Gefährdungshaftung und ähnliche Tatbestände Flashcards

1
Q

Gefährdungshaftung

A

verschuldensunabhängige Haftung desjenigen, der eine objektiv
gefährliche, aber dennoch erlaubte Tätigkeit ausübt, wenn sich die
typischerweise mit dieser Tätigkeit verbundene Gefahr verwirklicht.
* Hintergrund: Wer sich zu seinem Nutzen erlaubterweise einer
gefährlichen Tätigkeit bedient, soll zum Ausgleich auch die durch die
Verwirklichung der Gefahr entstandenen Schäden tragen.
* Geregelt in Sondergesetzen, zB EKHG

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2
Q

Haftung nach dem EKHG

A

= Gefährdungshaftung für Unfälle beim Betrieb von Kfz
und Eisenbahnen
* primär haftet der Halter bzw Betriebsunternehmer
(uU auch ein „Schwarzfahrer”)
* nur Personen- und Sachschäden ersatzfähig
(mit gewissen Ausnahmen)
* Verwirklichung der typischen Betriebsgefahr
◦ „bei Betrieb“ eines Kfz oder einer Eisenbahn
* Haftungsausschluss, wenn der Unfall durch ein
unabwendbares Ereignis verursacht wurde; kein
Haftungsausschluss insb bei einer „außergewöhnlichen
Betriebsgefahr“ oder wenn Unfall auf einem Fehler der
Beschaffenheit oder Versagen der Verrichtungen des
Fahrzeugs beruht
- Anspruchskonkurrenz: Die Haftung nach
EKHG tritt neben die (allfällige) Haftung
nach ABGB. Der Schaden wird aber
jedenfalls nur einmal ersetzt.

Beispiel:
Kurt ist ordnungsgemäß mit seinem neuen Kfz unterwegs, als
plötzlich ein Wildschwein auf die Fahrbahn läuft. Kurt reagiert mit
einer sofortigen und angemessenen Vollbremsung, durch die das
Auto auf der nassen Fahrbahn ins Schleudern kommt und mit dem
Radfahrer Rudi kollidiert. Rudi wird durch den Zusammenstoß am
Arm verletzt.
* Der Unfall ereignete sich beim Betrieb eines Kfz, wovon Kurt der
Halter ist (§ 5 EKHG). Rudi erleidet dabei einen ersatzfähigen
Personenschaden (§ 1 EKHG).
* Der Unfall war zwar durch Kurt nicht vermeidbar, aber es liegt
eine außergewöhnliche Betriebsgefahr vor (Schleudern),
weshalb sich Kurt nicht auf den Haftungsausschluss wegen eines
unabwendbaren Ereignisses berufen kann.
* Mangels Verschulden: Keine Verschuldenshaftung des Kurt nach

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3
Q

Haftung nach dem PHG

A

= verschuldensunabhängige Haftung des Herstellers für
fehlerhafte Produkte
* Produkt: jede bewegliche körperliche Sache
* Fehler (Konstruktions-, Produktions- oder
Instruktionsfehler)
* nur Personen- und Sachschäden ersatzfähig
◦ Ersatz von Sachschäden jedoch nur
- ab einem Selbstbehalt von EUR 500,-
- nur bei Schäden an vom Produkt verschiedenen Sachen
- bei nicht überwiegend in einem Unternehmen
verwendeten Sachen
* diverse Haftungsausschlüsse (zB „Entwicklungsrisiko“)
* Zeitliche Schranke von 10 Jahren ab Inverkehrbringen
- Mögliche Anspruchskonkurrenz
mit dem ABGB

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4
Q

Haftung nach dem PHG
- Bsp

A

Ella kauft ein brandneues Tablet des Herstellers Heinz, das aufgrund
eines Produktionsfehlers nach zwei Wochen zu brennen beginnt.
Ella erleidet dabei Verbrennungen.
* Das Tablet ist eine bewegliche, körperliche Sache (Produkt,
§ 1 PHG), welches fehlerhaft ist (Produktionsfehler, § 5 PHG).
Ella erleidet einen ersatzfähigen Personenschaden und kann
vom Hersteller Heinz Schadenersatz fordern.

Ellas Couchtisch (Wert: EUR 800) wird durch das brennende Tablet
vollständig zerstört.
* Ella erleidet einen Sachschaden an einer vom Produkt
verschiedenen Sache, die auch nicht überwiegend in einem
Unternehmen verwendet wird (§ 2 PHG). Ella kann daher von
Heinz Ersatz des Schadens abzüglich des Selbstbehalts verlangen
(EUR 800,- - EUR 500,- = EUR 300,-). Das Tablet selbst ist nach
dem PHG nicht zu ersetzen
(uU Gewährleistungsbehelfe gegen Verkäufer).

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5
Q

Haftung für Anlagen und Tiere
(§§ 1318 bis 1320 ABGB)

A
  • Halter haftet für die Verwirklichung von typischen
    Gefahren.
  • Keine Gefährdungshaftung, sondern Halter haftet für
    vermuteten objektiven Sorgfaltsverstoß.
    ◦ Gegenbeweis möglich (Einhaltung aller objektiv
    erforderlichen Sorgfaltsmaßnahmen zur Abwendung
    der Gefahr)
  • Halter ist derjenige, der Vorteile aus der Sache zieht bzw
    über ihren Gebrauch disponieren kann.
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6
Q

Haftung für Anlagen und Tiere
(§§ 1318 bis 1320 ABGB)
- Beispiele

A

Als Lukas am in die Jahre gekommenen Haus des Martin
vorbeispaziert, löst sich ein Teil der Fassade ab und trifft Lukas am
Kopf. Er trägt eine schwere Verletzung davon.
* Martin haftet für Schäden, die durch das Einstürzen oder
Ablösen von Teilen seines Bauwerks entstehen (§ 1319 ABGB),
sofern ihm nicht der Beweis der Einhaltung der gebotenen
Sorgfalt gelingt.

Bernd lässt seinen Terrier Rex ohne Leine in der Nähe eines
Kinderspielplatzes herumlaufen. Der übermütige Hund verletzt
dabei die 5-jährige Anna.
* Bernd haftet für Schäden, die durch verursacht werden (§ 1320
ABGB). Der Gegenbeweis wird hier nicht gelingen, weil Bernd die
Beaufsichtigung vernachlässigt hat.

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7
Q

Prüfschema: EKHG

A

Schaden durch Unfall beim Betrieb eines
Kraftfahrzeugs oder einer Eisenbahn
Anspruch gegen den Halter?

–> Liegt ein Personen- oder Sachschaden vor?
Haftung für Personenschäden
- Ausnahme: Schwarzfahrer bzw beim Betrieb
tätige Person (zB Schaffner)
Haftung für Sachschäden
- Ausnahme: zur Beförderung übernommene
Sachen (Gegenausnahme: Handgepäck)

–> NEIN: Keine Haftung des Halters nach EKHG
Haftung des Lenkers nach
ABGB?
–> JA:

Liegt ein unabwendbares Ereignis vor?
- Unabwendbar, wenn der Unfall durch den
Geschädigten, ein Tier oder Dritte verursacht wurde
- Nur unabwendbar, wenn beim Betrieb jegliche
gebotene Sorgfalt eingehalten wurde
–> JA: Keine Haftung des Halters
nach EKHG (uU Haftung nach
ABGB)
Ausnahme: Liegt eine
außergewöhnliche
Betriebsgefahr vor?
- Haftung trotz
unabwendbarem Ereignis
bei Hinzutreten besonderer
Gefahrenmomente
- zB Schleudern des
Fahrzeugs, Notbremsungen (wenn ja, wie als wäre vorige Frage NEIN)
–> NEIN: Haftung des Halters (nach §§ 1 ff EKHG)
- Haftung nach ABGB parallel gegen den Lenker
möglich (Anspruchskonkurrenz)

  • Halter eines KFZ bzw einer Eisenbahn ist
    derjenige, der die Kosten trägt und die
    Verfügungsgewalt hat; das muss nicht der
    Lenker sein!
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8
Q

Prüfschema: PHG

A

Ein Produktfehler liegt vor
- Konstruktionsfehler (Fehler in der
Planung, Entwicklung, Konstruktion)
- Produktionsfehler (Fehler im
Herstellungsvorgang
- Instruktionsfehler (fehlerhafte
Anleitung)

–> Liegt ein Personen- oder Sachschaden vor?
Haftung für Personenschäden
- Keine Haftungsbeschränkungen
Haftung für Sachschäden
- Schaden an einer vom Produkt verschiedenen Sache
- Sache nicht überwiegend in Unternehmen verwendet
- Selbstbehalt von 500 €

–> NEIN: Keine Haftung nach PHG. Haftung nach ABGB?
–> JA:

Hat sich ein Entwicklungsrisiko verwirklicht?
- Der Fehler war im Zeitpunkt des Inverkehrbringens
nach dem Stand der Wissenschaft und Technik nicht erkennbar
–> NEIN: Keine Haftung nach PHG. Haftung nach ABGB?
–> JA:

Ist der Ersatzanspruch erloschen oder verjährt?
- Ersatzansprüche erlöschen 10 Jahre nach dem
Inverkehrbringen des Produkts
–> JA: Keine Haftung nach PHG. Haftung nach ABGB?
–> NEIN:

Haftung des Herstellers oder Importeurs (nach §§ 1 ff
PHG)
- Haftung nach ABGB parallel möglich
(Anspruchskonkurrenz)

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