9. Heterogenität und Homogenotät Flashcards
Berufe für bürgerliche Frauen im 19. Jahrhundert
Bürgerliche Frauen genossen im Gegensatz zu den anderen Frauen Bildung. Wenn solche Frauen Ehelos waren, gab es drei Berufe die möglich waren: in der Pflege, in Klöstern (Kirche) oder Hauslehrerin
Die Lehrerinnenfrage
Die “Lehrerinnenfrage”: Die Auseinandersetzung um die Lehrtätigkeit von Frauen im privaten und öffentlichen Schulwesen.
Ende 19. Jahrhundert (Beginn der allgemeinen Professionalisierung) galten Frauen als schwache Wesen und von der Gebärmutter geführt, sie können unmöglich eine Schulklasse führen. Generell lautete die Devise, Frauen seien nur in Ausnahmesituationen für den Lehrerberuf geeignet. Natürlich verbarg sich dahinter Motive männlicher Dominanzansprüche: so galt z.B. für Frauen ein niedrigeres Gehalt, da man damit argumentierte, weibliche Lehrpersonen seien alleinstehend, während Männer mit ihrem Gehalt eine komplette Familie zu versorgen hätten. Einmal verheiratet, sollten Frauen die Schulzimmer verlassen, da sie nun von ihrem Mann versorgt würden.
Dahinter verbarg sich u.a. die Tatsache, dass der Lehrberuf, insbesondere auf der Unterstufe, für viele junge Männer aus «einfachen» Verhältnissen die Möglichkeit des sozialen Aufstiegs bedeutete.
Veränderungen ab den 1960er Jahren
Lehrerinnenfrage
Ab den 1960er Jahren veränderten sich die Zahlenverhältnisse im Lehrberuf, die sogenannte «Feminisierung». Im Kanton Bern war der Anteil der Männer auf der Primarstufe 1964 52%, wogegen er 2013/14 noch gerade 18 % beträgt. Auf der Sekundarstufe 1 war der Anteil 1964 95%, wogegen er 2013/14 noch 48%.
Woran liegt das?
- Vieles bleibt spekulativ: «Männerflucht» aus einem von Frauen dominierten Beruf, sehen sich als Frauen als Zuverdienerinnen in der Partnerschaft, gute Vereinbarung von Familie und Beruf
- Gemäss Bildungsökonomen liegt es daran, dass das Lebenseinkommen von Lehrerinnen zwischen 17 und 26 % höher als das jener Frauen in einem vergleichbaren Beruf in der Privatwirtschaft sei.
Frauen begannen sich zu wehren, womit dies ein erster Schritt in Richtung der Emanzipation war, ohne dass dies so genannt wurde.
- Kampf um die Anerkennung des Lehrerinnenberufs (dauerte ungefähr 100 Jahre)
- Das Engagement der Lehrerinnen für eine anspruchsvolle Mädchenbildung. Viele studierte Frauen wurden Lehrerinnen.
- Auch durch die Vereinsbildung und das Sichtbarmachen, hat sich die Situation geändert.
Heutige Genderdebatte im Lehrberuf
Auch heute ist die Gender-Debatte noch aktuell. Dies wird in der Entwicklung des Frauenanteils an Lehrkräften und auch in der Vertretung an Hochschulen deutlich:
- In allen Stufen (ausser im Kindergarten) nimmt der Anteil der Frauen nach wie vor zu. Ausserdem wird sichtbar, desto höher die Stufe, desto weniger Frauen unterrichten dort. Ausnahme macht dabei die PH (ungefähr 50/50).
- Die Zahlen spiegeln sich auch ungefähr in den Studierenden Zahlen der PH Bern (Ausnahme Sek 2, mehr Frauen).
- Umso höher der Bildungsgrad an der Uni, desto weniger Frauen sind dabei.
Text Denzler und Wolter
Bildungsrendite (Lebenslanges einkommen) ist wichtig für den Entscheid des Berufes, sowohl für Männer als Frauen.
Der Lehrberuf schneidet im Vergleich für Frauen besser ab als für Männer. Da sich Frauen mit ihrem weiblichen Umfeld verglichen und sie im Lehrerberuf gleich gut bezahlt werden wie Männer. In der Privatwirtschaft werden Frauen schlechter bezahlt als Männer. Daher ist der LP-Beruf für Frauen attraktiv.
Lehrerinnenmangel könnte daherkommen, weil Frauen in der Deutschschweiz oft geringere Pensen haben.
Zukünftig könnte erst ein Wechsel dieses Bildes kommen, wenn die Privatwirtschaft Frauen gleich gut bezahlt wie Männer.
Veränderung der psychosozialen Lage der Studierenden
Psychosoziales Moratorium (Lebensphase zwischen Kindheit und Erwachsenenidentität) Durch die Bologna-Reform kam es zu einer Verschulung des Studiums, was dazu führt, dass das Studium seine klassische Rolle der Überganszeit und Identitätsfindung verliert. Die ständige Zeitnot und Forderung nach schneller Anstellungsfähigkeit mit Praxiserfahrung verhindere Autonomie und Reflexion. Die persönliche Entwicklung im besonderen Mass, weil Autonomie und Reflexion, Diskussion und kritische Auseinandersetzung kaum ermöglicht werden. Man besuche Seminar nicht mehr aus persönlichem Interesse. Zeitlose Studierendenthemen: Ablösung von Elternhaus, Spätadoleszente Krisen, Sinn- und Orientierungsfragen, Beziehungsprobleme, Arbeit – Studium – Privatleben, Studienfinanzierung und Identitätsentwicklung (neues Thema Studium während Corona)
Soziale Herkunft und Lage der Studierenden
PH-Studierende unterscheiden sich in folgenden 4 Punkten von anderen Studierenden:
- Grösserer Frauenanteil
- Bildungsabschluss der Eltern (nur ein ⅓ der Eltern haben ein Hochschulabschluss)
- PH-Studis kommen eher aus ländlichem Gebiet
- Hoher Anteil ohne Migrationshintergrund (84%)
Dies ist eine sehr homogene Gruppe.
Überlegungen zum Burnout
Begriff entstand bei der Beschreibung einer berufsspezifischen Belastung bei englischen Sozialarbeiterinnen. Durch die permanente Enttäuschung, dass die professionelle Arbeit mit Klienten wenig nützt. Später wurde der Begriff auf alle Berufsgruppen erweitert. -> keine psychiatrische Diagnose
Es wird angenommen, dass Burn-Out gefährdeten LPs die Gelassenheit im Umgang mit schwierigen Situationen fehle und die Angst vor den Anforderungen (der Optimierungszwänge) dominiere. Zu hohe Erwartungen und Ideale können nicht erfüllt werden.
Studierende, für die das Lehrerstudium eine Notlösung war, seien im Beruf am stärksten vom Burnout betroffen. Pragmatiker und von Beginn an Engagierte weisen geringe Risiken auf.
Ergänzende Bemerkung zum Lehrberuf
Der Lehrberuf gilt nicht nur als Beruf, sondern als «Profession».
- LPs haben es mit «ganzen» Menschen zu tun. D.h. In der Profession des Lehrberufs geht es um den Umgang mit persönlichen Krisen von Menschen; z.T. werden diese Krisen auch bewusst ausgelöst, um sie im Kontext eines Arbeitsbündnisses zu überwinden.
Dies trifft auf Pflegeberufe, Juristische Berufe und kirchliche Berufe zu. Personen die solche Berufe Ausüben, müssen ein hohes Mass an Autonomie mitbringen. -> Professionalisierung
Wenn diese Autonomie durch ein Übermass staatlicher, administrativer, bürokratischer Eingriffe reduziert werden, spricht man von De-Professionalisierung. Darum braucht es Zusammenschlüsse von LPs, um die Bottom-Up-Strategien wieder zu gewährleisten (Achtung: Burnout-Gefahr).
LeherInnen mit Zuwanderungsgeschichte
Die Volksschule ist eine gesellschaftliche Institution in der die Heterogenität wie nirgendwo anders abgebildet ist. Jedoch sind Schulleitungen und LeherInnenzimmer weitgehend homogen. Es könnte also von «Parallelgesellschaft» gesprochen werden: weiss, heterosexuell, weiblich, christlich und mittelständig.
Die Frage stellt sich, warum dies so ist. Liegt es an den institutionell verankerten Gründen oder an den individuellen Motiven der Absolventen mit Migrationshintergrund.
Darüber gibt es keine Zahlen. In der Schweiz leben über 30 % der Menschen mit Migrationshintergrund, jedoch wird dies nicht im Lehrpersonal abgebildet.