1.9. Der soziale Denker als aktivierter Akteur Flashcards
Der soziale Denker als aktivierter Akteur
- Seit wann populär?
- Grundannahme
- Ansätze des aktivierten Akteurs, die seit den
2000er Jahren populär geworden sind,
nehmen an, dass die soziale Umwelt das Denken des Menschen schnell beeinflusst und fast zwangsläufig (ohne Bewusstheit) assoziierte Kognitionen, Bewertungen, Affekte, Motivationen und Verhaltensweisen auslöst. - Es wird davon ausgegangen, dass Menschen kontrollierte Prozesse nur dann nutzen, wenn sie es „müssen“.
- Renaissance des Unbewussten (Freuds psychodynamische Theorie) jedoch abgewandelt; Menschen werden von Umweltreizen beeinflusst.
(Kognitiver Geizhalz, taktischer Denker und Co. sind Weiterenticklungen voneinander.
Hier geht es aber eher darum, dass Äußere Reize und beeinflussen, trotzdem wurden Inhalte der anderen “Denkbilder” weiterentwickelt.)
Der soziale Denker als aktivierter Akteur
- Automatische Prozesse
Automatische Prozesse:
- Schnell, ohne kognitive Verarbeitungskapazität
- Ohne bewusste Intention, Aufmerksamkeit oder Anstrengung (Aufwand)
- Resistent gegenüber intentionaler Beeinflussung, automatische Prozesse sind schwer beeinflussbar
- Ohne jegliche Bewusstheit (–> Alltag)
Der soziale Denker als aktivierter Akteur
- Kontrollierte Prozesse
bewusst beeinflussbar,
benötigen kognitive Anstrengung,
dem Bewusstsein zugänglich
Was ist Priming?
Beeinflussung der Verarbeitung eines Reizes
Die soziale Umwelt “primt” soziale Konzepte und aktiviert damit Kognitionen, Affekt, Motivationen und Verhaltenstendenzen.
Die Reaktion auf ein Zielreiz (Target) wird durch die vorherige Darbietung eines Bahnungsreizes (Prime) erleichtert, da er die Zugänglichkeit bestimmter im Gedächtnis gespeicherter Informationen steigert.
Funktioniert nur dann, wenn bestimmtes Vorwissen gegeben ist.
Bsp.: Frage danach, welche Farbe verschiedene weiße Dinge haben und anschließend die Frage danach, was Kühe trinken. –>Tendenz durch das Priming Milch zu sagen.
Welche Arten des Priming gibt es?
◦ Semantisches Priming: bedeutungsspezifischer Zusammenhang zwischen Prime und Target
◦ Affektives Priming: emotionale/affektive Ähnlichkeit zwischen Prime und Target
◦ Prozedurales (Mindset-)Priming: Wiederholung der kognitiven Prozedur
Erklärungen für Primingeffekte
◦ Automatische Aktivitätsausbreitung: Speicherung von Informationen in Form eines assoziativen Netzwerks
◦ Reaktionsbahnung: Aktivierung einer bestimmten Handlungstendenz
◦ Papier-/Ablagekorb-Modell (storage bin model): “Last-in-first-out”-Prinzip
Semantisches Priming
Durch bedeutungsspezifischen Zusammenhang zwischen Prime und Target (Primen über Bedeutungsähnlichkeit).
Semantisches Priming
- Bsp.
Lexikalische Entscheidungsaufgabe. Erst Prime, dann Target. Aufgabe: Ist das Targetwort ein reales Wort oder ein Pseudowort? Das Maß der semantischen Assoziation beeinflusst die Reaktionszeit und/oder die Fehlerrate.
Beispiel: „Arzt“ -> „Spritze“ führt zu einer schnelleren Reaktion, als „Butter“ -> Spritze
–> Aufgrund der Bedeutungsähnlichkeit wird schneller (teilw. Auch nur Millisekunden) erfasst, ob es sich bei dem Targetwort um ein reales Wort handelt.
Semantisches Priming: Verhalten
- Barg, Chen & Burrows (1996): „Scrambled sentences task“ zum Priming des Stereotyps über alte Menschen (Bingo, konservativ, …). AV: Langsameres Weggehen der Personen, bei denen diese Stereotype geprimt wurden, nach Beendigung des Experiments.
- Dijksterhuis & van Knippenberg (1998): Priming mit dem Stereotyp „Collegeprofessor“ höhere Leistung im Wissenstest als Priming mit dem Stereotyp „Fußballhooligans“ (oder ohne Prime).
- Holland et al. (2005): Priming durch Geruch eines Zitronen-Allzweckreinigers –> schnelleres Erkennen reinigungsbezogener Wörter in LDT, mehr selbstberichtetes Reinigungsverhalten im Alltag, saubererer Arbeitstisch nach Krümeln (eating task: Sollten Kekse essen, nach riechen des Reinigungsmittels ließen die Probanden weniger Krümel zurück, als andere.)
Semantisches Priming
- Kritik
- Die Übertragbarkeit der Ergebnisse laborexperimenteller Forschung auf komplexere und motivational relevantere Alltagssituationen ist fraglich.
- Priming hat sehr kleine Effekte, die manchmal im Labor auftreten. Daher in der Realität nicht als valide „beweisbar“
Affektives Priming
Emotionale oder affektive Ähnlichkeit zwischen Prime und Target. (Hierbei geht es nicht um die Bedeutung, sondern die Bewertung)
affektive (emotionale) Bewertung eines vorangegangenen Reizes (Prime) beeinflusst die Reaktion auf einen nachfolgenden Reiz (zB schnellere Wahrnehmung des nachfolgenden Reizes, wenn er ebenso positiv bzw. negativ bewertet wird wie der Prime.
Affektives Priming
- Untersuchungsbeispiele
Fazio et al. (1995) Anwendung zur Einstellungsmessung: Eine objektive Methode zur Messung von Einstellungen. Nachdem den VPN für kurze Zeit ein Prime dargeboten wurde (Wort, Foto etc.), wurden ihnen andere Wörter (Target) gezeigt, die sie schnellstmöglich per Tastendruck positiv oder negativ bewerten sollten.
Der Prime-Reiz aktiviert durch Assoziation gleich bewertete Gedächtnisinhalte. Die Reaktionszeit ist kürzer, wenn Prime und Target die gleichen Affekte auslösen und damit in ihrer Bewertung kongruent sind. Insofern Prime und Target unterschiedliche Affekte auslösen und damit inkongruent sind, ist die Reaktionszeit länger.
Affektives Priming
- Der relative Erleichterungseffekt
Berechnung des relativen Erleichterungseffekts (Geschwindigkeitsunterschied der Reaktion zw. Positiven und negativen Wörtern)
Prozeduales (Mindseit-)Priming
- generell
- Bsp.
Durch das Primen bestimmter Denkprozeduren (bspw. Erkennen von Unterschieden oder Gemeinsamkeiten) wird diese auf andere Bereiche übertragen. Damit lässt sich ein Carry-over bzw. Transfer-Effekt erkennen.
Mussweiler (2001): 30 Studierende der Universität Würzburg wurden gebeten, in zwei Vorstudien (pretests) teilzunehmen zur Testung von Versuchsmaterialien; zufällig zwei Versuchsbedingungen zugewiesen: Ihnen wurden zunächst zwei Bilder gezeigt. Anschließend sollten sie Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede nennen. Im Anschluss wurde ihnen die Beschreibung einer hypothetischen Studentin gezeigt, die sich vollkommen eingelebt hat und sich in Würzburg sehr wohl fühlt.
VPN, die auf den vorher gezeigten Bildern eher Gemeinsamkeiten der Bilder genannt haben, haben im Vergleich mit der Studentin eher Gemeinsamkeiten angegeben. Diejenigen VPN, die mehr Unterschiede zwischen den Bildern nannten, tendierten eher dazu, auch Unterschiede zwischen sich und der Studentin aufzuzählen.
–> Carry-over bzw. Transfer-Effekt!
Dies wurde mit dem negativen Vergleichsstandard (Studentin die sich in Würzburg überhaupt nicht wohlfühlt und nicht eingelebt hat): Diejenigen die beim Bildervergleich auf Ähnlichkeiten geachtet haben, haben angegeben sich auch nicht so gut eingelebt zu haben. Die die Unterschiede nannten, sagten im Gegensatz, dass sie sich besser als sie eingelebt hätten.
Prozedurales (Mindset-)Priming:
- Weitere Beispiele
- Mentale Simulation (kontrafaktisches Denken) erhöht die Wahrscheinlichkeit, bei Personen-wahrnehmung Alternativen zu beachten (Galinsky, Moskowitz & Skurnik, 2000)
- Kreativität (think different!) –> reduziert die Wahrscheinlichkeit der automatischen Aktivierung von Fremdgruppenstereotypen (Sassenberg & Moskowitz, 2005)
- Deliberative (Deliberativ: Pro & Contra bedenken) vs. implemental mindsets (implemental: Schritte ausfindig machen, die die Lösung des Problems erbringen würden) –> beeinflusst Gedanken in Bezug auf Entscheidungskonflikte (Gollwitzer, Heckhausen & Steller, 1990)