3. Institutionen 1 Flashcards
Zwei gegenteilige Funktionen von Institutionen
- Einerseits entlasten sie uns in unserem Handeln, da nicht jedes Mal wieder neu gedacht werden muss, wie etwas gemacht werden sollte
- Anderseits können sie aufgrund von ihrer Komplexität und ihrer inneren Handlungslogik auch belastend sein.
Allgemeines zu soziologischen Theorien und gesellschaftlichen Strukturen.
Gelten die Ansätze überall?
Wichtig zu wissen ist aber, dass keiner dieser vier genauer beschriebenen Ansätze in einer absoluten Reinform in der Realität vorkommen. Die Bildungssysteme in den meisten Industrieländern sind oft eine Mischform all dieser Theorie. Denn unsere heutige Bildungsrealität (die von Ort zu Ort auch verschieden ist), die Folge von vielen Veränderungen der Strukturen im Gesellschaftssystem, die über die Zeit hinweg, aufgrund der im soziologischen und erziehungswissenschaftlichen Diskurs gerade dominierenden verschiedenen Ansätze, eingeführt wurden.
Diese Modelle waren auch immer wieder politisch und gesellschaftlich umkämpft, da sie alle ein unterschiedliches Ziel verfolgen und auch unterschiedliche positive / negative Effekte haben.
Geografische Unterschiede in der Bildungslandschaft lassen sich oft auch mit Hilfe dieser Modelle erklären. Denn je nach politischer Einstellung in einem Land sind oft auch unterschiedliche Modelle dominant.
Welche Old School Ansätze gibt es?
Soziologische Theorien
- Arbeitskräftebedarfsansatz
- Humankapitaltheorie
- Professionalisierungstheorie
Arbeitskräftebedarfsansatz
Old School Ansatz
Die Aufgabe der Ausbildung ist es, genügend Arbeitskräfte zu “produzieren”. Auf Basis einer Projektion zukünftiger Wachstumsraten wird der Bedarf an Personal prognostiziert.
- Bildungspolitik soll Anreize setzen um das in der Wirtschaft verlangte Problem zu lösen
- “Der sozialistische Ansatz”
- Kritik / Problem:
Risiko von Fehlprognosen.
Es gilt Bildungsfreiheit: Die Menschen studieren das, was sie wollen. Zum Teil studieren die Leute auch Dinge, auf denen sie dann nicht arbeiten können.
Interesse: Beziehungen zwischen der Ausbildung und dem Beruf.
Ausgehend von einer Projektion zukünftiger Wachstumsraten der Gesamtwirtschaft und ihrer Branchen, wird der Bedarf an unterschiedlich qualifizierten Arbeitskräften prognostiziert.
Hintergrund: Die Forschung fördert neue Erkenntnisse zu Tage, die sich in Technik und Arbeitsorganisation verkörpern und die insofern die wirtschaftliche Qualifikation verkörpern und die insofern den wirtschaftlichen Qualifikationsbedarf der Gesellschaft festlegen würden.
- Die Bildungspolitik und das Bildungssystem müssen diese Bedürfnisse bedienen.
- Kritik: Die Realität ist anders.
Humankapitaltheorie
Old School Ansatz
Die Bildung ist ein Mittel, um das Humankapital zu verteilen. Man geht davon aus, dass nicht jede Arbeit gleich ist (der Faktor Arbeit ist nicht homogen) und deshalb auch nicht jede Arbeit die gleichen Voraussetzungen braucht (Humankapital). Jeder Mensch entscheidet selbständig, welche Ausbildung er oder sie machen will.
- Begründer Gary Becker (1964)
- “Der Wirtschaftsliberale Ansatz”
- erklärt das menschliche Verhalten mit Hilfe der ökonomischen Theorie:
- Kosten-Nutzen-Kalkulation bei der Bildungsnachfrage (lohnt sich diese Ausbildung für mich?)
- Je besser jemand informiert ist, desto besser kann er oder sie rationale Entscheidungen treffen. (–> Rational choice Theorie)
- Man studiert etwas, wo man das Gefühl hat, später am erfolgreichsten zu sein (den grössten Nutzen zu erhalten).
- Ziel für gute Bildung:
- Bildungspolitische Optionen müssen transparent gemacht werden
- Kritik:
- Die Realität ist anders
- viele Leute machen eine Ausbildung, die sie dann später nicht gebrauchen können.
Zentrale Annahme: Faktor Arbeit ist nicht homogen (=differenziertes Arbeitsangebot)
Verteilung der Einkommen richtet sich nach Investitionen in (Aus-)Bildung, dem Humankapitalbestand.
Professionalisierungstheorie
Die Professionalisierung ist durch das Interesse der Professionsangehörigen motiviert, Macht und Einkommen zu generieren. oder anders gesagt: Das Ziel einer Ausbildung ist es, so professionell / gut zu sein, dass man viel Macht hat und gut verdient. Die Professionalität holt man sich an den Hochschulen durch eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Theorie.
- Geprägt von der Theorie von Max Weber
- Der “technokratische Ansatz”
- merkantile und bürokratische Berufskulturen werden zurückgedrängt
- Theorie ist Basis der Professionalität, sie fliesst dann wieder in die Praxis zurück
- Man ist sich nicht sicher, ob in dieser Theorie Gleichheit geschaffen wird oder Ungleichheit verstärkt wird
- Gleichheit schaffen: Durch eine gute Ausbildung / ein gutes Studium kann jeder bzw. jede eine hohe Professionalität erreichen
- Ungleichheit verstärken: Nicht alle haben den gleichen Zugang zu Theorie (Ausbildung) und deshalb kann auch nicht jeder / jede sich gleich Professionalisieren.
- Kritik: Tendenz zur Herrschaft der Technokratie, aber auch in der Praxis gibt es viel Know-How, das für die Gesellschaft wichtig ist.
- Eine Folge dieser Theorie war die Einführung der PHs, denn dort wurde die Lehrerausbildung verakademisiert (und deshalb müssen wir jetzt dies Dinge lernen).
New School Ansätze
Institutionalisierter Individualismus
Institutionalisierter Individualismus
New School Ansatz
Im Fokus dieser Theorie steht eine immer stärker individualisierte Gesellschaft. Deshalb soll auch die Bildung immer stärker individualisiert werden. Es spielt nicht mehr eine Rolle wie man etwas (eine Kompetenz) erreicht hat, es ist einfach wichtig. dass man es kann.
- Demokratisierung der Gesellschaft durch die Professionalisierung
- Es spielt keine Rolle, ob man eine Kompetenz in der Schule (allgemein/in der Schule/Theoriebasiert) oder im Berufsalltag (in der Lehre/Praxis) erworben hat. Es ist einfach wichtig, dass man es kann
- Vorwegnahme auf die Diskussion rund um Schlüsselqualifikationen
Gerechtigkeit im Bildungssystem
Grundsätzliches
In demokratischen Gesellschaften wird verlangt, dass Bildung gereicht sein sollte. Dies ist aber oft nicht der Fall, da die Bildungssysteme oft Ungleichheiten reproduzieren.
Drei Idealtypen der Gerechtigkeit
Konservativ / Besitzstandsgerechtigkeit:
- Man hat ein Recht auf Eigentum
- Was einem gehört, kann einem auch nicht weggenommen werden.
- Die Ungleichheiten in der Gesellschaftsstruktur werden konserviert
Marktliberal / Leistungsgerechtigkeit:
- Jeder hat das Anrecht auf das, was er mit seiner Leistung verdienen kann
- Wenn man viel und gut arbeitet, wird es einem auch gut gehen.
- Es bestehen Aufstiegsmöglichkeiten
Sozial-Affirmativ / Soziale Gerechtigkeit:
- Es soll allen gleich gut gehen
- Keine zu grosse Unterschiede zwischen Arm und Reich
- Die Gesellschaft ist eine “gerechte” Gesellschaft, wo es niemandem schlecht geht.
Folgen dieser Idealtypen auf das Bildungswesen
- Je nach Gerechtigkeitsbild einer Person wird das Bildungssystem angepasst.
- Bildung wird oft zum “Schauplatz von Machtkämpfen” unterschiedlicher Personen und Interessen. Dies führt danach zu einem kollektiven Verhalten und zur Bildung neuer Strukturen.
- Beispiele:
- Bildung wird als Fahrstuhl angesehen, um in der Gesellschaft aufzusteigen. Man geht davon aus, dass die Generation nach mir in der Gesellschaft eine wichtigere Rolle spielen sollte. (Leistungsgerechtigkeit / Soziale Gerechtigkeit)
- Dies führt dazu, dass von Generation zu Generation immer mehr Menschen von unten nach oben drängen und das wiederum führt dazu, jene, die schon oben sind, dadurch bedrängt werden. Sie sehen ihre Besitzstandgerechtigkeit bedroht und es kommt zu einer sozialen Schliessung des Bildungssystems
- So entstehen durch das kollektive Handeln Strukturen, die eine strukturelle Diskriminierung auslösen und den Aufstieg der neuen Generationen verunmöglichen.
Mehrebenenmodell von Bildungsinstitutionen
Makroebene
Der Staat repräsentiert die Makroebene → Bestimmt die Allgemeinen Regeln des Bildungssystems
Mesoebene
Eine konkrete Institution, die die Regeln umsetzt.
- eine Schule
- die PH
Mikroebene
Die kleinste Einheit
- Eine Klasse
- eine Seminargemeinschaft
Die Distanz zwischen der Makro- und der Mikroebene ist oft sehr weit. Umso wichtiger sind die Akteure der Mesoebene, die eine vermittelnde Position übernehmen.
Fend 2006, Doppelfunktion des Bildungswesens
Das Bildungswesen hat zwei übergeordnete Funktionen, einerseits Gesellschaftliche Funktionen und andererseits Individuelle Funktionen.
Gesellschaftliche Funktionen des Bildungswesens:
- Reproduktion und Innovation von Kultur
- Erhaltung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit
- Allokation (Positionsverteilung, etc.)
- Innerer Zusammenhalt der Gesellschaft
Individuelle Funktion:
- Chancen individueller Lebensführung werden geschaffen
- Identitätsstiftung durch Bildung
Wer kontrolliert / beeinflusst das Bildungswesen?
Staat und die Verwaltung
- Bestimmt die Spielregeln
- Alle Akteure des Staates (Exekutive, Judikative und Legislative)
Gesellschaftliche Interessengruppen
- versuchen die Schule auf verschiedene Arten zu beeinflussen
Ökonomische, soziale und technologische Rahmenbedingungen
- nicht jeder kann sich ein Studium leisten
- nicht jedes Land hat das Geld in ein gutes öffentliches Schulsystem zu investieren