Handlungsfähigkeit Minderjähriger Flashcards
Handlungsfähigkeit
- Fähigkeit einer Person, sich im jeweiligen rechtlichen Zusammenhang durch eigenes Handeln zu
berechtigen und zu verpflichten - setzt jedenfalls Entscheidungsfähigkeit voraus
- Handlungsfähigkeit unterteilt sich ua in:
◦ allg Geschäftsfähigkeit (zB zum Abschluss von Verträgen)
◦ Deliktsfähigkeit
◦ Ehefähigkeit
◦ Testierfähigkeit
§ 24 Abs 2 ABGB: Entscheidungsfähig ist, wer die Bedeutung
und die Folgen seines Handelns im jeweiligen Zusammenhang
verstehen, seinen Willen danach bestimmen und sich
entsprechend verhalten kann. […] !!
Allgemeine Geschäftsfähigkeit Minderjähriger
- 0 – 6 Jahre alt : Kinder, vollkommen geschäftsunfähig
- 7 –13 Jahre alt: Unmündige Minderjährige, beschränkt geschäftsfähig
- 14 – 17 Jahre alt: Mündige Minderjährige, beschränkt geschäftsfähig
- ab 18 Jahren: Volljährige, voll geschäftsfähig
Kinder (0 – 6 Jahre)
- vollkommen geschäftsunfähig
- Rechtsgeschäfte zur Gänze unwirksam
- Ausnahmen:
◦ bloß zum Vorteil gemachtes Versprechen
(kann jedermann annehmen)
◦ geringfügige, alterstypische Geschäfte über
Angelegenheiten des täglichen Lebens bei
Erfüllung der Pflicht (Taschengeldparagraf,
§ 170 Abs 3 ABGB)
Unmündige Minderjährige (7 – 13 Jahre)
- beschränkt geschäftsfähig
- Rechtsgeschäfte bedürfen der Zustimmung des
gesetzlichen Vertreters
◦ Ohne Zustimmung abgeschlossene
Rechtsgeschäfte schwebend unwirksam, dh
abhängig von nachträglicher Genehmigung des
gesetzlichen Vertreters - Ausnahmen wie bei Kindern
(bloß zum Vorteil gemachtes Versprechen oder
Taschengeldparagraf)
Beispiel:
Sebastian bekommt von seinem Onkel zu seinem 11.
Geburtstag ein Zinshaus geschenkt. Kommt die Schenkung
wirksam zustande?
* Sebastian ist ein unmündiger Minderjähriger (7-13 Jahre
alt) und daher beschränkt geschäftsfähig.
* Es liegt kein bloß zum Vorteil gemachtes Versprechen
nach § 865 Abs 2 ABGB vor, da für das Zinshaus
Verwaltungsaufwand, Instandhaltungskosten, etc anfallen.
* Die Schenkung ist bis zur (Nicht-)Genehmigung der Eltern
schwebend unwirksam.
Mündige Minderjährige (14 – 17 Jahre)
- beschränkt geschäftsfähig
- Zustimmung des gesetzlichen Vertreters erforderlich; ohne
Zustimmung abgeschlossene Geschäfte sind schwebend
unwirksam (wie bei unmündigen Mj) - Ausnahmen:
◦ wie bei Kindern/unmündigen Mj (siehe oben)
◦ Abschluss von Dienstverträgen (ausgenommen Lehr- und
Ausbildungsverträge); aber: Auflösungsmöglichkeit (aus wichtigem Grund) durch gesetzliche Vertreter
◦ Verfügung über Einkommen aus eigenem Erwerb (falls Befriedigung der Lebensbedürfnisse nicht gefährdet)
◦ Verfügung über Sache, die zur freien Verfügung überlassen wurde (falls Befriedigung der
Lebensbedürfnisse nicht gefährdet)
Beispiel:
Der 15-jährige Paul bekommt von seinen Eltern ein Keyboard zum Üben für den Klavierunterricht geschenkt. Paul hat jedoch keine Freude am Klavierspielen und verkauft das Keyboard an seine Freundin Kathrin um EUR 300,-. Als Kathrin das Keyboard abholen will, verweigern Pauls Eltern jedoch die Übergabe.
* Paul ist ein mündiger Minderjähriger (14-17 Jahre alt) und daher beschränkt geschäftsfähig.
* Paul ist zwar Eigentümer des Keyboards, aber nicht darüber frei verfügungsbefugt, weil eine Zweckbindung („zum Üben für den Klavierunterricht“) besteht.
* Mangels Genehmigung der Eltern liegt kein gültiger Vertrag vor
Volljährige (ab 18 Jahren)
- voll geschäftsfähig, sofern
Entscheidungsfähigkeit gegeben - Entscheidungsfähigkeit wird gem § 24 Abs 2 ABGB vermutet
- Rechtsgeschäfte gültig
Beispiel:
Theresa ist gerade 19 Jahre alt geworden und verkauft ihre Gitarre an Markus.
* Theresa ist volljährig (ab 18 Jahren).
* Theresa ist daher voll geschäftsfähig, weil auch keine sonstigen Gründe gegen ihre Entscheidungsfähigkeit sprechen.
* Das Geschäft kommt wirksam zustande.
Rechtsfolgen von Mängeln der Geschäftsfähigkeit
Fehlende oder beschränkte
Geschäftsfähigkeit (2 möglichkeiten)
1: Geschäft nichtig (Noch nicht
erfüllt oder Bereits erfüllt (–> Rückforderung entweder in Form von Eigentumsklage oder Bereicherungsrecht)
Bei Rückforderung von der geschäftsunfähigen Person: nur insoweit Leistung noch wirklich vorhanden oder zu ihrem Nutzen verwendet worden ist !!
2: Geschäft schwebend
unwirksam (Genehmigung (Geschäft
(rückwirkend) wirksam ) oder keine Genehmigung (Geschäft nichtig )
Einwilligung in medizinische
Heilbehandlungen
- Jede medizinische Heilbehandlung bedarf der Einwilligung, Ausnahme: Notfall
- Für Einwilligung bedarf es keiner Volljährigkeit, es genügt die konkrete Entscheidungsfähigkeit
◦ Wird bei mündigen Minderjährigen widerleglich vermutet - Entscheidungsfähiger Minderjähriger kann nur selbst einwilligen
- Bei schwerwiegenden Eingriffen jedoch zusätzlich Zustimmung des gesetzlichen Vertreters erforderlich
Beispiel:
Die 16-jährige Sophia will sich ein Muttermal, das laut
ihrer Hautärztin nicht ganz unbedenklich ist, operativ
entfernen lassen. Ihre Mutter versteht dieses Vorhaben
überhaupt nicht und will nicht, dass ihre Tochter die
Behandlung vornehmen lässt.
* Sophia ist eine mündige Minderjährige, bei der die Entscheidungsfähigkeit widerleglich vermutet wird.
* Es handelt sich bei dem Eingriff nicht um einen schwerwiegenden Eingriff.
* Die Ärztin kann die Behandlung wegen der Einwilligung durch Sophia vornehmen. Auf die Zustimmung der Mutter kommt es nicht an.
Prüfschema: Geschäftsfähigkeit Minderjähriger
Kinder
0-6 Jahre (§§ 170 Abs 1, 865 Abs 4 ABGB)
- Rechtsgeschäfte unwirksam
- Ausnahmen:
– Annahme bloß zum Vorteil des Kindes
gemachter Versprechen (§ 865 Abs 2 ABGB)
Selbständig möglich
– Geringfügige, alterstypische
Angelegenheiten des täglichen Lebens
werden mit Erfüllung durch das Kind
rückwirkend rechtswirksam
(§ 170 Abs 3 ABGB)
Unmündige Minderjährige
7-13 Jahre (§ 865 Abs 4 und 5 ABGB)
- Rechtsgeschäfte schwebend unwirksam
- Wirksamkeit durch Genehmigung des
gesetzlichen Vertreters
- Der andere Vertragsteil bleibt bis zur
Genehmigung durch den gesetzlichen
Vertreter gebunden, kann diesem aber eine
Frist zur Erklärung setzen
- Ausnahmen:
Ausnahmen wie bei Kindern
Mündige Minderjährige
14-17 Jahre (§ 865 Abs 4 und 5 ABGB)
- Rechtsgeschäfte schwebend unwirksam
- Wirksamkeit durch Genehmigung des
gesetzlichen Vertreters
- Der andere Vertragsteil bleibt bis zur
Genehmigung durch den gesetzlichen
Vertreter gebunden, kann diesem aber eine
Frist zur Erklärung setzen
Ausnahmen:
- Abschluss von Dienstverträgen
(ausgenommen Lehr- und
Ausbildungsverträge)
Aber: Auflösungsmöglichkeit aus
wichtigem Grund durch gesetzliche
Vertreter (§ 171 ABGB)
- Verfügung über Einkommen aus
eigenem Erwerb (falls Befriedigung der
Lebensbedürfnisse nicht gefährdet,
§ 170 Abs 2 ABGB)
- Verfügung über Sache, die zur freien
Verfügung überlassen wurden (falls
Befriedigung der Lebensbedürfnisse
nicht gefährdet, § 170 Abs 2 ABGB)