1.8. Der soziale Denker als motivierter Taktiker Flashcards

1
Q

Der soziale Denker als motivierter Taktiker

- Grundannahme

A

Motivierter Taktiker bezieht sich auf die Tendenz, dass Menschen abhängig von den situativen und motivationalen Anforderungen relativ automatische, unbewusste (kognitiver Geizhals) oder auch aufwändigere, kontrollierte und bewusste (Laienwissenschaftler) kognitive Prozesse nutzen. Die Modelle des motivierten Taktikers betrachten den Menschen als Denker, dem multiple kognitive Strategien zur Verfügung stehen, aus denen er (bewusst oder unbewusst) basierend auf Zielen, Motiven und Bedürfnissen auswählt.

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2
Q

Eigenschaften von bewusstem und unbewusstem Denken

A

Unbewusstes Denken: Schnell, unbewusst, automatisch, alltägliche Entscheidungen, fehleranfällig

Bewusstes Denken: Langsam, bewusst, anstrengend, komplexe Entscheidungen, zuverlässig.

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3
Q

Modelle der Personenwahrnehmung bzw. Eindrucksbildung:

A

◦ Dual-Process Model of Impression Formation (Brewer, 1988)

  • Zunächst automatische Identifizierung und Kategorisierung von Personen
  • Personalisierung bei motivationaler Relevanz und Involviert

◦ Continuum Model of Impression Formation (Fiske & Neuberg, 1990)

  • Zunächst automatische Kategorisierung aufgrund visueller oder verbaler Hinweisreize
  • Bei Erwartungsverletzungen: zunächst Subkategorisierung, dann genaue, datenbasierte Informationsverarbeitung
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4
Q

Der soziale Denker als motivierter Taktiker

- Was beeinflusst die Art und den Inhalt der sozialen Informationsverarbeitung?

A

Motive

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5
Q

Welche sind die Motive?

A
  1. Zugehörigkeit: von anderen Menschen und seiner Gruppe akzeptiert werden („to belong“)
  2. Verstehen: die Welt verstehen, eine sozial geteilte Interpretation der Welt erreichen („to understand“)
  3. Kontrolle: Einfluss haben auf Ereignisse, die auch von anderen abhängen („to be effective“
  4. Selbsterhöhung: das eigene Selbst positiv sehen („to maintain self-esteem“)
  5. Vertrauen: in eine freundliche soziale Umwelt vertrauen („to find the world benevolent“)
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6
Q

Zugehörigkeit

A

Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit ist sehr wichtig für Gesundheit und Wohlbefinden (Baumeister
& Leary, 1995)

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7
Q

Zugehörigkeit

- sozialer Ausschluss

A

Negative Folgen sozialer Ausgrenzung (social ostracism)

◦ Geringes Wohlbefinden, geringe Kontrollwahrnehmung, fehlendes Zugehörigkeitsgefühl

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8
Q

Zugehörigkeit

- Aschs conformity experiment

A

Fragestellung:
◦ Lässt sich der Einfluss von Gruppennormen bei objektiv eindeutigen Urteilen nachweisen?

Aufgabe der Vpn:
◦ Vergleich von Linien mit Standardreiz mit anschließender Beurteilung der Länge der Linien

Setting:
◦ Gruppe von 7-9 Personen (nur eine echte Vpn,
die als vorletztes ihr Urteil abgibt)
◦ 18 Durchgänge, davon 12 mal falsche Antwort
durch Gruppe

Ergebnis:
◦ 76% der 123 Vpn gaben mindestens eine falsche Antwort
◦ 50% gaben mindestens 6 mal die falsche Antwort
◦ durchschnittliche Fehlerzahl: 33%
◦ Kontrollgruppe (Vpn gab Einschätzung alleine ab): 0.7% Fehler

Moderatoren:
◦ Privatheit/Anonymität der Antwort
◦ Abweichler in Majorität
◦ Gruppengröße

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9
Q

Zugehörigkeit

- Normativer sozialer Einfluss

A

Anpassung an die Mehrheitsmeinung,
◦ um gemocht und sozial anerkannt zu werden
◦ um Zurückweisung zu vermeiden
◦ um in der Gruppe bleiben zu können (–> Aschs Linienexperiment)
Führt eher zu oberflächlichen Anpassungen, nicht notwendigerweise zur Internalisierung
(private Meinung kann bestehen bleiben).

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10
Q

Verstehen

A

Bedürfnis nach Verstehen der Welt und sozialer Bestätigung der eigenen Sichtweisen
Sozial geteilte Interpretation macht die Welt vorhersehbarer, so dass man sich besser an
antizipierte Ereignisse anpassen kann.

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11
Q

Sherifs „autokinetischer Effekt“ & informationaler Einfluss

A

Untersuchte, wie Gruppen individuelles Verhalten darüber beeinflussen, wie die Wirklichkeit
wahrgenommen wird.

Autokinetischer Effekt:
Der autokinetische Effekt ist eine optische Täuschung, bei der kleine fixierte Lichtquellen oder
ein kurz dargebotener stationärer Lichtpunkt im Blickfeld in einer sonst dunklen Umgebung als
bewegt wahrgenommen wird. Die wahrgenommene Richtung und die Bewegungsweite können
dabei stark variieren. (Wikipedia)

Versuchspersonen in einem dunklen Raum sollten einschätzen, wie weit sich der Punkt bewegt
hat (Schätzungen variierten zwischen 1 und 8 Zoll = 2,5 bis 20 cm).
Dann sollten die Schätzungen in der Gruppe der Versuchspersonen kommuniziert werden.

–> Angleichung zwischen den VPN nach mehreren Durchgängen, bis zum anschließenden Konsens

Als die Versuchspersonen bis zu einem Jahr später erneut zur individuellen Testung
wiederkamen, zeigte sich nach wie vor ein Einfluss der vorherigen Einschätzungen ihrer Gruppe.

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12
Q

Sherifs „autokinetischer Effekt“ & informationaler Einfluss

  • Erklärung
  • Wann ist der Effekt besonders stark?
A

Wir sind motiviert, korrekt wahrzunehmen, und die Meinungen anderer Personen sind eine
wichtige Informationsquelle, die wir dafür nutzen können.
Ist insbesondere der Fall, wenn die Situation uneindeutig ist (wie bei Sherifs Experiment) und
wenn andere Experten sind.

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13
Q

Erweiterung von Sherifs “autokinetischen Effekt”

A

Erweiterung: Weitergabe über „Generationen“ (Jacobs & Campbell, 1961)
◦ Ein Konföderierter gibt eine übertriebene Schätzung an.
◦ Wird dann ausgetauscht mit einer echten Versuchsperson, die dann wiederum ausgetauscht wird usw.
◦ Der Einfluss der übertriebenen Schätzung bliebt…
◦ und überdauerte fünf “Versuchspersonen-Generationen”

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14
Q

Kontrolle

A

Menschen streben danach, Kontrolle über ihre Umwelt auszuüben (d.h. gewünschte Ereignisse
herbeiführen und unerwünschte Ereignisse vermeiden zu können).
Ein Mangel an wahrgenommener Kontrolle kann zu schweren sozialen, psychischen und
physischen Defiziten führen.

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15
Q

Beispielstudie zum Motiv Kontrolle: Auswirkungen von Kontrollierbarkeit im Altenheim (Langer & Rodin, 1976)

A

◦ 91 Bewohner eines Altenheims zufällig zwei Bedingungen zugeteilt:
◦ Experimentalgruppe: Text betont Eigenverantwortlichkeit + Möglichkeit sich um Zimmerpflanze zu kümmern
◦ Vergleichsgruppe: Text betont Verantwortlichkeit des Pflegepersonals + Zimmerpflanze Aufgabe des Personals
◦ Ergebnisse: höhere Zufriedenheit, geistige Wachheit, Teilnahme an Aktivitäten (auch bei Fremdbericht),
weniger Nutzung von Schlaf- und Schmerztabletten, aktiver, längeres Leben

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16
Q

Theorie psychologischer Reaktanz

  • generell
  • welchem Motiv gehört sie an?
A

Personen glauben an die Freiheit, bestimmte Verhaltensweisen ausführen zu können.
Reaktanz erklärt die Reaktionen von Personen, deren Handlungs- bzw. Entscheidungsfreiheit bedroht ist. Reaktanz ist eine motivationale Erregung mit dem Ziel, die bedrohte Freiheit wiederherzustellen.

Gehört dem Motiv der Kontrolle an

17
Q

Theorie psychologischer Reaktanz

- Wie kann die Freiheit eingeschränkt werden?

A

Freiheit kann durch die handelnde Person (P) selbst (selbstauferlegte Freiheitseinengung),
durch andere (sozialer Einfluss) oder durch unpersönliche Barrieren eingeschränkt werden.
Wenn P bemerkt, dass eine “freie” Verhaltensweise bedroht oder unmöglich gemacht wird,
entsteht psychologische Reaktanz

18
Q

Theorie psychologischer Reaktanz

  • Was ist Reaktanz?
  • Wovon ist ihre Stärke abhängig?
A

Reaktanz ist ein aversiver motivationaler Zustand. Die Stärke der Reaktanz ist eine Funktion
◦ der Wichtigkeit der spezifischen Freiheit für P
◦ des Umfanges des Freiheitsverlustes (z.B. Anzahl der bedrohten Alternativen) und
◦ der Stärke der Einengung ( z.B. Ausmaß der Auswirkungen auf andere Freiheiten)

19
Q

Theorie psychologischer Reaktanz

- Wiederherstellung der Freiheit

A

Versuche zur Wiederherstellung der Freiheit können sich äußern in subjektiven Effekten
(kognitive Umstrukturierungen) und Verhaltenseffekten (Aktionen). Dazu gehören
◦ direkte Wiederherstellung der Freiheit, z.B. durch instrumentelle Aggression
◦ indirekte Wiederherstellung der Freiheit, z.B. durch
◦ Attraktivitätserhöhung der bedrohten/eliminierten Alternative
◦ Ausführung ähnlicher Verhaltensweisen
◦ Ausführung des Verhaltens in anderen Situationen
◦ Ausführung des Verhaltens durch andere Personen
◦ gesteigerter unspezifische Aggressivität

20
Q

Theorie der kognizierten Kontrolle

A

Osnabrügge et al., 1994

Theoretischer Ansatz, demnach Personen bestrebt sind, Ereignisse aller Art zu erklären, vorauszusagen und zu beeinflussen. Daraus kann man ableiten: Menschen sind eher bereit, Opfer zu bringen, Probleme zu bewältigen, dazuzulernen, wenn ihnen diese Kontrollkognitionen gegeben werden – wenn sie also wissen, warum etwas gemacht werden soll; wenn sie vorhersehen können, wie lange der Prozess dauert, und wenn sie in den Prozess miteinbezogen werden.

21
Q

Theorie der kognizierten Kontrolle

- Kontrollmotivation

A

Kontrollmotivation: Personen sind bestrebt, Zustände und Ereignisse in sich selbst und ihrer
Umwelt kontrollieren zu können

22
Q

Theorie der kognizierten Kontrolle

- Folgen von Kontrollverlust und Kontrolle

A

Bemerkt eine Person, dass sie für sich bedeutsame
Ereignisse oder Zustände nicht kontrollieren kann, so beeinträchtigt dies ihr Erleben und
Verhalten. Die Wahrnehmung von Kontrollmöglichkeiten über aversive Ereignisse reduziert
dagegen den durch diese hervorgerufenen Stress.

23
Q

Theorie der kognizierten Kontrolle

- Mögliche Formen kognizierter Kontrolle:

A

◦ Beeinflussbarkeit (Verhaltenskontrolle)
◦ Vorhersehbarkeit (Informationskontrolle; zeitlich, inhaltlich)
◦ Kognitive Kontrolle (= kognitive Strukturierung)
◦ Retrospektive Kontrolle (= Erklärbarkeit)

24
Q

Theorie der kognizierten Kontrolle

- Wovon ist die Art und Stärke der Reaktion auf Kontrollverlust abhängig?

A

◦ von der subjektiven Bedeutsamkeit des nicht zu kontrollierenden Ereignisses oder Zustands
◦ von der Sicherheit der Überzeugung, keine Kontrolle ausüben zu können
◦ davon, auf welche Ursachen der Kontrollverlust zurückgeführt wird

25
Q

Theorie der kognizierten Kontrolle

- Determinanten wahrgenommener Kontrolle?

A

Vorhersagbarkeit

Erklärbarkeit

Kognitive Strukturierung der Kontrollsituation

26
Q

Selbstwerterhöhung

A

Tendenz, sich selbst in positivem Licht zu sehen

27
Q

Selbstwerterhöhung

- Selbstwertdienliche Attributionsasymmetrie (self-serving bias)

A

◦ Eigene Erfolge werden intern, eigene Misserfolge extern attribuiert.
◦ Beispielstudie: Bernstein, Stephan & Davis (1979) – Attributionen von Studierenden nach Prüfungen

28
Q

Selbstwerterhöhung

- Selektive, selbstwertdienliche Informationssuche

A

◦ Aktive Suche nach selbstwertdienlichen Informationen über die eigene Person
◦ Beispielstudie: Frey (1981) – Feedback zu IQ-Test, dann Auswahl von Artikeln zur Validität von IQ-Tests

29
Q

Selbstwerterhöhung

- Weitere Strategien zum Selbstwertschutz und zur Selbstwerterhöhung

A

◦ Above average effect: Tendenz, die eigene Person als überdurchschnittlich wahrzunehmen
◦ False consensus effect: Überschätzung, inwieweit andere Personen die eigene Meinung teilen

30
Q

Vertrauen in freundliche

Umwelt

A

Menschen erwarten grundsätzlich Positives von anderen.
Negatives fällt auf, vor dem Hintergrund einer positiven Baseline.

Glaube an eine gerechte Welt (Lerner, 1980)
Positive mood offset (Diener et al., 2015): Tendenz, in Abwesenheit starker emotionaler
Ereignisse leicht positiver Stimmung zu sein

31
Q

Vertrauen in freundliche
Umwelt
- Pollyanna principle (Matlin & Stang, 1978)

A

◦ In mehreren verschiedenen Sprachen verwenden Menschen evaluativ positive Wörter häufiger als
evaluativ negative Wörter (Boucher & Osgood, 1969)
◦ Menschen verarbeiten positive, angenehme Informationen akkurater und effizienter als unangenehme,
negative Informationen
◦ Menschen tendieren zu positiven Urteilen über viele verschiedene Menschen, Ereignisse, Situationen
und Objekte.