§17 Lizenzvertragsrecht Flashcards
Wie definiert sich der Lizenzvertrag und welche drei Arten dem Vertragsegenstand folgend gibt es?
Durch den Lizenzvertrag ermächtigt der Lizenzgeber (LG) den Lizenznehmer (LN), ein immaterielles Gut im vereinbarten Umfang zu nutzen.
–> Immaterialgüterrechte im weitesten Sinne, bspw. auch Know-How oder Namensrechte
• Echter Lizenzvertrag
– Für IGR (d.h. absolut-rechtlich geschütztes immaterielles Gut), z.B. Patent
• Unechter Lizenzvertrag
– Für nicht-IGR (d.h. nicht absolut-rechtlich geschütztes immaterielles Gut), z.B. Know-How
• Gemischter Lizenzvertrag
– IGR & nicht-IGR (d.h. absolut-rechtlich geschützte und nicht absolut-rechtlich geschützte immaterielle Güter)
Ist der Lizenzvertrag eine Rechtsübertragung? Definiere beide Konzepte.
Nein
- Übertragung:
• Rechte gehen von A auf B über
–> A hat nach Übertragung keine Rechte mehr und B übernimmt die Rechtsposition von A
• Wirkung gegenüber Dritten (absolute Wirkung = erga omnes) - Lizenzvertrag:
• Blosse Einräumung von Rechten
• Alle Rechte verbleiben beim LG -> keine Änderung der Rechtsinhaberschaft
• LN erhält eigene, vertragliche Rechte gegenüber LG
• Keine (oder nur beschränkte) Wirkung gegenüber Dritten (relative Wirkung = inter partes)
CAVE falls Formulierung «A überträgt B alle seine Rechte» -> AUSLEGUNG VIA PARTEIWILLE
o So gemeint? -> dann kein Lizenzvertrag
Formulierung Lizenzvertrag: “Rechte einräumen”
Welche Rechtsgrundlagen aus dem IGR sind für den Lizenzvertrag heranzuziehen?
- Lizenzvertrag ist gesetzlich nicht geregelt
- Immaterialgüterrechtsgesetze enthalten teilweise fragmentarische, aber keine zwingenden Normen
- > Innominatkontrakt: „Vertrag sui generis“
- > Folge: maximale Freiheit bei Ausgestaltung durch Parteien
Welche Rechtsgrundlagen aus dem OR sind heranzuziehen?
WICHTIG:
• Allgemeiner Teil des OR (OR AT)
• Ergänzung des Vertrags nach dem hypothetischen Parteiwillen durch sachgerechte, generell-abstrakte Regeln
WEITERE
• Analoge Anwendung gewisser Normen aus dem besonderen Teil des OR (OR BT), insb.:
– Kaufvertragsrecht (Art. 184 ff. OR)
– Werkvertragsrecht (Art. 363 ff. OR)
– Miete und Pacht (Art. 253 ff. OR)
– einfache Gesellschaft (Art. 530 ff. OR)
—–> OR 530 ff. macht eigentlich nur bei Kündigung Sinn, da längste Frist (6 Mt.)
o Nicht selten wird gesagt, Lizenzverträge sind ähnlich der Pacht -> THOUVENIN: Macht i.d.R. keinen Sinn
Formerfordernis für Lizenzverträge?
• Lizenzverträge können formfrei geschlossen werden (Art. 11 OR i.V.m. PatG 33 III oder vgl. MSchG 18I)
-> mündlich, schriftlich oder konkludent
- Registereintragung ist NICHT erforderlich
- Cave: ÜBERTRAGUNG hat Formerfordernis bei IGR-Registerrechten (MSchG 17 II; PatG 33 IIbis)
Welche Lizenzverträge können eingetragen werden und wozu?
- LV können bei den Registerrechten des IGR eingetragen werden (PatG 33 III; MSchG 18 II)
- Wirkung: Schutz des Bestands des Lizenzvertrags gegenüber späteren Erwerbern des Schutzrechts (sog. Sukzessionsschutz)
- -> z.B. C kauft Lizenz von A; A überträgt Patent auf B; B erwirbt das Patent mit allen Rechten; C hat Lizenzvertrag mit A, nicht mit B; B kann Lizenz kündigen
- > diese Situation kann durch Registereintragung verhindert werden;
Welche drei Arten von Lizenzverträgen sind zu unterscheiden im Hinblick auf Anzahl Lizenznehmer und dessen Rechte?
EINFACHE LIZENZ
• LG vergibt eine Vielzahl von Lizenzen
• Häufig Standardverträge (z.B. Softwarelizenzen)
AUSSCHLIESSLICHE LIZENZ
• LG vergibt nur eine Lizenz und garantiert LN Ausschliesslichkeit (-> nur 1 LN)
• LG bleibt selbst zur Nutzung des immateriellen Guts berechtigt
EXKLUSIVLIZENZ
• LG vergibt nur eine Lizenz und garantiert LN Exklusivität
• LG verpflichtet sich, das immaterielle Gut auch selbst nicht zu nutzen
- De facto wie eine Rechtsübertragung
- Rechtlich aber nach wie vor Lizenzvertrag -> Vertrag kann gekündigt werden
Welche 4 Typen von Lizenzen gibt es, wenn nach Gebühren und gegenseitigen Rechten unterschieden wird?
- Gratis-oder Freilizenz
• keine Lizenzgebühr - Kreuzlizenz (cross-licence)
• Mehrere (mindestens zwei) Lizenzverträge übers Kreuz
• Beide Parteien sind sowohl LG als auch LN
• Häufig bei Forschungs-und Entwicklungskooperationen
o Kann sich auf nur 1 Technologie beziehen oder auch auf 100e, 1000e
o dank Kreuzlizenzen können z.B. Google und Microsoft einander die Nutzung von Technologien erlauben, damit dann das Endprodukt so stehen kann
o Häufig keine Lizenzgebühren geschuldet - Unterlizenz
• LN erteilt im Rahmen seiner Berechtigung selbst Lizenz an Dritte (Kaskade)
o = quasi Untermiete (LN erteilt weiterem LN die Nutzungsrechte im Rahmen Lizenzvertrag) - Herstellungs-, Vertriebslizenz etc.
• Erteilung einer sachlich beschränkten Lizenz, bspw. zur Herstellung, zum Vertrieb etc.
o = Lizenz Markeninahber, gew. Produkte zu produzieren
o Z.B. Coca-Cola gibt Lizenz, Coca-Cola nur zu vertreiben
Vertragstypische + weitere Pflichten des LG?
VERTRAGSTYPISCH
• Negative Komponente: Verzicht auf Ausübung des Verbotsrechts
= Versprechen des Inhabers ggü. 1 Person zur Nutzung des immaterialrechtlich geschützten Gutes
= eigentlich einzig zwingende Komponente; entscheidet, ob Lizenz- oder anderer Vertrag
• Positive Komponenten
– Genussverschaffungspflicht
—-> LG muss LN die vertraglich vereinbarte Nutzung ermöglichen
– Genusserhaltungspflicht
—-> Anmeldung der Schutzrechte, soweit nicht schon erfolgt
—-> Erhaltung der Schutzrechte (Bezahlung von Gebühren)
—-> Verteidigung gegen Nichtigkeitsklagen durch Dritte
ALLFÄLLIGE WEITERE PFLICHTEN
• z.B. Meistbegünstigungsklausel
= Gleichbehandlung der LN
–> z.B. bei mehreren LN, die als Konkurrenten tätig sind (z.B. mehrere McDonald’s)
–> am besten zu paaren mit Transparenzpflicht
• z.B. Garantien betr. Bestand des Schutzrechts o. Berechtigung zur Lizenzierung
–> Patent noch im Erteilungsverfahren
Vertragstypische + weitere Pflichten des LN?
VERTRAGSTYPISCHE
• Bezahlung der Lizenzgebühr
–> bei Gratislizenz entfällt selbst diese Pflicht
ALLFÄLLIGE WEITERE PFLICHTEN DES LN
- Benutzungspflicht (s. z.B. Gebrauchserfordernis im Markenrecht)
- Pflicht zur Bezahlung der Schutzrechtsgebühren (NB bei Exklusivlizenzen)
- Mitteilungspflicht bei Rechtsverletzungen
- Unterstützungspflicht im Prozess
• Anbringen von Lizenz-und Schutzrechtsvermerk
= LN kann dazu angehalten werden, z.B. ein © oder so anzubringen
• Einhalten bestimmter Qualitätsstandards (insb. Markenlizenz)
• Bezugs- und Werbepflichten
-> CAVE insb. KG 5; 7
Welche 2 Mängelhaftungen sind zu unterscheiden?
1) Sachmängelhaftung
• Greift bei tatsächlichen Mängeln des Vertragsgegenstands
– z.B. patentiertes Verfahren weist Mängel auf
2) Rechtsmängelhaftung
• Greift bei rechtlichen Mängeln des Vertragsgegenstands
– z.B. Drittrechte führen zu Verbot/ Einschränkung der Nutzung des lizenzierten Schutzrechts
Vorstellbare Mängelhaftungsrechtsfolgen (4)?
- Aufhebung des Lizenzvertrags, wenn Aufrechterhaltung unzumutbar (“Wandelung”)
- Reduktion der Lizenzgebühr (“Minderung”)
• Nachbesserungsanspruch (nur bei Sachmängeln)
o Z.B. wenn Technologie nicht funktioniert, soll LG Nachbesserungen vornehmen
• Ersatz des Schadens, der angesichts des Mangels vernünftigerweise zu erwarten war
–> Bei Verschulden Ersatz sämtlichen weiteren Schadens wenn Mangel adäquat kausal
CAVE: zu diesen Dingen gibt es in CH keine Rspr.
Welche 2 normalen Beendigungsgründe für den Lizenzvertrag gibt es? Welche kommt i.d.R. in welcher Kombination vor?
- Zeitablauf
• Lizenzvertrag endet automatisch, wenn auf bestimmte Zeit abgeschlossen
• Bei befristeten Lizenzverträgen i.d.R. keine ordentliche Kündigung, aber ausserordentliche Kündigung - Ordentliche Kündigung
• Wenn vertraglich vorgesehen, i.d.R. nur bei UNbefristeten Lizenzverträgen
• Kündigung ohne Angabe von Gründen möglich
• Einhalten von Kündigungsfrist, allenfalls Kündigungstermin
• Fehlt vertragliche Regelung der Frist gelten sechs Monate als Richtwert (einfache Gesellschaft)
Ausserordentliche Kündigung:
- Voraussetzung (1 + Definition + 2 Bsp.)?
- Frist?
- Lizenzverträge können immer aus wichtigem Grund gekündigt werden
- Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn die Aufrechterhaltung des Lizenzvertrags einer Partei nicht mehr zugemutet werden kann und sie den Grund nicht selbst zu vertreten hat
• Als wichtige Gründe gelten insbesondere:
– Konkurs und Zahlungsunfähigkeit einer Partei
—-> v.a. des LN
—-> Konkurs LG: Rechte fallen in Konkursmasse -> LN hat plötzlich Vertrag mit konkursitem Unternehmen -> Dritter kann erwerben & Vertrag beenden -> LN kann schon vor Veräusserung wichtigen Grund geltend machen
——–> Durch Eintrag im Register kann dem vorgebeugt werden
– Verletzung wesentlicher Vertragspflichten
• Kündigungen aus wichtigem Grund erfolgen i.d.R. fristlos
- Allfällige weitere Beendigungsgründe ergeben sich aus dem allgemeinen Vertragsrecht
Prozessuale Stellung des Lizenznehmers: Grundsatz, Problem & Lösung?
- Grundsatz
• LN ist nicht Inhaber des lizenzierten Schutzrechts und deshalb nicht aktivlegitimiert - Problem
• Häufig hat vor allem LN ein Interesse an Durchsetzung des Schutzrechts gegenüber Dritten, insb. bei ausschliesslichen und exklusiven Lizenzen - Lösung
• Aktivlegitimation des ausschliesslichen Lizenznehmers kraft Gesetz (Art. 75 PatG; Art. 62 Abs. 3 URG; Art. 55 Abs. 4 MSchG; Art. 35 Abs. 4 DesG), sofern im Lizenzvertrag nicht ausdrücklich ausgeschlossen
• Erteilung einer Prozessvollmacht durch LG an LN
• Prozessbeitritt des LN bei Prozess des LG