VL13 Intelligenz neurokognitive Grundlagen Flashcards
Mental Speed: Grundannahme
• Individuelle Unterschiede in Intelligenzleistungen bedeutsam durch Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit beeinflusst
Methodischer Zugang über sehr einfache kognitive Aufgaben (elementary cognitive tasks, ECT), die ohne Vorwissen und Strategien bearbeitet werden können und die Zerlegung in verschiedene Speed-Komponenten erlauben
Bsp. 1: Inspektionszeit
wiederholte Darbietung eines Reizes mit zwei verschieden langen vertikalen Linien für wenige Millisekunden (ca. 10-200 ms), danach Maskierung des Reizes und Entscheidung, welche Linie länger war
durchschnittliche Zeitspanne in ms, die Person benötigt, um Aufgabe zu 95% korrekt zu lösen = indiv. Inspektionszeit
Bsp. 2: Reaktions- vs. Bewegungszeit (Hick-Paradigma)
Vpn halten Home Button gedrückt, wenn eins der Lämpchen aufleuchtet, drücken sie so schnell wie möglich den entsprechenden Target Button
ermöglicht Zerlegung in Reaktionszeit (= Loslassen Home) und Bewegungszeit (= Drücken Target)
Mental Speed: Ergebnisse
• Allgemeiner Befund
Korrelation mit Intelligenz über zahlreiche Untersuchungen und verschiedene Speed- Komponenten (inspection time/Reizdiskriminerung, response time etc.) mit Intelligenz hinweg:
z.B. Metaanalyse Grudnik & Kanzler (2001) N=4100, r = –0.30
• Implikation
Gemeinsame Varianz (d.h. Überlappung Mental Speed/Intelligenz)
–0.302 ~10%
Mental Speed: Kritik
• Mental Speed überlappt mit 10% relativ gering mit Intelligenz
Aber: liegt u.a. an der häufigen Verwendung studentischer Stichproben, die ggf. eine eingeschränkte Varianz in Mental Speed u./o. Intelligenz aufweisen (sich also in diesen Merkmalen nicht so stark unterscheiden)
bei repräsentativer Stichprobe steigt Korrelation auf .50!,
Zusammenhang von Mental Speed mit Intelligenztestleistung plausibel, da
ja Tests mit Zeitbegrenzung durchgeführt werden
Intelligenztests ohne ZeitbegrenzungKorrelation mit Intelligenz auch dann feststellbar
• Bei Intelligenztests mit besonders hoher Ladung auf „g“ zeigen sich ebenfalls höhere Zusammenhänge mit mental speed als bei Tests mit geringerer g-Ladung
Fazit: Nachweis, dass mental speed in besonders engen Zusammenhang mit g steht
Mental Speed: Fazit
- Mittlere Korrelationen von Mental Speed mit Allgemeiner Intelligenz (g)
- Zusammenhang von Mental Speed mit Intelligenztestleistung auch, wenn Tests ohne Zeitbegrenzung durchgeführt werden
- Zusammenhang in Test mit hoher g-Ladung höher
- Insgesamt deutet dies auf eine wichtige Rolle der grundlegenden Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit für Intelligenzleistungen hin.
Neurale Effizienz: Methoden und Befunde
Positronen-Emissions-Tomografie (PET)
Zerebraler Glukosemetabolismus:
• Je stärker Gehirn beansprucht wird, desto größer sein Energieverbrauch.
• Energieverlust muss durch erhöhten Glukose- Stoffwechsel ausgeglichen werden.
• PET-Untersuchung: intravenöse Gabe eine Radiopharmakons (gelangt über Blutkreislauf ins Gehirn - wird dort von Zellen absorbiert und damit wird Energieverbrauch im Gehirn sichtbar)
• Methode: PET-Scan bei N = 8 während Bearbeitung von Ravens Advanced Progressive Matrices (APM).
• Ergebnis: Korrelation zwischen APM-Werten und absoluten regionalen Metabolismus- Raten zwischen –.48 und –.84 (je nach Areal); Replikation d. PET-Befunde (Haier, 1995)
• Interpretation: „brighter brains consume less energy“ • Aufstellung der Neuralen-Effizienz-Hypothese
Geringere kortikale Aktivität =
höhere Alpha-Aktivität und fokussiertere Aktivierungsmuster bei höher-intelligenten Personen während der Lösung von Intelligenzaufgaben
Neurale Effizienz: Fazit
• hoch Intelligente zeigen nicht lediglich schnellere, sondern v.a. effizientere Informationsverarbeitung (d.h. sie benötigen weniger Ressourcen für die gleiche Leistung)
• neurale Effizienz erfassbar mittels psychophysiologischer/bildgebender Methoden
Zu beachten: Expertise kann auch bei geringerer Intelligenzausprägung mit effizienter(er) Informationsverarbeitung einhergehen.
Mögliche neurobiologische Hintergründe, die die kognitive Leistungsfähigkeit /Intelligenz des Menschen beeinflussen:
Neural Pruning Myelinisierung bzw. Hirnvolumen Synaptische Plastizität bzw. Ausmaß axonaler und dendritischer Verzweigungen
Neural-Pruning-Hypothese (Huttenlocher, 1979, 1999, 2012; Haier, 1993)
These: Intelligenz steht im Zusammenhang mit der Anzahl der Synapsen eines Menschen.
• Anzahl der Synapsen über die Lebensspanne ist nicht konstant. Post-mortem-Analysen:
• 1.-3. Lebensjahr: Entstehung viele neuer Synapsen und synaptischen Verknüpfungen. Maximale Dichte etwa im 3. Lebensjahr
• Starke Abnahme der synaptischen Dichte bis etwa zum 12. Lebensjahr „neurale Bereinigung“ (neural pruning): redundante Synapsen werden eliminiert.
• ab Beginn der Pubertät bleibt die Synapsenzahl weitgehend konstant, bis sie im höheren Alter (ab ca. 70 Jahren) erneut leicht abnimmt.
Huttenlocherkurve nach Haier, 1993
a = Huttenlocherkurve – synaptische Dichte
b = mentale Behinderung (Metabolismus hoch) c = Hochbegabung (Metabolismus gering)
• Bei Hochintelligenten: Pruning effizienter - nur notwendige synaptische Verbindungen vorhanden
• Folge: weniger Energieverbrauch und fokussiertere Aktivierung des Kortex bei Bearbeitung kognitiver Aufgaben (= neurale Effizienz Hypothese).
Myelinisierung-Hypothese (Miller, 1994)
Ausgangspunkt: Hohe Intelligenz geht einher mit kurzen RTs in elementaren kognitiven Tests, geringerem Glucose-Metabolismus, sowie geringerer und stärker lokalisierter EEG-Aktivität (insb. im alpha Frequenzband)
• Annahme: individuelle Myelinisierung des ZNS beeinflusst die individuelle Intelligenz • Stärkere Myelinisierung bei Intelligenten:
höhere Nervenleitungsgeschwindigkeit im Gehirn
geringere Leitungsverluste
weniger „cross talk“ („Übersprechen“ zwischen d. Neuronen, geringere Fehlerrate) = im Einklang mit der neuralen Effizienz-Hypothese
bewirkt/erfordert anatomisch „größere“ Gehirne…?
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• Myelinisierung:
Ausmaß, indem Nervenfasern (Axone) mit einer aus Lipiden u. Proteinen bestehenden Isolierungsschicht (Myelinscheide) umgeben sind
• Stärkere Myelinisierung bei Intelligenten:
höhere Nervenleitungsgeschwindigkeit im Gehirn
geringere Leitungsverluste
weniger „cross talk“ („Übersprechen“ zwischen d. Neuronen, geringere Fehlerrate) = im Einklang mit der neuralen Effizienz-Hypothese
bewirkt/erfordert anatomisch „größere“ Gehirne…?