Sexuelle Funktionsstörungen und Geschlechtsdysphorie Flashcards

1
Q

Sexuelle Funktionsstörungen / Störungsbilder

A

Allgemein = Fähigkeit von Menschen, ihren persönlichen Wünschen und Vorstellungen entsprechend sexuell zu reagieren oder ihre Sexualität zu genießen ist bedeutsam beeinträchtigt.

4 Hauptgruppen von Störungen:

  • sexuelle Appetenz
  • sexuelle Erregung
  • Schmerzen bei sexuellem Kontakt
  • Orgasmusstörungen
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
2
Q

Sexuelle Funktionsstörung / Diagnosekriterien

A
  1. über einen Zeitraum von sechs Monaten
  2. in der Mehrzahl der sexuellen Situationen auftretend
  3. klinisch bedeutsamen Leidensdruck verursachen
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
3
Q

Sexuelle Funktionsstörungen beim Mann

A
  • verminderte sexuelle Appetenz: Mangel an sexuellen Gedanken oder Fantasien & vermindertes Verlangen nach sexueller Aktivität
    • deutlich weniger Männer als Frauen betroffen
    • gründliche Anamnese ohne Anwesenheit des Partners!
    • Achtung: hidden desire disorder: scheinbare Lustlosigkeit in Partnerschaften durch anderweitiges Ausleben der sexuellen Wünsche
  • Erektionsstörung: Schwierigkeit, während sexueller Aktivität eine ausreichende rigide Erektion zu bekommen oder aufrechtzuerhalten
    • v.a. Komorbiditäten wie Diabetes oder kardiovaskuläre Erkrankungen
  • vorzeitige (frühe) Ejakulation: anhaltend oder wiederholt tritt kurz nach Eindringen oder vorm Eindringen eine Ejakulation auf. (ante portas, vorm Einführen)
    • Schwellenwert: 1 min. bis nach Einführen des Penisses
  • verzögerte Ejakulation: deutlich verzögerte, oder fehlende Ejakulation trotz adäquater Stimulation
    • wichtig: Differentialdiagnostik: retrograde Ejakulation (Ejakulat in Blase)
    • häufig bei Einnahme von SSRI
  • andere nicht näher bezeichnete sexuelle Funktionsstörungen: z.B. Schmerzen im Genital- oder Beckenbereich beim Geschlechtsverkehr
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
4
Q

Sexuelle Funktionsstörungen bei der Frau

A
  • Störung des sexuellen Interesses bzw. Erregung:
    • mindestens 3 sind vermindert:
      • Interesse an sexuellen Aktivitäten
      • sexuelle Fantasien oder Gedanken
      • Bereitschaft zu sexuellen Aktivitäten und Empfänglichkeit gegenüber Initiativen durch den Partner
      • sexuelle Erregung bei sexuellen Aktivitäten
      • reaktives Interesse bei internen oder externen sexuellen Reizen
      • genitale oder nicht-genitale Empfindungen bei sexuellen Aktivitäten bei fast allen Gelegenheiten

⇒ Die Störung wird nicht vergeben, wenn die Frau nie sexuelle Erregung verspürt und sich selbst als asexuell bezeichnet und kein Leidensdruck vorhanden ist.

  • genito-pelvine Schmerz- Penetrationsstörung: (Vaginismus & Dyspareunie)
    • eines von vier Symptomen
      • Probleme, Geschlechtsverkehr zu haben
      • Schmerzen im Genital- und Beckenbereich
      • Angst vor diesen Schmerzen oder vor vaginaler Penetration
      • Verkrampfung der Beckenbodenmuskulatur beim Versuch der Penetration
  • weibliche Orgasmusstörung: Schwierigkeiten, sexuellen Höhepunkt zu erreichen: deutlich verringertes subjektives Orgasmuserleben
    • Störung sollte nur vergeben werden, wenn
      • adäquate (klitorale) Stimulation vorliegt
      • Störung über 6 Monate besteht
      • persönliches Leid dadurch verursacht wird

⇒ hohe Komorbiditäten! Oft mehrere Diagnosen!

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
5
Q

Sexuelle Funktionsstörungen / Ätiologie

A
  • biologisch-medizinische Krankheitsfaktoren:
    • Alter: bei Männern Nachlassen der Erektionsfähigkeit
      • Frauen: Menopause, Hormonumstellungen
    • onkologische, kardiovaskuläre, neurologische Faktoren
    • Medikation
  • Angst - und Leistungsdruck
    • Angst, sexuell zu versagen, verhindert die sexuelle Erregung, diese Angst hemmt autonomes Nervensystem, deswegen wird physiologische Erregung unmöglich
    • kognitive Aspekte der Angst als enscheidender Einflussfaktor
  • Depression:
    • ​oft gemindertes Interesse
    • SSRI-Einnahme
    • duales Kontrollmodell der sexuellen Reaktion: sexuelle Reaktion ist abhängig von sexueller Erregung und sexueller Hemmung im Zusammenspiel, vulnerable Personen haben höhere Hemmung!
  • sexueller Missbrauch
    • ​Vulnerabilitätsfaktor, dennoch haben viele Erwachsene mit sexuellen Funktionsstörungen keine traumatisierenden Vorerfahrungen gemacht!
  • Körperbild
    • ​sexuelles Körperbild ist entscheidend
    • Zufriedenheit mit Brüsten und Vulva bzw. Penis
    • Exploration durch folgende Fragen:
      • ​Erleben Sie negative Gedanken bezogen auf ihren Körper, die ihr Sexualleben stören?
      • Gibt es bestimmte Aktivitäten, die sie aufgrund dessen vermeiden?
      • Genießen Sie Sex deswegen weniger?
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
6
Q

Sexuelle Funktionsstörungen / Diagnostik

A

Allgemeine Hinweise:

  • lebenslang vs. erworben
  • generalisiert vs. situativ
  • sexuelle, psychische oder physische Probleme des Partners
  • Stressoren: Arbeit, individuelle Vulnerabilitäten (Körperbild)
  • urologische und gynälologische Diagnostik
    • v. a. bei Suchtmittelgebrauch und höherem Alter oder körperlichen Erkrankungen

Sexualanamnese: offene, nicht wertende Atmosphäre:

  • sexuelle Probleme erfragen (v.a. wenn wegen anderer Problematik in Behandlung!)
  • Beschreibung des gestörten Verhaltens
  • Erfassung aktuelles Sexualverhalten
  • Erleben von nichtsexuellem Kontakt
  • aktuelle Partnerschaftssituation
  • aktuelle Lebenssituation
  • ggf. psychosexuelle Entwicklung

strukturierte Intervies und Fragebögen

  • Mini-Dips-Interview (DSM-5): Screening
  • SISEX: strukturiertes Interview für sexuelle Funktionsstörungen nach DSM-5
  • International Index of Erectile Function: für Männer
  • Female sexual function Index
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
7
Q

Sexuelle Funktionsstörungen / Therapie / störungsübergreifendes Vorgehen

A
  • Rahmenbedingungen
    • Sexualberatung: Aufklärung über relevante medizinische und psychologische Faktoren der sexuellen Funktion bzw. Dysfunktion
      • PLISSIT-Modell der Sexualberatung:
        • Permission (Erlaubnis geben)
        • Limited Information (Aufklärung)
        • Specific Suggestions: (Vorschläge)
        • Intensive Therapy
    • ggf. Paartherapie, bei Paarkonflikten
    • ambulant ist genauso erfolgreich wie stationär
  • kognitiv-verhaltenstherapeutisches Störungsmodell
    • ​prädisponierende Faktoren
    • situative Faktoren
    • aufrechterhaltende Faktoren
    • siehe Bild
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
8
Q

Sexuelle Funktionsstörungen / Therapie / Verhaltensanalyse

A
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
9
Q

Sexuelle Funktionsstörungen / Therapie allgemein

A
  • Sensualitätsübungen
    • aufeinander aufbauende Paarübungen, Partner streicheln sich/ berühren sich
    • erst nur der Körper ohne Geschlecht
    • dann mit Geschlechtsteilen
    • stimulierendes Streicheln, Erregung
    • Einführen des Penis ohne Bewegung
    • Koitus mit erkundenden Bewegungen

⇒ helfen bei: Kennenlernen des eigenen und fremden Körpers, Verbesserung der sexuellen Kommunikation, Reduktion von Leistungsdenken und Fixierung auf Orgasmus,…

  • geleitete Masturbation und Spiegelübungen
    • = verhaltensbezogene Einzelübungen
    • Spiegelübung: Nachbesprechung entscheidend wegen möglicher negativer Gefühle
    • Achtung: kein vorschnelles Wechseln zur Bewertungsebene, da Fokus dann auf Leistungsebene
    • Achtsamkeitsmeditation
  • Kognitive Interventionen
    • typische Denkfehler und dysfunktionale Kognitionen
    • individuelles Störungsmodell
    • Verhaltensanalysen
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
10
Q

Sexuelle Funktionsstörungen / Störungsspezifische Interventionen

A
  • Erektionsstörungen
    • Sildenafil als Medikament
    • Sensualitätsübungen
    • Teasing-Übungen: mit oder ohne Partner, Erektion kommt und geht, Beeinflussung der Erektion durch durch Stimulation
  • früher Samenerguss
    • stop&go-Technik: nur solange mastubieren bis Ejakulation noch zurückzuhalten ist: point-of-no-return nicht überschreiten!
    • Squeeze-Technik: Druck auf Frenulum kurz vor Orgasmus, ist aber eher unangenehm und schmerzhaft
  • Vaginismus:
    • Hegar-Stäbe und Vaginal-Trainer: Dehnung nach dem Prinzip der systematischen Desensibilisierung
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
11
Q

Sexuelle Funktionsstörungen / Spezielle Behandlungsprogramme

A
  • Hamburger Modell der Paartherapie von sexuellen Störungen
    • Kombination von psychodynamischen und verhaltenstherapeutischen Ansätzen
    • Prinzip der Selbstverantwortung = keiner der Partner soll etwas dem anderen zuliebe aushalten!
    • ⇒ Förderung der Autonomie-Entwicklung
  • Systemische Sexualtherapie
    • im Fokus: kommuniziertes sexuelles Begehren (=Wollen)
    • Unterschiede im Verlangen und Häufigkeit
    • ⇒Ziel ist ein Unterbrechen des Kreislaufs aus Vorwürfen und Rückzügen, Auseinandersetzung mit sexuellen Differenzen
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
12
Q

Geschlechtsdysphorie

A

= Geschlechtsidentitätsstörung, Diskrepanzen zwischen wahrgenommenem psychosozialem Geschlecht und biologischem Zuweisungsgeschlecht

  • transsexuell = Angleichung des Zuweisungsgeschlechts an wahrgenommenes Gender (angestrebt oder vollzogen)
  • Transgender = siehe transsexuell + vorübergehende Identifizierung mit Gender, dass abweicht von biologischem Geschlecht (Transmänner und Transfrauen)
  • genderqueer = Personen, die sich nicht auf eine der zwei Kategorien männlich / weiblich festlegen wollen oder können
  • Geschlechtsidentität = männlich, weiblich, divers
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
13
Q

Geschlechtsdysphorie / Ätiologie und Verlauf

A
  • frühes atypisches Geschlechtsrollenverhalten
  • geringe erbliche Komponente
  • interessant: bestimmte Hirnareale bei Transsexuellen entsprechen in ihrer Größe eher dem empfundenen nicht dem biologischen Geschlecht
  • Erwachsene mit männlichem Zuweisungsgeschlecht: Unterscheidung in früher (da fühlen sich Betroffene dann eher zu Männern hingezogen) vs. später Beginn (eher zu Frauen hingezogen)
    • nach Geschlechtsangleichung identifizieren sich diese Transfrauen dann als lesbisch
    • bei weiblichem Zuweisungsgeschlecht genauso
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
14
Q

Geschlechtsdysphorie / Diagnostik

A
  • wenig epidemiologische Daten
  • wichtig ist: Diskrepanz muss Leid verursachen, durch mind. 2 der folgenden Symptome gekennzeichnet sein (im DSM-5):
    • ausgeprägte Diskrepanz zwischen Gender und primären oder sekundären Geschlechtsmerkmalen
    • ausgeprägtes Verlangen, die eigenen Geschlechtsmerkmale loszuwerden
    • ausgeprägtes Verlangen nach den Geschlechtmerkmalen des anderen Geschlechts
    • ausgeprägtes Verlangen dem anderen Geschlecht anzugehören
    • ausgeprägtes Verlangen, wie das andere Geschlecht behandelt zu werden
    • ausgeprägte Überzeugung, die typischen Gefühle und Reaktionsweisen des anderen Geschlechts aufzuweisen
  • Störung der Geschlechtsentwicklung kann zusätzlich diagnostiziert werden
  • Differentialdiagnostisch:
    • Geschlechtsrollen-Nichtkonformität (kein Leidensdruck),
    • tranvestitische Störung (Zuweisungsgeschlecht wird nicht in Frage gestellt),
    • körperdysmorphe Störung (Teil des Körpers wird als abnorm erlebt)
    • im Rahmen von Schizophrenie kann das eigene Geschlecht in Frage gestellt werden
  • Fragebögen:
    • Utrechter Fragebogen zur Geschlechtsidentifikation: für Jungen und Mädchen
    • Gender Identity /Gender Dysphoria Questionnaire for Adults
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
15
Q

Geschlechtsdysphorie / Psychologische Behandlung

A
  • individualisierte Behandlungsstrategie
  • Fachgutachten benötigt
  • Psychotherapie wegen:
    • Klärung der eigenen Geschlechtsidentität
    • Wunsch, Geschlechtidentität zu ändern
    • Unterstützung beim sozialen Geschlechtsrollenwechsel
    • Begleitung bei hormonellen, chirurgischen Maßnahmen
    • Unterstützung, wenn Umfeld davon erfährt
    • Behandlung komorbider Störungen (v.a. Depression)
  • Alltagstest
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
16
Q

Sexuelle Funktionsstörungen / ICD-10-Kriterien

A
  • F52: sexuelle Funktionsstörungen, nicht verursacht durch organische Störung oder Krankheit
    • ​​​G1: Die Betroffenen sind nicht in der Lage, eine sexuelle Beziehung so zu gestalten, wie sie möchten.
    • G2: Die Funktionsstörung tritt häufig auf, kann aber bei einigen Gelegenheiten auch fehlen
    • G3: Die Funktionsstörung besteht seit mindestens sechs Monaten
    • G4: Die Störung ist nicht auf eine andere psychische oder Verhaltensstörung der ICD-10, auf körperliche Störungen (z.B. endokrin) oder auf eine medikamentöse Behandlung zurückzuführen
  • F52.0: Mangel oder Verlust von sexuellem Verlangen
    • beruht nicht auf Erektionsstörungen
    • Kriterium A: Die allgemeinen Kriterien für eine sexuelle Funktionsstörung müssen erfüllt sein.
    • Kriterium B: Der Mangel oder der Verlust des sexuellen Verlangens äußert sich in einer Verminderung von Suchen nach sexuellen Reizen, von Denken an Sex mit entsprechendem Wunsch oder Verlangen und von sexuellen Phantasien
    • Kriterium C: Mangel an Interesse (Sex mit Partner und Masturbation) führt z eindeutig niedrigeren Häufigkeit, als unter Berücksichtigung des Alters und der Umstände zu erwarten wäre, oder die Häufigkeit ist im Gegensatz zu früher deutlich gesunken
  • F52.2: Versagen genitaler Reaktionen
    • bei Männern: Erektionsstörung, bei Frauen: Trockenheit der Vagina, fehlende Lubrikation
    • Ausschluss: Impotenz organischen Ursprungs
    • Kriterium A: allgemeine Kriterien
    • Kriterium B:
      • Männer: Beim Versuch GV auszuüben, kommt es nicht zu einer ausreichenden Erektion
        • während der frühen Stadien des sexuellen Zusammenseins tritt vollständige Erketion auf, diese verschwindet aber wenn GV versucht wird
        • oder eine Erektion tritt nur auf, wenn GV nicht beabsichtigt ist
        • teilweise, aber für GV ungenügende Erektion
        • überhaupt keine Erektion
      • Frauen: Ausbleibende Lubrikation, ungenügende Tumeszenz der Labien (Schwellung Schamlippen)
        • generell keine Lubrikation
        • anfangs Lubrikation, aber nicht genug um angenehm GV auszuüben
        • situative Lubrikation (mal vorhanden, mal nicht)
  • F52.3 Orgasmusstörung

​​⇒ ich hatte keinen Bock mehr ICD-10-Kriterien abzuschreiben! siehe Buch!