8: Globalisierung und Ökologie des Bildungswesens Flashcards
Bildungsreformen bis zur Nachkriegszeit
In dieser Zeit passiert viel.
Die Alphabetisierung schreitet voran: Einfluss der (katholischen) Kirche.
- Besonders in protestantischen Gebieten.
- In skandinavischen Ländern weniger das Problem.
- In Süden Europas (Spanien/Portugal/Italien) war die Analphabetenrate relativ hoch.
Kindergärten werden häufiger und wichtiger, da sich die Rolle der Frau ändern. Frauen sind nicht nur noch Hausfrauen, sondern gehen auch arbeiten.
- Ab den 1960er Jahren flächendeckende Kindergärten.
- Ermöglicht Steigerung der Frauenerwerbstätigkeit.
- Bestreben, dass bereits im Kindergarten erste Bildungsschritte gemacht werden können.
Ausbau der Sekundarschulen: Es werden Kompetenzen vermittelt, um den verschiedenen Erwartungen der Berufsschulen und Höheren Schulen gerecht zu werden.
Die Hochschullandschaft wird ausgebaut. Neugründungen von Unis in ganz Europa. Gründung der Fachhochschulen (nicht die gleiche Rolle wie die Unis, Zwischensegment zwischen Beruflicher-Bildung und der Forschung an der Uni)
- Flächendeckend werden Universitäten gegründet.
- Nicht mehr nur in den Innenstädten, sondern es werden auch neue Gebäude ausserhalb der Städte gebaut.
- Ab 60er/70/80er kommen die Fachhochschulen dazu.
Bildungsreformen in den 60er/70er Jahren
Die Frage der Bildungschancen und der Chancengleichheit wird zentral. In diesem Zusammenhang redet Picht von «Bildungskatastrophe». Damals gab es riesige Klassenunterschiede und einen Lehrer*innen-Mangel. Um den Lehrermangel zu beheben, wurden zum Teil 2 Schuljahre in einem gemacht. Oder es wurden Hilfslehrpersonen ohne pädagogische Ausbildung angestellt.
Dahrendorf war Bildungsforscher und entwickelte das Bild des «katholische Arbeitermädchen vom Lande». In dieser Figur sind alle minder privilegierten Kinder (Arbeitskinder, Mädchen, …) dargestellt. Ziel für ihn war es, diese ungleiche Behandlung gegenüber gut betuchten Jungs zu beheben. Dafür erstellte er die Kunstfigur, mit folgenden Eigenschaften.
- Katholisch sein
- Vom Land kommen
- Aus der Arbeiterschicht sein
- Als Mädchen in die Schule gehen
Förderung von Mädchen und jungen Frauen, Ausbau von Schulen und Hochschulen bestimmen die Jahrzehnte nach den 1960er Jahren, ebenso viele didaktische Innovationen.
Bildungsreformen in den 70er/80er, nach 1989 und nach 2000.
70/80er Jahre
Die Bildung tritt wegen Reformbemühungen (Energiepolitik, Migrationspolitik, …) etwas in den Hintergrund. Aber das Bild «des katholischen Arbeitsmädchen vom Lande» wird versucht zu ändern.
Die Änderungen und Entscheidungen werden nicht nur noch in der Makroebene entschieden, sondern auch in der Mikroebene (Schulen, Kollegien) umgewandelt.
Das wird möglich, da ein grosser Anteil der Steuern wieder in die Bildung investiert wird. Im Vergleich zu heute, ist der damals investierte Betrag höher. Dies, da mehrverdienende Menschen höher besteuert wurden.
Nach 1989: Internationale Vergleiche und nach 2000 starker gegenseitiger Austausch (Erasmus, Bolongia)
Nach 2000: Vergleichbarkeitsbemühungen, Standardisierung und Homogenisierung, internationale Transfers (und “brain drain”).
3 Standpunkte zu heutigen Bildungsreformen.
Historisch (Liessmann):
Je komplexer die Situation wird, desto mehr Reformen braucht es. Da es bei jeder Reform nicht vorhersehbare Nebeneffekte gibt, diese werden wieder mit Reformen bereinigt.
Kritisch (Pongratz):
Schulen können nicht jeder pädagogischen Mode nachjagen sondern müssen vom Bewähren ausgehen. Die Trägheit der Schulen sei das Resultat von bisher nicht überbotenen Problemlösungen, die das Überleben im Alltag sichern.
Kritisch (Pongratz):
Altes wird mit neuer Terminologie bezeichnet und kommerzialisiert. (… ungefähr …)
Hintergründe zur Globalisierung
Markt als dominierende Kraft.
- Kapitalismus als Religion (gem. Benjamin)
- Neoliberales Projekt
Benjamins Thesen zum “Kapitalismus als Religion”
- Kapitalismus ist eine reine Kultreligion, vielleicht die Extremste, die es je gegeben hat. (Hinweis auf Apple Store und die Darstellung der Produkte).
- Die permanente Dauer des Kultes sans rêve et sans merci. (Traumlos und ohne Verdankung. Permanente Anwesenheit der ökonomischen Kategorien.).
- Dieser Kultus ist zum dritten verschuldend. Der Kapitalismus ist vermutlich der erste Fall eines nicht entsühnenden, sondern verschuldenden Kultus.
Neoliberale Projekt
Zum Neoliberalismus gibt es zwei Verständnisse: (1.) private Bürgerrechte, private und persönliche Rechte, der politische Bürger. Dann gibt es (2.) den wirtschaftlichen Bürger, der möglichst frei sein will von wirtschaftlichen Beschränkungen.
Wichtig sind hier Ronald Ragen und Margareth Thatcher.
Idee des Neonliberalen Projektes ist, dass staatlicher Einfluss zurückgegriffen wird.
- Dieser Begriff ist ein schwieriger Punkt. Da es keine Definition dazu gibt. Nur Annäherungen.
- Mögliche Erklärung:
- Liberalismus ist eine Justizreform, also politisch geprägt. Es geht um Freiheit.
- Formatierung des neoliberalen Projektes
- Fabrikation von Konsens
- Angebotsökonomie (Wie müssen weg von der Nachfrageökonomie, sondern es umdrehen. Nicht mehr immer nur reagieren, sondern agieren. Jede Idee kann ausprobiert werden.)
- Das Unternehmermodell (Staat – Unternehmer – Individuen)
- Globale Neuordnung: Politökonomische Transformation
- Aus neoliberaler Sicht geht es darum, dass die Demokratie nicht die ökonomische Ordnung beschädigen kann. Das führt dazu, dass «linke» Parteien zunehmend weniger von Arbeiter*innen gewählt werden, sondern von Höher- und Hochqualifizierten.
Konsequenzen der Globalisierung im Bildungswesen, NPM
New Public Management (NPM). Der Versuch der Angebotsorientierung wird auch auf die Öffentlichen Institutionen übertragen und so auch auf die Bildung. Und so wird der Begriff Bildungsökonomie eingeführt.
- Die Bereitung des Marktes wird dann auch auf öffentliche Dienstleistungen übertragen. Effizienz- und Effektivitätssteigerung sind heute auch im Bildungswesen selbstverständlich.
- Bildungsökonomie bringt massive Veränderungen (die heute schon normal sind): Anglizismen, neue Steuerungstechniken und andauernde Evaluierungen.
Alles (Gesellschaft) wird evaluiert. Auch im Bildungswesen. Out-Put Orientierung. (Lebenslanges-Lernen, Evaluation, Wettbewerb, Autonomie, Kompetenzen (Output-Orientiert), Bolognia-System mit Bachelor und Master)
Neue Realitäten durch die Globalisierung?
Oelkers: “Globalisierung in der BIldung ist nichts Neues.”
- Globalisierung der Bildung gab es schon immer durch internationalen Vergleich.
- Wie machen es den die anderen Ländern. Was funktioniert bei den anderen, was möchten wir übernehmen?
- Neu ist es, dass auch kleine Forschungsprojekte zusätzlich auf Englisch sind. Und die Vergabe von Professuren hängt von den Veröffentlichungen in Englischsprachigen Journals.
Der Einfluss der Globalisierung ist historisch relativierbar. Andererseits hat die Personenfreizügigkeit und die globalisierte Migration, die Personalebene stark verändert. Auch die digitale Revolution und die Parallelen Tendenzen zu einer Privatisierung weisen darauf hin, dass alte Vorstellungen nicht mehr gültig sind und neu gedacht werden müssen.
Bologna
Erstes Mal Internationalisierten Institutionalisierung: Idee ist einen Europäischen Bildungsraum zu schaffen, der über Angebote sicherstellt das Europa als geografischer Kontinent wettbewerbsfähig ist. Dies soll durch die Erhöhung der Mobilität der Studierenden im europäischen Hochschulraum, der eine wechselseitige Anerkennung der Studienleistungen mittels Qualitätssicherungsmassnahmen impliziert, sichergestellt werden. => Vergleichbarkeit
- Im Zentrum die ETCS-Punkt. Ein an Arbeitszeiten orientiertes Studium wird etabliert.
- Diese ETCS-Punkte sind Lebenslange gültig. (Lebenslanges Lernen LLL)
- Eigentlich nichts anderes als Bürokratischer Sozialismus.
Kritik: Kein Projekt der EU, Verschulung der akademischen Lehre und die intrinsische Motivation wurde durch extrinsische Studienmotivation ersetzt.
PISA
Allgemein: Durch die neoinstitutionellen Steuerungsversuche entlang der Globalisierung sind Systeme entwickelt worden, die nicht mehr aus den klassischen Institutionen stammen, sondern aus globalen, internationalen Gremien und in einem offenen Prozess Normativität durch Fakten schaffen. -> PISA (und Bologna)
Ziel von PISA: PISA ist ein Projekt der OECD, das statistische Artefakte kreiert, die über Rangkings die jeweiligen nationalen Bildungssysteme hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit vergleichbar machen sollen. => Vergleichbarkeit
Kritik: unterschiedliche nationale Bedeutungszumessungen werden nicht berücksichtig, Zweifel an der interkulturellen Vergleichbarkeit (Herkunft der Aufgaben / Übersetzung und Übersetzungsfehler), Motivation der Testteilnehmer.
Veränderung im Bildungswesen: Letztlich hat PISA zu einer Verschiebung von Machtbalancen innerhalb des Bildungswesens geführt, internationale und outgesourcte Konsortien veränderten die pädagogische Arbeit.