Straßenverkehrsdelikte Flashcards
geschütztes Rechtsgut
immer: Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs
→ Kollektivrechtsgut
Individualrechtsgüter der Straßenverkehrsteilnehmer
§ 142 StGB: Vermögensinteressen eines Unfallopfers
Fahrzeuge
Beförderungsmittel aller Art ohne Rücksicht darauf, ob sie durch Maschinenkraft angetrieben oder durch menschliche Kraft bewegt werden
Führen eines Fahrzeugs
unmittelbar eigenhändig in Bewegung setzen oder unter Handhabung der technischen Vorrichtungen während der Fahrt lenken
Fahruntücktigkeit
wenn Führer nicht fähig ist, sein Fahrzeug über eine längere Strecke so zu führen, dass er den Anforderungen des Straßenverkehrs - auch in schwierigen Verkehrslagen - gewachsen ist (wie ein durchschnittlicher Führer)
absolute Fahruntüchtigkeit
BAK ab 1,1 ‰
Radfahrer: 1,6 ‰
→ unwiderlegliche Vermutung, kein Gegenbeweis möglich
relative Fahruntüchtigkeit
- BAK 0,03 - 1.09 ‰ + Beweisanzeichen für Fahruntüchtigkeit: alkoholbedingte Ausfallerscheinungen
§ 315c StGB: grob verkehrswidrig
besonders schwerer (gefährlicher) Verstoß gegen eine tatbestandsrelevante Verkehrsvorschrift
§ 315c StGB: rücksichtslos
handelt, wer sich aus eigensüchtigen Gründen bewusst über seine Pflichten gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern hinwegsetzt (Vorsatzvariante) oder aus Gleichgültigkeit von vornherein Bedenken gegen sein Verhalten nicht aufkommen lässt und unbekümmert drauflos fährt (Fahrlässigkeitsvariante)
konkrete Gefährdung = Beinaheunfall
Geschehen, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Einschätzung gelangt, dass es gerade noch einmal gut gegangen sei
fremde Sache von bedeutendem Wert
- Wert = Verkehrswert
- Sache muss in bedeutendem Wert gefährdet werden → der konkret drohende Schaden muss einen bedeutenden Umfang haben
- Wertuntergrenze 750€ (aA: 1300€)
Kann das vom Täter geführte Fahrzeug Tatobjekt sein?
hM
Nein: Fahrzeug auf der Seite des Täters
(+) notwendiges Tatwerkzeug, kann nicht gleichzeitig Schutzobjekt sein
(+) § 315c StGB kein primäres Eigentumsdelikt, schützt Eigentümer nur, soweit er als Verkehrsteilnehmer in seinem Eigentum betroffen wird
Kann das vom Täter geführte Fahrzeug Tatobjekt sein?
aA
Ja, auch Tatfahrzeug taugliches Tatobjekt
(+) Rechtswidrigkeit: Einwilligung des Eigentümers in Gefährdung?
(+) nach hM fremde Ladung geschützt
→ Wertungswiderspruch, wenn Ladung für Gefahr mitursächlich
(-) Einwilligung nicht möglich, da Kollektivrechtsgut
(-) kein Wertungswiderspruch: auch bei schwerer Ladung geht Gefahr eigentlich vom Fahrzeug aus, da Ladung sonst nicht in Bewegung geraten wäre
Sind Beifahrer/Teilnehmer “andere” iSd § 315c I StGB?
eA
Ja, TB (+), aber Einwilligung möglich
(+) Teilnehmer kein notwendiges Tatwerkzeug
(+) kein allgemeiner Grundsatz, dass Teilnehmer nicht selbst Opfer sein kann
Sind Beifahrer/Teilnehmer “andere” iSd § 315c I StGB?
hM
Nein, Teilnehmer kein anderer, TB (-)
(+) Schutzgut: Sicherheit des Straßenverkehrs = Kollektivrechtsgut
→ keine Dispositionsbefugnis des Einzelnen, Einwilligung (-)
(+) Strafgrund der Teilnahme: Teilnehmer führt Unrecht mit herbei, bedarf daher des Schutzes des § 315c StGB nicht
(+) widersinnig, durch Normen Personen zu schützen, die nach gleicher Norm bestraft werden könnten
(+) Parallele zur Behandlung des Tatwerkzeugs
§ 315c StGB - § 315b StGB
- § 315c StGB: Fehlverhalten im Straßenverkehr, Sperrwirkung
- § 315b StGB: erfasst Fehlverhalten außerhalb des Straßenverkehrs mit Auswirkung auf Straßenverkehr (“verkehrsfremder Außeneingriff”)
§ 315b Nr. 1 StGB: Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt
Anlagen = alle dem Verkehr dienenden Einrichtungen, aber auch Straße selbst und ihr Zubehör
§ 315b Nr. 2 StGB: Hindernisse bereitet
= jede Einwirkung, die geeignet ist, den reibungslosen Verkehrsablauf zu beeinträchtigen
Trunkenheit im Verkehr, § 316 StGB
- eigenhändiges Delikt → keine mittelbare Täterschaft → keine alic nach TB-Modell!
- reines Tätigkeitsdelikt
- abstraktes Gefährdungsdelikt
- subsidiär zu §§ 315a, c StGB
§ 142 StGB: Unfall
jedes plötzliche Ereignis im öffentlichen Straßenverkehr, in welchem sich ein verkehrstypisches Schadensrisiko realisiert und das unmittelbar zu einem nicht völlig belanglosen Personen- oder Sachschaden führt
Fallen vorsätzlich herbeigeführte Unfälle unter § 142 StGB?
hM
Unfall (+), wenn Geschehen sich für mindestens einen Unfallbeteiligten als plötzliches Ereignis darstellt
(+) § 142 StGB als abstraktes Gefährdungsdelikt verlangt diesen Schutz
(+) für mind. einen Unfallbeteiligten plötzlich
(+) Erst-recht-Schluss zur Unfallverursachung des nur fahrlässig oder sogar nicht vorwerfbar handelnden Beteiligten
Fallen vorsätzlich herbeigeführte Unfälle unter § 142 StGB?
aA
schon begrifflich Unfall (-)
(+) “Unfall” erfordert plötzliches, unerwartetes Ereignis, welches bei Vorsatz nicht gegeben ist, da dann verkehrsfremder Eingriff vorliegt, bei dem sich gerade nicht verkehrsspezifische Gefahr realisiert
(-) Vermögensinteressen anderer Unfallbeteiligter nicht hinreichend geschützt
(-) sonst müsste konsequenterweise auch die bewusst fahrlässige Verursachung ausscheiden
§ 142 StGB: öffentlicher Straßenverkehr
Verkehrsfläche explizit dem öff. Verkehr gewidmet oder faktisch der Benutzung durch eine unbegrenzte Gruppe offen stehend
§ 142 StGB: Unfallbeteiligter
→ § 142 V StGB
→ weite Auslegung: effektiver Opferschutz
Unfallbeteiligter § 142 StGB: Betrachtung ex ante oder ex post?
eA: ex post - Unfallbeteiligter ist nur, wer tatsächlich zum Unfall beigetragen hat
(-) § 142 V StGB
hM: ex ante, Perspektive (Verdachtslage) zum Zeitpunkt des Verlassens des Unfallortes
→ Strafbarkeit selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn sich später herausstellt, dass Verhalten in keiner Weise ursächlich für Unfall war
(+) Schutzzweck § 142 StGB
(+) Ausgestaltung des § 142 StGB als abstraktes Vermögensgefährdungsdelikt
§ 142 StGB: sich entfernen
→ willensgetragenes Verhalten
→ auch “Entfernen-Lassen”
§ 142 StGB: Feststellungen ermöglichen
→ zumindest passiv-duldend zulassen
→ feststellungsbereite Personen: auch unbeteiligte Dritte
§ 142 StGB: vom Unfallort
umfasst den Bereich um den Unfallpunkt, innerhalb dessen zu erwarten ist, dass eine feststellungsbereite Person den Unfallbeteiligten antreffen kann
bestimmt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls
§ 142 StGB: angemessene Wartezeit
bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles (Schadensumfang, Wetterlage etc.)
mindestens 10 Minuten bei Minimalschäden
§ 142 II Nr. 1 StGB: nachträglich ermöglichen
unverzüglich = ohne verwerfbares Zögern
→ III
§ 142 IV StGB: tätige Reue
→ nachträglich: 24 Stunden
→ nicht bedeutender Sachschaden: Reparaturkosten max. 1300€
Umfasst § 142 II Nr. 2 StGB auch das Entfernen im schuldunfähigen Zustand nach § 20 StGB?
eA: Entfernen im schuldunfähigen Zustand fällt unter § 142 II Nr. 2 StGB
(+) untechnischer Wortgebrauch, “berechtigt” müsste “gerechtfertigt” heißen
(-) wenn nicht sicher ist, ob § 20 StGB oder § 21 StGB vorlag, müsste wegen “in dubio pro reo” sowohl § 142 I StGB als auch § 142 II StGB verneint werden
(-) Wortlaut: “entschuldigt”, nicht “ohne Schuld”
Umfasst § 142 II Nr. 2 StGB auch das Entfernen im schuldunfähigen Zustand nach § 20 StGB?
hM
§ 142 II Nr. 2 StGB jedenfalls bei alkoholbedingter Schuldunfähigkeit ausgeschlossen, in Betracht kommt nur § 323a iVm § 142 I StGB
(-) Wortlaut differenziert nicht nach Art der Entschuldigung
Umfasst § 142 II StGB auch das unvorsätzliche Verlassen des Unfallortes?
= wenn Unfallbeteiligter vom Unfall nichts mitbekommen hat
frühere Rspr.
(+), wenn Unfallbeteiligter sich zunächst ohne Vorsatz entfernt, dann aber von seiner Beteiligung noch in einem räumlichen und zeitlichen Näheverhältnis zum Unfall erfährt
(+) Wortlaut “entschuldigt” umfasst auch Vorsatz insofern, als Vorsatzschuld nicht vorhanden ist
(+) § 142 II StGB erfasst genau die Fälle, in denen der Täter erst nachträglich seine Pflichten verletzt
(+) Ähnlichkeit der Konstellation zum berechtigten/entschuldigten Entfernen
(+) kriminalpolitisches Bedürfnis
Umfasst § 142 II StGB auch das unvorsätzliche Verlassen des Unfallortes?
= wenn Unfallbeteiligter vom Unfall nichts mitbekommen hat
BGH und hL
§ 142 II StGB (-)
(+) nicht mit dem berechtigten oder entschuldigten Entfernen gleichzusetzen, da hier der Täter vom Unfall keine Kenntnis hat, so dass ihn kein gleichwertiger Vorwurf trifft
(+) Anwendung § 142 II StGB = strafbegründende Analogie, Verstoß gegen Art. 103 II GG
(+) auch kriminalpolitisches Bedürfnis kann Strafbarkeit nicht begründen
Kann der allein gefährdete Mitfahrer in die Verwirklichung von § 315c StGB rechtfertigend einwilligen?
Rspr.: (-)
(+) § 315c StGB schützt hauptsächlich das überindividuelle Rechtsgut der allg. Verkehrssicherheit
(+) dass eine Individualgefährdung eintreten muss, hat nur eine strafbegrenzende Funktion
(+) Einwilligung in Lebensgefährdung wegen § 216 StGB nicht möglich
Kann der allein gefährdete Mitfahrer in die Verwirklichung von § 315c StGB rechtfertigend einwilligen?
h. L.: (+)
(+) § 315c StGB schützt hauptsächlich Individualrechtsgüter
(+) abstrakte Gefährdung der Allgemeinheit abschließend in § 316 StGB unter Strafe gestellt
(+) § 315c StGB setzt voraus, dass sowohl Individual- als auch allgemeine Rechtsgüter betroffen sind; wenn Gefährdung des Individualrechtsguts wegen Einwilligung nicht rechtswidrig ist, ist Verwirklichung von § 315c StGB insgesamt nicht rechtswidrig
objektiver TB § 316 StGB
- Führen eines Fahrzeugs
- im Verkehr
- im fahruntüchtigen Zustand
verkehrsfremder Inneneingriff: Voraussetzungen des § 315b StGB bei Geschehen im fließenden Verkehr
= Verkehrsteilnehmer “pervertiert” einen Verkehrsvorgang zu einer Gefahrensituation
ältere Rspr.
Pervertierungsabsicht erforderlich
→ obj. grobe Einwirkung von einigem Gewicht
→ subj. absichtlicher zweckfremder und verkehrsfeindlicher Einsatz des Fahrzeugs
verkehrsfremder Inneneingriff: Voraussetzungen des § 315b StGB bei Geschehen im fließenden Verkehr
neuere Rspr.
zusätzlich Vorsatz bzgl. der Schädigung anderer Menschen erforderlich → bloßer Gefährdungsvorsatz reicht nicht aus!
(+) keine Pervertierung, solange Fortkommen primäres Ziel des Täters ist (Fahrzeug nur Fluchtmittel, nicht verkehrsatypisch, sondern gerade zweckgemäß eingesetzt)
(+) “verkehrsfeindlich” = moralisches Kriterium
(-) Strafbarkeitslücke, bloße Nötigungsabsicht nicht erfasst
(-) Nötigungsabsicht macht Verhalten stets verkehrsatypisch
(-) bliebe nur Strafbarkeit nach § 240 StGB, würde verkehrsspezifisches Unrecht nicht erfasst
objektiver TB § 315b StGB
- Nr. 1 - 3
- dadurch Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs
- dadurch Eintritt des Gefahrerfolges
- Kausalität/Zurechnungszusammenhang