PTBS Flashcards

1
Q

PTBS / Traumadefinition und Symptomatik

A

traumatisches Ereignis:

  • tatasächliche oder potentielle Todesbedrohung
  • ernsthafte Verletzungen
  • sexuelle Gewalt bei sich oder anderen
  • nach DSM-5:
    • beobachtet oder selbst erlebt
    • wiederholt oder besonders intensive Konfrontation mit aversiven Details traumatischer Ereignisse
  • Typ-1-Traumata*: Kurzdauernd, einmalig (z.B. Verkehrsunfall)
  • Typ-2-Traumata*: langdauernd, mehrmalig (sexueller Missbrauch, Folter)

höchstes Risiko für PTBS: interpersonelle (vs. akzidentell: z.B. berufsbedingt, nicht einem selbst widerfahren) Typ-2-Traumata

Diagnostische Kriterien: (nur einige aus Buch, sollten im Kapitel des ICD-10 nachgelesen werden)

Im ICD-10 gehört PTBS zu den Belastungs- und Anpassungsstörungen (F43)

  • Intrusionen / Wiedererleben:
    • aufdrängende, schmerzliche Erinnerungen an traumatisches Ereignis (Intrusionen, Flashbacks)
    • Alpträume
    • intensive psychische Belastung oder auch körperliche Reaktionen bei Konfrontation mit Stimuli, die an Ereignis erinnern
  • Vermeidungssymptome
    • Gedanken- und Gefühlsvermeidung
    • Situations- und Aktivitätsvermeidung
  • Chronisches Hyperarousal
    • Reizbarkeit / Wutausbrüche
    • Riskantes und selbstzerstörerisches Verhalten
    • Konzentrationsschwierigkeiten
    • Schlafstörungen
    • Schreckhaftigkeit
  • im DSM-5: Negative Veränderungen der Kognition und Stimmung:
    • z.B. Unfähigkeit, sich an Aspekte des Traumas zu erinnern
    • Negative Grundüberzeugungen
    • etc.
    • zusätzlich: Schmerzliche Schuldgefühle möglich

vs. akute Belastungsreaktion: innerhalb 1. Monats nach Ereignis tritt ein klinisch relevanter Leidenszustand auf, schockähnliche, dissoziative Symptomatik! Aber: andere Therapie als bei PTBS!
* vs. komplexe PTBS*: gestörte Affekt- und Impulsreaktion, beeinträchtigtes Identitätsgefühl und interpersonelle Störungen. häufig nach interpersonellem Typ-2-Trauma

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2
Q

PTBS / ICD-10 vs. 11

A
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3
Q

PTBS / Prävalenz und Verlauf

A
  • Lebenszeitprävalenz: 8 % (USA), 2,3 % (Deutschland)
  • 50 -65 % nach direkt erlbeten Kriegsereignissen und persönlicher Gefährdung
  • bis zu 15x erhöhtes Risiko für Suizid bei Nichtbehandlung
  • Ätiologie:
    • erlebtes Trauma,
    • prätraumatische, peritraumatische und posttraumatische Faktoren
    • siehe nächste Karteikarte
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4
Q

PTBS / Rahmenmodell der Ätiologie von Traumafolgen

A
  • Risikofaktoren (diese sind aber viel weniger prädiktiv als die aufrechterhaltenden Faktoren):
    • Traumata in Kindheit
    • geringer IQ und Bildung
    • weibliches Geschlecht
    • jüngeres Alter zum Zeitpunkt des Traumas (aber u-förmige Beziehung Alter und Risiko)
  • neurobiologische Faktoren:
    • strukturelle Auffälligkeiten in Amygdala und dorsalem ACC (= erhöhte Reativität für aversive Stimuli)
  • andere Faktoren:
    • ausgeprägte Bewältigungsstrategien
    • Resilienz und Kohärenzempfinden als protektive Faktoren
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5
Q

PTBS / Rahmenmodell-Erklärung

A

Risiko- und Schutzfaktoren

  • Risikofaktoren (diese sind aber viel weniger prädiktiv als die aufrechterhaltenden Faktoren):
    • Traumata in Kindheit
    • geringer IQ und Bildung
    • weibliches Geschlecht
    • jüngeres Alter zum Zeitpunkt des Traumas (aber u-förmige Beziehung Alter und Risiko)
  • neurobiologische Faktoren:
    • strukturelle Auffälligkeiten in Amygdala und dorsalem ACC (= erhöhte Reativität für aversive Stimuli)
  • protektive Faktoren:
    • Resilienz = einige Personen bleiben trotz starker Belastung gesund
    • Kohärenzempfinden (Sense of Coherence) = globale Orientierung, die ausdrückt, in welchem Ausmaß, man ein durchdringendes, andauerndes Gefühl des Vertrauens hat, dass z.B. Stimuli strukturiert und vorhersehbar sind, man die Ressourcen hat um diesen Stimuli zu begegnen, etc.
    • Locus of control: internale ( Überzeugung, Dinge kontrollieren zu können, Konsequenzen des eigenen Handelns) und externale Kontrollüberzeugungen (Schicksal)
    • ausgeprägte Bewältigungsstrategien

Ereignisfaktoren

  • Dosis-Wirkungs-Beziehung von objektiver Traumaschwere und Folgen durch das Trauma ist eher gering:
    • ⇒ psychologische Faktoren der Interpretation spielen größere Rolle
  • Peritraumatische Faktoren:
    • akutes Belastungsniveau
    • kognitiver Verarbeitungsmodus
    • Dissoziationsreaktion während Trauma

Aufrechterhaltungsfaktoren

  • Vermeidende Bewältigungsstil:
    • Gedankenunterdrückung und Gefühlsvermiedung
    • dysfunktionales Sicherheitsverhalten
    • ablenkendes Beschäftigen (z.B. Kontrollgang zum Unfallort mit Gefühlsvermeidung)
    • Borderline-Züge wie Selbstverletzung
  • kognitive Veränderungen
    • “Man kann der Welt nicht mehr vertrauen”
    • “ich werde verrückt”
    • “mein Leben ist ruiniert”
    • unangemessene Schuldgefühle (Illusion der Kontrollierbarkeit)
    • Grübeln (als stärkster Prädiktor für spätere PTBS)
      • Warum und was-wäre-wenn-Fragen
      • hoher Anteil von unproduktiven Gedanken
      • starke negative Begleitemotionen
      • Aktivierung von intrusiven Gedächtnisinhalten
      • innerlicher Grübelzwang

Gesundheitsfördernde Faktoren / Ressourcen

  • Offenlegung der Traumaerfahrung
  • soziale Wertschätzung als Opfer / Überlebender
    • Fehlen dieser Wertschätzung /Anerkennung kann zu Retraumatisierung führen

Posttraumatische Prozesse und Resultate

  • neurobiologische Veränderungen:
    • Stress → Aktivierung Hypothalamus-Hypophyen-Nebennierenrinden-Achse : zuständig für Noradrenalin, Adrenalin, Kortison
    • Hypokortisolismus: kann die Intrusionen erklären, aber auch Hyperarousal-Symptome und eingeschränkte Affektivität
    • reduzierte Inhibition von Furchtreaktionen
    • Auffälligkeiten im EEG-Schlafmuster
  • Intrusionen als Resultat von Gedächtnisveränderungen:
    • = fragmentarische Traumagedächtnisinhalte, stark sensorisch geprägt ⇒ bestimmte Aspekte des Traumas werden wiedererlebt
    • häufig werden Momente die dem Trauma vorangegangen sind, durchgelebt
    • hier-und-jetzt-Qualität: Pat. denken, wieder im Trauma zu sein
    • können durch perzeptuell ähnliche Stimuli leicht ausgelöst werden (⇒ erhöhtes perzeptuelles Priming für Traumagedächtnisinhalte, vermutlich Konditionierung)
    • wiederholte Exposition: funktionelle Konnektivität von Hippocampus, Amygdala und OFC wird erhöht: Reintegration der fragmentarischen Inhalte, so dass es nicht mehr zu Intrusionen kommt
    • erhöhter Cortislspiegel während Trauma: gute Gedächtniseinspeicherung: nach Trauma dann erniedrigter Kortislspiegel, ergo schlechte Konsolidierung ergo Begünstigung Intrusionen
  • posttraumatische Reifung:
    • scheinbar findet eine persönliche Reifung durch ein Trauma statt:
      • tiefes Bindungsgefühl zu bestimmten Personen
      • Schätzung des Lebens
      • neue Möglichkeiten
      • persönliche Stärken
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6
Q

PTBS / Therapierelevante Störungsmodelle

A

Verhaltenstherapeutisches Modell

Traumatisches Ereignis → Kopplung von neutralen Reizen an traumatische Erfahrung ⇒ Auftauchen dieser neutralen Reize (konditionierter Stimuluselemente) ⇒ intensive emotional-physiologische Angstreaktion

  • dann entstehen Vermeidungsreaktionen von Schlüsselreizen!
  • diese Vermeidung hat dann einen positiv-verstärkenden Effekt (operante Verstärkung, es tritt ja keine Angst auf!)
  • Verbindung von kognitiven Fakten, emotionalen Bedeutungen und physiologischen Reaktionen

► leicht zu aktivierende Furchtstruktur, wegen Vorbahnung der assoziativen Vorverbindungen, je mehr Elemente beinhaltet sind, desto leichter lässt sie sich aktivieren

► nach erfolgreicher Therapie: Heilung durch Habituation der assoziativen Verbindungen der Furchtstruktur

Kognitives Störungsmodell nach Ehlers & Clark

  • Fokus auf Erklärung der Angstsymptome und der Emotionen
  • Interpretation des Traumas und seiner Konsequenzen kann zur anhaltenden Wahrnehmung der Bedrohung und Beschädigung führen: z.B. Ich bin nirgends sicher, außerdem negative Interpretation der eigenen Reaktion und der Reaktion anderer (niemand ist für mich da, ich verdiene es)
  • Spezifika des Traumagedächtnisses und seine Einbettung in andere autobiographische Erinnerungen
  • anhaltende Bedrohung führt nebst PTBS-Symptomatik auch zu kognitiven Veränderungen, die Bedrohung mindern sollen, aber die Störung aufrechterhalten
    • Gedankenunterdrückung → Zunahme der Häufigkeit von Intrusionen
    • Sicherheitsverhalten (z.B. ständiges Waffe tragen

sozial-interpersonelles Modell der Traumafolgen

  • interpersonelle Prozesse bestimmen Aufrechterhaltung und Heilung von PTBS
    • positive soziale Unterstützung
    • soziale Anerkennung als Opfer
    • Möglichkeit über Trauma zu reden (=disclosure)
    • Fehlen negativer Reaktionen der Umwelt

► Normalisierung (De-Aktualisierung) der Furchtstruktur wird durch günstige soziale Konstellationen erleichtert

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7
Q

PTBS / Therapiebezogene Diagnostik

A

Diagnosestellung

  • strukturierte bzw. halbstrukturierte Interviews
    • Clinican-Administered PTSD-Scale: DSM-5 Symptome
    • SKID: ebenfalls DSM-5
  • klinische Fragebögen
    • auch als Screening einsetzbar
    • IES-R: Erfassung PTBS
    • PCL-S: PTBS nach DSM-5-Kriterien

⇒ Wichtig: zentrale kognitive und emotionale Veränderungen ebenfalls erfassen

⇒ ebenfalls: Liegt Vermeidungsverhalten vor? (Selbstbeobachtungsprotokolle)

Diagnostik von Ressourcen

  • Offenlegung der Traumaerfahrung
    • = Fragebogen
      • Mitteillungsdrang
      • Verschwiegenheit
      • emotionale Reaktion beim Offenlegen
  • wahrgenommene soziale Wertschätzung als Opfer:
    • Social Acknowledgement Questionnaire
      • positive Wertschätzung
      • familiäre Position
      • fehlende Anerkennung
  • persönliche Reifung
    • PPR-Fragebogen
      • neue Möglichkeiten
      • Beziehung zu anderen
      • Wertschätzung des Lebens
      • pers. Stärken
      • religiöse Veränderungen
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8
Q

PTBS / Überprüfung der Therapiefortschritte

A
  • Protokolle und Tagebücher
  • direkte Befragung
  • Kurzfragebögen

⇒Abwägung Kosten / Nutzen Pat. und Therapeut

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9
Q

PTBS / Frühintervention bei akuter Belastungsreaktion

A
  • psychische erste Hilfe:
    • emotionale Präsenz
    • Zulassen von Gefühlen
    • Vermittlung von Sicherheit
  • psychologische Frühintervention
    • akute Symptomatik soll gelindert werden
    • Prävention einer späteren (chronischen) PTBS
    • gute Wirksamkeit, angelehnt an PTBS-Manualen
    • optimaler Beginn ist aber noch ungeklärt
    • ebenfalls Art des Traumas? Modifikation nötig!
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10
Q

PTBS / Therapie

A
  • traumadaptierte Psychotherapie
  • relative Kontraindikationen:
    • mangelnde Affektoleranz
    • schwere Dissoziationsneigung
    • autoaggressives Verhalten
    • mangelnde Distanzierungsfähigkeit
  • absolute Kontraindikationen
    • akutes psychotisches Erlebnis
    • akute Suizidalität
    • Bestehen eines Täterkontakts mit Traumatisierungsrisiko

► stationäre Traumatherapie!

zunächst Stabilisierung des psychischen Zustands!

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11
Q

PTBS / Therapie / Langdauernde Exposition

A
  • wiederholte Aktivierung der Traumaszenen
  • Vermeidungsverhalten, Intrusionen und Übererregung werden damit gut behandelt!
  • In-Sensu-Exposition
    • Einzelbehandlung, ca. 90 min. Sitzungen
    • können mit in-vivo-Konfrontation ergänzt werden
    • Vorgehen:
      • erste Sitzung: in allen Einzelheiten soll Trauma erinnert werden, detailliert an Vorgänge des Traumas erinnern
      • Erstellen einer hierarchischen Liste: Welche Aspekte sind am schlimmsten?
      • folgende Sitzungen: Pat. wrd imer wieder instuiert, erlebte Szene so real wie möglich vorzustellen
      • immer wieder: gegenwärtige Anspannung und Gefühle beschreiben
      • Grad der Detailliertheit steigt mit den Sitzungen
      • Alles auf Band aufgenommen, das soll sich PAt danach nochmal anhören
  • In-vivo-Konfrontation
    • dienen nicht dem Nachstellen des Traumas
    • Situationen, die stark angstauslösend sind und zu Vermeidungsverhalten führen z.B. phobische Vermeidung von bestimmten Orten
    • wichtig: Therapeutin lenkt gegen Vermeidung: in dunkler Strasse: hier könnte ihnen was passieren, niemand würde sie schreien hören
    • wenn Angst eintritt: Situation verlassen, sonst Sensibilisierungseffekte
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12
Q

PTBS / Therapie / Kognitive Therapie

A
  • Therapieziel: Veränderung der aufrechterhaltenden Faktoren einer PTBS
    • ​​Modifizierung von dysfunktionalen Einstellungen über das Trauma
      • Identifizierung sog. hot spots und dazugehörige Einstellungen
      • imaginale Exposition, Veränderung durch z.B. sokratischer Dialog, dann neue Einbettung in Gedächtnis
    • Reduktion der Wiedererlebenssymptomatik durch Elaboration des Traumagedächtnisses und Identifikation der Stimuli, die Intrusionen auslösen
      • kohärente narrative Erzählung über Trauma z.B. Aufschreiben
      • neue Reaktion auf auslösende Stimuli einbauen
    • Abbau von ungünstigen kognitiven und Verhaltensstrategien
      • z.B. immer in den Spiegel schauen
      • Pat. verdeutlichen, dass dadurch Symptomatik aufrechterhalten wird
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13
Q

PTBS / Therapie / Eye movement desensitization and reprocessing (EMDR)

A
  • Desensibilisierung mit Augenbewegungen und kognitiver Komponente
    • Pat. stellt sich Trauma vor
    • folgt gleichzeitig dem Finger des Therapeuten (bewegt sich schnell)
    • Vorgang wird so oft wiederholt, bis Angst geringer wird
    • dann: kognitive Umstrukurierung
  • signifikanter additiver Aspekt der Augenbewegungen
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14
Q

PTBS / Therapie / Spezielle Therapien

A
  • Cognitive Processing Therapie:
    • Schwerpunkt auf kognitiver Bewertung des Traumas
    • Alternative bei Vorliegen einer Kontraindikation zur Expositionstherapie
  • Narrative Exposure Therapy:
    • Biografie schreiben
  • Imagery Rescripting
    • besonders bei früher Traumatisierung
    • Aufbau von Bewältigungstrategien und Selbstberuhigungsinstrumente
  • internetbasierte KVT
  • Life-review-Technik:
    • strukturierter Rückblick über alle Lebensphasen besonders bei älteren Pat.
  • KVT Paar und Familie
  • Adjuvant:
    • Pharmakologische Therapie
      • Glukokortikoide
    • tiergestützte Therapie
    • Kunsttherapie
    • Yoga und Meditation

hilfreich: Schrankmetapher zur Therapie: man muss aus einem ungeordneten Schrank erst alles herausnehmen und ansehen, um es ordentlich ordnen zu können!

wichtig in Therapie: nicht auf Ausweichverhalten reagieren, sondern alle Einzelheiten zum Trauma einfordern

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