Esstörung Flashcards
Anorexia nervosa (AN)
Anorexia nervosa (AN)
- Anhaltendes Streben nach Gewichtsverlust durch absichtlich herbeigeführtes Abnehmen (Reduktion der Kalorien/ exzessive körperliche Aktivität)
- Äußerliches: starker Gewichtsverlust, der lebensbedrohlich sein kann
- Fortwährende Beschäftigung mit dem Körpergewicht
- Angst, zu dick zu werden (auch bei minimalen Gewichtssteigerung)
- PatientInnen empfinden sich meist als zu dick geringer Selbstwert
- Mangelernährung –> somatische Symptome (Hypothermie, Hypertonie, Amenorrhö etc.)
- Diagnostische Kriterien
--> Nach ICD-10 werden 2 Subtypen unterschieden: Restriktiver Typus (F50.00) Binge-/Purging Typus (F50.01
Bulimia nervosa (BN)
Bulimia nervosa (BN)
- Rasches und hastiges Herunterschlingen größerer Nahrungsmengen –> subjektive Wahrnehmung ist: Kontrolle über das eigene Essverhalten verloren zu haben
- Essattacken meist im Geheimen Um Gewichtszunahme vorzubeugen –> unmittelbar danach „regulierende“ Maßnahmen durch Erbrechen
- Missbrauch von Laxtantien Diuretika
- Appetitzügler
- Sonstiges Essverhalten eher restriktiv; bei Essanfällen vor allem hochkalorische Nahrung
- Essanfälle können mehrmals pro Woche oder auch mehrmals täglich auftreten
- Extreme um Gewicht und Figur –> Selbstwert
- Erbrechen funktioniert nach einiger Zeit automatisch
- Somatische Symptome –> Kaliumverlust, Herzrhytmusstörungen, Entzündungen/ Schwellungen der Speicheldrüsen,
- Zahnschmelzschädigungen, Veränderung in Haut und Haar
Trotz des normalen Körpergewichts –> im biologischen Zustand der Mangelernährung - Kurzfristiges Gefühl der Erleichterung durch Erbrechen und Verhindern der Gewichtszunahme –> wird gefolgt von Phase der Niedergeschlagenheit + Schuldgefühle
Epidemiologie Anorexia Nervosa
Anorexia
- Lebenszeitprävalenz bei weiblichen Erwachsenen bei 0,9% (Rastam, 2004)
- Essstörungen treten meist im Jugendalter auf ab 14 Jahren;
- Erkrankungsgipfel 2-3 Jahre früher als bei der Bulimia
- Erkrankungsgipfel: 14-16 Jahre
- Frauen > Männer –> nur 5-15% männlich
Bolimia
Bolimia
- Lebenszeitprävalenz bei weiblichen Erwachsenen bei 0,9 - 1,5% (Rastam, 2004)
- Essstörungen treten meist im Jugendalter auf –> ab 16 Jahren (etwas später)
Erkrankungsgipfel: 18-19 Jahren - Frauen > Männer –> nur 5-15% männlich (Verhältnis 10:1)
Verlauf - 60% erfüllen nach 6 Jahren nicht mehr die Kriterien (nach Behandlung)
- 30% teilweise remittiert
- 10% chronischer Verlauf
- Ergebnisse schlechter, wenn klinische Stichprobe betrachtet wird –> 50-66% leiden nach 5 Jahren noch an einer Essstörung
Günstig –> jüngeres Alter, kürzere Erkrankungsdauer, langfristiger Verlauf der Bulimia deutlich günstiger
Komorbidität, Verlauf, Prognose
Anoraxia Nervosa
Komorbidität (BEIDE)
- Affektive Störungen (Major Depression, Dysthymie)
- Angststörungen (Sozialphobie, Zwangsstörungen und kindl. Angststörungen)
- Substanzmissbrauch und -abhängigkeit
- Persönlichkeitsstörungen (Borderline P., zwanghafte P.)
Anorexia (VERLAUF) - Mortalitätsrate bei 5% - 47% langfristig (nach 4-10 Jahren) geheilt - 33% gebessert - 20% chronischer Verlauf (Franko et al., 2013)
Anorexia (PROGNOSE) Günstige Merkmale - Jüngeres Erkrankungsalter bei Erkrankungsbeginn - Kürzer Erkrankungsdauer - Histrionische Persönlichkeitsstörung
Ungünstige Merkmale
- Vorliegen von Essanfällen und Erbrechen
- Längere Krankheitsdauer/ Chronizität
- Besonders niedriges Gewicht zu Behandlungsbeginn
- Erhöhte Zwanghaftigkeit/ zwanghafte Persönlichkeitsstörung
(Steinhausen, 2002)
Komorbidität und verlauf Bolimia Nervosa
Bumilia (Verlauf)
- Deutlich günstiger Verlauf –> 50-70% der Patienten remittieren
- 60% erfüllen nach 6 Jahren nicht mehr die Kriterien (nach Behandlung)
- 30% teilweise remittiert
- 10% chronischer Verlauf
Ergebnisse schlechter, wenn klinische Stichprobe betrachtet wird –> 50-66% leiden nach 5 Jahren noch an einer Essstörung
Bulimia (Prognose)
Ungünstige Merkmale
- Vorgeschichte von Substanzmissbrauch
- Erhöhte Impulsivität
Differenzialdiagnostik
Differenzialdiagnostik
- meist ungewollter Gewichtsverlust; wenig Bedeutung von Gewicht und Figur –> PatientInnen berichten, dass sie essen wollen
Psychische Erkrankungen:
- Affektive Erkrankungen - z.B. bei Depression ->Appetitverlust;
- bei Angststörungen -> Angst, zu dick zu werden
- Schizophrenie –> bizarre Essgewohnheiten
- Körperschema Störungen
Körperliche Erkrkankung:
- Schmerzen
- Übelkeit
- Ärztliche Untersuchung sollte erfolgen
Somatische Folgeerscheinungen (beides)
Somatische Folgeerscheinungen
Funktionsstörungen Anorexie:
- Nebennierenrinde
- Keimdrüse
- Schilddrüse
- Hypophyse/ Hypothalamus
- Sympathischen Nervensystem
- Stoffwechsel/ Wasser- und Mineralstoffhaushalt
Funktionsstörungen Bulimie:
- Mangelernährung
- Niedriger Glucosespiegel
- Erhöhte Konzentrationen freier Fettsäuren und Metabolien
- Psychologische Effekte –> Beeinträchtigung der Stimmung/Konzentration
- Müdigkeit
Sonstige Komplikationen
- Zahnschädigungen durch Erbrechen
- Speicheldrüsenstörung
- Elektrolytstörungen
- Kardiale Störungen Muskelschwäche oder Rhytmusstörung
- Nierenschädigung durch Laxantienabusus
Dehydration
Störungsmodell für Essstörungen
Prädispositionierende Faktoren
- Soziokulturelles Schlankheitsideal und Diätverhalten (v.a. in westlichen bzw. Industrienationen (DE, USA etc. aber auch China, Japan)
- > immer mehr in Richtung eines extrem schlanken Schönheitsideals
- > Diätverhalten, um dieses Ideal zu erreichen
- > Diätverhalten als am besten gesicherter Faktor für die Entstehung von Essstörungen
- Niedriges Selbstwertgefühl
- > Gewichtsreduktion -> kurzfristig: positiv in der sozialen Umgebung; verbesserte Selbstwertgefühl
- > Anorektische und bulimische PatientInnen weisen beeinträchtigtes Selbstkonzept aus
- Bedingungen in der Familie
- > Spezifische Interaktionsmuster: Rigidität, Überbehütung, Konfliktvermeidung, wechselnde Koalitionsbildung
- Lernerfahrungen
- > Wesentliche Rolle
- > Frühkindlich -> Nahrungsverweigerung
- > Essen als Mittel der Ablenkung, Belohnung, Entspannung (Bulimie)
- > Verlernen von normalen Hunger- und Sättigungsempfindungen
- Kognitive Faktoren
- > Allgemeine irrationale Denkprinzipien: Übergeneralisierung, Übertreibung, –
- > Alles-oder-nichts-denken, Magisches Denken
- > Anorexie: Überschätzung der Körperdimensionen
Risikofaktoren
Durch Längsschnitt- und Querschnittstudien belegt:
Risikofaktoren Durch Längsschnitt- und Querschnittstudien belegt: --> Geburt -Geschlecht -Ethnische Zugehörigkeit -Frühgeburt
- -> Kindheit
- Esskonflikte Fütterungsprobleme
- Unangenehme Mahlzeiten
- Frühkindliche Gesundheitsprobleme
- Einsamkeit
- Zwanghafte Charakterzüge
- Sexueller Missbrauch
- -> Adoleszenz
- Früher Pubertätsbeginn
- Übermäßige Beschäftigung mit Figur und Gewicht
- Zwangsstörung
- Negativer Selbstwert
- Perfektionismus
Diagnostik
- Psychologische UND medizinische Untersuchung –> wichtig für Behandlungssetting
- Bulimie: eigene Motivation führt zur Behandlung
- Anorexie: deutliche Ambivalenz gegenüber Behandlung -> Herausarbeiten von Befürchtungen/Leidensdruck und gemeinsames Ziel nach der Behandlung -> Motivation
- Transparenz
Verfahren zur Diagnostik
- Eating Disorder Examination (EDE) (Cooper und Fairburn 1987)
- Eating Disorder Inventory (EDI) (Garner 1991)
- Fragebogen zum Essverhalten (FEV) (Pudel und Westenhöfer, 1989)
Bei Vorliegen von:
- Erheblichen Substanzmissbrauch bzw. -abhängigkeit
- Massiver Depressivität
- Antriebsminderung
- Akuter Suizidalität
- Starke interaktioneller Beeinträchtigung
- Persönlichkeitsstörung
- -> Empfehlung mit der Behandlung der komorbiden Störung zu beginnen
Therapeutisches Vorgehen
Kurzfristig –> rasche Modifikation des Gewichts bzw. des Essverhaltens
Langfristig –> psychologischen und psychosozialen Bedingungen zu modifizieren
- -> Kriterien für die Einleitung in stationäre Therapie (Jacobi et al., 2000):
- Medizinisch (Kritischer Gewichtsverlust, Schwangerschaft, Massiver Laxanien-/ Diuretikaabusus)
- Psychosozial (psychosoziale Belastungsfaktoren: Partnerschaft, soz. Isolation)
- Psychotherapeutisch (Suizidalität, Komorbide Störungen (Depression, Persönlichkeitsstörungen, Hyperaktivität etc.)
- -> Informationsvermittlung und individuelles Störungsmodell
- Ergebnisse der Diagnostik soll an die Patientin weitergeben werden
- Allgemeines Störungsmodell für Essstörungen wird dargestellt -> Ableitung der konkreten Intervention
- -> Normalisierung des Essverhaltens
- Ziel der KVT: langfristige Aufrechterhaltung eines normalisierten Essverhaltens -> Erlernen von Signalen von Hunger und Sättigung
- -> Strategie zur Motivation
- Individuelle Befürchtung bezüglich Gewichtszunahme -> Überprüfen auf Realitätsgehalt
- Infovermittlung zur Entstehung und Aufrechterhaltung
- Individuelle Begleit- oder Folgeerscheinung
- Bedeutung von Figur in der Zeit VOR der Essstörung
- Gewichtszunahme als „Experiment“
Gewichtssteigerungsprogramm bei der Anorexia nervosa
- Vertrag -> Regeln und Konsequenzen des therapeutischen Vorgehens
- Transparenz für Patientin
- Erst ab einem BMI von >18 sind alle körperlichen Folgeerscheinungen und Komplikationen zurückgebildet
- Abbau der „schwarzen Liste“ verbotene Lebensmittel, die mehr Kalorien haben -> Stück für Stück wieder Bestandteil der normalen Ernährung
Programm nach Jacobi et al. (2000)
- Operantes Standardprogramm
- Selbstkontrollprogramm
- Fremdkontrollprogramm
- -> 3 Phasen die das vertrauen zum essverhalten und gewichtszunahme hiraschisch kodieren.
Umgang mit Schwierigkeiten
- Hochkalorische Flüssigkeit
- Rückstufung innerhalb der Phasen
- Behandlung in psychosomatischer Klinik nur bei Beteiligung der Patientin -> bei kritischem Zustand Verlegung in ein Allgemeinkrankenhaus
Anorexia nervosa - wann stationäre Behandlung?
Stationäre Behandlung
- Verlust von mehr als 30% des Ausgangsgewichts bei rascher Gewichtsabnahme
- Unterscheiten eines BMI von 14
- Ausgeprägte somatische Folgen (kardiales Risiko etc.)
- Schwerwiegende Begleiterscheinung (Stoffwechselkontrolle)
Ernährungsmanagement bei Bulimia nervosa
- Ambulante Therapie -> internistische Abklärung notwendig
- Psychoedukation
- Therapievertrag (Strukturierte Esstage -> Tage an denen strukturiert gegessen und nicht erbrochen werden darf- realistische Ziele)
- Bearbeitung zugrunde liegender Problembereiche (Selbstwert, coping strategien, Bedürfnis nach Kontrolle und autonomie)
- Kognitive Interventionen (Einsatz kognitiver Techniken zur Korrektur der Einstellungen)