Bipolare Störungen Flashcards
Bipolare Störungen / Symptomatik und Klassifikation
- generell: insgesamt mehr Zeit in Depression als in Manie
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Manie:
- erstes Anzeichen: vermehrtes Interesse an Unternehmungen, Aktivitäten, Menschen, generell gesteigerter Antrieb
- übersteigertes Selbstbewusstsein (in die Richtung narzisstisch, liegen im Bereich des möglichen: vs. psychotisch/schizophrener Größenwahn)
- auch wahnhafte Größenideen
- Stimmung: übertrieben gehoben, euphorisch, aber auch reizbar
- geringes Schlafbedürfnis
- Sozialverhalten: redet ununterbrochen, will alles mitteilen. stellt keine Fragen und beantwortet auch keine
- Libidosteigerung
- Grandiosität (bestimmte Fähigkeiten haben z.B. Klavier spielen ohne je Unterricht gehabt zu haben)
- kann mit oder ohne psychotische Symptome auftreten
⇒ häufig bleibt Manie auch unentdeckt. Außerdem ist nicht zwingend ein stationärer Aufenthalt erforderlich!
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Hypomanie
- Manie kann als hypomaner Zustand beginnen
- Vorliegen von psychotischen Symptomen ist Ausschlusskriterium für Hypomanie
- ICD-10: hypomanische Symp. DSM-5: hypomane Symptome
- Hypomane Symptome müssen mind. 4 Tage andauern, dieses Kriterium wird fast immer überschritten
- gleiche Symptome wie Manie:
- übermäßige Vertrautheit
- gesteigerte Geselligkeit
- auffallendes Gefühl von Wohlbefinden
- flegelhaftes Verhalten
- deswegen Differenzierung zu Manie: Schweregrad der Symptomatik, keine massive Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit, aber Verhalten muss dennoch beobachtbar sein und abweichend
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gemischte Episoden
- ICD-10: Mischform manischer und depressiver Symptome
- Kriterien für manische / hypomane Episoden müssen erfüllt sein, gleichzeitig aber auch:
- an den meisten Tagen mind. 3 depressive Symptome (z.B. deutliche Dysphorie, depr. Stimmung, reduziertes Interesse und Vergnügen, psychomotorische Verlangsamung)
⇒ sehr gefährlich: ruhelos, “planen ihren eigenen Abgang!”
⇒ schwere Erfassung dieser Zustände
⇒ 26- 34 % aller Episoden haben gemischte Merkmale (atypische Manie, dysphorische Manie)
Bipolare Störungen / Formen
- Bipolar-1-Störung: manische und gemischte Episoden, nicht ausschließlich hypomanische Phasen.
- Bipolar-2-Störung: Abwechslung zwischen depressiven Episoden und hypomanen Episoden, keine Manien
- Zyklothymie: andauernde Instabilität im Affekt und Antrieb, wird selten diagnostiziert, zwischendurch ausgeglichene Stimmung, maximal 2 Monate.Ausschluss: Wenn in ersten 3 Jahren Kriterien für Manie, Hypomanie oder Major Depression erfüllt waren
Bipolare Störungen / Epidimiologie und Verlauf
- Lebenszeitprävalenz: 1 % für Bipolar-1
- für den Rest: 3-5%, aber Achtung: nur valide wenn längsschnittlich erhoben (querschnittlich: oft nur depressive Episoden festgestellt)
- Erkrankungsalter: 30
- Prädiktoren für switchen von unipolar zu bipolar:
- Schwere der ersten depressiven Episode
- frühes Ersterkrankungsalter
- rezidivierende Depressionen
- Stimmungslabilität
- erhöhtes Aktivitäts- und Energieniveau
- Rapid Cycling: Betroffene erleben innerhalb eines Jahres mindestens 4 affektive Episoden, die entweder duch vollständige Remission voneinander abgegrenz sind oder durch Kippen in Episode entgegengesetzter Polarität (ICD-10: F31.8: sonstige bipolare affektive Störung mit schnellen Phasenwechseln)
- Komorbiditäten:
- Missbrauch von Alkohol und Drogen
- Angststörungen
- Zwangsstörungen
- Soziale Phobie
- Persönlichkeitsstörungen (Cluster B: emotional, dramatisch)
Bipolare Störungen / Psychobiologisches Modell
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Behavioural Activation System: Leichtigkeit, mit der BAS zur Dysregulation neigt, ist entscheidender Faktor, der Person prädisponiert, manische und depressive Symptome zu entwickeln (Reagibilität des BAS: hoch = hoher Antrieb, niedrig= geringer Antrieb)
- BAS: motivationale Funktion, alle Reize mit Verstärkungsfunktion aktivieren BAS und führen zu positivem Affekt,
- genetisch bedingt?
- Wichtig in Therapie: Fokus auf situative Veränderungen des Aktivitätsniveaus
- z.B. Erfolg durch Lernen → noch mehr Lernen → Verschiebung des Aktivitätsniveaus → mehr und mehr maniformes Verhalten
Bipolare Störungen / Kognitives Modell maniformer Symptome
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Kern maniformer Symptome = O, nicht die Veränderung der Stimmung, sondern Veränderung im Aktivitätsniveau
- Verschiebung Schlaf-Wach-Rhytmus
- Zunahme Erregungsniveau
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Reaktionen bzw. Verhaltensweisen =R :
- reale Zunahmen an Aktivitäten
- Stimmungsveränderungen in Richtung Euphorie
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Konsequenzen = C:
- Zunahme Selbstwert
- Veränderung im Umgang mit Medis
- Umwelt reagiert mit Besorgnis oder Kritik
- Verstärkung dysfunktionaler Einstellungen
- Rückkopplungsschleife: Maniforme Symptome können sich bis zum psychotischen Zustand steigern!
Bipolare Störungen / Diagnostik
- Wie ist der aktuelle Zustand des Betroffenen?
- remittiert/nicht mehr depressiv trifft bei bipolar nicht zu, kann ein Kippen in Manie bedeuten
- Vergleich mit Normalverhalten nötig
- weniger auf subjektive Einschätzungen, sondern auf Berichte abzielen (subjektiv häufig verzerrt)
- ADS (Allgemeine Depressionsskala)
- ADMS (Allgemeine Depressions- und Manieskala
- Internal State Scale: tägliche Erfassung der Stimmung
- Social Rhythm Metric: z.B. Doku von Zu-Bett-Geh-Zeiten
- individualisiertes Stimmungstagebuch
- Lifechart-Methode:
- Verlauf der Symptomatik inkl. Zeitachse
- Veränderungen und Belastungen
Bipolare Störungen / Therapeutisches Vorgehen
- Primäres Ziel: Rückfallprophylaxe
- Eigenes Verhalten beobachten und bei Veränderungen in Richtung maniformer oder depressiver Zustände in Abhängigkeit der Situation adäquat reagieren
- 3 Behandlungsphasen:
- Akutbehandlung: Beseitigung Symptome, Kontrolle
- Stabilisierungsbehandlung: Verhinderung Rückfall
- Prophylaxe-Behandlung: Aufrechterhaltung des stabilen Zustands
Bipolare Störungen / Therapie / Motivation und Psychoedukation
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Stimmungstagebuch: Motivation muss gefördert werden, dieses auszufüllen:
- Zsh. zwischen eigenem Verhalten und Stimmung erkennen
- Umstände mangelnder Medicompliance erkennen
- dysfunktionale Einstellungen erkennen und bearbeiten
- Differenzierung zwischen alltäglichen Schwankungen und Symptomen affektiver Episoden
- Informationsvermittlung
- Medikamentenaufklärung: v.a. stimmungsaufhellende Medis müssen eingenommen werden!
- Vermittlung des Therapierationals: Was muss man in Therapie bearbeiten? auch Vermittlung des Vulnerabilitäts-Stress-Modells (genetische Veranlagung der leichten Störung eines Rhythmus führt in Kombi mit anderen Faktoren ,z.B. Stress zur Symptomatik)
Bipolare Störungen / Therapie / Individuelle Rezidivanalyse
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Identifikation von individuellen Warnsignalen bzw. Frühwarnsymptomen
- Vermittlung, was genau depressive, manische und hypomane Symptome sind, wann werden daraus Episoden
- Erarbeitung des individuellen Verlaufs der bipolaren Störung
- Liste von Frühwarnsymptomen
- Differenzierung zwischen normalen Stimmungsschwankungen und affektiven Episoden
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Life-Chart
- maniforme und depressive Episoden mit entschiedenden Lebensereignissen
- Häufigkeit Episoden
- welche Faktoren haben Einfluss auf Episoden
- Verlauf der eigenen Erkankung zu erarbeiten und verstehen
- Prodromal-Symptome erkennbar?
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Persönliche Frühwarnsymptome
- individuelle und spezifische Liste erstellen
- Brainstorming oder Checkliste
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Selbstcheck
- Selbstunsicherheit hinsichtlich: Ist alles im grünen Bereich? Bin ich grade “Komisch”?
- Überblick über aktuelle Situation verschaffen
- Pat. sollen möglichst frei erzählen
- Stimmungstagebuch checken
- Liegen Frühwarnsymptome vor?
- Kriterien für Depression checken:Sind das normale Stimmungsschwankungen oder Episodenwechsel?
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Normale vs. auffällige Stimmungsschwankungen
- alltägliche Änderungen sind an konkrete Ereignisse gekoppelt
- dauern nur begrenzte Zeit an
- passen sich an Veränderung der Situation an (Ärger zuhause wird nicht im Büro ausgetragen)
- gehen nicht mit Muster anderer Symptome einher, dass typisch für affektive Episoden wäre, z.B. Veränderung im Appetit etc.
Bipolare Störungen / Therapie: Aktivitätsniveau und Kognition in der Manie
- Vermittlung von Strategien im Umgang mit den Frühwarnsymptomen
Maniforme Kognitionen
- Einführung des Konzepts: Verzerrtes negatives Denken!
- Aufzeigen, wie dieses Denken die Interpretation von Ereignissen und Handlungen beeinflussen kann
- Spirale zum Erkennen maniformer Kognitionen: Gedanke → Gefühl → Handlung
- Gedanke: ich werde alles schaffen, Gefühl: optimistisch, Verhalten: lange aufbleiben, Geld ausgeben etc.
- generell: nie Generalisieren sondern spezifisch bleiben!
- Protokoll automatischer Gedanken:
- sollen Pat. auch zuhause ausfüllen. Identifikation von Veränderungen in ihrem Denken (wie ein Regisseur ein Bühnenbild /die Situation und die Gedanken beschreiben)
- dann: Realitätscheck!
- dann: Finden von Alternativerklärungen
Maniformer Aktivitätsdrang
- sowohl Zuviel und Zuwenig an Aktivitäten, Pflichten und Aufgaben steigert affektive Symptome!
- schrittweise Aufgabenbewältigung (SAB): Wo treten im Alltag Überforderungsgefühle auf?
- Erkennen dieser Situationen
- Vorgehen:
- Auflistung aller anstehenden Aufgaben
- Teilschritte dieser Aufgaben erarbeiten
- Dringlichkeit und Wichtigkeit dieser Aufgaben festlegen
- Listenerstellung: z.B. Liste A: hohe Priorität, hohe Dringlichkeit (z.B. Rechnungen)
→ Dadurch wird erkannt, wo das Kernproblem liegt! z.B. kognitive Verzerrung, oder auf Verhalten
→ Wenn Person manisch ist: Maximalliste: Listenerstellung mittels SAB aber zusätzlich: Ideen, Pläne, Vorhaben egal wie abstrus sie sind!
- Beurteilung wie dringlich und wichtig die objektiven , aber auch die subjektiven Punkte mit ihren Teilschritten sind!
- z.B. Liste A: dringliche und wichtige objektive Aufgaben, aber auch subjektive Aufgaben, die wenig Konsequenzen nach sich ziehen ! (Autonomie des Pat.!), Liste C = not-to-do-Liste
Bipolare Störungen / Therapie: Problemlösen, interpersonelles Verhalten und Notfallplan
- Wichtig: Einbezug von wichtigen Bezugspersonen:
- Pat. müssen lernen, eigenen Zustand einschätzen zu können, und dann mit Konfliktsituationen umgehen zu können: z.B. wenn Partner sagt:” ich habe das Gefühl du wirst wieder manisch!”
- Perspektivwechselübungen
- aber auch: Bezugspersonen lernen mit Erkrankung umzugehen, Kompromisse erarbeiten
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Notfallplan:
- am besten 2 separate: Depression & Manie
- achtung: zu früh ausgearbeitete Pläne sind meist zu medizinisch und zu ungenau: Einnahme Medis etc.
- Stufenplan mit 5-7 Stufen mit aufsteigendem Interventionsbedarf
- Prinzip: Je früher Symptome erkannt werden und je schwächer sie sind, desto größer ist der Handlungsspielraum
- Achtung: Beachtung kognitiver Faktoren!
- global-stabiler Attributionsstil für positive und negative Ereignisse begünstigt maniforme Symptome