10. Was ist Bildung Flashcards
Wer Wissenschaft und Kunst besitzt, hat auch die Religion. Wer jene beiden nicht besietzt, der habe Religion.
- Was bedeutet Goethes Zitat.
Goethe zeigt, dass der Übergang der Dominanz der Religion gebrochen ist. Wer sich also mit Wissenschaft und Kunst beschäftigte, beschäftigte sich auch automatisch mit Religion. Aber besonders die Kunst hatte den Anspruch, die Religion darzustellen. Das Zitat markiert also den Umbruch.
Erster Satz, der 1946 in der ersten Pädagogikvorlesung gebraucht wurde. Es weist darauf hin, dass sich die Pädagogik daran erinnert, was eigentlich mal gesagt wurde. Anlehnung einerseits an Faschismus resp. Bildungsbürgerliche Politik.
Kunst und Wissenschaft implizieren auch immer Religion. Religion ist jedoch immer persönlich, Wissenschaft hingegen allgemeingültig.
Bildung geht nicht ohne Philosophie. Ein Zusammenhang besteht auch immer zur Autorität.
Johan Amos Comenius
- Grosse Didaktik
Bildung als überindividuelle Lebensform wind anschaulich verdichtet und Konkretisiert (Didaktik).
Comenius war einer der ersten der eine grosse Didaktik konzipiert hat. Er hat Didaktik als Lehrkunst formuliert, dass er alle Kinder alles Lehren will: Omnes omnia omnio. Er liefert eine Erziehungsperspektive, die methodische Regeln der Didaktik formuliert. Zum Lernprozess gehören bei Comenius neben kognitiven Fähigkeiten auch sinnliche Wahrnehmungen und praktisches Handeln.
Omnes omnia omnio: Bildung für alle, ohne Rücksicht auf Herkunft und Stand in der Gesellschaft, alle sollen lernen können. Allseitig, mit Blick auf dem Wesentlichen soll die Didaktik sein.
Mit der Industrialisierung werden Bildungsprozesse universalisiert und formalisiert. Es geht also weniger um Ordnung von aussen, sondern vielmehr um Prozeduren, die von innen aus dem Subjekt intendiert sind.
Humboldt: das Bildungsbürgertum
Im 19. Und 20. Jahrhundert: Bildungsbürgertum
Die selbstständige Auf- und Erschliessung der Welt ermöglicht dem bürgerlichen Subjekt die Ausprägung, Entfaltung und Selbstdarstellung einer gebildeten Persönlichkeit.
Aufklärung vorangeschritten, Wissenschaft viele Ergebnisse. Bildungsprozessen nun formalisieren. Das Subjekt/Individuum wird als Prinzip des Fortschritts verstanden. Ein Individuum steht im Zentrum. Alexander von Humboldt (Bruder) war Entdecker des Äusseren (Forscher). Wilhelm von Humboldt entwickelte Bildungstheorie mit Sicht aus subjektiver Perspektive, um einen Fortschritt zu erreichen.
Dafür ist Kants «Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit» vorausgesetzt. Man muss das Motiv des Selbst Denkens haben.
Letztlich geht es um den Zustand einer individuellen Freiheit.
Denkschrift an den preussischen König, die ein Umdenken fordert. Er fordert darin ein staatliches Bildungssystem, in dem die lernenden nicht für jede Lektion zahlen müssen. Damit soll auch der Individualismus gefördert werden.
Humboldt:
Veredelung durch Bildung
- Ausweg aus der Erstarrung. Man muss das Motiv haben sich zu bilden und sich aus der Unmündigkeit zu lösen.
- Neugründung als soziale Idee
- Sich selbst bildende Individuen
- Einsamkeit und Freiheit: Individuelle Freiheit gibt ein hohes Mass an Autonomie der in den Bildungsinstitutionen Tätigen. Dadurch sind sie Frei von Unterdrückung und kommen zur Selbsterverwaltung.
- Selbstverwaltung, Freiheit von Forschung und Lehre. Der Staat als deren Garantie.
- Bildung zielt auf Einheit von Subjekt und Welt. Bildungsziel ist die Herstellung der Freiheit.
DIe Humboldt’sche Konzeption
· „Einsamkeit und Freiheit“ betont die soziale Gestalt der Universität, die dem Prinzip der Wahrheit verpflichtet ist (und nicht dem der Nützlichkeit).
· „Autonomie“ bzw. „Freiheit von Forschung und Lehre“ weist auf das spannungsvolle Verhältnis von Staat und Universität hin, seitdem die Autonomie der Universität nicht wie bis ins 18.Jhdt. (und heute bei den grossen privaten Stiftungsuniversitäten der USA) in ihrer ökonomischen Autarkie begründet ist, sondern seitdem die Universitäten aus den Staatshaushalten alimentiert werden (Staat darf dem Forschenden nicht vorschreiben, was er zu lehren hat. Einziges Ziel: der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Nicht Nützlichkeit steht im Vordergrund, sondern Wahrheit).
· „Einheit von Forschung und Lehre“, d.h. die Betonung des universitätsspezifischen Zusammenhangs von forschendem Lernen und lehrendem Forschen (Keinen Widerspruch zwischen Theorie und Praxis. Der Forscher stellt seine Forschung den Studierenden Vor und überprüfen diese. So kann wissenschaftlicher Fortschritt erzielt werden.)
· „Bildung durch Wissenschaft“: Wissenschaft soll nicht nur Verfügung über Wissen bedeuten, sondern vor allem auch Reflexion der Bedeutung und der Folgen dieses Wissens sowie der Selbstbegrenzung der Forschung durch ethische Imperative, allesamt Herausforderungen an die moderne Wissenschaft, die sich nicht als einzelne Disziplin oder Fachrichtung zu erfüllen imstande ist, sondern nur innerhalb einer Universität als einer „universitas litterarum“.
(Ulrich Hermann (2011), Bildung durch Wissenschaft, München: Fink-Verlag)
Viele ethische Aspekte, die wir heute verfolgen, sind bei Humboldt bereits enthalten. Bildung zielt auf die Einheit von Subjekt und Welt.
Hier könnte man Break machen und Bildung in Zeiten des NS anschauen.
Weimar vs. Buchenwald
Zivilisationsbruch
Zivilisationsbruch des Faschismus ist Zerschlagung jeglicher Rationalität. Alles wird vernichtet, auch Vernichtungslager, nichts soll davonbleiben. In Vernichtungslagern ist Unterscheidbarkeit zwischen Tätern und Opfern aufgehoben. Opfer werden zu Tätern gemacht. Auch Schuldfrage exemplarisch. Kollektivschuld (alle Deutschen?) Sind aber alle schuldig, ist keiner wirklich dafür schuldig.
Grosse Teile des Bildungsbürgertums sind tot oder ausgewandert. Oder die Mehrheit hatte sich den Verhältnissen als Mitläufer angepasst.
Theodor Adorno
Erziehung zur Mündigkeit
Adorno ist aus den USA wieder re-migriert. Er veröffentlich eine Sammlung von Aufsätzen und Radiogesprächen. Darin finden sich viele Ansätze, Bildungsprozesse so zu denken, dass sich die Barbarei (NS) nicht wiederhole.
Die Erziehung zur Mündigkeit wird zur Formel. So findet sich im LP95 noch der direkte Bezug darauf. Die Erziehung zur Mündigkeit muss immer auch eine Erziehung zum Widerspruch sein, insbesondere gegenüber der Kultindustrie.
Kann man mit dieser kritischen Grundhaltung, bei einer Gesellschaft, die zuerst über den Faschismus hinauskommen kann, das Bildungswesen umbauen?
Der Ansatz von Adorno hat sich lange gehalten, fand sich auch noch im Lehrplan 95 als Grundsatz! Im LP21 ist immerhin der Begriff der Mündigkeit als Erziehungsziel noch enthalten.
Kritik: Die normative Höhe von Adornos Denken sei zu unpraktisch und entspricht als Pathosformel (universale Gültigkeit) unterstellt wird nicht den Realitäten.
Kritik und Disziplin
- Amy Chua
- Bernhard Bueb
Amy Chua
In den letzten 20 Jahren sind starke Absetzungsbewegungen im Bildungssystem zu verzeichnen.
Amy Chua schrieb Bestseller, in dem sie beschreibt, wie sie ihre beiden Kinder durch gnadenlose Härte (Drill) durch das Schulsystem gebracht hat. Dies war für sie ein erfolgreiches Modell, welches anscheinend für sie ein dem europäischen System überlegenes Modell sei.
Bernhard Bueb
- Wir dürfen nicht hinnehmen, dass der NS weiterhin unsere pädagogische Kultur beschädigt.
- Masslosigkeit ist der Feind aller Pädagogik.
- Gegen den «Erziehungsnotstand»:
a. Disziplin setzt an die Stelle des Lustprinzips das Leistungsprinzip
b. Erziehung ist immer Führung, Werteerziehung, eiserne Regelmässigkeit.
c. Uns mangelt die Erkenntnis, dass Strenge stärken und zu viel Führsorge schwächen kann.
d. Wir müssen wieder zu der alten Wahrheit zurückkehren, das nur der den Weg zur Freiheit erfolgreich beschreitet, der bereits ist, sich unterzuordnen.
e. Ordnung ist die Voraussetzung für Glück.
f. Recht und Ordnung lassen sich im menschlichen Gemeinwesen nicht ohne Strafen aufrechterhalten. Erst durch Strafe gewinnt Gerechtigkeit existenzielle Bedeutung für das Kind und Jugendlichen.
Erfahrung der Unterordnung und Regelbefolgung, Regelmässigkeit, gegen das Lustprinzip, sei für die Herausbildung der Möglichkeit eines freien Menschen unabdingbar. Erst wenn das erreicht ist, kann man glücklich werden.
Es wird aber deutlich, dass das Buch nicht nur gegen Adorno geschrieben ist sondern auch, dass es nicht das Ziel verliert, den Weg zur Freiheit des Einzelnen zu finden. Die Voraussetzung dieser Freiheit ist die Unterordnung unter die Disziplin.
Liessmann
Kurze Erläuterung
Hat ein Werk veröffentlich, dass die Irrtümer der Wissensgesellschaft vorlegen. Mehrere Essays, in dem er Bildung von Halbbildung und Unbildung unterscheidet.
· Schärfste Kritik an der Bildung.
· Bildung ist die Bedingung für Individualisierung.
Wichtig bei Liessman:
• Wie kann man die Bildung formulieren (Bildungsbegriff)?
• Was ist Halbbildung?
Die Methodiken funktionieren nach dem Prinzip Anything goes aber nichts wird begriffen. Ein Sammelsurium von Bildungsinhalten.
• Unbildung: Laut Liessmann sind wir heute eigentlich in der Phase der Unbildung.
Kesselring
Kurze Erklärung
Buch mit dem Titel «Ethik und Erziehung» zeigt die meisten Problemkonstelationen und Dilemmata der zeitgenössischen Bildungsrealität. Er stellt 5 kritische Rückfragen and die Institution schule.
El-Mafaalani
Kurze Erklärung
Text ist wie Zusammenfassung der Veranstaltung. Vor allem Teil 4 sehr wichtig, da Habitus Grundbegriff der Soziologie. Bezug zu Humboldt.
Was bringen Kinder selber mit? Welche Aspekte geben ihnen ihre Eltern mit auf den Weg?
Bildung sei nicht die Lösung aller Probleme.
Integration führe zu Beteiligung und Beteiligung führe zu Mitsprache, welche wiederrum das Konfliktpotential in modernen Gesellschaften erhöhe.
BNE
Weshalb ist es Bildung und Nicht Ausbildung für Nachhaltige Entwicklung?
Vermutung Helmes: Begriff wurde reingeschmuggelt, der in seiner Offenheit und Verknüpfung mit normativen Fragen auftaucht. Bildung im Sinne von Humboldt und neue werden hier noch einmal exemplarisch vorgeführt. Deshalb muss es Bildung sein, was uns erlaubt, die Bildungsfrage wieder zu diskutieren.
Bildung führt zu Integration. Dies führt zu Teilhabe, mehr Ansprache ans Mitreden und Mitentscheiden, führt zu mehr Konflikten und mehr Stress in Gesellschaft. Dies spricht aber nicht gegen Bildung, sondern für konstruktive Streitkultur, die man in der Bildung lernen kann.
Ob BNE mit den herkömmlichen Kompetenzmodellen und Fächergrenzen erfasst und gelehrt / gelernt werden, kann, ist mehr als zweifelhaft. Viel eher scheint BNE den Bildungsbegriff wieder zu öffnen für eine interdisziplinär und zukunftsorientierte Lehre, die ohne eine gute Idee von normativem Denken und Handeln nicht auskommt.