§10 Unternehmenszusammenschlüsse Flashcards

1
Q

Wie stehen Fusionen zu Abreden und Missbräuchen marktbeherrschender Stellung aus Sicht des Wettbewerbs?

A

KG 5, 7 = Marktverhaltenskontrolle;
KG 9-11 = Marktstrukturkontrolle

-> funktionale Äquivalenz; gleichermassen ist der Wegfall eines Mittbewerbers möglich

= Änderungen der Marktstruktur können den Wettbewerb genauso beeinträchtigen wie beschränkende Vereinbarungen

-> z.B. nach Sherman Act 1890: sprunghafter Anstieg der Unternehmensfusionen

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2
Q

Was ist das perverse Phänomen am Wettbewerb?

A

Ein Wettbewerb hat viele Vorteile an sich; er ist aber streckenweise alles andere als selbsterhaltend, sondern hat die Tendenz, sich selbst abzuschaffen

-> Ein erfolgreiches Unternehmen wird dank Wettbewerb so stark wird, dass die anderen Unternehmen darunter leiden, was den Wettbewerb unterminiert -> diese Unternehmen nehmen sich dann nicht freiwillig zurück, um den Wettbewerb zu fördern

  • -> Macht durch Preiskartell; oder
  • -> Macht durch Abreden; oder
  • -> Macht durch Fusionen
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3
Q

Prüfschema von Zusammsenschlüssen (3)?

A
  1. Anwendbarkeit KG?
  2. Aufgreifkriterien
    = formell: Voraussetzungen, unter denen sich WEKO überhaupt mit Zusammsenschluss befasst

= geplanter Zusammenschluss genügend Relevanz für CH-Wirtschaft? Wirtschaftlich bedeutsam genug insb. Im Hinblick auf die Schweiz?

= ähnlich Anwendbarkeitsprüfung, aber konkreter anhand von definierten Umsatzschwellen

  1. Eingreifkriterien
    = materiell: Unter welchen Voraussetzungen ist ein Zusammsenschluss zu untersagen bzw. mit Änderungen, Bedingungen oder Auflagen zu versehen?
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4
Q

Was ist der Unterschied zwischen “Fusion” und “Unternehmenszusammenschluss”?

A

«Fusion» ist eigentlich der Dachbegriff; «Zusammenschluss» eine Unterkategorie

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5
Q

Welche Arten von Zusammenschlüssen sind Auseinanderzuhalten?

A
  • Fusionen (KG 4 III lit. a)
  • Kontrollerwerb (KG 4 III lit. b i.V.m. VKU 1)
    = Erwerb von >50% der Aktienanteile
    -> es gibt dann immer noch beide Unternehmen (Unterschied zu Fusion)
  • Gemeinschaftsunternehmen (KG 4 III lit. b i.V.m. VKU 2)
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6
Q

Was ist der Unterschied zwischen einer Fusion i.e.S. und einer Fusion i.w.S.? Welche 2 Formen gibt es jeweils?

A

Fusion i.e.S.
-> FusG 3; gibt zwei Formen (für uns Unterschied aber unerheblich)

Fusion i.w.S.

  • > wirtschaftliche Einheit; zwei Formen:
    • Aktientausch
    • Übernahme Aktiva/ Passiva
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7
Q

Welche Art von Zusammenschlüssen sind kartellrechtlich relevant?

A
  • Zusammenschluss i.S.d. Kartellrechts nehmen wir immer nur dann an, wenn zwei unabhängige Unternehmen beteiligt sind

o ≠ Übernahme innerhalb eines Konzerns (z.B. Apple Schweiz und Apple Frankreich werden zu Apple Schweiz/Frankreich)

o -> ist zwar genau so eine Fusion zwischen Pfizer und Biontech, aber kartellrechtlich konsequenzlos, da sich für den Wettbewerb nichts ändert

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8
Q

Ab wann spricht man von einem Kontrollerwerb? Wie relevant sind Kontrollerwerbe in der Praxis

A

Kontrollprinzip = bereits die Möglichkeit der Kontrolle reicht aus

= weiter als Leitungsprinzip, das einheitliche Leitung verlangt

≠ Zusammenschlüsse von Konzernunternehmen (schon vorher Kontrolle, da gleiche Leitung

-> Die allermeisten Zusammenschlüsse sind Kontrollerwerbe
o Denn sonst muss jedes kleine Einzelteil von der einen Entität in die andere oder in eine neue schieben
o = Rechtlich viel komplizierter als Erwerb

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9
Q

Mögliche Formen von Kontrollerwerb (mind. 4 + Präzisierungen)

A
  • Beteiligungserwerb/ share deal
    • notwendiger Prozentsatz nicht abstrakt fixierbar
  • — 25-50%: wird interessant
  • — >50%: Kontrollerwerb meistens ja, aber auch nicht immer
    • z.B. ich erwerbe 51% des Zielunternehmens = Inhaberschaft des ganzen Unternehmens umgelagert
  • Vertrag, z.B. Aktionärsbindung
    ≠ ich selbst erwerbe 51% der Aktien, aber
    – ich mache Verträge mit 51% der Inhaber und verpflichte sie, immer so zu stimmen, wie ich das will
  • Vermögenserwerb/ asset deal
    ≠ Erwerb der Gesellschaftsanteile, sondern Einzelteile, aus denen Unternehmen besteht (z.B. Maschinen, Büroräume, etc.)
    – Aus Kontrollperspektive Kontrolle nötig, da sonst Umgehung
  • Weitere tatsächliche Einflussmöglichkeiten
    • z.B. wirtschaftlicher Druck (z.B. ich halte alle Darlehen einer Unternehmung; fraglich, ob z.B. auch 40% der Darlehen reichen)
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10
Q

Was ist ein Gemeinschaftsunternehmen (GU)?

A
  • KG 4 III lit. b: “ein oder mehrere Unternehmen”
  • GU = gemeinsame Tochtergesellschaft von mind. zwei voneinander unabhängigen Gesellschaften
    = Joint Venture

= A und B gründen ein neues Unternehmen C und halten je 50%

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11
Q

Welche Art Gemeinschaftsunternehmen unterliegt der Zusammenschlusskontrolle?

A

Nur Vollfunktions-gemeinschaftsunternehmen VGU (VKU 2 I)

= Von A und B gegründetes Unternehmen C macht auch Business mit Kunden, nicht nur mit A und B

  • VGU = tritt selbstständig am Markt auf

BEISPIELE
o Wenn Pfizer & Roche ihre Rechnungslegung in ein gemeinsames Tochterunternehmen auslagern und macht dann einfach das ≠ VGU = nur Dienstleisterin

o Wenn Pfizer & Roche aber ein Unternehmen gründen, dass selbstständig Zeug produziert und verkauft = VGU

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12
Q

TBM VGU (6) + Art.?

A

VGU = Selbstständiger Marktauftritt als Nachfrager oder Anbieter (VKU 2 I):

  • verrichtet also nicht lediglich Hilfsfunktionen oder erbringt Dienstleistungen für Muttergesellschaft
  • oder kauft oder verkauft ihre Produkte und
  • ist wirklich selber nach aussen am Markt auf
  • langfristig ausgelegt
  • ausreichend sachliche, personelle und finanzielle Ausstattung
  • Bei Gründung eines GU: Zusätzlich müssen Geschäftstätigkeiten von mindestens einem kontrollierenden Unternehmen einfliessen (VKU 2 II)
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13
Q

Wie werden Gemeinschaftsunternehmen, die nicht als VGU gelten, kartellrechtlich behandelt?

A

-> ggf. unzulässige Wettbewerbsabreden, KG 5

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14
Q

Was ist das Konzentrationsprivileg?

A

Die Voraussetzungen für ein Fusionsverbot i.S.v. KG 9-11 sind höher als die Anforderungen, um nach KG 5 bestraft zu werden

-> Konzentrationsprivileg

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15
Q

Welche Meldepflichten existieren?

A

KG 9: Zusammenschlussvorhaben müssen gemeldet werden

-> welche genau, s. Abs.1

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16
Q

Wann ist beim Unternehmenszusammenschluss abgesehen von KG 9 I immer eine Meldung nötig?

A

Wenn ein Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung involviert ist, KG 9 IV

17
Q

Wann werden (meldepflichtige) Zusammenschlüsse untersagt (wird eingegriffen)? Gibt es einen möglichen Rechtfertigungsgrund?

A

KG 10 II a: Zusammenschlüsse werden verboten, wo sie zu einer QUALIFIZIERTEN MARKTBEHERRSCHUNG führen würden

= “Wo der Zusammenschluss eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt, durch die wirksamer Wettbewerb beseitigt werden kann.”

-> Feststellung wie bei KG 7; allerdings qualifizierte Marktbeherrschung nötig
= strengerer Begriff der Marktbeherrschung, nämlich Zusammenschluss muss Potenzial zur Marktbeseitigung haben
– auf wahrscheinliche Wirkungen in der Zukunft abstellen (KG 7 eher ex post, d.h. nach vermeintlicher Verletzung)

RECHTFERTIGUNG
- Möglich, wenn Nachteile durch eine Wettbewerbsverbesserung auf einem anderen Markt überkompensiert werden, KG 10 II lit. b

-> bisher erst einmal angenommen: Gateway Basel-Nord
–> Verbesserungen im
Gesamtsystem des kombinierten Verkehrs überwiegen Wettbewerbsbeeinträchtigungen bei Umschlagsleistungen im Import und Exportverkehr

  • ODER Sanierungsfusion
19
Q

Kriterien der qualifizierten Marktbeherrschung (Eingreifkriterien) (3 wichtigste + weitere)?

A
  • Marktanteil
    • absolut: Marktbeherrschung bei bis zu 40-50% Marktanteil unwahrscheinlich (Faustregel)
    • relativ: Marktanteilsverteilung unter allen Unternehmen im relevanten Markt
  • Potentieller Wettbewerb
    = Markzutritt wahrscheinlich und rentabel, rechtzeitig sowie in einem Ausmass möglich, dass Marktverhältnisse sich tatsächlich ändern
    = die lauernde Gefahr, dass bei schlechten Bedingungen neue Konkurrenten auf den Markt strömen könnten, wirkt ex ante disziplinierend
  • Stellung der Marktgegenseite
    = wenn ein starker Produzent, aber auch starker Abnehmer -> weniger gefährlich
  • Weitere ggf.: Finanzkraft, Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten, Entwicklung von Angebot und Nachfrage, Substitutionswettbewerb
20
Q

Welche Rechtfertigungsgründe gibt es?

A
  • Sanierungsfustion (Sonderfall)
  • -> Ratio: Fiele ohne die Fusion eine der Gesellschaften in Konkurs, ist die Fusion nicht kausal für die Beseitigung wirksamen Wettbewerbs = Verbot gestaltet Wettbewerb nicht positiver als Genehmigung
  • Gesamtmarktbetrachtung
    = KG 10 II lit. b
21
Q

Voraussetzungen Rechtfertigungsgrund Sanierungsfusion (3)?

A

1)Sanierungsbedürftigkeit
= es muss tatsächlich der Konkurs drohen

2) Ohne Fusion fielen die Marktanteile ohnehin dem übernehmenden Unternehmen zu

3) Keine wettbewerbsverträglichere Alternative
= z.B. nur Teilübernahme
–> hier scheitert’s meistens

22
Q

Was genau ist mit dem Rechtfertigungsgrund i.S.v. KG 10 II lit. b gemeint, der Verbesserung der Wettbewerbsverhältnisse auf einem anderen Markt? Was gehört gerade nicht dazu? Was könnte in Zukunft dazu gehören?

A
  • Botschaft: Marktbeherrschung auf einem “absterbendem” Markt, dafür mehr Wettbewerb auf einem “zukunftsträchtigem Markt”
  • Wichtig: KG 10 IV
    = “Marktentwicklung und Stellung der Unternehmen im internationalen Wettbewerb”
    = Hinnahme gewisser Marktkonzentration auf dem CH-Markt, um Marktteilnehmern aus der Schweiz internationale Spielräume einzuräumen
  • ABER Effizienzen oder verbesserte Innovationspotentiale im von der Fusion betroffenen Markt bieten dagegen KEINE Rechtfertigung
  • Zukünftig: zu klären, ob Nachhaltigkeits-/ Ökologieaspekte auch berücksichtigt werden können
23
Q

Welche drei möglichen Ausgänge hat das Verfahren der Zusammenschlusskontrolle?

A
  • Zulassung
  • Zulassung unter Auflagen oder Bedingungen
  • -> strukturelle Massnahmen, z.B. A darf von B Unternehmensteil X kaufen, verkauft dafür aber Y
  • -> Verhaltensmassnahmen, z.B. operative Selbstständigkeit von Denner und mehrheitlich Markenartikel im Angebot (begrenzt auf 7 Jahre)
  • Untersagung
24
Q

Woran ist bei Nebenabreden zwischen den am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen zu denken?

A
  • Die Fusionsgenehmigung erfasst auch unmittelbar mit der Fusion in Verbindung stehende Nebenabreden
  • > Verhältnismässigkeit
  • Falls nicht anwendbar: KG 5
25
Wie ist die Verhältnismässigkeit von unmittelbar mit Fusionen zusammenhängenden Nebenabreden zu prüfen (4)?
Die Fusionsgenehmigung erfasst auch unmittelbar mit der Fusion in Verbindung stehende Nebenabreden, sofern diese nicht weiter gehen als nötig bzw. verhältnismässig sind: - persönlich - -> z.B. ein verabredetes Werbeverbot (WV) trifft nur den Verkäufer und die mit ihm verbundenen Unternehmen - Sachlich - -> z.B. WV nur für Aktivitätsbereich des veräusserten Unternehmens - Örtlich - -> z.B. WV nicht weiter als das bisherige geografische Betätigungsfeld - Zeitlich - -> i.d.R. auf 2-3 Jahre begrenzt -> falls Nebenabrede unverhältnismässig: KG 5 Weitere Bsp.: Lizenzverträge oder Liefer- und Bezugsvereinbarungen
26
Was, wenn eine Nebenabrede nicht von der Unternehmens-zusammenschlusskontrolle erfasst?
- Falls nicht von KG 9-11 erfasst: KG 5 - > Z.B. A kauft von M die Tochter T1/M hat noch T2/das ist Fusion und geht durch/ Zugleich machen M und A Abreden, die unter KG5 steht, z.B. ich kaufe dir schon T1 (Turnschuhgeschäft), aber ich will nicht, dass du T2 dann Turnschuhe produzieren lässt o Wenn Fusion ok ist und die Abrede ein wirklich, wirklich nicht wegzudenkender Teil der Fusion ist, dann Ausnahme von Anwendbarkeit KG 5 -> Grundgedanke: Fusionen können für Volkswirtschaft nützlich sein (statische und dynamische Effizienz) -> wir sollen Fusionen nach Möglichkeit zulassen
27
Einziges Bsp. für rechtskräftige Untersagung eines Zusammenschlusses in der CH?
- Fusion Orange/Swisscom - > Nachteile überwogen Vorteile - > Keine denkbaren Bedingungen oder Auflagen, um das Problem zu lösen
28
Wenn ein Zusammenschluss zu einer qual. Marktbeherrschung führt, die nicht zu rechtfertigen ist, was ist der letzte mögliche Ausweg?
Zulassung durch den BR (KG 11) - Voraussetzung: überwiegende öffentliche Interessen