02.07 Evolutionspsychologisches Paradigma Flashcards

1
Q

Allgemeines Menschenbild

A
  • Menschliches Erleben und Verhalten: Resultat der Evolution -> Genetische Anpassung von Lebewesen an gerade vorherrschende Umweltbedingungen
  • Durch Lebensbedingungen in Frühzeit Entwicklung sich psychologische Mechanismen, die gegenwärtiges Leben noch heute beeinflussen

Missverständnisse der natürliches Auslese:
Fitness = Angepasstheit, Tauglichkeit
- Fitness kein Merkmal, sondern Funktion eines Allels und seiner Umwelt -> Keine “guten”/”schlechten” Allele, nur gut/schlecht angepasste
- Natürliche Auslese: Fortpflanzungsvorteil entscheidend -> Nicht “Überleben des Stärkeren” sondern “Nachhaltigkeit des Umweltangepassten”
- Allel “Kinderwunsch” reproduktiv gesehen fit
- Als Umwelt auch soziale Umwelt wichtig

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Q

Menschenbild:

1. Grundannahme

A

Mensch als lebendes Fossil

  • Mensch an Lebensbedingungen der Vorzeit angepasst
  • Evolution nicht zielgerichtet, dauert an
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3
Q

Menschenbild:

2. Grundannahme

A

Evolutionäre Prinzipien Variation und Selektion

  • Artenvielfalt durch Variation und Selektion
  • Allele von Generation zu Generation weitergegeben
  • Vielfalt verschiedener Arten eines Gens: Manche Gene in bestimmten Umwelten besser reproduzieren als andere
  • Genetische Variation beruht auf:
    • Mutation
    • Sexuelle Rekombination
  • Arten der Selektion (Auswahl):
    • Mutation
    • Sexuelle Rekombination
    • Verwandtenselektion (Inklusive Fitness)
  • Natürliche Selektion beruht auf Fitness!
    • Reproduktionserfolg von Genen
    • Bsp.: Vorkommen bei Verwandten/Nachkommen
    -> “Reproduction of the fittest” statt “Survival of the fittest!”
  • Genetische Fitness eines Individuums:
    a) Fortpflanzungserfolg eigener Allele (Kinder, Enkel)
    b) Erfolg dieser Allele bei genetisch Verwandten (Geschwister, Neffen)
    • Soz. Umweltbedingungen reproduktionsrelevant
    • Evolutionäre Prozesse Rolle bei Einfluss auf Kinderzahl, Partnerwahl, Verhütung, Investition in Kinder, usw.

3 Prinzipien der Selektion:

a) Mutation und selektives Überleben (nat. Selektion)
b) Partnerwahl (sexuelle Selektion)
c) Verwandtschaftsselektion (Inklusive Fitness)

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4
Q

Menschenbild:

3. Grundannahme

A

Ultimate vs. Proximate Mechanismen

  1. Ultimate Erklärung (Zweckursache):
    - Theorie über die Bedingungen, die in Verganheit des Menschen zu Reproduktionserfolg (Fitness) führen
    - Erfordert Wissen über adaptive Anforderungen in evolutionären Vergangenheit
    - Bsp.: Unterstützung durch Verwandte von mütterlicher Linie stärker (Vaterschaftsunsicherheit)
  2. Proximate Erklärung (Wirkursache)
    - Theorien über Bedingungen, die zu fittem Verhalten führen
    - Umweltfaktor, der als Reiz bestimmte Reaktion des Organismus auslöst
    - Beziehen sich auf evolvierte psychologische Mechanismen (EPM)
    - Mechanismen müssen nicht direkt Prinzipien entsprechen, die aus ultimaten Erklärungen abgeleitet werden, dürfen aber nicht widersprechen
    - Bsp.: Emotionale/psychologische Nähe erklärt proximat Zusammenhang zw. genetischer Verwandschaft und Hilfeleistung (Isle of Man Desaster: 50 % Verwandten suchten sich vor Flucht, 0% der Freunde)
  3. Evolvierter Psychologischer Mechanismus (EPM)
    - Bereichs- und kontextspezifischer proximater Mechanismus
    - Ultimat als Anpassungsleistung an Umwelt evolutionärer Vorfahren verständlich
    - Genetisch fixiert und vererbt
    - > Kern der Evolutionspsychologie: Identifizierung von EPMs

Bsp.: Zusammenhang emotionale Nähe mit Vertrautheit enger als mit Verwandtschaft

  • > Emotionale Nähe erklärt proximat Zusammenhang zwischen genetischer Verwandtschaft und Hilfeleistung
  • Zusammenhang Hilfeleistung mit emotionaler Nähe stärker als mit genetischer Verwandtschaft
  • > Divergenz von Proximaten und Ultimaten Erklärungen
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5
Q

Persönlichkeitsbild

A
  1. Allgemeine Erklärung von Persönlichkeitsunterschieden:
    - Genetische Variation (Mutation, sexuelle Rekombination): Variation hoch durch fluktuierende Umwelt (z.B. Wettrennen Wirt-Parasit)
    - > Variationsquellen haben wichtige Funktion
    - Umweltunterschiede, durch EPM vermittelt (über dynamischen Interaktionismus hinaus)
  2. Drei spezifische evolutionäre Erklärungsprinzipien:
    - Frequenzabhängige Selektion
    - Konditionale Entwicklungsstrategie
    - Strategische Spezialisierung

a) Frequenzabhängige Selektion:
- Fitness eines Gens abhängig von Häufigkeit in Population (Fortpflanzungsgemeinschaft)
- Keine absolute Fitness einer Persönlichkeitseigenschaft, sondern relativ zu alternativen Merkmalen
- Resultiert in evolutionär stabilem Verhältnis eines Gens
- Bei fluktuierender Umwelt kann Verhältnis auch fluktuieren

Bsp.: Soziosexualität von Frauen
- Zwei Kriterien bei Partnerwahl: Investition des Mannes in Kinder, “Gute Gene” (Gesundheit, Attraktivität)
- Problem: Sexuell attraktive Männer weniger treu und weniger Investition in Kinder
- Intrasexuelle Rivalität -> Zwei frequenzabhängige Strategien:
• Restriktiv: Sicherung investierender Mann
-> Erhöhte Rivalität der Frauen mindert Fitness
• Unrestriktiv: Sucht viele Männer mit “guten Genen”
-> Erhöhte Rivalität der “sexy sons” mindert Fitness

b) Konditionale Entwicklungsstrategie
- Genetisch fixierte EPM
- Lenken Individualentwicklung in Abhängigkeit von alternativen Umweltbedingungen der Kindheit in jeweils adaptive Richtungen
Umwelt 1 -> Eigenschaft 1
Umwelt 2 -> Eigenschaft 2
- Bsp.: Anwesenheit des Vaters in früher Kindheit (hohe väterliche Investitionen, “arme Umwelt”) -> Konditionale Entwicklungsstrategie bei Mädchen
• Vater anwesend: Späte Geschlechtsreife, wenige Sexualpartner
• Vater abwesend: Frühe Geschlechtsreife, viele Sexualpartner

c) Strategische Spezialisierung:
- Tendenz verschiedener Individuen zu unterschiedlichen Reproduktionsstrategien
- Durch Konkurrenz, wenn alle gleiche Reproduktionsstrategie haben -> frequenzabhängige Selektion
- Bsp.: Geschwisterposition:
• Erstgeborene haben “Nischen” in Familie
• Spätergeborene gezwungen zu höherer sozialer Kompetenz und größerer Offenheit
• Alternative Erklärung: Hormoneller Geburtspositionseffekt

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6
Q

Methodik

A
  • Qualität des Nachweises, dass psychologischer Mechanismus ein EPM ist entscheidend
  • Wenig bekannt über vergangene Umwelten
  • > Ultimate Erklärungen spekulativ

Kriterien für EPM:

  • Angabe des in Vorzeit gelösten adaptiven Problems
  • Angabe des psychologischen bzw. physiologischen Mechanismus
  • Plausibilität genetischer Fixiertheit des Mechanismus
  • EPM muss Kriterien eines „adaptiven Designs“ (= bessere Reproduktivität) erfüllen, die auf natürliche Selektion hinweisen (u.a. Ökonomie, Effizienz, Zuverlässigkeit)

Nicht notwendig für EPM-Nachweis:

  • Nachweis homologer EPM bei verwandten Arten
  • Homologie für Verhalten schwer nachzuweisen
  • Adaptivität des EPM unter heutigen Umweltbedingungen
  • Interessant sind EPM, die früher adaptiv waren, heute aber heute nicht mehr
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7
Q

Bewährung

A
  • Paradigma zu jung, um definitive Aussagen über Eignung für Persönlichkeitspsychologie zu machen
  • Derzeit sehr aktives und innovatives Forschungsfeld
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8
Q

Bewertung

A
  • Gute Chance, Persönlichkeitsunterschiede und ihre Abhängigkeit von Gen-Verteilungen und Umwelt- bedingungen besser zu verstehen
  • Anforderungen an Erklärung gehen über alltagspsychologische Überlegungen zu Kosten und Nutzen von Persönlichkeitseigenschalen und Einräumung eines Stellenwerts in Informationsverarbeitungsmodellen hinaus
  • Risiko von Scheinerklärungen: Bekanntes wird evolutionär verständlich gemacht durch Erfindung adaptiver Erfolgsgeschichten
  • EPM schwer zu trennen von zufälligen, selektiv neutralen Varianten, relativ seltenen nicht adaptiven Varianten und nicht adaptiven Ergebnissen seltener oder neuer Umweltbedingungen
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