1
Q

IDC10

A

ICD-10: F43 Reaktionen auf schwere Belastungen u. Anpassungsstörungen
F43.0 Akute Belastungsreaktion
F43.1 PTBS
F 43.2 Anpassungsstörungen

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2
Q

Prävalenz

A
20% der Traumatisierten entwickeln PTBS
USA: 				8%
Deutschland: 			2,3%
Canada:				2,1%
Risikogruppen (z.B. Feuerwehr):	 58%
  • Krieg mit persönl. Gefährdung: ~55%
  • Vergewaltigung, sex. Missbrauch: ~50%
  • Verkehrsunfall: ~7%
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3
Q

Verlauf

A
  • meist chronisch und bleibt meist über Jahre bestehen 1/3 remittiert nicht mehr vollständig
  • Dauer kürzer bei psychotherap. Behandlung
  • ↑Arbeitslosigkeit, Partnerschaftsprobleme
    • ↑Suizidalität
    • ↑psych. Erkrankungen (z.B. Sucht, Depression, Angst)
    • ↓Immunsystem
    • ↑Mortalität
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4
Q

Ätiologie

A

Risiko & Schutzfaktoren (prätraumatisch):
• vorherige Traumatisierung in Kindheit
• geringe Intelligenz/ Bildung
• weibliches Geschlecht
• Alter zum Zeitpunkt d. Traumatisierung (U-förmiger Zusammenhang: Kinder und ältere Erwachsen höchstes Risiko)
• prätraumatische Persönlichkeitseigenschaften (z.B. Neurotizismus) haben eher keinen Einfluss
• wichtiger: Reife der Bewältigungsstrategien (mehr Neuinterpretations-, weniger externalisierndes Coping), Resilienz, Kohärenzempfinden
Risikofaktoren sind aber viel weniger prädiktiv für PTBS Entwicklung als Ereignis- & Aufrechterhaltungsfaktoren

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5
Q

Aufrechterhaltungsfaktoren (posttraumatisch):

A
  • Vermeidender Bewältigungsstil
    • z.B. Gedankenunterdrückung, Gefühlsvermeidung, Nicht-darüber-Reden-wollen, dysfunktionales Sicherheitsverhalten, exzessiver Ärger/ Wutz, Selbstverletzung, …
    • Kognitive Veränderungen/ Dysfunktionale Kognitionen
    • als dysfunktionale Erklärungs- und Bewältigungsversuche
    • Typische Kognitionen ggü. der Welt, anderen Personen, selbst:
    • Man kann anderen Menschen nicht vertrauen. Die Welt ist schlecht und ungerecht. Ich bin selbst schuld. Mein Leben ist zu Ende. Ich werde nie darüber hinweg kommen. Vielleicht werde ich verrückt.
    • Schuldgefühle
    • z.B. sich selbst schuld geben nachträgliche Re-Attribution auf sich Illusion der Kontrollierbarkeit der Traumaverursachung, „Hätte ich mich nicht so verhalten, wäre es nie passiert“
    • aber Illusion der Kontrollierbarkeit durch die Verantwortungsübernahme ist dysfunktional Verstärkung des Leidensdrucks
    • Grübeln über Trauma u. Konsequenzen
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6
Q
  1. 2 Andere Störungsmodelle, die wichtig für Verhaltenstherapie
    a) Verhaltenstherapeutisches Modell
A
  • angelehnt an lerntheoretisches Zwei-Faktoren-Modell der Angstentstehung nach Mowrer
    • klassische Furchtkonditionierung Entstehung
    • operante Vermeidungskonditionierung Aufrechterhaltung
    • Lerntheoretisches Modell für PTBS, 2 Schritte:
  • bei traumatisches Ereignis (z.B. Vergewaltigung) Koppllung neutrale Reize (z.B. Dunkelheit, Stadtpark, nach Zigarettenrauch riechender mann) an traumatische Erfahrung schon allein konditionierter Stimulus (z.B. Zigarettenrauch) aktiviert intensive emotional-physiologische Angstreaktion
  • Patient lernt durch Vermeidung der konditionierten Schlüsselreize (z.B. Dunkelheit, Stadtpark) kann er Angst reduzieren Vermeidung = angstreduzierende Vermeidung wird positiv verstärkt
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7
Q
  1. 2 Andere Störungsmodelle, die wichtig für Verhaltenstherapie
    b) Furchtstrukturmodell (Foa & Kozak 1986)
A

b) Furchtstrukturmodell (Foa & Kozak 1986)

* Furchtstrukturen = durch das Trauma veränderte Gedächtnisstrukturen (unterscheidet sich von Gesunden)
* Entstehung: traumaassoziierte Aktivierung (in Form intensiver Angst) verbindet kognitive Fakten des Traumas, emotionale Bedeutungen und physiologische Reaktionen miteinander  Kopplung eines emotional extrem bedeutsamen Stimulus mit kognitiven Elementen u physiologischen Reaktionen  nachhaltige Aktivierung umfassender Gedächtnisstruktur  Struktur sehr groß und leicht durch versch. Schlüsselreize (Fakten, Gefühle, Körperreaktionen) zu aktivierende Furchtstruktur, die sehr viele Elemente umfasst 
* je mehr Elemente in Furchtstruktur  desto häufiger durch versch. Schlüsselreize aktiviert  desto stärker PTBS Symptome (z.B. Intrusionen)
* erfolgreiche Therapie: 
* alle Elemente der Furchstruktur müssen aktiviert und veränderbar zu sein  korrektive Erfahrung integriert  Habituation der assoziativen Verbindungen der Furchtstruktur 😊
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8
Q

4 Therapiebezogene Diagnostik

A

Wichtig:
• zentraler kognitiver und emotionaler Veränderungen (z.B. Ärger, Schuldgefühle)
• angstauslösende bzw. vermiedene Situationen, Intrusionen, angstauslösende Gedanken/ Bilder
• Vermeidungsstrategien (kognitiv, Verhalten)
• idiosynkratische Bedeutung / Sinnhaftigkeit des Traumas

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9
Q

Diagnose Instrumente

A

Instrumente:
• strukturierte Interviews:
• Clinician-Administered PTSD Scale (CAPS-5)
• Composite International Diagnostic Interview (CIDI)
• Strukturierte Klinische Interview für DSM IV (SKID)
• klinische Fragebögen Validierung Interviews, Screening, Prozesdiagnostik, Therapieeffekte,…
• IES-R (Impact of Event Scale): Erfassung PTBS mit 3 Hauptsymptomen Vermeidung, Intrusion, Hyperarousal
• PCL-5 (PTSD Checkliste): Erfassung PTBS nach DSM-5-Kriterien

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10
Q

Langandauernde Exposition („Prolonged Exposure“ nach Foa)

A

Langandauernde Exposition („Prolonged Exposure“ nach Foa)
• langandauernde Exposition mit traumatischen Gedächtnisbildern (=in sensu)
• Ziel: Rückbildung PTBS-Symptome durch wiederholte Aktivierung der Traumaszene bzw. mit den schlimmsten Erlebnissen („hot spots“)
• Praktisches Vorgehen in-sensu-Traumaexposition
• Konfrontation mit internen Repräsentation des Traumas, sensorische Reaktion u. Erfahrung so intensiv wie möglich wiedererlben so lange bis deutliche Angstreduktion
• einleitend
• Patienten motivieren, sich umfassend und wiederholt an Trauma zu erinnern
• Hinweis, dass kurzfristig erhöhte Belastung resultieren kann aber langfristig Besserung
• Hierarchie der traumatischsten und meisten gefürchteten Erinngerungen
• Anleitung der Therapeutin, die traumatischste Szene in Vorstellung zu durchleben und Imagination wird auf Tonband aufgenommen
• Instruktion:
• so real wie möglich vorstellen und diese in der Zeitform der Gegenwart laut beschreiben
• alle 3 min gegenwärtige Anspannung/ Gefühl beschreiben
• immer mehr ins Detail gehen auch interne Reize: Gedanken, Gefühle, Körperreaktionen…

• wichtig:
• Fokus auf traumatische Szene, keine Sicherheitsverhalten/ Vermeiden
• Imaginationsübung während Sitzung mehrfach wiederholt bis deutliche Angstreduktion eingetreten war
• Hausaufgabe bis nächste Sitzung: Tonband anhören

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11
Q

Eye-Movement-Desensitization-and-Reprocessing (EMDR, nach Shapiro

A

Eye-Movement-Desensitization-and-Reprocessing (EMDR, nach Shapiro)
• = Therapeutische Konfrontation, die mit vom Therapeuten angeleiteten rhythmischen Augenbewegungen und einer ausgeprägten kognitiven Komponente verbunden ist
• Ablauf: 8 Phasen
• Behandlungsplanung
• Vorbereitung des Patienten
• Bewertung der Erinnerung & Identifikation positiver Kognitionen
• Durchführung EMDR
• Verankerung (Installation der positiven Kognitionen)
• Überprüfung der Körperempfindungen (Körpertest)
• Abschluss
• explizite abschließende Neubewertung des Traumas
• Vorgang Konfrontations- & Augenbewegungskomponente:
• Patient konzentriert stellt sich eine Szene aus Trauma vor, konzentriert sich dann auf die damit verbundenen Kognitionen u. Erregung, gleichzeitig mit Augen den wiederholten, horizontalen Fingernbewegungen von Th. folgen
• Vorgang so oft wiederholt bis Angst reduziert
• wenn Angst reduziert, adaptivere Kognition zur Szene und Augenbewegungen eingeführt
• Wirksamkeit
• ältere Studien : Therapieerfolg EMDR nur wegen Traumaexposition & kogn. Umstrukturierung
• aktuelle Metaanalysen: Augenbewegungen haben zwar moderaten, aber signifikanten additiven Effekt
• EMDR äquivalente Wirksamkeit im Vergleich zu KVT (Bisson et al. 2005) -> aber offene Frage: differenzielle Indikation beider Behandlungsformen
• Wie wirkt EMDR:
• Wirkmechanismus -> verschiedene Theorien
• z.B. Theorie der doppelten Aufgabenbelastung: Traumaerinnerung Abruf + Augenbewegungen nur begrenzte Kapazität des Arbeitsgedächtnisses verminderte Wiederverarbeitung u Elaboration der Gedächtnisspur („Rekonsolidierung“) geringere Lebhaftigkeit, Hier & Jetzt-Qualität bei Abruf der Erinnerung geringer subjektive Belastung

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12
Q

Spezielle Therapieverfahren & Adjuvante Therapiemaßnahmen Überblick im Buch kurz aufgelistet, darum hier nur knapp erwähnt
Spezielle Therapieverfahren:

A

• Cognitive Processing Therapy (CPT)
• Schwerpunkt kognitive Bewertung des Traumas u. auf „stuck points“, die dysfunkt. Annahmen bzgl Trauma darstellen u. Heilungsprozess behindern + ggf. Elemente der Traumaexposition
• Narrative Exposure Therapy (NET)
• schriftlicher Bericht eigener Biografie (v.a. Einsatz in Flüchtlingslagern)
• Imagery Rescripting (von Smucker)
• v.a. geeignet für frühe Traumatisierung in Kindheit In-Sensu-Expo + P. soll Trauma „neu schreiben“
• Internetbasierte KVT („Interapy“)
• Patient verfasst per Internet Bericht über Trauma Therapeut gibt Rückmeldung dazu („social sharing“)
• Life-review-Technik bei älteren Patienten
• Rückblick auf Lebensphasen (positives wie negatives) -> Veränderung d. Erinnerungsbilanzierung im hohen EA
• KVT-Paar- und Familientherapie
• häufige Folge PTBS für Umfeld: Beziehungskonflikte, Übererregung… Fokus Kommunikationstraining
Adjuvante Therapiemethoden (zur Verstärkung der Wirksamkeit von Traumaexposition)
• Pharmakologische Verstärkung (z.B. Hydrocortison)
• Tiergestützte Therapie (z.B. Therapiehunde)
• Kunsttherapie (z.B. nonverbale Konfrontation mit Trauma)
• Yoga & Atembezogene Meditation (z.B. höhere Achtsamkeit)

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