angesehen wurde
Reflexologie konnte aber kaum ernsthaft als Grundlage der Sozialpsychologie dienen, als im Westen gerade der amerikanische Behaviorismus überwunden wurde und die Sozialpsychhologie der kognitiven Psychologie, der Motivationspsychologie und den sozialen Beziehungen in Gruppen besonders zugewandt war
Die Ablösung vom physiologisch-mechanistischen Denken Pawlows in Biologie, Medizin, Psychologie und Pädagogik war in der DDR also ein langwieriger Prozess, in dem es mehrfach Rückschläge gab - auch für die Sozialpsychologie in Jena
Eine europäische Entwicklung: Die EASP
Für die Entwicklung der akademischen Sozialpsychologie in Europa hatte die European Association of Experimental Social Psychology (EAESP) (heute: European Association of Social Psychology, EASP) wichtige Bedeutung und trug zum Aufbau der Sozialpsychologie in der Bundesrepublik und in der DDR bei
Ein besonderer Verdienst war die Aufrechterhaltung und Herstellung von Arbeitsbeziehungen zwischen west- und osteuropäischen, auch zwischen west- und ostdeutschen Sozialpsycholog*innen zu Zeiten des Eisernen Vorhangs
Aus amerikanischer Perspektive musste nach dem Zweiten Weltkrieg fast ganz Europa als Entwicklungsgebiet gelten, was die Sozialpsychologie betraf
Eine europäische Entwicklung: Die EASP
Gründung
Die Gründung einer europäischen Gesellschaft für Sozialpsychologie wurde dann maßgeblich durch das Social Science Research Council (S.S.R.C) gefördert
Ein wesentliches Merkmal der EASP war die Integration von Ost und West
EASP - Sommerschulen
Eine Besonderheit der EASP sind die Sommerschulen
- Hier arbeiten junge Wissenschaftler*innen aus verschiedenen Ländern mehrere WOchen lang an einer bestimmten Fragestellung und führten dazu experimentelle Untersuchungen durch
Social Science Research Council (S.S.R.C)
ein Zusammenschluss der großen amerikanischen Fachorganisationen
hatte ein Committee on Transnational Social Psychology gebildet, das lange Zeit von Leon Festinger geleitet wurde
Dieses Komitee setzte sich mit Erfolg für die Verbreitung der Sozialpsychologie außerhalb der USA ein
Südamerika und Europa bildeten die beiden Schwerpunktgebiete
“Affäre Hofstätter”
Hofstätters politische Vergangenheit und seine Tendenz zu rechtskonservativen Kreisen machten ihn zur Zeit der Studierendenbewegung unbeliebt und trugen ihm Konflikte sogar mit dem Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Psychologie ein
Die “Affäre Hofstätter” hatte 1963 ihren Höhepunkt, als Hofstätter sich in Aufsätzen in der “Zeit” für eine Generalamnesie für NS-Verbrechen aussprach und sich u.a. wünschte, der Geschichtsunterricht in Schulen solle die letzten 30 oder 50 Jahre aus dem Unterricht ausschließen
“Identitätskrise” der Sozialpsychologie
Die 1970er Jahre repräsentieren eine Zeit des Zweifels, der Kritik und der Krise
Ein Auslöser war die Streitschrift von Kenneth Ring (1967) zu den forschungsleitenden Werten der experimentellen Sozialpsychologie
- Ring stellte Lewins Vision einer theoretisch informierten und anwendungsorientierten Sozialpsychologie dem gegenüber, was er als die “Spaß-und-Spiele” Orientierung in der experimentellen Sozialpsychologie seiner Zeit charakterisierte
Im Zentrum von Rings Kritik stand die Unzufriedenheit mit dem Betrag, den die Sozialpsychologie zur Lösung prätischer und sozialer Probleme leistet
Rings Einschätzung zufolge war die experimentelle Sozialpsychologie dabei, die Grundwerte der Disziplin zu verspielen, und damit auch ihren gesellschaftlichen Wert an sich
Aus der eingene Vergangenheit lernen
Replikationskrise
Die gegenwärtige “Replikationskrise” hat einen anderen Ausgangspunkt als die Frage nach der Relevanz und praktischen Nützlichkeit von Forschungsergebnissen
Allerdings hat eine Beschädigung von Vertrauen in Forschungsergebnisse einer Disziplin aller Wahrscheinlichkeit auch Auswirkungen auf die Wahrnehmung der Relevanz der Forschungsergebnisse
Forschungsergebnisse, die nicht zuverlässig sind, können auch keine zuverlässigen Lösungen für theoretische und praktische Probleme liefern
⇒ Aus dieser Perspektive liefert der Rückblick auf die Relevanzkrise der 1960er Jahre möglicherweise auch Anhaltspunkte für Wege aus der Vertrauenskrise im Zusasmmenhang mit der Publikation fehlgeschlagener Replikationen
De facto bestand ein Weg aus der Relevanzkrise der Disziplin in den 1970er Jahren darin, dass die Sozialpsychologie die Nützlichkeit ihrer Theorien und Modelle für die praktische Anwendung verstärkt unter Beweis gestellt hat