21- Zwang Flashcards

1
Q

Was unterscheidet den normalen vom pathologischen Umgang mit Zwangsgedanken?

A

Zwangsgedanken treten bei vielen Menschen auf, jedoch werden sie von gesunden Personen als unwichtig bewertet und nicht weiter beachtet, während Personen mit Zwangserkrankung diese Gedanken als gefährlich bewerten und Widerstand dagegen leisten wollen

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2
Q

Was sind Zwangsgedanken überhaupt? Was sind die typischen Inhalte?

A

Gedanken mit unsinnigem, merkwürdigem Inhalt, die sich immer wieder unerwünscht aufdrängen und deswegen als lästig und unangenehm erlebt werden
- Nehmen unter Stress und Anspannung zu
- verursachen Angst und haben oft negative Verhaltensänderungen zur Folge –> Zwangshandlungen

z.B. Verschmutzung (am häufigsten), Gesundheit, Ansteckung, Ordnung, Symmetrie, Kontrolle, Aggression, Sexualität, Religiosität und Zweifel bzgl. der eigenen Handlungen (könnte ich etwas Schlimmes tun?)
Meist multiple Gedanken

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3
Q

Welches sind die Kernsymptome und das Zeitkriterium einer Zwangserkrankung?

A

Mindestens 2 Wochen:
- Zwangsgedanken und/oder -handlungen an den meisten Tagen
- werden als eigene Gedanken und Handlungen, aber als ich-dyston erlebt
- wiederholen sich ständig und werden als unangenehm, übertrieben und unsinnig erlebt
- erfolgloser Widerstand
- Ausführung einer Zwangshandlung darf für sich nicht angenehm sein, führt aber zu einem vorübergehenden Nachlassen von Anspannung und Angst
- Leidensdruck, eingeschränkte Leistungsfähigkeit meist durch den hohen Zeitaufwand

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4
Q

Was sind Zwangshandlungen überhaupt? Welche Handlungen sind typisch?

A

Widerwillig oder ohne den entsprechenden Willen ausgeführte Handlungen
Wird versucht, die Handlungen zu unterlassen, tritt massive Anspannung und Angst auf

Kontrollrituale > Waschrituale > Zählzwänge > zwanghaftes Fragen
Meist multiple Handlungen

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5
Q

Was sind Zwangsimpulse? Was sind typische Inhalte?

A

Handlungsimpulse, die sich gegen den Willen des Betroffenen durchsetzen wollen, verbunden mit der Angst, eine Handlung könne ausgeführt werden

Z.B. aggressive Impulse gegen andere oder sich selbst, sexuelle Impulse

–> Betroffene versuchen (mit Zwangshandlungen) zu erreichen, dass dieser Impuls nicht ausgeführt wird, obwohl es generell sehr unwahrscheinlich ist, dass diese Impulse wirklich in die Tat umgesetzt werden

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6
Q

Nenne 3 Kernsymptome der zwanghaften (anankastischen) Persönlichkeitsstörung! Was macht generell eine PS aus?

A

Generell PS-spezifisch: andauerndes Muster an Verhaltens-, Denk-, Gefühlsweisen; eindeutig unpassend, Beginn in Kindheit oder Jugend

  • übermäßiger Zweifel und Vorsicht
  • ständige Beschäftigung mit Organisation, Regeln, Details
  • Perfektionismus, der die Fertigstellung von Aufgaben behindert
  • übermäßige Gewissenhaftigkeit und Leistungsbezogenheit, während Vergnügen und soziale Beziehungen vernachlässigt werden
  • übermäßige Pedanterie und Befolgung von Konventionen
  • Bestehen auf der Unterordnung anderer oder Unwille, Aufgaben zu delegieren
  • Zwangsgedanken oder -impulse
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7
Q

Welche diagnostischen Subtypen der Zwangsstörung gibt es?

A
  • vorwiegend Zwangsgedanken
  • vorwiegend Zwangshandlungen
  • gemischt
  • zwanghafte Persönlichkeitsstörung
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8
Q

Welche Krankheiten treten am häufigsten komorbid auf?

A
  • Depression (bis zu 75%!) –> Die Zwangssymptomatik darf nicht Teil der Depression sein, sonst “anankastische Depression” - wie will man das feststellen?
  • Angststörung
  • ängstliche, abhängige, anankastische PS
  • Anorexia nervosa
  • Tic-Störungen
  • Substanzmissbrauch
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9
Q

Wie lassen sich Zwangsstörung und anankastische PS unterscheiden?

A

PS: Ich-Syntonie, Gedanken und Handlungen werden nicht als unfreiwillig oder unangenehm erlebt –> fehlender Widerstand

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10
Q

Aus welchen Bereichen gibt es weitere Diagnosen, die mit zwangsähnlichen Phänomenen einhergehen?

A
  • Essstörungen
  • Tics (Tic-Störung, Tourette)
  • Impulsive Persönlichkeitsstörungen
  • Impulskontrollstörungen, z.B. Spielsucht, Kaufsucht, Kleptomanie, sexuelle Zwangshandlungen etc.
  • somatoforme Störungen
  • neurologische Störungen
  • dissoziative Störungen (Depersonalisationsstörung)
  • schizo-obsessive Störungen
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11
Q

Epidemiologische Eckdaten Zwang

A
  • Lebenszeitprävalenz 2-3%
  • Erstmanifestation in der Adoleszenz (15.-35. Lj)
  • hohe Komorbidität mit anderen psychiatrischen Erkrankungen
  • im Gegensatz zu Angst und Depression sind beide Geschlechter gleich häufig betroffen
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12
Q

Wie verläuft eine Zwangserkrankung typischerweise?

A

schleichender Beginn –> zunehmende Symptomatik & Schweregrad, besonders unter Stresseinwirkung –>
Chronifizierung (2 Drittel),
Fluktuieren (1 Drittel)
mit Therapie: 50-60% Besserungsquote

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13
Q

Welche Mechanismen interagieren bei der Entstehung?

A

Genetik Faktoren (30-40%) erhöhen die Vulnerabilität
+
Umweltfaktoren (Perinatale Faktoren, Stress, Trauma, Entzündungen) triggern:
dysfunktionale Neurotransmitterregulation im
kortikostrialen Regelkreis bestehend aus Kortex, Basalganglien, Thalamus), woraus unterschiedliche Zwangsdimensionen resultieren

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14
Q

Was verändert sich bei einer Zwangserkrankung im kortikostrialen Regelkreis (neuroanatomisches Modell)?

A

Globus pallidus internus wird verstärkt vom Striatum gehemmt –> abgeschwächte Hemmung des Thalamus

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15
Q

Was sagt das neurochemische Modell über die Entstehung?

A

Serotonin wird bei Betroffenen zu stark abgebaut (zu viel 5-HIAA im Liquor)
–> Behandlung mit SSRIs

Bei Tics ist dopaminerges System außer Gleichgewicht
Außerdem Dysbalance zwischen exzitatorischem Glutamat- und inhibitorischem GABA-System

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16
Q

Wie kann die Erkrankung kognitiv erklärt werden?

A

Zwangsgedanken werden (aufgrund von unangemessenen Grundüberzeugungen, die durch frühe Lernerfahrungen und kritische Lebensereignisse entstehen) als verwerflich, inakzeptabel oder bedrohlich bewertet und dadurch entsteht Angst, die nur durch kognitive oder behaviorale Rituale neutralisiert werden kann
Diese Strategien sind aber kontraproduktiv, da sie die Intensionen aufrechterhalten
–>
Lerntheoretisch: Entstehung durch klassische Konditionierung, Aufrechterhaltung durch operante Konditionierung

17
Q

Wie erklärt das psychoanalytische Modell die Entstehung?

A

Entwicklung eines zu strengen Über-Ichs, verursacht durch forcierte Sauerkeitserziehung
Fixierung auf anale Phase: Charaktertrias ordnungsliebend, sparsam, eigensinnig

18
Q

Was besagt das immunologische Modell?

A

Infektionen mit b-hämolysierenden Streptokokken in der Kindheit und Jugend lösen neuropsychiatrische Symptome aus, die sich unbehandelt chronifizieren können
–> Veränderungen in Teilen des Gehirns (Striatum)
–> Verhaltensänderungen, Störungen der Motorik, Zwangsstörung, Tics
–> diese Ursache kann bei bis zu 25% von Kindern mit Zwangsstörung angenommen werden

19
Q

Welche Therapieformen empfehlen die Leitlinien?

A
  1. Wahl: KVT!
    in Kombination oder wenn KVT unpassend: Pharmakotherapie
    - mind. 50% Symptombesserung und höhere Lebensqualität als Therapiehauptziel
    - Einbezug von Angehörigen wichtig
20
Q

Welche Therapiebausteine der KVT sind hier indiziert?

A
  • Psychoedukation, Modellvermittlung, Verhaltensanalyse
  • Zielfestlegung
  • Kognitive Elemente
  • Vorbereitung der Exposition
  • mind. 3 Exposition in Begleitung des Therapeuten, Graduierung, Bearbeitung der ausgelösten Emotionen, Erfahrung von Habituation
  • Exposition im häuslichen Umfeld (ohne Therapeut?)
21
Q

Beschreibe den Teufelskreis, in dem Gedanken, Gefühle und Handlungen interagieren.

A

aufdringlicher Gedanke –> Fehlinterpretation –> aversive Gefühle (Unruhe, Angst, Ekel, Scham) –> Zwangshandlungen (ständiges Händewaschen & Desinfizieren etc.) –> kurzfristige Erleichterung, langfristige Verstärkung der Zwangsgedanken

22
Q

Nenne 3 Beispiele für dysfunktionale Grundüberzeugungen, die der Zwangsstörung zugrundeliegen können!

A

“Ich muss immer alles richtig machen”
“Ich darf nicht versagen”
“Ich bin nur liebenswert, wenn ich keine Fehler mache”
“Ich bin verantwortlich dafür, dass zuhause alles klappt”

23
Q

An welcher Stelle im Teufelskreismodell setzen therapeutische Interventionen an?

A

Konfrontation mit gefürchteten Reizen (Gedanken) & Unterbindung von Zwangshandlungen = Exposition mit Reaktionsverhinderung

Identifikation & Modifikation der Interpretationen der Zwangsgedanken

langfristige Rückkopplung: Zwangshandlungen werden verhindert, Anspannung & Angst nehmen ab, intrusive Gedanken nehmen ab / werden neutraler wahrgenommen

24
Q

Welche Empfehlungen gibt es bezüglich der Pharmakotherapie?

A
    1. Wahl: SSRIs
  • TZA Clomipramin
  • Wirksamkeitsbeurteilung frühestens nach 12 Wochen –> bei Nichtansprechen Wechsel des SSRISs, SSRI + Clomipramin oder Kombi mit Antipsychotika (viele Nebenwirkungen!)
  • Erhaltungstherapie für 1-2 Jahre, dann langsames Absetzen
    –> sonst evtl. Deep Brain Stimulation (vorderer Teil der capsula Interna), weitere Forschung nötig
25
Q

Welche Nebenwirkungen kann die Einnahme von SRIs mit sich bringen?

A
  • in der Eindosierungsphase vermehrte Unruhe und Suizidgedanken
  • sexuelle Funktionsstörungen
  • Hyponatriämie
  • erhöhte Blutungsneigungen
  • gastrointestinale Nebenwirkungen
26
Q

Welche Therapie ist für welchen Krankheits-Subtyp indiziert?

A

Bei mehr Zwangshandlungen ist KVT wichtiger, bei mehr Zwangsgedanken Kombi KVT+SRI
Bei komorbider Depression KVT+SRI
Bei komorbiden Tics oder Übergang in schizophrene Symptomatik: KVT, SRI, AAP