§18 Wettbewerbsrecht i.w.S. (UWG) - Grundlagen Flashcards
Welche internationalen Normen verbieten unlauteren Wettbewerb?
Art. 10bis PVÜ
- > Mindeststandards, die in allen Verbandsländern unmittelbar anwendbar sind,
- > Generalklausel ist geschäftsmoralisch ausgerichtet
Abs. 2: “Unlauterer Wettbewerbist jede Wettbewerbshandlung, dieden anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel zuwiderläuft.”
TRIPS:
• Irreführende (oder andere im Sinne von Art. 10bisAbs. 2 PVÜ unlautere) Benutzung geographischer Angaben (Art. 22 Abs. 2 lit. a, b)
- Schutz vertraulicher Informationen (Art. 39 Abs. 2)
- Verpflichtet alle Mitgliedstaaten zur Einführung von entsprechenden Schutzvorschriften, Berücksichtigung im Rahmen der völkerrechtskonformen Auslegung des UWG
Sind Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse (“Trade Secrets”) in Kontinentaleuropa von den IGR erfasst? Und im Common-Law?
- Bei uns auf Kontinentaleuropa: normalerweise nicht erfasst von Immatrecht
- im Common Law = IP
Welche EU-Normen enthalten ähnliche Regelungen wie das UWG?
Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL)
• «Diese Richtlinie gilt für unlautere Geschäftspraktiken […] zwischen Unternehmen und Verbrauchern vor, während und nach Abschluss eines auf ein Produkt bezogenen Handelsgeschäfts» (Art. 3 Abs. 1)
• Verbot unlauterer Geschäftspraktiken (Art. 5), u.a.:
– Irreführende Handlung o. Unterlassung (Art. 6 f.)
– Aggressive Geschäftspraktiken (Art. 8)
Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung (Werbe-RL)
• Zweck(Art. 1): Schutz von Gewerbetreibenden
– vor irreführender Werbung (Art. 3)
– Festlegung der Bedingungen für zulässige vergleichende Werbung (s. Art. 4)
–> in EU relativ bescheidene Vereinheitlichungen; NB im Unterschied bspw. zum Markenrecht, wo viele Vereinheitlichungen
Was ist bei der verfassungskonformen Auslegung des UWG zu berücksichtigen?
- Das UWG ist verfassungskonform auszulegen
- Meinungsäusserungs-, Medien-und Wissenschaftsfreiheit sind bei der Auslegung zu berücksichtigen
- > CAVE: Kommerzielle Kommunikation = Wirtschaftsfreiheit ≠ Meinungsfreiheit
- Neutrale Dritte (z.B. Medien oder Wissenschaftler) haben grösseren Spielraum als Konkurrenten
- -> z.B. K-Tipp hat weiteren Spielraum
- -> Auch Wissenschaftsfreiheit schützt z.B. Publikationen zur Gesundheitsgefährdung von Mikrowellen
- -> ABER: Kein Schutz durch WissenschaftsF als Konkurrent, wenn ich sage, Mikrowellen sind gesundheitsschädlich
–> s. Urteile auf Folie
Auf welcher Grundlage wurden erste Verurteilungen wegen unlauteren Wettbewerbs ausgesprochen? Was ist typisch im Hinblick auf die Prozessparteien bei diesen frühen Urteilen?
Urteile des BGer lange vor 1. UWG, basierend auf:
- Klass. Deliktsrecht
- > Art. 50 aOR (1881), Generalklausel des Deliktsrechts - Spezifische Norm für unlauteren Wettbewerb in Totalrevision OR aufgenommen
- > Art. 48 OR (1911)
Man sieht seit Beginn: es stehen sich immer zwei Konkurrenten gegenüber
-> Konsumenten ≠ Partei; keine Summen für sie im Spiel, die es lohnend machen würden, zu klagen
Welche Spezial-TB wies das erste UWG u.a. auf?
aUWG (1943):
- Herabsetzung (Art. 1 Abs. 2 lit. a aUWG)
- Irreführung (Art. 1 Abs. 2 lit. b aUWG)
- Schaffen von Verwechslungsgefahr (Art. 1 Abs. 2 lit. d aUWG)
- Private Bestechung (Art. 1 Abs. 2 lit. e aUWG)
- Anstiftung zum Verrat und Verwertung von Geschäftsgeheimnissen (Art. 1 Abs. 2 lit. f und lit. g aUWG)
Wann kam das 2. UWG, welche zentrale Norm wurde eingefügt und welche grundlegende Regel hat sich wie verändert?
UWG 2: 1986 (40 Jahre später)
- Einfügen des Zweckartikels (UWG 1): Gewährleistung des lauteren und unverfälschten Wettbewerbs im Interesse aller Beteiligter -> PARADIGMENWECHSEL -> da steht ziemlich viel drin:
- -> Doppelbegriff vom Wettbewerb
- —> Lauter
- —> Unverfälscht
- —> = dasselbe gemeint mit 2 verschiedenen Begriffen ODER unterschiedliche Meinungen?
- -> Im Interesse aller Beteiligten
- —> Ursprünglich: Interessenausgleich zwischen den Konkurrenten, die Prozessparteien waren; Konsumenten nahmen nicht daran teil
- —> UWG 1986 erweitert nun den Fokus und macht klar, wir machen Wettbewerb nicht für irgendwas, sondern für die Volkswirtschaft; das ist insb. gegeben, wenn es vorteilhaft für den Konsumenten ist
- ——-> Wettbewerb = Ordnungsprinzip, das es zu schützen gilt
- ——-> Das Gericht hat von sich aus die Sicht der Konsumetnen einzunehmen
- —> Einerseits: Schutz der Konkurrenten; Andererseits: Schutz der Produzenten
- Erweiterung Generalklausel
- -> Bis 1986 war in Rspr. BGer klar ein Anspruch besteht nur, wenn die Prozessparteien in Wettbewerbsverhältnis besteht
- -> Das wurde in Botschaft als überwunden dargelegt -> Dreiecksverhältnis
- -> De facto aber selten, dass nicht-Konkurrenten sich gegenseitig beklagen
Wie hat sich die Struktur und die Spezial-TB verändert von UWG 1.0 zu UWG 2.0?
Struktur eigentlich dieselbe:
- Spezialtatbestände (Auswahl)
- —-> Herabsetzung (Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG)
- —-> Irreführung (Art. 3 Abs. 1 lit. b UWG)
- —-> Schaffen von Verwechslungsgefahr (Art. 3 Abs. 1 lit. d UWG)
- —-> Vergleichende Werbung (Art. 3 Abs. 1 lit. e UWG)
- —-> Verwertung fremder Leistungen (Art. 5 UWG)
- —-> Verletzung von Fabrikations-und Geschäftsgeheimnissen (Art. 6 UWG)
- Verfahrensrechtliche Bestimmungen (Art. 9–13a UWG)
- Verwaltungsrechtliche Bestimmungen (Art. 16–20 UWG)
- Strafbestimmungen (Art. 23–27 UWG)
Wie hat sich die Struktur und die Spezial-TB verändert von UWG 1.0 zu UWG 2.0?
- Struktur eigentlich dieselbe
- Spezialbestimmungen
o Neu: Vergleichende Werbung
Grds. zulässig, aber nur unter best. Voraussetzungen (salopp: man muss Dinge miteinander vergleichen, die vergleichbar sind)
Gemeint sowohl i.S. wie K-Tipp (Preis-Leistung; Geschmack; etc.); wie auch von Unternehmen selbst (z.B. mein Waschmittel hat geringeren Phosphatgehalt als andere) -> war bis 1986 alles andere als klar, ob zulässig
o Verwertung fremder Leistungen (UWG 5)
Typischerweise unter «Nachahmung» behandelt
o Bewusst nicht aufgeführt hier: UWG 8 (AGBs)
Dass dieser Art. in UWG = politische Zufälligkeit
Passt eigentlich nicht ins UWG rein - Strafbestimmung: Braucht es, weil Generalklausel zu unbestimmt
o In Praxis aber relativ unbedeutend; es läuft eigentlich alles auf zivilem Weg
Welche Spezialbestimmung kam 1986 neu dazu, was ist zu UWG 5 und zu UWG 8 zusagen?
Spezialbestimmungen
- -> Neu: Vergleichende Werbung
- —> Grds. zulässig, aber nur unter best. Voraussetzungen (salopp: man muss Dinge miteinander vergleichen, die vergleichbar sind)
- —> Gemeint sowohl i.S. wie K-Tipp (Preis-Leistung; Geschmack; etc.); wie auch von Unternehmen selbst (z.B. mein Waschmittel hat geringeren Phosphatgehalt als andere) -> war bis 1986 alles andere als klar, ob zulässig
- -> Verwertung fremder Leistungen (UWG 5)
- —> Typischerweise unter «Nachahmung» behandelt
- -> Bewusst nicht aufgeführt hier: UWG 8 (AGBs)
- —> Dass dieser Art. in UWG = politische Zufälligkeit
- —> Passt eigentlich nicht ins UWG rein
Was kam mit der Teilrevision von 2011 zum UWG dazu?
- Adressbuchschwindel
= Brief von Unternehmen, man sei jetzt auf Adressverzeichnis/ ganz klein unten: wenn man nicht widerspricht, schliesst man kostenpflichtiges Abo ab - Schneeballsysteme
- Elektronischer Geschäftsverkehr
= Gew. Angaben zu machen, z.B. wenn man Website betreibt - Gewinnversprechen
= Preis nur zu kriegen, wenn man auch etwas kauft - AGB-Inhaltskontrolle
- Internationale Kooperation
Was kam mit der Teilrevision von 2011 zum UWG dazu?
- Adressbuchschwindel
= Brief von Unternehmen, man sei jetzt auf Adressverzeichnis/ ganz klein unten: wenn man nicht widerspricht, schliesst man kostenpflichtiges Abo ab - Schneeballsysteme
- Elektronischer Geschäftsverkehr
= Gew. Angaben zu machen, z.B. wenn man Website betreibt - Gewinnversprechen
= Preis nur zu kriegen, wenn man auch etwas kauft - AGB-Inhaltskontrolle
- Internationale Kooperation
Was kam in den Jahren nach 2011 noch dazu? Welche Tendenz hat das UWG?
Auswahl:
- Ergänzung bei Bestimmungen über Preisbekanntgabe (Art. 16a UWG - Grundpreisbekanntgabe)
- Bestimmungen gegen Werbeanrufe: Anruf trotz Vermerk, Werbeanrufe mit unterdrückter Telefonnummer, Nutzung entsprechender Informationen (Art. 3 Abs. 1 lit. u, v, w UWG); Widerruf und Sperrung von Domain-Namen und Telefonnummern (Art. 26a UWG)
- Ausblick: Verwendung von Preisbindungsklauseln gegenüber Beherbergungsbetrieben (Art. 8a VE-UWG)
TENDENZ: es kommen dauernd Sachen zum UWG dazu
Wie waren Massstab und Rechtsfolge bei der Ahndung von unlauteren Geschäftsmethoden nach der Rspr. (aOR/OR) und aUWG (1943)? Wie war das methodische Konzept von aUWG 1943?
Massstab:
- Rspr. (aOR/OR; klass. Deliktsrecht): Absicht und Fahrlässigkeit
- aUWG (1943): Beeinträchtigung in Geschäftskundschaft; TREU UND GLAUBE
Rechtsfolgen:
- Rspr. (aOR/OR): Ausgleich des Schadens
- aUWG (1943): Unterlassung; Ausgleich von Schaden
Methodisches Konzept - nur aUWG (1943):
- T & G als Grundlage für Wertungen
- Bewertungen des Verhaltens nach Massgabe der “Geschäftsmoral”
- “G-Moral” bestimmt sich unter Bezugnahme auf realees Verhalten des “durchschnittlichen Wettbewerbsteilnehmers”
Nochmal weil wichtig: welche zentrale neue Norm nimmt das UWG 1986 auf?
Zweckartikel -> Schutz des Systems “Wettbewerb”
= rundlegender Neuausrichtung des Ansatzes des UWG !!!
Was versteht man unter der Dreidimensionalität des UWG?
= UWG im Interesse aller Beteiligten (auch Schutzzweck-Trias gennant):
- -> Anbieter
- -> Abnehmer
- -> Allgemeinheit
= steht auch in Zweckartikel
Welcher Theorienstreit wurde im Hinblick auf die methodischen Konzepte durch das UWG 1986 ausgelöst? Wie beurteilt die jeweilige Sichtweise das Phänomen der Nachahmung?
Traditionell: T&G -> Geschäftsmoral
o Auch wenn nirgends definiert wurde, was die Geschäftsmoral ist
Neu: ökonomisch-funktionale Ausrichtung auf Systemschutz
Z.B. wurde lange gesagt, dass Nachahmung schlecht sei; heute ist weitgehend etabliert, dass das etwas Positives ist; wir wollen nicht nur einen Anbieter, sondern von möglichst vielen (Preiswettbewerb)
• Heute: Nachahmungsfreiheit im UWG (war langer Weg)
• Z.B. darf man Datenbank vollständig kopieren
-> Wenn sich jeder dagegen absichern könnte, dass niemand sonst ein ähnliches Produkt auf den Markt bringen kann -> kein Preiswettbewerb (aber Wettbewerb für Innovation)
Was will Thouvenin sagen mit dem Aufzeigen der historischen Entwicklung mit Bezug auf die Geschäftsmoral?
- Auf die Geschäftsmoral abzustellen ist rückwärtsgewandt
- > man versucht, Prinzipien aus dem Mittelalter fortzuführen
- -> Innovationsfeindlichkeit: die Person unter Druck wird immer sagen, das sei nicht moralisch
- Konsequent wäre, geschäftsmoral komplett abzuschaffen
Was bedeutet die ökonomisch-funktionale Ausrichtung auf Systemschutz? Was müssen wir erst wissen, bevor wir eine Handlung klassifizieren können?
o Wir müssen erst wissen, was Wettbwerb für Ziele hat = funktionaler Ansatz
o Es gibt Handlungen, die laufen dem entgegen; diese aus der Sycht der Funktionen zu beurteiln = funktionale Betrachtungsweise = im Prinzip eine erweiterte teleologische Auslegung
Widersprechen oder ergänzen sich die beiden methodischen Ansätze?
- Interessanterweise führen aber beide Theorien meist zum gleichen Ergebnis
o Z.B. Mirador/Aromat, Schaffen von Verwechslungsgefahr
- -> Geschäftsmoral: Es kann doch nicht sein, dass der möglichst nahe an meine Marke
- -> Funktional: Konsumenten müssen Produkte unterscheiden können zwecks Information -> Verwechslungsgefahr ist problematisch
- -> Ergebnis also das Gleiche
- Aber auch unterschiedliche Ergebnisse: mit demselben Bsp.
- -> Geschäftsmoral: immer noch gleiche Argumentation
- -> Funktional: doch, das ist gut, denn wir wollen ja genau mehr Wettbewerb
- -> Teils also widersprüchliche Ergebnisse
Welcher rhetorischer Versuch existiert, um den Theorienstreit zur Geschäftsmoral/der ökonomisch-funktionalen Betrachtungsweise zu entschärfen?
- Es gibt Versuche, das Problem des Theorienstreits mit Sprachjonglieren zu lösen: Beide Begriffe hätten eigentlich gleiche Bedeutung (Pleonasmus/Tautologie)
- -> “lauterer” und “unverfälschter” Wettbewerb
o So wie Z.B. es ist ein schöner und strahlender Tag = 2 Begriffe, die dasselbe meinen
o Ist aber nur rhetorischer Versuch
Was sagt die h.L. zum Theorienstreit?
H.L.: Kombination
Beachte: «H.L.» im UWG = sehr viele Praktiker, d.h. Anwälte, die publizieren, die evtl. biased sind aufgrund ihrer Klientel
Wie definiert sich die Geschäftsmoral in etwa?
Abstellen auf Regeln des kaufmännischen Anstandes, auf Gebote der beruflichen Korrektheit oder auf die kaufmännischen guten Sitten
Probleme mit dem geschäftsmoralischen Ansatz?
- Ökonomisch unreflektierte Wertentscheidungen; öffnet Tür und Tor für subjektive Wertungen des zuständigen Richters; gewisse Gerichte folgen/folgten explizit dem «fiese Siech»-Prinzip
- Fokus auf Interessen der Anbieter und damit Ausblenden der Interessen der Abnehmer und der Allgemeinheit (Systemkomponente) -> Vernachlässigung der Dreidimensionalität -> dem Wettbewerb schadende Urteile
- Rhetorik statt Reflexion: «Hinterlist», «systematisches und raffiniertes Vorgehen», «sklavische Nachahmung», «schmarotzerischer oder parasitärer Wettbewerb»