Rechtswidrigkeit Flashcards

1
Q

rechtfertigende Einwilligung

A

Die Zustimmung des Rechtsgutsinhabers ändert nach hM an der TBM der Tathandlung nichts, sie bewirkt aber einen Unrechtsausschluss auf der Rechtfertigungsebene.
Grundgedanke: Prinzip des mangelnden Interesses, “volenti non fit iniuria” = dem Wollenden geschieht kein Unrecht

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2
Q

Verfügungsbefugnis (disponibles Rechtsgut)

A
  • Individualrechtsgut

- alleinige Rechtsgutsinhaberschaft des Einwilligenden

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3
Q

Ausnahmen der Dispositionsfähigkeit

A
  • Rechtsgüter der Allgemeinheit
  • Leben (§ 216 StGB)
  • körperliche Integrität (Verfügungsbefugnis eingeschränkt, vgl. § 228 StGB)
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4
Q

Einsichtsfähigkeitslösung (h. M.)

A

Der Rechtsgutsinhaber ist einwilligungsfähig, wenn er nach seiner geistigen und sittlichen Reife imstande ist, Bedeutung und Reichweite des Rechtsgutsverzichts zu erkennen und sachgerecht zu beurteilen.

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5
Q

Einwilligungserklärung

A
  • Vorliegen spätestens bei Beginn der Tat, ausdrückliche oder konkludente Erklärung
  • frei widerruflich
  • Einwilligung muss sich sowohl auf die tatbestandliche Handlung als auch auf den tatbestandlichen Erfolg beziehen
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6
Q

Voraussetzungen der mutmaßlichen Einwilligung

A

I. objektive Vrss.
1. disponibles Rechtsgut = Verfügungsbefugnis des Inhabers
→ Individualrechtsgut
→ alleinige Inhaberschaft des Einwilligenden
2. Subsidiarität gegenüber der erklärten Einwilligung
3. Handlung im materiellen Interesse des Betroffenen oder schutzwürdiges Erhaltungsinteresse des Betroffenen fehlt
→ bei mangelnder Einwilligungsfähigkeit auf gesetzl. Vertreter abstellen
4. kein entgegenstehender Wille erkennbar
II. subjektive Vrss.
1. Handeln in Kenntnis der Umstände
2. pflichtgemäße Prüfung des mutmaßlichen Willens (str.)
- stellt sich trotz pflichtgemäßer Prüfung Wille nachträlich als falsch heraus: RF (+)
- fehlt Prüfung, entspricht Tat aber dem wahren Willen des Betroffenen: RF (+)

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7
Q

Subsidiarität der mutmaßlichen Einwilligung gegenüber der erklärten Einwilligung

A

Es muss wegen nicht überwindbarer bzw. wegen nur mit unverhältnismäßigen Mitteln zu überwindender Hindernisse unmöglich sein, die tatsächliche Einwilligung des Berechtigten vor der Tat einzuholen.

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8
Q

mutmaßliche Einwilligung

A

→ tritt an die Stelle der erteilten Einwilligungserklärung, Surrogat
→ subsidiär zur tatsächlichen Einwilligung
Es muss ex ante davon auszugehen sein, dass der Rechtsgutsinhaber seine Einwilligung erteilen würde, wenn man ihn vorher fragen könnte.
- subjektive Präferenzen des Betroffenen, d. h. persönliche Ziele, Wünsche, Bedürfnisse und Wertvorstellungen
- wenn keine Anhaltspunkte: intersubjektive Gesichtspunkte, d. h. was würde vernünftiger Dritter wollen?

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9
Q

Voraussetzungen Festnahmerecht, § 127 StPO

A
  1. Festnahmelage:
    - Festgenommener auf frischer Tat betroffen oder verfolgt
    - Festnahmegrund: Fluchtgefahr oder Unmöglichkeit der sofortigen Identitätsfeststellung
  2. Festnahmehandlung: alle zur Festnahme unmittelbar erforderlichen Handlungen, nicht aber ernsthafte oder gar lebensgefährliche Beschädigung der Gesundheit
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10
Q

Festgenommener auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, § 127 StPO

A
  • Tat = jede strafbare Handlung
  • örtlicher und zeitlicher Zusammenhang
  • auf frischer Tat betroffen = bei Tatbegehung oder direkt danach am Tatort oder in unmittelbarer Nähe gestellt
  • verfolgt = Nacheile in unmittelbarem Anschluss an die Tat, bleibt auch bei Verfolgung über längere Strecke und Zeit “frisch”
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11
Q

elterliches Erziehungsrecht

A

Art. 6 II GG, §§ 1626 I, 1631 BGB

Erziehungsmaßnahmen ohne entwürdigenden Charakter, nicht elterliches Züchtigungsrecht (§ 1631 II BGB)

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12
Q

Voraussetzungen erklärte Einwilligung

A

I. objektiv:
1. disponibles Rechtsgut = Verfügungsbefugnis des Inhabers
→ Individualrechtsgut
→ alleinige Inhaberschaft des Einwilligenden
2. Einwilligungserklärung
→ Einwilligung vor der Tat ausdrücklich oder schlüssig nach außen erklärt und zur Tatzeit noch fortbestehend (kein Widerruf)
3. Wirksamkeit
a) Einwilligungsfähigkeit: geistige und sittliche Reife
b) keine Willensmängel
c) Handeln i. R. d. Einwilligung
4. bei Körperverletzung Grenze des § 228 StGB
II. subjektiv:
Handeln in Kenntnis und aufgrund der Einwilligung

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13
Q

Rechtfertigungsgründe

A
  • Notwehr: § 32 StGB, § 227 BGB
  • rechtfertigender Notstand: § 34 StGB
  • zivilrechtliche Notstände: §§ 904, 228 BGB
  • zivilrechtliches Selbsthilferecht, §§ 229, 230, 859 BGB
  • Einwillung: ausdrücklich / mutmaßlich / str.: hypothetisch
  • vorläufige Festnahme: § 127 StPO
  • rechtfertigende Pflichtenkollision (bei Unterlassungsdelikten)
  • Erziehungsrecht
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14
Q

allgemeines Aufbauschema für Rechtfertigungsgründe

A
  1. obj. Vrss.
    a) Rechtfertigungslage: obj. Sachverhalt, der zum Eingreifen eines Rechtfertigungsgrundes führt
    b) Rechtfertigungshandlung
  2. subj. Vrss. (außer bei FK): Handeln in Kenntnis der Rechtfertigungslage, ggf. weiteres Element
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15
Q

§§ 229, 230 BGB

A
  • geht § 32 StGB vor!
  • Folge: Duldungspflicht
  • § 859 I BGB gegenüber § 229 BGB spezieller
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16
Q

P: Handeln auf dienstliche Weisung

A
  • Weisungen grds. verbindlich, da Beamte und Soldaten zur Befolgung verpflichtet, in Ausnahmefällen sogar bei rechtswidriger Weisung
    → Handeln aufgrund verbindlicher Weisung gerechtfertigt
  • Weisungen dann unverbindlich, wenn durch ihre Ausführung eine Straftat begangen, die Menschenwürde verletzt oder gegen allgemein anerkannte Regeln des Völkerrechts verstoßen würde
  • Handeln auf unverbindliche Weisung aber Entschuldigungsgrund, wenn der Handelnde sie als verbindlich angesehen hat, die Unverbindlichkeit für ihn nicht hinreichend erkennbar war und die Strafbarkeit des Handelns nicht erkennbar war
17
Q

Konkurrenzen von Rechtfertigungsgründen

A
  • Spezialitätsverhältnisse beachten
  • bei Ablehnung eines vorrangigen RF-Grundes vor Rückgriff auf allgemeineren prüfen, ob dies zulässig ist (ob speziellerer abschließend ist)
  • mit den Rechtfertigungsgründen beginnen, die zugunsten des Täters die weitesten Eingriffsbefugnisse bieten
  • zwischen den betroffenen Rechtsgütern präzise differenzieren
18
Q

str.: GoA als Rechtfertigungsgrund

A

e. A.: (+)
(+) geben Geschäftsführer gewisse Handlungsmacht, Einheit der Rechtsordnung (was zivilrechtlich erlaubt ist, kann nicht strafbar sein)
h. M.: (-)
(+) Funktion §§ 677 ff. BGB ist es nicht, bestimmte Handlungen zu erlauben, sondern Ausgleich zwischen den Beteiligten zu regeln
(+) Grund für Erlaubnis nicht §§ 677 ff. BGB an sich, sondern tatsächlicher / mutmaßlicher Wille des Geschäftsherrn

19
Q

P: bewahrtes und verletztes Rechtsgut stehen demselben Rechtsgutsträger zu
→ Verhältnis Notstand ↔ mutmaßliche Einwilligung

A

Rspr. / Teil Lit.: § 34 StGB (-)
(+) in solchen Fällen nicht Solidarität der Gemeinschaft gefragt, sondern entscheidend, inwieweit man eigenmächtig fremde Interessen wahrnehmen darf
(+) § 34 StGB obj. ausgerichtet, i. R. d. Einwilligung aber subj. Interessengewichtung entscheidend → droht unterlaufen zu werden
→ ist aber mutmaßliche Einwilligung ausgeschlossen, kann Rückgriff auf § 34 StGB relevant werden

20
Q

hypothetische Einwilligung

A

Fälle, in denen jemand keine wirksame Einwilligung erteilt hat, (z. B. Patient mangels korrekter Aufklärung), aber nach Eingriff angibt, er hätte auch bei richtigem Wissensstand Einwilligung erteilt

21
Q

rechtfertigende Pflichtenkollision

A
  • Grundgedanke: Rechtsordnung kann nichts Unmögliches verlangen
  • Täter treffen mind. zwei Handlungspflichten
  • eine Pflicht kann nur auf Kosten der anderen erfüllt werden
  • Täter muss bei rangverschiedenen Pflichten die ranghöhere, bei ranggleichen Pflichten eine von beiden erfüllen
  • Rettungswille
22
Q

Gefahrengemeinschaft

A

entsteht, wenn Personen sich gerade im Hinblick auf eine Gefahr zusammenschließen, um diese gemeinsam besser zu bestehen
→ nicht zufällig oder zu anderem Zweck entstandene Unglücksgemeinschaften, da diese nicht auf gegenseitigem Vertrauen basieren (kein bewusstes gemeinsames in Gefahr Begeben)

23
Q

rechtfertigende Pflichtenkollision

P: Wann sind Handlungspflichten gleichwertig?

A

Rangverhältnis beurteilt sich nach

  • Nähe der Gefahr, Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, Ausmaß der drohenden Gefahr
  • Wert der gefährdeten Güter
  • rechtlicher Stellung des Normadressaten zum geschützten Objekt (Vorrang der Garantenstellung, vgl. Wortlaut § 323c StGB)
    str. : wenn bereits zur Rettung eines Opfers angesetzt wurde sowie schuldhafte Verursachung der Gefahr
24
Q

P: Genügt i. R. v. § 127 I StPO der dringende Tatverdacht?

A

Rspr. / Teil Lit.: (+)
(+) Parallele zu § 127 II StPO: Tatverdacht ausreichend
(+) Irrtumsrisiko darf nicht zu Lasten des couragierten Bürgers gehen
Teil Lit.: (-)
(+) § 127 II StPO e contrario: nur beim Haftbefehl dringender Tatverdacht erforderlich
(+) Differenzierung I (Jedermann-Recht) und II (Befugnisse des Staates)
(+) Notwehrprobe
(+) Bürger ausreichend durch ETI geschützt

25
Q

Einwilligung in lebensgefährliche Handlungen möglich?

A
  • Einwilligung in Tötung nicht möglich, da Rechtsgut nicht disponibel
  • Einwilligung in lebensgefährdende Behandlung verstößt idR gegen die guten Sitten und ist daher unbeachtlich gem. § 228 StGB:
    → Anwendung § 228 StGB wird von Gefährdungsgrad der Handlung abhängig gemacht
    → bei drohenden gravierenden Verletzungen ist Eingriff in die Dispositionsfreiheit des Rechtsgutsinhabers legitim
    → bei konkreter Todes- oder Lebensgefahr ist Schwelle idR überschritten
    → ex ante Perspektive
26
Q

Rechtfertigungsgründe bei Fahrlässigkeitsdelikten
Bsp.: Jäger J glaubt Hirsch auszumachen, obwohl er ihn nicht genau erkennen kann und schießt. Tatsächlich handelt es sich um Wilderer W, der gerade J erschießen wollte. → Rechtfertigung des J gem. § 32 StGB obwohl Verteidigungswille / Kenntnis der NW-Lage (-)?

A

setzen nach h. M. kein subjektives Rechtfertigungselement voraus: objektive Rechtfertigung kompensiert Erfolgsunrecht, so dass lediglich Handlungsunrecht verbleibt → ähnelt Versuch, versuchte Fahrlässigkeit gibt es aber nicht
(+) deutlich geringeres Handlungsunrecht

27
Q

§ 127 StPO: Erforderlichkeit und Grenzen der Festnahmehandlung

A

Festnahmerecht umfasst grundsätzlich nur die Handlungen, die zwingend für die Sicherstellung der Festnahme sind
→ vorübergehendes Festhalten sowie durch festes Zupacken evtl. verursachte körperliche Misshandlung

28
Q

Anforderungen an die ärztliche Aufklärung, s. auch § 630e BGB

A
  • Befund, Art der geplanten Behandlung (v. a. bei Außenseitermethoden) sowie typische Risiken
  • je gravierender die möglichen Folgen, desto höhere Anforderungen gelten für die Aufklärung
  • Aufklärung durch behandelnden Arzt selbst
  • Grenzen: Schonungsgrundsatz → keine Aufklärung, wo Folgen gravierender wären als Eingriff selbst
29
Q

P: Welche Irrtümer machen eine Einwilligung unwirksam?

A

e. A.: auch bloße Motivirrtümer
(+) Einwilligung soll wahrem Willen des Rechtsgutsträgers Geltung verschaffen
(-) Dispositionsfreiheit soll nicht geschützt werden
h. M.: nur rechtsgutsbezogene Irrtümer, nicht Irrtümer wegen Begleitumständen (z. B. Motive)
(+) Eigenverantwortlichkeit und Rechtsgüterschutz in Einklang

30
Q

Ist die Figur der hypothetischen Einwilligung anzuerkennen?

BGH: (+), RF-Grund

A

→ hyp. EW wirkt rechtfertigend
(+) Parallele zum Pflichtwidrigkeitszusammenhang: rechtmäßiges Alternativverhalten
(+) Einheit der Rechtsordnung: keine zivilrechtliche Haftung

31
Q

Ist die Figur der hypothetischen Einwilligung anzuerkennen?

Teil der Lit.: anzuerkennen, aber kein RF-Grund, sondern bewirkt Ausschluss der Zurechnung auf der RW-Ebene

A

→ Handlungsunrecht bleibt bestehen
(+) rechtmäßiges Alternativverhalten → Übertragung aber nur im Wege des Zurechnungsausschlusses, sodass Möglichkeit der Strafbarkeit des Versuchs bleibt
(-) dogmatische Konstruktion unklar, obj. ZR auf RW-Ebene nicht anerkannt; Reichweite unklar
(-) Versuchsstrafbarkeit zweifelhaft, Arzt glaubt an Vorliegen der Vrss. der Einwilligung

32
Q

Ist die Figur der hypothetischen Einwilligung anzuerkennen?

Teil der Lit.: abzulehnen

A

(+) Selbstbestimmungsrecht des Patienten wird übergangen
(+) ähnelt nachträglicher Genehmigung, Strafrecht fremd
(+) Aufklärungspflicht des Arztes wird entwertet, im Zivlrecht Abfederung dadurch, dass Arzt Beweislast trägt, hier aber in dubio pro reo
(+) Lösung über Beschränkung der Aufklärungspflicht vorzugswürdiger