Fahrlässigkeit Flashcards

1
Q

einfache Fahrlässigkeit

A

erfasst jedes sorgfaltswidrige Verhalten, das in vorhersehbarer Weise eine Rechtsgutsverletzung bewirkt

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2
Q

Leichtfertigkeit

A

erfasst nur solche Verhaltensweisen, die die gebotene Sorgfalt in besonders hohem Maße verletzen und bei denen sich die Gefahr der Rechtsgutsverletzung geradezu aufdrängt
→ entspricht in etwa grober Fahrlässigkeit, stellt aber auf die persönlichen Fähigkeiten des Täters ab

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3
Q

unbewusste Fahrlässigkeit (negligentia)

A

Täter übersieht, dass sein Verhalten zur einer Rechtsgutsverletzung führen kann, hat Möglichkeit des Erfolges als Folge seines Handelns gar nicht erkannt

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4
Q

bewusste Fahrlässigkeit (luxuria)

A

Täter erkennt die Möglichkeit der Rechtsgutsverletzung durch sein Verhalten, vertraut aber ernsthaft darauf, dass sie ausbleiben wird (hM)
Abgrenzung Vorsatz: Täter hat gerade keinen Willen zur Tatbestandsverwirklichung (“wird schon gutgehen”)

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5
Q

objektive Sorgfaltspflichtverletzung

A

Objektiv sorgfaltswidrig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (vgl. § 276 II BGB).
Art und Maß der erforderlichen Sorgfalt bestimmen sich nach hM gemäß den Anforderungen, die ein besonnener und gewissenhafter Mensch in der konkreten Lage und der sozialen Rolle des Täters bei einer Betrachtung der Gefahrenlage ex ante zu erfüllen hat.

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6
Q

Vertrauensgrundsatz

A

Wer sich selbst verkehrsgerecht verhält, darf grds. auch auf ein verkehrsgerechtes Handeln der anderen Verkehrsteilnehmer vertrauen - sofern nicht ausnahmsweise konkrete Anhaltspunkte dagegen sprechen.

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7
Q

Gegenstand der Sorgfaltspflicht

A

Vermeidung vorhersehbarer Rechtsgutsverletzungen

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8
Q

Festlegung der Sorgfaltsanforderungen

A

generalisierender Sorgfaltsmaßstab nach hM um etwaiges Sonderwissen oder -können des Täters das über das Wissen und Können der gedachten Durchschnittsperson aus dem gedachten Verkehrskreis des Täters hinausgeht, zu ergänzen

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9
Q

Schutzzweckzusammenhang

A

Erfolg ist nur objektiv zurechenbar, wenn er in den Schutzbereich der verletzten Sorgfaltsnorm fällt

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10
Q

Pflichtwidrigkeitszusammenhang

A

Erfolg ist nur objektiv zurechenbar, wenn er bei rechtmäßigem Alternativverhalten nicht eingetreten wäre (und umgekehrt wird Zurechnungszusammenhang nicht durch ein eigenes pflichtwidriges Verhaltens des Opfers ausgeschlossen, wenn der Erfolg selbst bei rechtmäßigem Opferverhalten sicher eingetreten wäre)
→ str., wenn Erfolg bei sorgfaltsgemäßem Verhalten nur wahrscheinlich oder möglicherweise ausgeblieben wäre

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11
Q

str.: Erfolgseintritt bei pflichtgemäßem Alternativverhalten steht nicht fest, erscheint aber möglich

A
  • Risikoerhöhungslehre: für PWZH genügt jede signifikante Risikosteigerung infolge des Sorgfaltspflichtverstoßes
    (+) effektiver Rechtsgüterschutz
    (+) Täter hat Gefahr geschaffen
    (+) in dubio pro reo ist nicht bei Zweifeln über normative Zurechnungsfragen anzuwenden, sondern nur bei zweifelhaften Tatsachen
  • Vermeidbarkeitslösung (hM): PWZH entfällt, wenn konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass Erfolg auch bei sorgfaltsgemäßem Verhalten möglicherweise hätte eintreten können
    (+) in dubio pro reo
    (+) bloße Schaffung einer Gefahr würde für Strafbarkeit ausreichen → aus Erfolgsdelikt würde sonst Gefährdungsdelikt
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12
Q

eigenverantwortliche Selbstgefährdung - einverständliche Fremdgefährdung

A

Die Zurechenbarkeit entfällt, wenn das Opfer sich aus freien Stücken selbst gefährdet, es also selbst die Gefährdungsherrschaft besitzt. Dagegen bleibt der Gefahrenzusammenhang nach hM bestehen, wenn sich das Opfer lediglich einer Gefahr aussetzt, die ihm durch das Handeln eines anderen droht (einverständliche Fremdgefährdung).
→ Abgrenzung nach Tatherrschaft / Gefährdungsherrschaft

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13
Q

Aufbau

A

I. Tatbestand
1. Erfolg
2. Kausalität
3. obj. Sorgfaltspflichtverletzung
a) Sorgfaltswidrigkeit: Verletzung der verkehrserforderlichen Sorgfalt
b) obj. Vorhersehbarkeit des tatbestandsmäßigen Erfolgs
4. obj. Zurechnung i. Ü., insbesondere Pflichtwidrigkeitszusammenhang und Schutzzweckzusammenhang
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
1. subj. Sorgfaltspflichtverletzung bei subj. Vorhersehbarkeit des tatbestandsmäßigen Erfolgs
2. Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens

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14
Q

Einheitstäterprinzip

A

jeder, der in sorgfaltswidriger und objektiv zurechenbarer Weise eine Ursache für den tatbestandlichen Erfolg setzt, gilt als Täter

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15
Q

P: Abgrenzung bedingter Vorsatz / bewusste Fahrlässigkeit

→ Täter hält Tatbestandsverwirklichung für möglich, aber nicht für sicher

A

e. A.: Für-möglich-Halten genügt
a. A.: Täter muss Erfolg mit einiger Wahrscheinlichkeit erwarten
a. A.: genügt, dass Täter Erfolgseintritt gleichgültig ist
h. L. / Rspr.: Täter muss Erfolgseintritt für möglich voraussehen und diese Möglichkeit ernst nehmen, sich aber damit abfinden und weiter handlen = billigend in Kauf nehmen

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16
Q

P: Abgrenzung bedingter Vorsatz / bewusste Fahrlässigkeit

Faustformel

A

Täter vertraut fest auf Ausbleiben des Erfolges (“wird schon gut gehen”: bewusste Fahrlässigkeit
“na wenn schon”: dolus eventualis

17
Q

Indizwirkung gefährlicher Gewalthandlungen

A
  • grds. Vornahme äußerst gefährlicher Handlung = Indiz für voluntatives Vorsatzelement i. R. e. Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Umstände
  • Indizwirkung tritt aber zurück, wenn i. R. d. Beweiswürdigung entlastende Momente innerhalb der konkreten Tatsituation zu Tage treten (z. B. sofortige Rettungsmaßnahmen, Vertrauen auf guten Ausgang)
  • Absage BGH an “Hemmschwellentheorie”
18
Q

Quelle von Sorgfaltspflichten

A
  • Sondernormen (nicht zwingend Gesetzesrang; Bsp.: StVO, DIN-Normen, FIS-Regeln) → sind Anforderungen erfüllt, gilt Verhalten grds. als sorgfaltsgemäß
  • wenn Sondernormen fehlen: Bestimmung anhand der allgemeinen Sorgfaltspflicht anhand der Umstände des Einzelfalles
19
Q

Inhalt Sorgfaltspflicht (allgemein)

A
  • allgemeine Pflicht, Gefahren zu erkennen und sich darauf einzustellen
  • für Dritte gefährliche Handlungen sind grds. zu unterlassen
  • grds. erlaubte, aber gefährliche Tätigkeiten dürfen nur unter entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen ausgeübt werden
  • riskante Aufgaben dürfen nur bei Vorliegen der nötigen Fähigkeiten und Kenntnisse übernommen werden (“Übernahmefahrlässigkeit”)
  • Vertrauensgrundsatz: Wer sich selbst verkehrsgerecht vrehält, darf - sofern nicht besondere Gründe vorliegen - darauf vertrauen, dass sich andere auch sorgfaltsgemäß verhalten.
20
Q

Prüfung obj. Sorgfaltspflichtverletzung

A

I. Ermittlung des (erlaubten) sorgfaltsgemäßen Verhaltens
1. aus welcher Quelle ergibt sich bestimmte Sorgfaltspflicht?
2. Bestimmung des Inhalts der Sorgfaltspflicht
II. Abweichung des Täterverhaltens hiervon in negativer Hinsicht = Verletzung der Pflicht

21
Q

P: Sind individuelle Kenntnisse / Fähigkeiten bei der Bestimmung des objektiv sorgfaltsgemäßen Verhaltens zu berücksichtigen?
e. A.: Generalisierung des Sorgfaltsmaßstabs

A

→ strikt obj. Maßstab zugrunde zu legen, der unabhängig von den Fähigkeiten des Täters zu bestimmen ist
→ erst auf Schuldebene Berücksichtigung geringerer persönlicher Fähigkeiten
→ über die allgemeinen Anforderungen hinausgehende Kenntnisse und Fähigkeiten dürfen dem Täter nicht zum Nachteil gereichen
(+) Gleichheit
(+) nur so möglich, bestimmte Verhaltensregeln zu standardisieren und verbindlich festzulegen
(-) Verkehrskreise lassen sich nicht sicher bestimmen
(-) Zurückbleiben hinter den eigentlichen Fähigkeiten bei besonders gut Qualifizierten wäre nach dieser Ansicht niemals strafrechtlich zu ahnden

22
Q

P: Sind individuelle Kenntnisse / Fähigkeiten bei der Bestimmung des objektiv sorgfaltsgemäßen Verhaltens zu berücksichtigen?
a. A.: Individualisierung des Sorgfaltsmaßstabs

A

→ sorgfaltsgemäßes Verhalten wird am Täter selbst unter Berücksichtigung seiner besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten festgemacht
(+) überdurchschnittlich kenntnisreiche und spezialisierte Täter werden angehalten, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten auch voll auszuschöpfen
(+) sinnlos, Minderbefähigten zu einem Verhalten bestimmen zu wollen, welches er nicht an den Tag legen kann
(-) Widerspruch zu Systematik und Struktur des Fahrlässigkeitsdelikts: Individualität spielt erst auf Schuldebene eine Rolle

23
Q

P: Sind individuelle Kenntnisse / Fähigkeiten bei der Bestimmung des objektiv sorgfaltsgemäßen Verhaltens zu berücksichtigen?
a. A.: differenzierende Ansicht

A

→ bei Bestimmung der objektiven Maßstabsfigur werden individuelles Sonderwissen und individuelles Sonderkönnen berücksichtigt
→ Minderbefähigte handeln dagegen objektiv sorgfaltswidrig, ihr subjektives Nichtkönnen wird erst auf Schuldebene berücksichtigt
(+) Individualität spielt erst auf Schuldebene eine Rolle
(+) auch Leistungsfähige müssen erkennen können, was von ihnen an sich verlangt wird
(+) Rechtsgüterschutz verbiete Privilegierung des Sonderbefähigten

24
Q

subjektive Sorgfaltspflichtverletzung

A

(+), wenn Täter die individuellen Fähigkeiten besitzt, um die Sorgfaltanforderungen zu erfüllen

25
Q

objektiv vorhersehbar

A

was ein umsichtig handelnder Mensch aus dem Verkehrskreis des Täters unter den jeweils gegebenen Umständen aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung in Rechnung stellen würde

26
Q

Umfang der Voraussehbarkeit

A
  • Erfolg in seiner konkreten Gestalt
  • Kausalverlauf in seinen wesentlichen Grundzügen
    Maßstab: ex-ante Betrachtung auf der Grundlage der dem Täter in der Tatsituation bekannten und erkennbaren Umstände
27
Q

P: Unter welchen Voraussetzungen ist ein Fehlverhalten Dritter voraussehbar?

A
  • “gänzlich vernunftwidriges Verhalten” ist nicht voraussehbar
  • Mitverschulden des Unfallgegners ist dann geeignet, Vorhersehbarkeit eines Unfalls für den Beschuldigten einer fahrlässigen Tötung / KV auszuschließen, wenn es in einem gänzlich vernunftwidrigen oder außerhalb der Lebenserfahrung liegenden Verhalten besteht
28
Q

Fallgruppen objektive Zurechnung (kann auch i. R. d. objektiven Vorhersehbarkeit thematisiert werden)

A
  • allgemeines Lebensrisiko
  • erlaubtes Risiko
  • atypische Kausalverläufe
  • freiverantwortliche Selbstschädigung / -gefährdung
  • eigenverantwortliches Dazwischentreten Dritter
  • Risikoverringerung
  • fehlender Schutzzweck- / Pflichtwidrigkeitszusammenhang
29
Q

P: Behandlung der einverständlichen Fremdgefährdung → Ausschluss der obj. Zurechnung?

A

e. A.: (+), wenn sie ausnahmsweise einer Selbstgefährdung gleichsteht (gleichrangige Eigenverantwortlichkeit von Schädiger und Geschädigtem)
→ Gefährdeter muss Gefahr überblicken
→ Schaden ist Folge des eingegangenen Risikos (keine vermeidbaren Fehler des Gefährdenden)
→ Gefährdeter muss gleiche Verantwortung tragen wie Gefährder
(-) weicht Rechtsgüterschutzfunktion auf
(-) Einwilligung würde an § 216 StGB scheitern
h. M.: Verantwortungsbereich des Handelnden ist eröffnet, so dass Zurechnung möglich ist → Zustimmung des Opfers allenfalls auf Rechtswidrigkeitsebene relevant

30
Q

eigenverantwortliche Selbstgefährdung → obj. Zurechenbarkeit?

A

wer eine zur Selbstgefährdung oder -verletzung führende eigenverantwortliche Handlung des Selbstschädigers vorsätzlich oder fahrlässig nur veranlasst, ermöglicht oder fördert, schafft aus Sicht des Selbstschädigers schon keine rechtlich relevante Gefahr und bleibt mithin straffrei
→ gilt jedenfalls, wenn der Dritte nicht kraft überlegenen Sachwissens das Risiko besser erfasst als der Selbstschädiger (dann evtl. mittelbare Täterschaft)