Neurologie #6 - Epilepsie Flashcards
Definition Epilepsie
Gehirnerkrankung mit wiederholten, unprovozierten epileptischen Anfällen
(1 Anfall + 1 Epilepsie-typisches Potential im EEG oder Läsion im MRT)
Definition epileptischer Anfall
Änderung des Verhaltens/Befindens verursacht durch abnorme synchronisierte elektrische Entladung im Gehirn = iktale Phase
danach häufig postikatale Phase (Nachphase)
Wie kann sich eine postiktale Phase oftmals äußern?
Sprachstörungen, Lähmungen, psych. Veränderungen
2 Ursachenarten der Epilepsie
idiopathische/genetische Epilepsie -> genetische Ursache (meist Proteine von Rezeptoren/Ionenkanälen betroffen)
symptomatische/läsionelle Epilepsie -> Hirnläsion
BEACHTE: Ursache entscheidend für Therapie
Was ist der Prototyp von genetischen bzw. läsionellen Epilepsien?
genetische -> äußert sich meist in generalisierter Epilepsie (Anfallsbeginn in beiden Hemisphähren), jedoch auch fokale Epilepsien
läsionelle -> äußern sich meist in fokaler Epilepsie (umschriebener Beginn in einer Hirnregion)
Was sind die wichtigsten Instrumente zur Diagnose einer Epilepsie?
- Eigen-/Fremdanamnese -> Krankengeschichte + Anfallsbeschreibung
- EEG: Schlaf-EEG, 24h-EEG
- WICHTIGSTES -> Epilepsie-spez. MRT (ansonsten dtl geringere Sensitivität!)
Was sind Epilepsie-typische Potentiale im EEG?
Spikes-and-sharp-waves = negative Spitze und langsame Nachschwankungen
Polyspikes = mind. 3 Spitzen hintereinander
Spike-wave-Komplexe
Wie sähe eine Epilepsie-spezifische MRT-Untersuchung aus?
FLAIR-Aufnahme
mit temporal angulierten coronaren Dünnschichten zur Darstellung des Hippocampus
Welcher MRT-Befund würde stark für eine Epilepsie sprechen?
Hippocampus-Sklerose (= Wetterecke der Epilepsie) -> Aufhellung im FLAIR
Weitere typische epileptogene Läsionen im MRT neben der Hippocampus-Sklerose
Hirninfarkt
fokale kortikale Dysplasie
Tumor
Kavernom
posttraumatische Narbe
Welche weiteren Methoden kann man differentialdiagnostisch zur Feststellung einer Epilepsie veranlassen?
- Video-EEG-Aufzeichnungen von Anfällen
- neuropsych. Untersuchungen -> Gedächtnis
- PET/SPECT
- MEG, Langzeit-EEG
- Genetik
- Kipptisch-Diagnostik
Weitere Ursachen für epileptische Anfälle
Fieber
Schlafentzug
metabolisch: schwerer C2-Abusus/-Entzug, Hypoglykämie
Erkläre kurz die Regionen der Anfallsentstehung- und ausbreitung
- epileptogene Läsion als Ursache des Anfalls
- Anfallsursprungszone (periläsioneller Bereich): hier Beginn der Entladungen während des Anfalls
- Symptomatogene Zone: hier führen Entladungen zu klinischen Symptomen
Wie bezeichnet man die Zone, die epilepsie-typische Potentiale zwischen Anfällen zeigt?
interiktual
-> irritative Zone: im nahen Umfeld der Anfallsusprungszone
Welche Folge hat die Hirnregion auf den epileptischen Anfall?
betroffene Hirnregion ist entscheidend für Art des Anfalls (Semiologie)/Klinik
Formen der fokalen Anfälle
- einfache fokale Anfälle -> ohne Beeinträchtigung des Bewusstseins
- komplexe fokale Anfälle -> MIT Beeinträchtigung des Bewusstseins
- partielle, sekundär generalisierende Anfälle (Beginn fokal, generalisieren dann)
Klinik von einfachen fokalen Anfällen
Symptome von Ort der Entstehung abh.
- Temporallappenanfälle -> orale Automatismen
- Frontalllappenanfälle -> komplexe Bewegungsabläufe, Blickwendung zur gesunden Seite
- Okzipitallappenanfälle -> visuelle Halluzinationen
- Parietalllappenanfälle -> sensible Symptome (Schmerzen, Parästhesien)
BEACHTE: ggf. auch autonome Symptome
Klinik eines einfachen fokalen Anfalles im primär motorischen Cortex
klonische Anfälle (march of convulsion) -> Jackson-Anfall
BEACHTE: jeder Anfall mit Beteiligung des primär motorischen Cortex wird automatisch als Jackson-Anfall bezeichnet, unabhängig von der inital Anfallsursprungszone
Klinik eines einfachen fokalen Anfalles in der supplementär-motorischen Area (SMA)
tonische Anfälle mit Haltungsschablonen
- Fechterstellung (ein Arm wird angehoben, der andere weggesteckt)
- bilaterale langsame Armhebung
- “Zeichen der Vier” (Anfall kontralateral zum gestrecken Arm)
Klinik eines einfachen fokalen Anfalles im lateralen Frontallappen
dominante Hemisphäre -> motorische Aphase (Broca-Aphasie)
Versivanfall: Versichbewegungen der Bulbi und des Kopfes nach kontralateral
Klinik eines einfachen fokalen Anfalles im vorderen Frontallappen
frontale Absence -> sehen einer Absence zum verwechseln ähnlich, aber echte Absence ist generalisiert
Was sind die häufigsten fokalen Krampfanfälle?
Temporallappenanfälle, dann Frontallappenanfälle
Was ist ein Jackson-Anfall?
fokaler, epileptischer Anfall mit march of convulsion (Beteiligung des mot. Cortex/mot. Symptome), unabh. vom Ursprung des Anfalls
Was ist eine Todd’sche Parese?
vorübergehende postiktale Lähmung im Anfall betroffener Muskeln
Formen der generalisierten Anfälle
- klassischer, tonisch-klonischer Anfall (Grand mal)
- weitere (früher Petit mal)
- Absencen = plötzliche Bewusstseinseintrübung
- myoklonische Anfälle = ruckartige, unsystematische Muskelzuckungen
- klonische Anfälle = rhythmische Muskelzuckungen
- tonische Anfälle = Anspannen der Muskulatur
- atonische (astatische) Anfälle = plötzl. Tonusverlust der Haltemuskulatur
BEACHTE: quasi immer Bewusstseinsstörung
Ablauf eines Grand mal-Anfalls
häufigste Anfallsform mit Bewusstseinsverlust und rhythmischem Zucken
- ggf. Aura bei fokalem Beginn
- tonische Phase, teilweise mit Initalschrei + lat. Zungenbiss + lichtstarren Pupillen, Apnoe
- klonische Phase mit unregelmäßigem, grobem Zucken
- postiktale Phase mit Terminalschlaf, Desorientiertheit
BEACHTE: teilweise auch Urin-/Stuhlabgang, Schaum vor dem Mund
Was ist eine Absence?
v.a. im Kindesalter -> plötzlicher Bewusstseinsverlust für kurze Dauer (plötzlicher Beginn/Ende), meist ohne mot. Symptome
- typisch = 5-20 sec
- atypisch = >30 sec
DDs zu einem epileptischem Anfall
Synkope
dissoziativer Anfall
transiente Ischämie
Migräneanfall
Narkolepsie
Was sollte man in einer Epilepsie-Anamnese zur Differentialdiagnostik noch gezielt erfragen?
Augen geöffnet oder geschlossen?
- epileptische Anfälle -> Augen offen
- dissoziative Anfälle -> Augen geschlossen
- Synkopen -> Augen verdrehen nach oben, im Verlauf geschlossen
Klinik einer orthostatischen Synkope
häufig mit Prodromi wie Schwarzwerden vor Augen, Schwindel, etc, dann schlaffes Zusammensacken
BEACHTE: nur stehend/sitzend nach orthostatischem Trigger
Welche Art von Synkopen kann auch im Liegen/Schlaf auftreten?
kardiale Synkope (Adams-Stokes-Anfall, Karotissinussyndrom)
Klinik eines epileptischen Anfalls
Trigger
läuft stereotyp/monophasisch über Sek-Mins ab, Symptome je nachdem, ob fokal/generalisiert
mgl Trigger: Schlafentzug, Alkoholgenuss am Vorabend, jedoch auch aus Schlaf/Liegen heraus mgl.
Klinik eines dissoziativen Anfalls
Trigger
= Konversionsneurose, psychogener Krampfanfall
fluktuierende, an-/abschwellende Symptomatik über Min-h mit bizarren Mustern (Arc de Cercle)
mgl. Trigger: psychischer Stress, Umbegung von Personen, Konfliktionsituation -> nur selten alleine
Wie unterscheiden sich epileptischer Anfall, Synkope und dissoziativer Anfall bzgl. Reorientierung nach dem Anfall?
epileptischer Anfall: min-h, nur bei Absencen und Frontallappenepilepsien rel. schnell
Synkope: prompt!
dissoziativer Anfall: fluktuierend über h mgl.
Unterscheide epileptischen Anfall, transiente Ischämie und eine Migräne-Aura hinsichtlich Zeitdauer + Symptome
- epileptischer Anfall: sek-min -> meist pos. Symptome mit typischer Ausbreitung, teilweise auch neg. Symptomatik
- transiente Ischämie: min-h -> meist negative Symptome ohne Ausbreitung
- Migräneaura: 10-30min -> meist pos. Symptome, idR visuell beginnend, dann sens/mot/aphasisch
Wann würde man einen epileptischen Anfall therapieren?
wenn großer Anfall >3min oder Serie von Anfällen, ansonsten NICHT!
-> lediglich Pt sicher lagern + Aspiration vermeiden
Wann würde man eine Behandlung nach dem ersten Anfall anschließen?
wenn
- Läsion im MRT (z.B. Schlaganfall, Tumor)
- auffälliges EEG
- hohes Risiko für 2. Anfall
-> keine Therapie nach Gelegenheitsanfall oder MRT/EEG unauffällig
Was sollten Pt mit Epilepsie generall in ihrer Lebensführung beachten?
- Meiden von Alkohol
- regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus
- Meiden gefährlicher Situationen
- regelmäßige Medikamenteneinnahme zur Behandlung der Epilepsie
Welche 3 Regeln sollten bei der Therapie von Epilepsien beachtet werden?
Regel 1: Monotherapie mit Präparat der 1. Wahl, ggf. Dosissteigerung bis Anfallsfreiheit
Regel 2: bei Kombinationstherapien nicht wirksame Meds wieder absetzen bzw. Dosis reduzieren
Regel 3: solange keine Anfallsfreiheit bestehend, weitere Optionen versuchen
Was sind Targets der Epilepsietherapie?
Wie nennt man dieses Medikamentengruppe?
Antikonvulsiva -> modulieren Ionenkanäle, dadurch veränderte Erregungsfortleitung bzw. synaptische Übertragung
- Blockade spannungsabh. Na+-Kanäle (die meisten)
- Blockade von Ca2+-Kanälen
- Verstärkung der GABAergen Hemmung
- Reduktion der glutaminergen Erregung
Wichtige idiopathische generalisierte Epilepsien im Kindesalter
Pyknoepilepsie -> bis zu 100 Absencen/d
juvenile Absence Epilepsie -> mehrere Absencen/d
juvenile myoklonische Epilepsie (Impulsiv Petit-mal, Janz-Syndrom) -> bilat symm. Myoklonien, meist nach Aufwachen
Aufwach-Grand-mal-Epilepsie -> Grand-mal-Anfälle kurz nach dem Aufwachen
Welche idiopathische generalisierte Epilepsie im Kindesalter hat die beste bzw. schlechteste Prognose
Pyknoepilepsie -> beste Prognose, fast alle anfallsfrei unter Therapie
juvenile myoklonische Epilepsie -> schlechteste Prognose, lebenslange Therapie nötig (hohes Rezidivrisiko)
Meds 1. Wahl für die Therapie generalisierter Epilepsien
Valproinsäure
Lamotrigin -> bei Kindern, weil weniger UAWs, aber langsame Aufdosierung nötig
Wichtige UAWs von Valproinsäure
teratogen!!
Tremor
Gewichtszunahme
Haarausfall
selten: Leberversagen/Enzephalopathie
Was kann als Med 1. Wahl bei Absencen eingesetzt werden?
Ethosuximid
Meds 2. Wahl für die Therapie generalisierter Epilepsien
- Topiramat: nicht als Monotherapie zugelassen, weil kogn. UAWs
- Levetiracetam: nur teilweise zugelassen für gen. Epilepsie
+ Zonisamid: noch nicht zugelassen, Reservemed
Was spricht für Topiramat als Medikament gegenüber Valproinsäure?
Valproinsäure -> Gewichtszunahme
Topiramat -> Gewichtsabnahme!
Meds 1. Wahl zur Therapie fokaler Epilepsien
Lamotrigin
Levetiracetam
Meds 2. Wahl zur Therapie fokaler Epilepsien
Valproinsäure
Carbamazepin
UAWs von Carbamazepin
chronische Müdigkeit
Enzyminduktion -> Hormone, Pille!!, CTx!!
Wann würde man bei der Epilepsietherapie auf eine andere Monotherapie switchen bzw. zur Kombitherapie übergehen?
- andere Monotherapie, wenn erste Monotherapie mit UAWs oder keine Wirkung
- Kombitherapie, sofern Monotherapie nur partielle Wirkung
Wann würde man die med. Epilepsietherapie beenden?
bei 2-5y Anfallsfreiheit + unauffälligem EEG
Wann würde man eine Epilepsie-Chirugie einleiten?
bei medikamentös therapierefraktärer Epilepsie mit läsioneller Ursache
-> 80% Anfallsfreiheit
Wichtige OP-Komplikationen bei der Epilepsie-Chirurgie
Thalamusinfarkt
Wundinfektionen
spürbare Gedächtnisstörungen
Was tun, wenn Epilepsie-Chirurgie auch nicht klappt?
Vagus-Nerv-Stimulator (Einpflanzung unters Schlüsselbein)
-> 30-50% der Pt haben bis zu 50% Anfallsreduktion, jedoch nur wenige anfallsfrei
Definition Status epilepticus
kontinuierlich epileptischer Anfall
- >5min Status generalisiert tonisch-klonischer Anfälle (SGTKA), oder
- 20-30min fokaler Anfall, oder
- Serie von Anfällen, zwischen denen Bewusstsein NICHT wiedererlangt wird
Klinische DDs zu Status epilepticus
bei non-konvulsivem Status epilepticus -> Bewusstseinsstörung anderer Ursache
bei konvulsivem SE -> Status myoclonicus (z.B. nach Hypoxie) oder dissoziative Störung mit nicht-epileptischem Anfall (häufig!)
DDs zu Status epilepticus im EEG
Burst-Suppression-Muster -> z.B. nach Hypoxien
rhythmische Verlangsamungen, triphasische Wellen -> z.B. metabolische Ursache
periodisches Muster -> z.B. nach Schlaganfall
Sofortmaßnahmen bei Status epilepticus
Schutz des Pt vor Verletzungen + sichere Lagerung
Freihalten der Atemwege (Entfernung Zahnersatz)
Überwachung Vitalfunktionen
Therapiealgorithmus Status epilepticus
- Wahl: Lorazepam (maximal 2 Einzelgaben)
- Wahl: Phenytoin oder Valproat (Valproat 1. Wahl bei Absence-Status) bei anhaltendem Status nach 10 min
- EEG-gesteuerte Narkose mit Intubation bei anhaltendem Status nach >30-60 min
Welche Auswirkungen hat Epilepsie auf die Fahrtauglichkeit?
BEACHTE: hier ist nicht die Rede von einmaligem Anfall, sondern von einer manifesten Epilepsie
- idR Fahrerlaubnis für PKW nach einem Jahr Anfallsfreiheit (unabh. von Therapie)
- idR endgültiger Entzug der Fahrerlaubnis für LKW, Personenbeförderung (erst wieder nach 5y Anfallsfreiheit ohne Therapie)