§6 Wettbewerbsabreden Flashcards
Zwischen welchen 2 Alternativen unterscheidet KG 5 I? Wo ist eine Rechtfertigung möglich?
o 1. Alternative: Erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs
-> Effizienzrechtfertigung möglich (KG 5 II)
o 2. Alternative: Beseitigung wirksamen Wettbewerb = RF unmöglich
Welche Alternative (Beschränkung oder Beseitigung wirksamen Wettbewerbs) wird weshalb zuerst geprüft?
In Behörden- und Gerichtspraxis wird Alternative 2 (Beseitigung) zuerst geprüft, weil das Gesetz in KG 5 III + IV relativ einfach zu prüfende Vermutungen aufstellt
Prüfungsschema KG 5 (5)?
- Besteht eine Wettbewerbsabrede i.S.v. Art. 4 Abs. 1 KG?
- Beseitigt die Abrede vermutlich den wirksamen Wettbewerb (Art. 5 Abs. 1 ALTERNATIVE 2 KG)?
- > (Widerlegbare) Vermutungen in Art. 5 Abs. 3 und 4 KG. - Kann die Vermutung der Beseitigung wirksamen Wettbewerbs widerlegt werden? D.h.: Besteht trotz der Abrede ein funktionierender Innen-oder Aussenwettbewerb?
- > Erst hier ist eine Abgrenzung des relevanten Markts erforderlich (!) - Liegt zwar keine Beseitigung wirksamen Wettbewerbs, aber doch eine erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs vor (Art. 5 Abs. 1 ALTERNATIVE 1 KG)?
- > qual. + quant.; qual. gegeben, wenn Vermutungs-TB gegeben (Gaba-Rspr.) - Effizienzrechtfertigung (Art. 5 Abs. 2 KG)
- > Erforderlichkeit nötig! -> daran scheitert’s meistens
Nenne die 3 Optionen einer Abrede.
KG 4 I:
- Rechtlich erzwingbare Vereinbarung
- ODER rechtlich nicht erzwingbare Vereinbarung
- ODER Abgestimmte Verhaltensweise
Erläutere was unter einer rechtlich erzwingbaren, was unter einer rechtlich nicht erzwingbaren Vereinbarung zu verstehen ist (je 1 + 1 Bsp.)
- Rechtlich erzwingbare Vereinbarung
• Z.B. die Verträge i.S. des OR
• Ein tatsächlicher Bindungswille reicht aus. Kartellverträge sind nach Art. 20 OR nichtig. Damit kann nicht das Vorliegen einer erzwingbaren Vereinbarung bestritten werden. - rechtlich nicht erzwingbare Vereinbarung
• Bewusstes und gewolltes Zusammenwirken
• z.B. Gentlemen’s Agreements
Definition (1) + Prüfung der abgestimmten Verhaltensweise (3)?
nicht rechtlich fixierte (dann Vereinbarung), sondern tatsächliche Zusammenarbeit
(= Koordinierung, die zwar keine Vereinbarung ist, jedoch bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lässt.)
- Abgestimmte Verhaltensweisen, Prüfung in 3 Schritten:
1) Abstimmung (haben sie sich im Hotel getroffen?)
2) Marktverhalten (haben sie die Preise erhöht?)
3) Kausalität (gem. BGer vermutet)
Wovon ist die abgestimmte Verhaltensweise abzugrenzen? In Bezug auf welches aktuell drängende Problem ergibt das Schwierigkeiten?
- Abgestimmte Verhaltensweisen ≠ blosses Parallelverhalten
o CAVE: blosses Parallelverhalten ≠ tb-mässig
o Bsp.: Rohölpreis in Rotterdam steigt/ Unternehmen, die dort einkaufen, müssen mehr aufwenden und alle Preise an den Tankstellen erhöhen sich
≠ Absprache, sondern paralleles Reagieren auf externe Faktoren - Wenn bspw. Greenpeace sagt, aus Umweltgründen solle man doch die Treibstoffpreise erhöhen
o GP aus eigenem Antrieb: Kein Kartell, da es keine Absprache gibt
o Wenn aber einer sagt, ich bin gerne dabei, aber nur, wenn das alle anderen auch machen = Kartell - Einer der Knacknüsse im Wettbewerbsrecht derzeit:
o Allein durch staatliche Leistungen ist Paris-Abkommen nicht zu erreichen
o Verschiedene Industrien versuchen deshalb, Branchenabkommen abzuschliessen, um Ausstoss zu verringern
o Führt das aber zu einer Erhöhung der Preise, ist das grds. ein Kartell
o Frage ungelöst derzeit; NL hat als einziger gesagt, sie würde dies zulassen
Unterschied horizontale vs. vertikale Vereinbarung? Wo sind die jeweils einschlägigen gesetzlichen Vermutungen geregelt?
Horizontale Vereinbarungen = Zwischen Wettbewerbern = Aktuelle oder potentielle Wettbewerber -> Beispiel: Produzenten von Computerbildschirmen sprechen die Preise ab. -> Vermutungen in KG 5 III
Vertikale Vereinbarungen
= Zwischen Unternehmen auf verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette
-> Beispiel: Ein Produzent vereinbart mit einem Händler, dass dieser die gelieferten Produkte nur in der Westschweiz weiterverkaufen darf.
-> Vermutungen in KG 5 IV
Was erfasst KG 5 III? Wie nennt man diese Auswüchse auch im Kartellrecht?
Horizontale Abreden (zwischen Konkurrenten auf selber Stufe Wertschöpfungskette):
- Lit. a: Preisabsprachen
- Lit. b.: Mengenabsprache
- Lit. c.: Marktaufteilung
= sog. hard core Kartelle (harte Kartelle) oder hard core restrictions (Kernbeschränkungen)
= “Kartell” i.e.S.
-> vertikale Absprache ≠ “Kartell” i.e.S.
Was ist zu beachten bei der Anwendung der Vermutungen in KG 5 III + IV?
- Theoretisch möglich, dass neben Vermutungen in Abs.3 auch Szenarien, aber praktisch sind keine bekannt -> man kann sich auf Abs. 3 verlassen
- Es ist lediglich der Nachweis der Vermutungsbasis erforderlich
• Es muss also lediglich der Abschluss einer betreffenden Vereinbarung gezeigt werden.
• Eine allgemeine Marktanalyse ist nicht erforderlich.
• Deshalb bedarf es an dieser Stelle auch nicht der Definition des relevanten Marktes.
Was bedeutet direkte, was indirekte Preisabsprache (KG 5 III lit. a)?
Preisabrede liegt gem. WEKO & Botschaft NICHT nur dann vor, wenn der Endverkaufspreis festgelegt wird (bspw. wir verkaufen 1l für 100 Fr.).
Inkl.
- Preiselemente
- Preiskomponenten
- Nettopreise
- Bruttopreise
- Rabatte
- Zuschläge
- etc.
Str.
Gleiche Bruttopreise, aber unterschiedliche Rabatte (Badezimmer-Fall; noch hängig)
Exkl.: Abrede über unwesentliche Preisbestandteile
-> Klimarappen auf Benzin (zum Vgl.: ab 5 Rp. wohl schon)
o ABER: kann trotzdem Beschränkung wirksamen Wettbewerbs vorliegen
o I.c. hat WEKO Beschränkung bejaht
o Einfluss auf Sanktion nach KG 49a
Welche 2 Alternativen sieht KG 5 IV vor (+ Definition)?
- Vertikale Preisbindung
= Mindest- und Festpreise - Absoluter Gebietsschutz
= Ausschluss aktiver UND passiver Verkäufe
= eng auszulegen
-> Abrede z.B. via “Vertriebsvertrag” -> weit auszulegen; eigentliche Vertriebsverträge + einzelne Klauseln in andern
-> s. GABA-Fall
o An EU-Recht angelehnt
o SEHR WICHTIGES URTEIL -> WENN NUR 1 BGE ZU LESEN IN DIESER VORLESUNG, DANN UNBEDINGT DIESES (§6 Slide 15)
Was bedeutet aktives und passives bzw. direktes und indirektes Verkaufen?
o Aktive = aktives Verkaufen in best. Gebieten
-> z.B. Abrede, keine Werbung in best. Gebiet zu machen = zulässig
o Passiv = nicht durch aktive Verkaufsanstrengungen in anderem Gebiet zustande kommen, sondern wo ein Konsument sich aus eigener Initiative
Fallbsp. WEKO
WEKO, 28.11.2011 Nikon (rechtskräftig nach Bestätigung durch BVGer, Urteil vom 16.9.2016, B 581/2012):
Behinderung von Parallelimporten, Exportverbote in ausländischen Vertriebsverträgen («EWR
Klauseln») und Bezugsverbote im Ausland in inländischen Vertriebsverträgen; Vermutung der Wettbewerbsbeseitigung wegen ausreichenden intrabrand Wettbewerbs widerlegt, aber erhebliche
Beeinträchtigung
-> Busse i.H.v . CHF 12,5
WEKO, 7.5.2012 BMW (rechtskräftig nach Bestätigung durch BVGer, Urteil vom 13.11.2015, B 3332/2012 und durch BGer, Urteil vom 24.10.2017, 2C_63/2016 BMW):
Behinderung von Parallelimporten durch EWR
Klausel in ausländischen Händlerverträgen;
Vermutung der Wettbewerbsbeseitigung wegen interbrand Wettbewerbs widerlegt; aber erhebliche Beeinträchtigung
-> Busse i.H.v . CHF 156 Mio.
= BMWs in Süddeutschland 10-15% billiger als in CH/ den Händlern wurde von BMW-München verboten, ausserhalb von EWR zu verkaufen
o = aktives + passives Verkaufsverbot = KG 5 IV Alt. 2 -> KG 49a
o Busse an BMW-München; die Busse hätte man dann aber auch BMW-Schweiz auferlegen können, da derselbe Konzern bzw. dasselbe Unternehmen
Wenn ein Vermutungstatbestand nachgewiesen ist, muss dann auch der Effekt der Abrede auf den Markt nachgewiesen sein? Seit welchem Urteil ist das so?
Nein; potentielle Beeinträchtigung genügt
- > Die Vermutungstatbestände setzen nur die Existenz einer entsprechenden «Abrede» (Abschluss oder Einhaltung) voraus. Es muss nicht nachgewiesen werden, dass diese Abrede tatsächliche Wirkungen auf dem Markt hatte.
- > Es wurde jeweils argumentiert, dass die jeweilige Klausel zwar besteht, aber nicht gelebt wurde
• Jedenfalls früher (vor Gaba ) traf die WEKO auch regelmässig Feststellungen zur effektiven Umsetzung und zu den Auswirkungen der Abrede.
ABER: Widerlegung der Vermutung möglich