09 Wechselwirkungsprozesse Flashcards
Genom-Umwelt
- Wichtige Grundbegriffe:
- Person-Umwelt-Kovarianz: (passiv, reaktiv, aktiv)
- Reaktionsnorm: Ausmaß phänotypischer Schwankungen um genotypischen Schätzwert (z.B. IQ)
- Kanalisierung: Phänotypische Entwicklung verläuft zufällig innerhalb der “genotype landscape” - Ausgangspunkt:
- Populationsgenetische Einflussschätzungen keine Aussagen über Einfluss spez. Allele und spez. Umweltbedingungen auf Persönlichkeitsentwicklung
- Unklar: Wie beeinflusst ein Gen, eine spezifische Umweltbedingung die Persönlichkeit?
- Wenig Forschung, da Wechselwirkungen Gen x Umwelt sehr komplex
• Wie kommt es zu (hohen) intellektuellen Leistungen?
• Wie kommt es zu antisozialem Verhalten?
Intellektuelle Leistungen
Leistung bzw. Intelligenz abhängig von:
- Interessen
- SOK
- Übung
- > Starke Abhängigkeit von Umwelt, aber Nutzung wichtig!
- Fluide und kristalline Intelligenz:
- Gründe für Intelligenzunterschiede, verschiedene Stärken und Schwächen -> Unterteilung der Intelligenz
- Beides wichtig für allgemeine intellektuelle Leistungsunterschiede
- Beides ab mittlerer Kindheit ausdifferenziert (abnehmende Korrelation)
a) Fluide Intelligenz:
- Unabhängig von Wissen und Erfahrung
- Verarbeitungsgeschwindigkeit, Koordination, usw.
- Abbau im Alter
b) Kristalline Intelligenz:
- Abhängig von erworbenem Wissen, Erfahrungen, Fähigkeiten
- Wortschatz, Berufliches Fachwissen
- Zunahme bzw. Stagnieren im Alter
- Wichtiger für spezifische Stärken und Schwächen
-> Zum Verständnis der Ausdifferenzierung von Stärken und Schwächen: SOK-Theorie
- Selektion, Optimierung und Kompensation (Baltes):
- Allgemeine Entwicklungstheorie
- Ab mittlerer Kindheit vermehrtes „Arbeiten“ an spezifischen Stärken und Schwächen mit SOK-Strategien
- Hier Bsp.: Entwicklung intellektueller Leistungsfähigkeit
a) Selektion
- Auswahl von Funktionsbereichen bzw. Zielen
- Somit: Eingrenzung anderer Entwicklungsmöglichkeiten
- Bsp.: Spezialisierung auf musikalische Fertigkeiten
b) Optimierung
- Prozesse der Zielerreichung
- Erhalt und Steigerung des Funktionsniveaus
- Anwendung Mittel zur Erreichung selbstgesetzter Ziele
- Bsp.: Vermehrtes Üben
c) Kompensation
- Vermeidung von Verlusten bzw. trotz Verlusten zielrelevanter Mittel bereits erreichtes Funktionalitätsniveau aufrechterhalten
- Bsp.: Drohender Leistungsabfall: Zusätzlicher
Unterricht bei Nachhilfelehrer - Expertise:
Unterschiede durch:
- Differentielle Vorteile durch Intelligenzunterschiede
- Übungseffekte
- Bestimmte kognitive Mechanismen durch Training erworben und Übung aufrechterhalten
-> Startvorteil intelligenter Kinder: Intelligenz fördert in Kindheit Entwicklung spezifischer Expertise
-> Später teilweise Entkoppelung von Intelligenz und Expertise (E kann z.T. Intelligenzdefizite ausgleichen)
- Implizite Annahme: Expertenwissen erworben durch
• Individuelle Anpassungsleistungen (Üben)
• Umwelteinflüsse (Förderung durch Eltern)
- Allgemeine Intelligenz: Zeitlich eher stabil und überwiegend genetisch erworben
-> Vorsicht bei Trennung: Dynamische Interaktion Genom und Umwelt - Interessen:
- Wichtiger Faktor für intellektuelle Leistungen
- Grundannahme: Intelligenz und Umwelt beeinflusst Leistung v.a. über Wissenserwerb
- Interessen wichtige motivationale Voraussetzung zum Erwerb höheren Wissens
- Psychologie keine Antwort, wie Interessen entstehen
- Wirkrichtung eindeutig: Interessen beeinflussen eher Wissen und somit Lernerfolg als umgekehrt - Fazit:
- Für intellektuelle Leistungen neben Intelligenz wichtig:
• Interessen (motivationale Prozesse)
• Übung (behaviorale Prozesse)
• Wissen
• SOK
- Hinzu Persönlichkeitsmerkmale:
• Neugier
• Ausdauer
• Leistungsmo8v
• Wechselwirkungen (z.B. Leistung und Selbstvertrauen)
Antisoziales Verhalten
- Definition:
- Aggressives, kriminelles oder sonstiges Verhalten, das soziale Normen verletzt
- Bis Schule schwänzen bei Kindern
- Externalisierung der Probleme - MolekulargeneIsche Persönlichkeitsforschung:
- MAOA-Gen: Produziert Enzym Monoaminoxidase A.
- Reduziert exzessive Produktion von Neurotransmittern (Serotonin, Noradrenalin, Dopamin) bei starken Belastungen
- Studien: Fehlende MAOA-Genaktivität führt zu erhöhter Aggressivität, hohe “schützt” vor Effekten von Kindesmisshandlung
- Aber Wirkung abhängig von Umweltbedingungen - Im Altersverlauf:
Zwei Formen antisozialer Tendenzen:
a) Überdauernde Form (persistent)
- 5% männlicher Jugendliche
- Starke Aggressivität ggü. Gleichaltrigen in Kindheit
- Kriminelles Verhalten in Jugend
b) Pubertätsgebundene Form (vorübergehend)
- Höhepunkt antisozialen Verhaltens im Jugendalter
- Erklärungsansätze: Reifungslücke, Identitätsfindung, Tendezen zu Risikoverhalten, In-Group/Out-Group Differenzierung - Im historischen Vergleich:
- Schwerere Formen (Physische Aggressivität, Delinquenz) nehmen im Jugendalter stark zu, dann wieder ab
- Deutliche Zunahme des Effekts in westlichen Kulturen in letzten Jahrzehnten - Antisoziale Persönlichkeit:
- überdauernde Form: Antisoziale Persönlichkeit
- Schwerere Formen: Antisoziale Persönlichkeitsstörung
- Studien: Antisoziale Persönlichkeit beruht auf genetischen Risikofaktoren
• v.a. dann wirksam, wenn durch Umweltrisiken verstärkt
• Aber: Umwelt verstärkt nicht nur genetische Risiken, sondern auch eigenständiger Einfluss auf antisoziales Verhalten
a) Modell der Entwicklung der antisozialen
Persönlichkeit:
- Umweltrisiken (pränatal: Rauchen, Alkohol)
- Genetische Risiken
-> Neuropsychologische Risiken (Aufmerksamkeitsschwäche, motorisch unruhig, schwer zu beruhigen)
-> Schwieriges Temperament
- Insensitive Mutter
-> Typ-A-Bindung (unsicher-vermeidend)
-> Inadäquater Erziehungsstil
=> Prozess gegenseitiger Nötigung, feindseliger Attributionsstil
-> Ablehnung durch Eltern und Gleichaltrige
=> Internalisierung (Rückzug) oder Externalisierung (Devianz)?
-> 1: Sozialer Rückzug, Negatives soz. Selbstwertgefühl, Antisoziales Verhalten, Kriminalität
-> 2: Anschluss an deviante Gruppe, Antisoziales Verhalten, Kriminalität
Ablehnung aggressive Kinder von Gleichaltrigen und Familienmitgliedern -> Unterschiedliche Reaktion bei Eintritt ins Jugendalter:
- Viele antisoziale Jugendlichen bevorzugen ähnliche Gleichaltrigen
• Anschluss an deviante Clique (verstärkt Selbstwert und Verhalten)
• Gruppentäter
- Einige antisoziale Jugendliche zeigen sozialen Rückzug
• Negatives soziales Selbstwertgefühl
• Einzeltäter-Risiko
b) Bewertung des Entwicklungsmodells:
- Entwicklungsmodell: Dynamisch-interaktionistisch:
Wirkungen früher Ursachen können zu Ursachen nachfolgender Veränderungen werden (z.B. Temperament des Kindes rigide-autoritäre Erziehung der Eltern)
- Modell nur für Männer belegt (Frauen zeigen andere Art von Aggressionen)
c) Belege für Einfluss der kindlichen Aggressivität auf Erziehungsstil der Eltern:
- Medikamentöse Dämpfung Auswirkungen auf Erziehungsverhalten
- Instruiertes aggressives Verhalten ruft rigide-autoritäres Verhalten der Mütter vorher
- Aggressive Jungen brachten Mütter nicht aggressiver Kinder zu rigide-autoritärem Verhalten
- Mütter aggressiver Jungen provozierten nichtaggressive Jungen nicht zu Aggressionen
- Bestrafung fördert bei aggressiven Kindern Aggressionen, mindert sie bei Nichtaggressiven
- Jungen durchschnittlich aggressiver als Schwestern (bei selben Eltern)
- Adoptierte Kinder ähneln in Aggressivität eher leiblichen Vater als erziehendem
Zufall und Notwendigkeit
- Allgemeines:
- Persönlichkeitsentwicklung nicht gut vorhersagbar
- Wenige Persönlichkeitseigenschaften so stabil wie antisoziale Persönlichkeit
- Einfluss von individueller Umweltfaktoren große Rolle:
Irregulär auftretende, nicht normative, kritische Lebensereignisse (einflussreicher, je stärker sie vorhandene Person-Umwelt-Passung stören -> Veränderungen d. Persönlichkeit oder Umwelt zwingen)
- Bedeutsamkeit kritischer Lebensereignisse:
- Umwelt hat immer Einfluss auf Persönlichkeitsentwicklung (begrenzte Vorhersagbarkeit) (+)
- Person-Umwelt-Passung wird gestört (+)
- Wohlbefinden geht nicht auf Ausgangsniveau zurück (+)
- Persönlichkeitsabhängig, ob kritisches Lebensereignis auftritt (z.B. Lottospieler) (-)
- Persönlichkeit kanalisiert kritische Lebensereignisse und ihre Wirkung (Bewältigungsstile) (-)
- Zunehmende Stabilität der Persönlichkeit im Lebenslauf (Kontrolle über Umwelt)
- Unterschätzung alltäglicher und Überschätzung bedeutsamer Zufälle im Lebenslauf (-) - Zusammenhang Persönlichkeit und Lebensereignisse:
- Extraversion sagt Auftreten positiver (nicht negativer)
Lebensereignisse vorher
- Neurotizismus Auftreten negativer (weniger positver)
Ereignisse
- Positive und negative Ereignisse korrelierten
-> „wechselhaftes“ vs. „eintöniges“ Leben