2 Vl6 Erbe & Umwelt 1 Flashcards
Erblichkeit (Heritabilität, h2)
Anteil der Merkmalsvarianz in einer Population, der auf genetische Unterschiede zwischen Individuen zurückgeht (Carey, 2003)
h2 = VG/VM (bzw. P)
Die Merkmalsvarianz (VM) setzt sich aus 3 Varianzquellen zusammen*:
Genetische Varianz (VG) + Umweltvarianz (VU) + Messfehler (VF)
Interpretation der Erblichkeit
1.Die Erblichkeit eines Merkmals kann für verschiedene Stichproben unterschiedlich groß ausfallen, wenn sich die Populationen in ihren Umwelteffekten oder in ihrer genetischen Variation unterscheiden
-> Abhängigkeit von der betrachteten Stichprobe/Population
2.Die Erblichkeit kann zwischen Zeitpunkten und Altersgruppen unterschiedlich ausfallen, wenn sich die Größe der Umweltvarianz (zum Beispiel durch kumulierende Erfahrungswerte) oder der genetischen Varianz (zum Beispiel durch ausdifferenzierende Reifungsprozesse) zwischen Zeitpunkten/mit Entwicklung verändert
Abhängigkeit vom betrachteten Zeitpunkt/Alter
3.Die Erblichkeit von 90% eines Merkmals bedeutet, dass die Merkmalsabweichung eines Individuums vom Mittelwert einer betrachteten Population zu einem gewissen Zeitpunkt im Mittel zu 90% genetisch beeinflusst ist. Die tatsächliche genetische Beeinflussung der individuellen Merkmalsabweichung für dieses einzelne Individuum kann lediglich bei 10% oder noch geringer liegen
-> Erblichkeit hat keine Aussagekraft für den Einzelfall
Bestimmung der Erblichkeit anhand Frage von Adoptionsstudien
Grundannahme:
Merkmalsähnlichkeiten zwischen Adoptionsverwandten beruhen nicht auf genetischen Faktoren, sondern auf gemeinsamen Erfahrungen (bzw. Umwelteffekte), da Adoptionsverwandte nicht genetisch verwandt sind
Merkmalsähnlichkeit von biologischen, durch Adoption getrennten
Verwandten
Merkmalsähnlichkeit von Adoptionsverwandten
Das einfache Adoptionsstudiendesign
Bestimmung der Erblichkeit über
die doppelte Konkordanz bzw. Korrelation (rB) zwischen biologischen Verwandten:
h2 = 2 x rB
selektive Platzierung =0
Ähnlichkeit bezüglich der Intelligenz/ Persönlichkeit zwischen Adoptivkindern und deren leiblichen Eltern werden auf
die genetische Ähnlichkeit zurückgeführt
Ähnlichkeit bezüglich der Intelligenz zwischen Adoptivkindern und deren Adoptiveltern werden auf
das gemeinsame Umfeld zurückgeführt
Weiteres Adoptionsdesign: Vergleich von leiblichen Geschwistern und Adoptivgeschwistern
Annahme: Umwelt konstant
Leibliche Geschwister haben einen genetischen Verwandtschaftsgrad von 50%, Adoptivgeschwister von 0%
Größere Ähnlichkeit der leiblichen Geschwister beruht allein auf ihrer größeren genetischen Ähnlichkeit
Die doppelte Differenz der Korrelationen der Eigenschaften schätzt also den genetischen Varianzanteil
IQ: Korrelation Geschwister r=.50, Adoptivgeschwister r=.25
/ Leibt adoptiv
=> genetischer Anteil an IQ-Varianz:
h2 = 2 x (rlG – rAG) = 2 x (.50 - .25) = 50%
Bestimmung der Erblichkeit anhand von Adoptionsstudien
Annahmen des Adoptionsstudiendesigns:
1. Adoptionsfamilien sollten repräsentativ für Durchschnittsfamilien (Kernfamilien) sein, so dass die Befunde generalisiert werden können
2. Das betrachtete Merkmal wird nicht durch prä-, peri- und postnatale Umwelteffekte beeinflusst (z.B. Stress oder Infektionen während der Schwangerschaft/Komplikationen bei der Geburt, bzw. durch frühe geteilte Umwelteinflüsse vor der Trennung biologischer Verwandter durch Adoption)
3. Es sollte keine Selektive Platzierung (Korrelation zwischen Adoptiveltern und biologischen Eltern hinsichtlich des betrachteten Merkmals) vorliegen (z.B. SES)
4. Sonstige Umwelteinflüsse (z.B. religiöses oder ökonomisches Umfeld) auf getrennt aufgewachsene biologische Verwandte sind unkorreliert