Lehre vom Tatbestand Flashcards

1
Q

Was wird unter dem Tatbestandsbegriff im weiten Sinne verstanden?

A

alle rechtlichen Voraussetzungen, bei deren Vorliegen ein Sachverhalt strafrechtlich relevant ist

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2
Q

Was wird unter dem Tatbestandsbegriff im engeren Sinne verstanden?

A

Umschreibung nur des einzelnen verbots- oder gebotswidrigen Verhaltens, auf das sich eine konkrete Strafandrohung bezieht

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3
Q

Welche drei Elemente umfasst die Bedeutung des Tatbestandsbegriffs?

A

Systematik, Garantiefunktion, dogmatische Aufgabe

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4
Q

Was meint “Systematik” als Element der Bedeutung des Tatbestandsbegriffs?

A

Elemente der Verbrechenslehre, die im Gesetzeswortlaut des konkreten Delikts nur unvollkommen zum Ausdruck kommen, erhalten einen „Oberbegriff“, worunter sie (in einem Rechtsgutachten) systematisch zu fassen sind

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5
Q

Was meint “Garantiefunktion” als Element der Bedeutung des Tatbestandsbegriffs?

A

Weil nach Art. 103 II GG, § 1 StGB eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit des Verhaltens vor der Tatbegehung gesetzlich bestimmt war, ist der Bürger davor geschützt, für ein Verhalten bestraft zu werden, das im Gesetz nicht als tatbestandlich genannt wird.

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6
Q

Was meint “dogmatische Aufgabe” als Element der Bedeutung des Tatbestandsbegriffs?

A

Der Tatbestand umschreibt auch diejenigen Merkmale, auf die sich der Vorsatz des Täters erstrecken muss. Denn kennt er eines der im gesetzlichen Tatbestand vorausgesetzten Merkmale nicht, handelt er gem. § 16 I 1 StGB insoweit unvorsätzlich.

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7
Q

Was gehört zum objektiven Tatbestand?

A

all diejenigen Umstände, die das äußere

Erscheinungsbild der Tat bestimmen. Dazu gehören: Tatsubjekt, Tathandlung, Tatobjekt, ggf. Taterfolg

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8
Q

Was umfasst der subjektive Tatbestand?

A

neben dem Vorsatz die subjektiven Tatbestandsmerkmale des jeweiligen Delikts.

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9
Q

Wie grenzt man subjektive Tatbestandsmerkmale von der Schuld ab?

A

Die Abgrenzung bestimmt sich danach, ob sich das fragliche Merkmal auf den Deliktstyp bezieht (dann subjektives Tatbestandsmerkmal) oder ein lediglich davon abhängiges (oft strafschärfendes) Motiv, ein Gefühl oder eine Gesinnung umschreibt (dann Schuldelement)

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10
Q

Was unterscheidet Handlungs- und Erfolgsunwert?

A

Der Handlungsunwert wird durch die Art und Weise des Handlungsvollzugs bestimmt, während der Erfolgsunwert durch die Verletzung oder Gefährdung des Schutzgutes bestimmt wird.

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11
Q

Argumente für einen Einbezug des Handlungsunwerts?

A
  1. Nur eine Handlung, nicht aber ein Erfolg kann Gegenstand eines Verbotes sein.
  2. Erfolgseintritt auch vom Zufall abhängig, weshalb er für das Unrecht irrelevant sein muss.
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12
Q

Argumente gegen einen Einbezug des Handlungsunwerts?

A
  1. Es lassen sich Erfolge verbieten, die sich als planmäßige/adäquate Folge bestimmter Verhaltensweisen darstellen.
  2. Der Zufall wird aus der strafrechtlichen Betrachtung ohnehin ausgeschlossen, weil nur Erfolge zugerechnet werden, die als „Werk des Täters“ erscheinen.
  3. Einebnung des wertungsmäßigen Unterschieds zwischen Versuch und Vollendung: Bei Abstellen allein
    auf den Handlungsunwert hat der Täter, der das Opfer trifft, und derjenige, der das Opfer verfehlt, das
    gleiche (Handlungs-)Unrecht begangen.
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13
Q

Welche Arten von Tatbeständen gibt es?

A

Erfolgs- und Tätigkeitsdelikte, Dauer- und Zustandsdelikte, Erfolgsqualifizierte Delikte, Verletzungs- und Gefährdungsdelikte,

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14
Q

Was qualifiziert Erfolgsdelikte?

A

Erfolgsdelikte setzen den Eintritt eines von der Tathandlung gedanklich abgrenzbaren Erfolgs voraus (z.B. setzt § 212 StGB über die auf die Todesverursachung gerichtete Handlung als Erfolg der Tat auch den Tod des Opfers voraus).

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15
Q

Was qualifiziert Tätigkeitsdelikte?

A

Tätigkeitsdelikte setzen keinen solchen Erfolg voraus und sind vielmehr allein durch das im Gesetz beschriebene Tätigwerden erfüllt

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16
Q

Warum ist die Unterscheidung zwischen Erfolgs- und Tätigkeitsdelikten relevant?

A

Nur bei Erfolgsdelikten muss nach einem Ursachen- und Zurechnungszusammenhang (Kausalität und objektive Zurechnung) zwischen Handlung und Erfolg gefragt werden.

17
Q

Was qualifiziert Dauerdelikte?

A

Bei Dauerdelikten führt der Täter einen rechtswidrigen Zustand nicht nur herbei, sondern hält diesen auch
aufrecht

18
Q

Was qualifiziert Zustandsdelikte?

A

Bei Zustandsdelikten erschöpft sich das tatbestandliche Verhalten dagegen in der schlichten Herbeiführung des widerrechtlichen Zustands

19
Q

Warum ist die Unterscheidung zwischen Dauer- und Zustandsdelikten relevant?

A

Grundsätzlich sind nur bei Dauerdelikten nach Herstellung des widerrechtlichen Zustands noch Mittäterschaft und Beihilfe möglich.

20
Q

Was sind erfolgsqualifizierte Delikte?

A

Erfolgsqualifizierte Delikte sind ein spezieller Fall der Erfolgsdelikte. Sie knüpfen an die Verwirklichung
eines Grunddelikts an und verlangen darüber hinausgehend den Eintritt eines besonderen Erfolgs als Folge der Verwirklichung des Grunddelikts

21
Q

Beispiel für ein erfolgsqualifiziertes Delikt?

A

Körperverletzung mit Todesfolge

22
Q

Warum ist sind erfolgsqualifizierte Delikte relevant?

A

Abweichend von § 15 StGB genügt bei diesen Delikten hinsichtlich des besonderen Erfolgs Fahrlässigkeit (§ 18 StGB)

23
Q

Was qualifiziert Verletzungsdelikte?

A

Verletzungsdelikte setzen eine Beeinträchtigung (Verletzung) des Rechtsguts voraus, also eine tatsächliche Werteinbuße

24
Q

Was qualifiziert Gefährdungsdelikte?

A

Bei Gefährdungsdelikten muss dagegen keine Verletzung des Rechtsguts eingetreten sein; das Gesetz lässt bei ihnen ausreichen, dass eine diesbezügliche Gefahr geschaffen wurde

25
Q

Welche Formen von Gefährdungsdelikten gibt es?

A

konkrete Gefährdungsdelikte, abstrakte Gefährdungsdelikte

26
Q

Was qualifiziert ein konkretes Gefährdungsdelikt?

A

Konkrete Gefährdungsdelikte setzen voraus, dass das jeweilige Rechtsgut konkret gefährdet wurde.

27
Q

Sind konkrete Gefährdungsdelikte Tätigkeits- oder Erfolgsdelikte?

A

Erfolgsdelikte, weil sie als Erfolg des Handelns des Täters eine konkrete Gefährdung des Handlungsobjekts verlangen (Gefährdungserfolg)

28
Q

Worauf bezieht sich bei einem konkreten Gefährdungsdelikt der Vorsatz?

A

Auf die Gefährdung (Gefährdungsvorsatz)

29
Q

Wie lauten die anerkannten Voraussetzungen einer Gefährdung?

A

(1) Das Tatobjekt muss in den Wirkungskreis des Gefährdenden eintreten.
(2) Die Handlung muss die naheliegende Gefahr einer Verletzung des Objekts schaffen.

30
Q

Warum hat der Gesetzgeber konkrete Gefährdungsdelikte geschaffen?

A

Der Gesetzgeber war bei ihnen der Meinung, dass ein bestimmtes Verhalten für das geschützte Handlungsobjekt im Einzelfall zwar gefährlich sein kann, dieses Verhalten aber nur dann strafwürdig ist, wenn es im Einzelfall auch tatsächlich zu einer fassbaren Gefährdung kommt.

31
Q

Was qualifiziert abstrakte Gefährdungsdelikte?

A

Abstrakte Gefährdungsdelikte setzen demgegenüber nicht den Eintritt einer konkreten Gefahr für das Rechtsgut voraus

32
Q

Warum hat der Gesetzgeber abstrakte Gefährdungsdelikte geschaffen?

A

Der Gesetzgeber war bei ihnen der Meinung, dass ein bestimmtes Verhalten für das geschützte Rechtsgut nicht nur im Einzelfall, sondern generell so gefährlich ist, dass dieses Verhalten per se strafwürdig sei. Die Gefährlichkeit ist also lediglich ein gesetzgeberisches Motiv, aber im Gegensatz zur konkreten Gefahr kein speziell zu prüfendes objektives Tatbestandsmerkmal.

33
Q

Was ist ein abstrakt-konkretes Gefährdungsdelikt?

A

Eignungsdelikte bzw. potenzielle Gefährdungsdelikte: zwar keine konkrete Gefahr eingetreten, die Tathandlung muss zur Herbeiführung einer derartigen konkreten Gefahr aber zumindest geeignet sein