Substanzkonsumstörungen Flashcards

1
Q

Substanzkonsumstörung / Symptomatik, Kriterien, Epidemiologie

A
  • nicht immer sozial verwahrlost! Störung ist nicht immer erkennbar
  • Mittelpunkt: Craving: pathologischer Drang zum Substanzmissbrauch
  • Substanzkonsumstörung:Klassifikation DSM-5:
    • vier inhaltliche Symptom-Bereiche:
      • pharmakologisch (Toleranz, Entzugssymptom)
      • reduzierte Kontrolle über Konsum(Kontrollverlust, hoher Zeitaufwand für Beschaffung, Craving)
      • soziale Beeinträchtigung (mangelnde Rollenerfüllung, beziehungsbezogene Probleme,etc.)
      • riskanter Konsum (Fortführung trotz Wissen um Schädigung

→ innerhalb von 12 Monaten müssen 2 Kriterien erfüllt sein

ICD-10: zusätzlich Schädlicher Gebrauch (physische oder psychische Schäden durch Konsum) und Abhängigkeitssyndrom (3 aus 6 Kriterien über 12 Monate, bei dieser Diagnose darf Schädlicher Gebrauch nicht mehr diagnostiziert werden. )

Im ICD-10 sind keine sozialen Folge des Konsums als Störungskriterien aufgeführt!

  • Epidemiologie (nach DSM-5-Kriterien):
    • Alkohol: 3 % (12-Monats-Prävalenz), Todesfälle pro Jahr: 74.000
    • Cannabis: 0,5% (Lebenszeitinzidenz: 50,7%)
    • Kokain: 0,2%
    • Amphetamine: 0,1 %
    • hauptsächlich junge Erwachsene, männlich
  • Konsumbeginn und Komorbidität:
    • zweites bzw. drittes Lebensjahrzehnt
    • variabler Verlauf von Remission und Rückfällen
    • hohe Komorbiditäten:
      • andere Substanzkonsumstörungen, z.B. Nikotin
      • Angststörungen
      • affektive Störungen
      • Soziale Phobie als Risikofaktor für später entstehende Alkohol- und Cannabisabhängigkeit
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2
Q

Substanzkonsumstörung / Ätiologie und Verlauf

A
  • Wieso konsumiert ein Teil der Bevölkerung ekzessiv, andere gar nicht und andere probieren nur?

⇒ Modelle versuchen genau das zu erklären!

  • alle Modelle:
    • Substankonsumstörungen entwicklen sich über längere Zeit
    • Entwicklungsübergänge sind zu beobachten (riskanter Konsum zu abhängigem Konsum)
    • langfristige Störungsverläufe variieren interindividuell (Spontanremission bis hin zu chronisch-rezidivierend)
      *
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3
Q

Substanzkonsumstörung / Entwicklung

A
  • 3 Einflussbereiche ( Faktoren für Konsum können in diesen Bereichen zu finden sein):
    • 1. sozial-interpersonaler Bereich:
      • Eigenschaften und Verhaltensweisen des unmittelbaren Umfelds (z.B. Konsummodelle der Eltern)
    • 2. kultureller bzw. Einstellungsbereich
      • Faktoren, die auf Einstellung zum Konsum wirken ( Arbeitslosenrate, schwache Leistungsorientierung, Zugang zu Substanzen, etc.)
    • 3. intrapersonaler Bereich
      • individuelle Faktoren (genetische Einflüsse, Persönlichkeitsmerkmale, kognitive Kontrollfähigkeiten,etc.)
  • Risikofaktoren (sind mit erhöhtem Risiko für problematischen Konsum assoziiert, treten vor Konsum auf)
    • ​biologisch-genetische Vulnerabilität
    • Persönlichkeitseigenschaften (Neugierde, niedrige Impulskontrolle,…)
    • leichte Erreichbarkeit der Substanz
    • starke Bindung an soziale Bezugsgruppe mit problematischen Konsummustern
    • Starke Beeinflussung durch sozialen Druck in Peer Group
    • Positive Bewertung des Substanzgebrauchs innerhalb dieser Gruppe
    • Individuum hat bestimmte Erwartungen von Vorteilen durch Konsum (Kontakterleichterung, etc.)
    • positive Erwartungen bzgl. der Wirkung
    • Beobachtung positiver Konsequenzen bei Dritten
  • Schutzfaktoren (reduzierte Wahrscheinlichkeit für Auftreten von Problemkonsum, nehmen direkt oder indirekt (Abschwächung der Risikofaktoren)Einfluss):
    • positives Selbstwertgefühl
    • realistische Selbsteinschätzung
    • Coping-Strategien
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4
Q

Substanzkonsumstörung / Entwicklung / Konditionierungsmodelle

A
  • Selbstmedikation ( Verbesserung des körperlichen und emotionalen Zustands)
  • positive Verstärkung (postitive Wirkung des Gebrauchs)
  • negative Verstärkung (Beendigung negativer emotionaler und sozialer Situationen, z.B. Probleme im Elternhaus, Schule, etc.)
  • erlebte positive Auswirkungen → operante Konditionierung
  • klassische Konditionierung = ursprünglich neutraler Reiz wird zum Konsumwunsch, wenn dieser wiederholt während Konsum auftritt

→ Fehlen der Droge führt dann irgendwann zu Abstinenzsyndrom!

  • Entzugserscheinungen werden ebenfalls zu konditionierten Stimuli (die über Jahre anhalten, sehr löschungsresistent), die den Wunsch nach der Droge auslösen! (operante Konditionierung durch positive Wirkung der Droge und Wegfall der negativen Entzugserscheinungen)
  • Wirkung der Substanz selbst ist auch zu erzeugen: Needle freaks: Spritzen einer Placebo-Substanz führt zu Wirkung ähnlich einer psychotropen Substanz

→ Konditionierungsmodelle können Entwicklung erklären, aber nicht warum viele Personen trotz Konsum keine Störung entwickeln

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5
Q

Substanzkonsumstörung / Entwicklung / Kognitive Modelle (nach Beck!)

A
  • Substanzstörung als Endergebnis der Aktivierung eines Bündels an unterschiedlichen Annahmen bzw. Erwartungen an die Subtanz!

→ Ergänzung der Konditionierungsmodelle mit Motiven und Erwartungen!

Vulnerabilitäts-Stress-Konzept (Integratives Modell)

  • frühe Vulnerabilitätsfaktoren werden nur dann relevant, wenn zusätzlich akute Risikofaktoren in den kritischen Zeitfenstern für die Entwicklung eines problematischen Konsums (z.B. Verfügbarkeit, akute Stressoren) auftreten!
  • ebenfalls relevant: Neurobiologische Vorgänge: Hypersensitivierung der neuronalen Belohnungssysteme
  • Übergänge von Konsum zu riskantem Konsum durch soziale (Angebot, Zugang, Preis) und psychosoziale Faktoren (Peergroup, Druck)
  • Übergänge zu Konsumstörung durch individuelle Vulnerabilitätsfaktoren
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6
Q

Substanzkonsumstörung / Aufrechterhaltung

A
  • zunehmende Reduktion des Verhaltensrepertoires einer Person auf den Erwerb und Konsum der Substanz!
  • normale, alltägliche Abläufe werden mehr und mehr aufgegeben
    • wird wahrscheinlicher, je mehr Schwierigkeiten eine Person vor Beginn des Substanzmissbrauchs erlebt!
  • langfristig kann es zum kompletten Einbruch des Verhaltensrepertoires kommen, man will nur noch die Droge!
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7
Q

Substanzkonsumstörung / Remission

A
  • lange Zeit überwiegen die positiven Folgen des Konsums, positive Verstärker wirken direkt, negative Folgen kommen erst später.
  • deswegen weniger Steuerung des Verhaltens durch die negativen Folgen, die durch übermäßigen Konsum entstehen
  • wenn sich dann eigenständig für ein Entzug entschlossen wird, dann häufig wegen eintretender negativer Folgen!

→ eigenständiger Entzug (negative Folgen treten auf, verschwinden aber auch schnell wieder!)

→klassisch konditionierte Auslöser bleiben aber bestehen

→ starke Gefähr des Rückfalls, starke Ambivalenz zwischen Wunsch nach Konsum und Abstinenz!

WICHTIG: Therapiemotivation! (früher hat man vermutet, Motivation ist erst hoch, wenn ausreichend negative Folgen erlebt wurden, heute geht man davon weg! frühstmöglich Motivation erhöhen!) Entwicklung einer Änderungsbereitschaft durch:

  • Zunahme der negativen Konsequenzen
  • Kognitive Auseinandersetzung mit Vor- und Nachteilen
  • Ausreichende Kompetenzen zur Verhaltensänderung
  • Subjektive Erwartung, die Verhaltensänderung auch meistern zu können
  • Kenntnis ausreichender Lebensalternativen ohne Konsum
  • Kenntnis von Hilfangeboten!
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8
Q

Substanzkonsumstörung / Remission / Stadien der Veränderungsbereitschaft

A
  1. Stadium der Absichtslosigkeit: keinerlei Problembewusstsein
  2. Stadium der Absichtsbildung: erste Gedanken über mögliche Veränderung des Problemverhaltens
  3. Stadium der Vorbereitung: Wunsch nach Veränderung innerhalb der nächsten 30 Tage
  4. Stadium der Handlung: Abstinenz erreicht, aber weniger als 6 Monate
  5. Stadium der Aufrechterhaltung: Abstinenz von mehr als 6 Monaten
  6. Rückfall: Stadien werden mehrmals durchlaufen mit mehreren Rückfällen bis endgültige Abstinenz erreicht wird.
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9
Q

Substanzkonsumstörung / Rückfall

A
  • 2 Jahre nach Behandlung: Alkohol 50 %, 70% Heroin etc.
  • Klassische Konditionierung:
    • neutrale Situationen werden zu konditionierten Auslösern für konditionierte Entzugserscheinungen
    • diese konditionierten Entzugserscheinungen sind diskriminative Stimuli für erneuten Konsum
    • craving als diskriminativer Stimulus
    • → Modell kann nicht erklären, warum viele Personen bei gleichen Bedingungen nicht rückfällig werden.
  • Kognitive Ansätze
    • ​siehe Bild
    • Rückfall bereitet sich vor und ist kein plötzliches Ereignis
    • Beeinflussung durch:
      • allgemeine kritische Lebenssituation
      • Konfrontation mit Risikosituation
      • Grad der Abstinenzzuversicht
      • Ausmaß an pos. oder neg. Erwartungen an eine Substanzeinnahme
      • Grad der Bewältigungsstrategien für Umgang mit einer Risikosituation
    • einmaliger Ausrutscher muss nicht zwangsläufig zu vollständigem Rückfall, es spielen u. a eine Rolle, wie subjektiv eigene Fähigkeit zur Bewältigung der Sit. eingeschätzt wird, und wie hoch der Grad an pos. o. neg. Konsequenzen von fortgesetztem Konsum sind
  • Integration beider Ansätze
    • ​konditionierte Auslöser führen nicht immer zum Rückfall, abhängig von:
      • Qualität der Konditionierung
      • äußere Bedingungen (Verfügbarkeit, etc.)
      • kognitive Faktoren (Grad von Lebensproblemen, etc.):
        • subjektive Bewertung der eigenen Bewältigungsstrategien
        • pos. neg. Wert der Substanzeinnahme
    • für Prozess der langfristigen Abhängigkeit nach einem Rückfall spielen auch kognitive Faktoren eine Rolle
      • Erwartungen an die neue Abstinenz
      • aber auch Erwartungen an einen selbst, schafft man eine erneute Abstinenz?
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10
Q

Substanzkonsumstörung / Diagnostik

A
  • Verhaltensbeobachtung (z.B. unsicherer Gang)
  • klinisches Interview (Konsummuster, Anamnese etc)
  • Fremdanamnese durch Angehörige
  • Fragebogen und Tests
    • Addiction Severity Index: semistrukturiert, Erfassung von 7 Problembereichen
    • CIDI: Composite International Diagnostic Interview
  • somatisch: Laborparameter: Y-GT, ASAT
  • Infos von Dritten: Gutachten, Führerscheinverlust, etc.
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11
Q

Substanzkonsumstörung / Therapie

A
  • Phasen
    • Vorbereitung / Motivation:
      • überwiegend ambulant durch Hausarzt
    • Entzug
      • stationäres Setting
      • Achtung: Alkoholentzugssyndrom
    • Entwöhnung / Rehabilitation
      • umfassende Stabilisierung des Patienten
      • hinsichtlich sozialer, physischer und psychischer Faktoren
      • stationär oder ambulant möglich
    • Nachsorge
      • z.b Besuch einer Selbsthilfegruppe
      • Psychotherapie
      • Wiedereingliederung

Therapie-Ziele:

  • je nach Art und Schwere der Störung, sowie nach Substanz
  • Alkohol, Cannabis & Kokain:
    • Abstinenz vollständig (ist das Ziel der Therapie dass auch von der Krankenkasse bezahlt wird, folgende Formen nicht)
    • Punktabstinenz, Verzicht auf Substanz in bestimmten Situationen, z.B. Verkerh (bei leichten Formen: Missbrauch und schädlicher Gebrauch)
    • Kontrollierter Konsum (bei leichten Formen: Missbrauch und schädlicher Gebrauch, aber stark diskutiert!)
  • Opioide
    • Substitution = Schadensminimierung durch Gabe einer Ersatzsubstanz z.B. Methadon, Buprenorphin
    • deswegen: nicht die Substanz selbst führt zwingend zu den physischen und psychischen Schäden, sondern negative Verhaltensweisen (Einnahmeformen, illegale Beschaffung, etc.)
    • Vorteile:
      • Verhinderung von Einnahme von verunreinigtem Stoff, keine Überdosen
      • keine Entzugserscheinungen
      • systematische Reduktion der Menge möglich
      • Beschaffungskriminalität wird verhindert
    • aber: ein großer Teil muss lebenslang in Substitution verbleiben!
    • gefährlich: Beibehaltung der Drogenkontakte und Mischkonsum
    • für Schwerstabhängige: Diamorphin (Heroin), aber sehr teuer und nur in einigen Städten zulässig
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12
Q

Substanzkonsumstörung / Psychotherapie

A

Schwerpunkte der Behandlung

  • Förderung der Therapiemotivation
    • Aufbau einer therapeutischen Arbeitsbeziehung
    • besonders bei externer Motivation wichtig (z.b. gerichtliche Anordnung)
    • wichtig: positive Verstärkung aufbauen, die mit der unmittelbaren Verstärkung durch Konsum konkurrieren kann
    • es muss vermittelt werden, dass Motivation kein Trait ist, sondern ein Zustand der Veränderungsbereitschaft
    • motivierende Gesprächsführung
      • Ausdruck von Empathie
      • Entwickeln von Diskrepanz (Pat. muss Diskrepanz zwischen aktuellem Verhalten und Zielen erkennen)
      • Widerstand aufnehmen: Betonung der freien Entscheidung des Pat. (roll with resistance)
      • support self-efficacy: Übergabe der Verantwortung an Pat.
  • Rückfallprävention
    • setzt Verhaltensänderungsbereitschaft von Pat. voraus
    • Kombination von kogntiven und verhaltensübenden Verfahren:
      • grundsätzliche Vermeidung von Rückfallauslösern
      • Modifizierung der Auslöserqualität (Löschung)
      • Aufbau von alternativen Verhaltensweisen
      • Massnahmen zur Schadensbegrenzung bei aufgetretenem Rückfall
  • Behandlung der somatischen, emotionalen und sozialen Störungen
  • Behandlung der komorbiden Störungen
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13
Q

Substanzkonsumstörung / Pharmakotherapie

A
  • Alkohol:
    • Benzodiazepine (Beruhigung)
    • Clomethiazol : stationär, da hohes Abhängigkeitspotenzial
    • Antipsychotika: bei deliranten Symptomen
    • Anti-Craving-Medis: Acamprosat, Naltrexon
  • Opioide
    • Substitutionsbehandlung
    • Entzugssymptome: stationär, Clonidin
    • Achtung: Craving wird nicht verhindert durch Naltrexon, da Blockade der Opiodrezeptoren die Opioide ihre Wirkung nicht wirken können
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14
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