10 Stabilität Flashcards
Formen von Stabilität und Kontinuität:
Überblick
- Individuelle Stabilität
- Wie stabil ist das Merkmal einer Person X?
- Operationalisierung: Diskrepanzwert (T2-T1)
- Fazit: Persönlichkeitspsychologisch nicht interessant (nicht differenziell) - Mittelwertsstabilität
- Wie stabil ist durchschnittliche Ausprägung einer Eigenschaft?
- Operationalisierung: Mittelwertsvergleiche für T1 und T2 -> Überprüfung, ob Werte einer bestimmten Altersgruppe sich durchschnittlich verändert
- Aus persönlichkeitspsychologischer Sicht nicht interessant (keine individuellen Entwicklungen) - Rangordnungsstabilität: Wie stabil sind interindividuelle Unterschiede in einer Eigenschaft?
- Operationalisierung: Korrelation Werte T1 und T2
- Differentielle Stabilität (Sonderfall): Abweichung individueller Verläufe von durchschnittlichen Veränderungen -> Kernphänomen der Persönlichkeitspsychologie - Strukturelle Stabilität: Wie stabil ist Konstruktvalidität von Persönlichkeitsmessungen? (Messinstrument)
- Operationalisierung: Faktorenanalyse
- Strukturelle Stabilität wichtige Voraussetzung, um Veränderungen inhaltlich interpretieren zu können - Kontinuität: Wie hoch ist zeitliche Konstanz einer Personeneigenschaft? (zu messendes Merkmal, Kriteriumsvalidität)
- Veränderung der Bedeutung eines Konstrukts über Zeit (Bsp.: Habituationsexperiment: Kognitive und motorische Fähigkeiten als Säugling vs. Jugendlicher)
- > Funktions des Merkmals bleibt bestehen (Habituation vs. Allgemeinwissen)
- Operationalisierung: Begriffsanalyse und Nomologisches Netzwerk: Wie hängt alles zusammen?
- > Bei jedem Messzeitpunkt Korrelationen der Testwerte mit Referenzkonstrukten
Entwicklungsverläufe (Mittelwertsstabilität)
- Persönlichkeitsentwicklung:
- Durchschnittliche Veränderungen: “Persönlichkeitsveränderungen”
• Zunahme Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit
• Abnahme Neurotizismus, Extraversion, Offenheit
-> Problem: Kohorteneffekte, aber Bestätigung der querschnittlichen Effekte - Alterstypische Veränderungen:
- Kritik an Bezeichnung “Persönlichkeitsveränderungen”, da diese streng genommen differentielle Veränderungen (auch wenn, keine durchschnittliche Veränderungen -> unabhängig vom Durchschnitt) - Entwicklungsveränderungen:
- Kulturell universell durchschnittliche Veränderungen = Intrinsische Reifung (genetisch bedingt)
- > Kritik: Es gibt auch kulturell universelle durchschnittliche UMWELTveränderungen, die verantwortlich sind für durchschnittliche Persönlichkeitsveränderungen (Studie Singles: Abnahme Neurotizismus durch feste Partnerschaft)
Langfristige Stabilität (Rangordnungsstabilität)
- Begriffserklärung:
- Langfristige Stabilität: Rangordnungs- bzw. Positionsstabilität
- Bei differentieller Entwicklung in einem Merkmal ändert sich Rangfolge der Personen in diesem Merkmal
- > Stabilität des Merkmals sinkt
- Bei langfristiger Instabilität: Differentielle Entwicklung Differentielle Entwicklung -> langfristige Instabilität
- Entwicklungsveränderungen sind gerichtet
- Instabilität besagt nur, DASS Veränderung stattgefunden hat
- > Veränderung gerichtet, Instabilität ungerichtet
- Erfassung durch Längsschnittstudien (Eigenschaft bei selben Personen in größerem Abstand mind. zweimal gemessen)
- Korrelation zwischen Messzeitpunkten ist quantitatives Maß der langfristigen Stabilität der interindividuellen Unterschiede in Eigenschaftswerten
- Methode dieselbe wie bei Ermittlung der kurzfristigen Retest-Reliabilität, nur Messabstand mehrere Jahre
- Bsp. IQ: Stabilität nimmt mit höherem Messabstand ab - Erstes Prinzip: Stabilität nimmt mit zunehmendem Messabstand ab
- Bedingt durch größere Chancen für Persönlichkeits- veränderungen
- Abnahme nicht linear, wird gut approximiert durch Conley-Formel:
• Stabilität = (Retest-)Reliabilität x Einjahresstabilität^n
• (n = Messabstand in Jahren)
- Stabilität sinkt aber über sehr lange Zeiträume etwas weniger, als nach Conley-Formel erwartet
- Alternativ: Mischmodell aus dynamischem Interaktionismus und Entfaltungsmodell mit konstantem Wirkfaktor (somit IQ sehr stabil über lange Zeit) - Zweites Prinzip: Hierarchie der Stabilität
Intelligenz > Temperament > Selbstwert, Wohlbefinden
- Im Erwachsenenalter 10-Jahres-Stabilitäten:
• Intelligenz: .70-.80
• Temperamentsmerkmale (E-N): .65
• Selbstwert, Wohlbefinden: .39 - Drittes Prinzip: Stabilität ist bei instabiler Umwelt typischerweise niedriger als bei stabiler Umwelt
- Viertes Prinzip: Stabilität steigt mit Lebensalter
- Persönlichkeitseigenschaften stabilisieren sich langsam, Maximum bei 50 Jahren erreicht
- Gegen psychoanalytische Annahme
- Höheres Lebensalter: Destabilisierung (Intelligenz, Selbstwert, usw.)
- Ausnahme: Differentielle Veränderungen, durch unterschiedlichen Pubertätsbeginn bedingt und
zur vorübergehenden Destabilisierung führen können (Bsp.: Körpergröße und Gewicht)
- Ursachen der zunehmenden Stabilisierung:
• Zunehmende Reliabilität der Eigenschaftsmessung
• Stabilisierung des Selbstkonzepts
• Wachsender Einfluss Person auf Umwelt: Passend ausgewählt oder gestaltet -> Kumulative Stabilität - Langfristige Stabilität aus personzentrierter Sicht:
- Stabilität von Persönlichkeitsprofilen
- Resiliente Kinder stabiler in Persönlichkeit (stabilere, kohärentere Umwelt, besserer Kontrolle ihrer Umwelt)
- Jugendalter: Wechsel zum resilienten Typus wahrscheinlicher als umgekehrt (Anpassung der Jugendlichen im Laufe der Entwicklung an Umwelt)
Kontinuität
Instabilität bedingt durch:
- Geringe Stabilität auf Konstruktebene
- Geringe Konstruktvalidität des Messverfahrens
für einen oder beide Zeitpunkte (Methodenproblem)
- Geringe Kontinuität des Konstrukts (Funktionalität ändert sich)
Bsp.: Intelligenzmessung im Säuglingsalter:
- Bayley-Skalen bis 1985 (6-12 Monate)
- Visuelle Habituationstests ab 1985
• Mäßig reliabel für Säuglingsalter
• Hohe Korrelation mit IQ-Tests im Vorschulalter
-> Hohe Kontinuität und Stabilität des IQs zwischen Säuglings- und Vorschulalter (Bayley-Skalen erfassen Intelligenz im Säuglingsalter schlecht
Visuelle Habituation -> Vorschul-IQ-Tests:
Heterotype Stabilität = Mit je anderem Test gemessen (Kontinuität)
Homotype Stabilität:
- Betrachtung des gleichen Konstrukts
- Ändert sich Konstrukt in Bedeutung zwischen Kindheit und Erwachsenenalter -> Unterschätzung der Stabilität
Vorhersagekraft
Lassen sich aus Persönlichkeitseigenschaften in frühen Kindheit Prognosen für weitere Entwicklung ableiten?
- Studie langfristige Vorhersage psychiatrischer und krimineller Merkmale aus frühen Merkmalen der Persönlichkeit:
- Dreijährige in 5 Persönlichkeitstypen eingeteilt, darunter: Resilient, über-, unterkontrolliert
- Bis 26 Jahre untersucht
- Signifikante Unterschiede der Typen im Alter von 21 Jahren u.a. in Depressivität, Drogenmissbrauch, Suizidrisiko, antisozialer Persönlichkeit und Kriminalität - Terman-Studie: Untersuchung hochintelligenter Kinder in Californien bis hohes Alter
- Aus Persönlichkeitsbeurteilungen bei 11 Jahren Mortalitätsrisiko bei 70 Jahren überzufällig vorhersagen
- Risikofaktoren für früheren Tod:
• Niedrige Gewissenhafigkeit (Alkoholismus, Rauchen, Unfälle)
• Hohe Fröhlichkeit (Extraversion: sensation-seeking, mangelnde Vorsicht) - Nonnen-Studie: Untersuchung katholischer Nonnen vom Eintritt ins Kloster mit 18-32 Jahren bis ins hohe Alter
- Kurz nach Klostereintritt kurze Autobiografie schreiben
- Bis 2000:
• 38% Nonnen mit 25% häufigsten positiven Aussagen gestorben
• 70% Nonnen, am seltensten positiv geäußert
• Häufigkeit negativer Aussagen sagte Todesrate nicht vorher
- Grund: Ungewöhnlich risikoarme Umwelt Kloster - OLSAR-Studie (Levy): 23-jährige Längsschnittstudie mit 50-94 Jährigen
- Zufriedenheit mit eigenem Altern vergrößert Überlebenswahrscheinlichkeit um ca. 7 Jahre - Vergleich der Studien: Zunehmende Stabilisierung der Persönlichkeit mit wachsendem Alter