2 VL3: Zentralnervöse Korrelate der Intelligenz Flashcards
Die 2 Faktoren Theorie von Charles Spearman
Jede Intelligenztestleistung beruht somit auf 2 Faktoren
• g- Faktor, der bei allen Intelligenz- leistungen zum tragen kommt
• s-Faktor(en): Aufgabenspezifische Spezialfaktoren
Befund: Einzelne Intelligenztestleistungen korrelieren sehr hoch miteinander!
• es lässt sich ein gemeinsamer Faktor extrahieren, der Varianz in allen Testleistungen aufklärt („g-Faktor“, „Generell Intelligence“, „Generalfaktor“), bzw. die Korrelation zwischen den unterschiedlichen Leistungen erklärt
• g-Faktor:
• etwas, das bei jeglicher Art intelligenten Verhaltens zum Tragen kommt
• abstrakte Fähigkeit, Zusammenhänge zwischen Objekten, Ereignissen und Informationen wahrzunehmen und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen
Thurstone (1938, 1941): Primärfaktoren-Modell
perceptual speed reasoning/induction word fluency memory verbal comprehension number space
Wer hat Recht?
g-Faktor vs. Primärfaktoren der Intelligenz
Neuere Integrationsversuche: Hierarchische Intelligenzmodelle
• Intelligenz kann als Bündel spezieller Fähigkeiten beschrieben werden (= Primärfaktoren Thurstone), die sich auf höherer Abstraktionsebene einer einheitlichen Fähigkeit zuordnen lassen (= g-Faktor, Spearman)
Zentralnervöse Korrelate der Intelligenz
~ Neurobiologische Aspekte • Myelinisierung • Neural Pruning • Neurale Plastizität (axonale und dendritischer Verzweigungen, synaptische Plastizität) ~ Anatomisch-funktionelle Aspekte • Nervenleitgeschwindigkeit • EEG-Parameter d. Info.verarbeitung • Gehirnvolumen • Funktionelle Konnektivität • Neuronale Effizienz
(Elektro)physiologische Korrelate der Intelligenz
Nervenleitgeschwindigkeit (s. Mental Speed)
EP-Latenzen (EEG)
String Length (EEG)
EP-Amplitude (EEG)
Mental Speed: Ergebnisse
• Allgemeiner Befund
Korrelation mit Intelligenz über zahlreiche Untersuchungen und verschiedene Speed- Komponenten (inspection time/Reizdiskriminerung, response time etc.) mit Intelligenz hinweg:
• Implikation
Gemeinsame Varianz (d.h. Überlappung Mental Speed/Intelligenz)
–0.302 ~10%
Mental Speed: Kritik
• Mental Speed überlappt mit ca. 10% relativ gering mit Intelligenz
Aber: dies liegt u.a. an der häufigen Verwendung studentischer Stichproben, die ggf. eine eingeschränkte Varianz in Mental Speed u./o. Intelligenz aufweisen (sich also in diesen Merkmalen nicht so stark unterscheiden)
bei repräsentativer Stichprobe steigt Korrelation auf bis zu .50!
Nervenleitgeschwindigkeit und Intelligenz
• Geschwindigkeit mit der elektrische Impulse entlang einzelner peripherer Nervenfasern und über Synapsen übertragen werden (periphere Nerve Conduction Velocity - NCV)
• Messung: elektrische Stimulation, mittels Oberlächenelektroden appliziert (häufig am Handgelenk)
• z.B. am Ellenbogen, der Achsel werden die durch die Stimulation ausgelösten Aktionspotentiale mit Ableitelektroden erfasst (speziell, die Latenz)
• Auf Basis der Distanz zwischen Stimulations- und Ableitelektrode kann aus den Latenzen die Übertragungsgeschwindigkeit der Nerven berechnet werden (NCV)
bereits in den 20er/30er Jahren wurden Hinweise auf positive Zusammenhänge zwischen Nervenleitgeschwindigkeit und Intelligenz gefunden
• Erste neuere Untersuchungen (Vernon & Mori, 1989, 1992) erfassten die NCV am Mediannerv des Arms in mehreren Studentenkohorten; NCV wurde mit Intelligenztestwerten und Reaktionszeit korreliert
• Erwartungskonforme Ergebnisse zeigen positive Korrelation von r = 0.42 mit Intelligenztestwerten und eine negative Korrelation r = -.28 mit Reaktionszeiten
Frage?
• Ergo: intelligentere Personen wiesen eine höhere Nervenleitgeschwindigkeit und kürzerer Reaktionszeit auf
Nervenleitgeschwindigkeit und Intelligenz
Kritik:
für Messung der NCV ist keine kognitive oder sensorische Aktivität erforderlich!
Messung erfolgte am peripheren Nervensystem und nicht am zentralen Nervensystem!
• Frage: Inwiefern könnte das periphere Nervensystem mit intelligenzzugrundeliegenden Informationsverarbeitungsprozessen zu tun haben?
Vernon‘s Argument zum Zusammenhang NCV und IQ:
• Tierversuche zeigen genetisch interindividuell variierendes Aufkommen spezifischer Proteine, die am Aufbau und der Impulsübertragung von Neuronen generell beteiligt sind.
• Aber: bis dato kein direkter Nachweis der Übertragbarkeit dieser Versuche auf den Menschen.
Alternative Messung: Brain NCV (BNCV)
geschätzt aus Latenzen früher visueller EPs (N70 und P100) und der Entfernung zwischen Retina und primärem visuellen Kortex (Reed & Jensen, 1991, 1992; s. a. Neubauer, 2005)
Ergebnis:
• BNCV und Intelligenz: r = .26
Schlussfolgerung des BNVC-Ansatzes:
Hohe Intelligenz vermittelt über höhere Übertragungsgeschwindigkeit subkortikaler und kortikaler Neuronen (BNCV). Diese Annahme legt eine effizientere Informationsübertragung beteiligter Neuronenpopulationen nahe (und stünde damit auch im Einklang mit der neuralen Effizienzhypothese)
Prämissen zum Zusammenhang EP-Latenz und Intelligenz:
Es bestehen bedeutsame individuelle Unterschiede in der EP-Latenz
Späte EP-Komponenten reflektieren vorranging kognitive Verarbeitung
Biologisch effiziente Organismen sollten relevante Informationen schneller verarbeiten als weniger effiziente Organismen
Dies sollte sich in der Latenz späterer kognitiver EP-Komponenten wiederspiegeln
• String-Length-Hypothese:
Menschen mit hohem IQ und damit komplexeren EPs weisen längere „EP-Schnur“ auf.
String Length (HENDRICKSON & HENDRICKSON, 1980) Annahme
EPs intelligenterer Personen weisen eine höhere EP-Komplexität auf (d.h. eine größere Anzahl identifizierbarer EP Komponenten) (siehe a. Abbildung Ertl & Schäfer, Folie 11/12)
Biologischer Erklärungshintergrund:
Geringerer Fehleranfälligkeit der axonalen und synaptischen Informationsübertragung in Gehirnen höher intelligenter Personen (Hendrickson & Hendrickson, 1980)
• Weniger verrauschte und damit stärker ausgeprägte bzw. komplexere EPs
EP-Amplitude und Intelligenz
- Interindividuelle Variation in EP-Amplituden zur Messung von Intelligenzunterschieden potentiell geeignet
- Aber: Ableitung von gerichteten Hypothesen schwierig:
- Ist ein intelligentes Gehirn jenes, bei dem möglichst viele Neuronen eines kortikalen Areals gleichzeitig feuern? (dies kann auch die Höhe der EP-Amplitude beeinflussen)…
- Sollten intelligenter Gehirne nicht vergleichsweise mehr „Reservekapazität“ besitzen? (s. Neurale Effizienz Hypothese)
Aber: Funktionale Bedeutung der EP-Komponente ist relevant! Bilden bestimmte EP Komponenten zugrundliegende Informationsverarbeitungsprozesse von Intelligenz in besonderer Weise ab?
Negative Korrelation zwischen Oddball-RT
und WAIS Scores