Kausalität und Zurechnung Flashcards

1
Q

Welche Funktion hat die Kausalität?

A

Sie bildet ein Scharnier zwischen Handlung und Taterfolg

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2
Q

Bei welcher Art von Delikten muss die Kausalität untersucht werden?

A

Erfolgsdelikten, also konkreten Gefährdungsdelikten und Verletzungsdelikten

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3
Q

Welche drei Theorien zur strafrechtlichen Kausalitätslehre gibt es?

A

Äquivalenztheorie, Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung, Adäquanz-/Relevanztheorie

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4
Q

Von welchem Grundsatz geht die Äquivalenztheorie aus?

A

Gleichwertigkeit („Äquivalenz“) aller Ursachen bzw.

Bedingungen eines Erfolgs

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5
Q

Welche Formel zieht die Äquivalenztheorie zur Ermittlung von Kausalität heran?

A

Conditio-sine-qua-non-Formel

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6
Q

Wie lautet die Conditio-sine-qua-non-Formel?

A

Ein Umstand ist für den Erfolg kausal, wenn er nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg
in seiner konkreten Gestalt entfiele.

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7
Q

Wovon geht die Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung aus?

A

Ebenfalls von der Gleichwertigkeit aller Bedingungen

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8
Q

Was ist die Kernaussage der Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung?

A

Fragt, ob zwischen der Handlung und dem Erfolg ein nach den bekannten Naturgesetzen erklärbarer Zusammenhang besteht und prüft danach, ob die konkrete Handlung im konkreten Erfolg tatsächlich wirksam geworden ist

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9
Q

Was unterscheidet die Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung von der Conditio-sine-qua-non-Formel?

A

Erstere gibt dem Rechtsanwender eine konkrete Handlungsanweisung

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10
Q

Was ist der Zweck der Adäquanztheorie?

A

Abenteuerliche Kausalverläufe herauszufiltern

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11
Q

Was besagt die Adäquanztheorie?

A

Die Möglichkeit des Erfolgseintritts aufgrund der gesetzten Bedingung darf nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegen (i. e. sie muss “adäquat” sein). Bei der Bewertung dieser Wahrscheinlichkeit handelt es sich um eine Wertungsfrage

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12
Q

Was unterscheidet die Relevanztheorie von der Adäquanztheorie?

A

Sie unterscheidet den Kausalzusammenhang

von Handlung und Erfolg einerseits und die strafrechtliche Relevanz dieses Kausalzusammenhanges andererseits

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13
Q

Welches Verhältnis besteht zwischen Kausalität einerseits und der Äquivalenz- und der Adäquanztheorie andererseits?

A

Die beiden Theorien setzen Kausalität voraus und begrenzen diese

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14
Q

Was gilt für hypothetische Ersatzursachen und Kausalverläufe?

A

Sie dürfen nicht berücksichtigt werden

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15
Q

Welche problematischen Fälle gibt es bei Anwendung der csnq-Formel?

A

Alternative Kausalität, kumulative Kausalität, abgebrochene/überholende Kausalität, atypischer Kausalverlauf

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16
Q

Was versteht man unter alternativer Kausalität?

A

Mehrere voneinander unabhängige Ursachen treffen zeitlich zusammen und jede einzelne Ursache hätte
für sich genommen den Erfolg herbeigeführt.

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17
Q

Wie wird die csnq-Formel modifiziert, um Probleme alternativer Kausalität zu lösen?

A

Nach der modifizierten Conditio-sine-qua-non-Formel sind auch solche Bedingungen erfolgsursächlich,
die zwar alternativ, aber nicht kumulativ hinweggedacht werden können, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.

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18
Q

A und B schießen unabhängig voneinander auf O. Die Schüsse treffen O zeitlich leicht versetzt, schon der erste ist für O tödlich. Ob dieser erste tödliche Schuss von A oder von B abgefeuert wurde, ist unklar.

Welche Art von Kausalität liegt vor und was bedeutet das für den Sachverhalt?

A

In diesem Beispiel hat der zeitlich erste Schuss den Erfolg allein herbeigeführt. Alternative Kausalität liegt
deshalb nicht vor. Weil unklar ist, von wem der Schuss stammt, muss nach dem Grundsatz in dubio pro reo
sowohl für A als auch für B davon ausgegangen werden, dass ihr Schuss den O erst nach dem ersten bereits tödlichen getroffen hat. Sie sind daher beide nur wegen versuchten Totschlags strafbar (Dorn-Haag/Schreiber/Steinle JA 2020, 434 f.)

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19
Q

Was meint kumulative Kausalität?

A

Mehrere voneinander unabhängige Ursachen bewirken erst zusammen den Erfolg.

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20
Q

Was folgt aus der csnq-Formel für Fälle von kumulativer Kausalität?

A

Nach der Conditio-sinequa-non-Formel ist jede Bedingung kausale Ursache für den Erfolg.

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21
Q

Was meint abgebrochene/überholende Kausalität?

A

Eine andere Ursache bewirkt völlig unabhängig von der Handlung allein den Erfolg bzw. die Handlung
bewirkt unabhängig von einer anderen Ursache den Erfolg.

22
Q

Welche Schwächen hat die csnq-Formel?

A
  1. Die Formel bedarf bereits im Ausgangspunkt der Einschränkung über das Merkmal „Erfolg in seiner
    konkreten Gestalt“.
  2. Die Formel bedarf ferner einer Anpassung für Fälle der alternativen Kausalität.
  3. Ist unklar, ob ein bestimmtes Verhalten ursächlich für einen Erfolg ist, kann die Formel nicht erfolgversprechend angewendet werden. Sie setzt also voraus, was durch sie eigentlich erst ermittelt werden
    soll.
23
Q

Worin liegt die Funktion der objektiven Zurechnung?

A

In der Zielsetzung, die Weite des Kausalitätskriteriums durch eine normative Betrachtung des Zusammenhangs zwischen Handlung und Erfolg zu begrenzen.

24
Q

Wie lautet die Definition der objektiven Zurechnung?

A

Ein Taterfolg kann einem Handelnden objektiv zugerechnet werden, wenn seine Handlung des Täters eine rechtlich missbilligte Gefahr für das geschützte Rechtsgut geschaffen und sich diese Gefahr im konkreten Erfolg in tatbestandstypischer Weise verwirklicht hat.

25
Q

Definition “Schaffung einer rechtlich missbilligten Gefahr für das tatbestandlich geschützte Objekt”?

A
  1. Handlung ist für das Tatobjekt objektiv riskant (Gefahr = obj. Vorhersehbarkeit des Erfolgseintritts).
  2. Das Risiko ist neu, weil es die bisherige Situation noch nicht oder nur in geringerem Umfang enthielt.
  3. Das Risiko wird von der Rechtsordnung nicht gebilligt.
  4. Das Risiko kann nicht ausschließlich für den Täter fremden Verantwortungsbereichen zugeordnet werden (eigenverantwortliche Selbstgefährdung, einverständliche Fremdgefährdung, fremder Verantwortungsbereich bei mittelbaren Fremdgefährdungen)
26
Q

Welche Fallgruppen mit fraglicher eigener Gefahrschaffung gibt es?

A

Allgemeines Lebensrisiko (erlaubtes bzw. rechtlich nicht missbilligtes Risiko), Risikoverringerung

27
Q

Voraussetzungen einer “Realisierung dieser [vom Täter geschaffenen] Gefahr im Erfolg”?

A
  1. Das verwirklichte Risiko greift in den Schutzbereich der verletzten Norm ein.
  2. Es ist kein rechtmäßiges hypothetisches Alternativverhalten des Täters erkennbar, das den Erfolg in gleicher Weise herbeigeführt hätte.
  3. Ein vom Handelnden verursachter Erfolg ist dem objektiven Tatbestand nur dann zuzurechnen, wenn das Verhalten des Täters eine nicht durch ein erlaubtes Risiko gedeckte Gefahr für das Handlungsobjekt geschaffen und sich diese Gefahr auch im konkreten Erfolg verwirklicht hat.
28
Q

Welche Fallgruppen mit abzugrenzenden Verantwortungsbereichen gibt es?

A

Freiverantwortliche Selbstschädigung und -gefährdung des Opfers, grob fahrlässiges Opferverhalten, die Ausgangsgefahr verdrängendes Dazwischentreten Dritter

29
Q

Wann liegt Selbstschädigung vor?

A

Wenn das Opfer die Möglichkeit der Verletzung des eigenen Rechtsguts erkennt und sich mit dieser zumindest abfindet

30
Q

Wann liegt Selbstgefährdung vor?

A

Wenn das Opfer zwar bewusst fahrlässig handelt, jedoch auf das Ausbleiben des Verletzungserfolgs vertraut

31
Q

Was besagt das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit?

A

Jeder nur für sein eigenes Verhalten verantwortlich

32
Q

Was folgt aus dem Prinzip der Eigenverantwortlichkeit für die objektive Zurechnung?

A

Einem Täter können demnach solche Erfolge nicht zugerechnet werden, für die allein das Opfer die Verantwortung trägt, auch wenn er sich daran beteiligt haben mag

33
Q

Welche zwei Voraussetzungen erfordert die Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs aufgrund einer Eigenverantwortung des Opfers?

A
  1. freiverantwortliches Verhalten des späteren „Opfers“

2. das Opfer muss sich tatsächlich selbst gefährdet/geschädigt haben

34
Q

Was bedeutet “freiverantwortlich” bei Prüfung einer Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs aufgrund einer möglichen Eigenverantwortung des Opfers?

A

Der Gefährdete muss überhaupt in der Lage ist, bezüglich der Preisgabe seiner Rechtsgüter selbstverantwortlich zu entscheiden (keine mangelnde Reife etc)

35
Q

Was gilt für die objektive Zurechnung, wenn ein Dritter eigenverantwortlich dazwischentritt?

A

Die Verantwortung des Erstverursachers endet grundsätzlich, wenn ein Dritter vollverantwortlich eine
neue, selbstständige Gefahr begründet, die sich dann allein im Erfolg realisiert.

36
Q

Worum handelt es sich bei sogenannten Retterfällen?

A

Die sog. Retterfälle liegen im Schnittfeld der Fallgruppen freiverantwortliche Selbstgefährdung und Dazwischentreten eines Dritten. Sie kennzeichnet der Umstand, dass ein Dritter in einen vom Ersttäter in Gang gesetzten Kausalverlauf eingreift und sich dabei selbst gefährdet bzw. schädigt

37
Q

Wann muss/kann der Grundsatz der Straffreiheit wegen bewusster Selbstgefährdung des Opfers eingeschränkt werden?

A

Wenn „der Täter durch seine deliktische Handlung die naheliegende Möglichkeit einer bewussten Selbstgefährdung dadurch schafft, dass er ohne Mitwirkung und ohne Einverständnis des Opfers eine erhebliche Gefahr für ein Rechtsgut des Opfers oder ihm nahestehender Personen begründet und damit für dieses ein einsichtiges Motiv für gefährliche
Rettungsmaßnahmen schafft“ (BGH NStZ 1994, 83)

38
Q

Was meint “ vorsätzliches Dazwischentreten des Täters”?

A

Nicht nur ein Dritter (dazu KK 169 ff.), sondern auch der Täter selbst kann den von ihm in Gang gesetzten
Kausalverlauf unterbrechen. Dies ist der Fall, wenn der Täter die Realisierung einer von ihm gesetzten Gefahr im Erfolg verhindert, indem er durch eine Zweithandlung vorsätzlich eine neue Gefahr schafft, die sich allein im Erfolg verwirklicht.

39
Q

Was fällt unter Fallgruppen mit fraglicher Gefahrrealisierung?

A

atypische Kausalverläufe, Pflichtwidrigkeitszusammenhänge, Schutzzweck der verletzten Norm,

40
Q

Wann liegt ein atypischer Kausalzusammenhang vor?

A

Voraussehbarkeit: Wenn der eingetretene Erfolg völlig außerhalb dessen liegt, was nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung noch in Rechnung zu stellen ist.

41
Q

Was ist ein Pflichtwidrigkeitszusammenhang?

A

Die Zurechnung entfällt, wenn der durch pflichtwidriges Verhalten verursachte Erfolg auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre.

42
Q

Was besagt die Risikoerhöhungslehre?

A

Für die Zurechenbarkeit soll genügen, dass das pflichtwidrige Verhalten des Täters das Risiko des
Erfolgseintritts erhöht hat

43
Q

Was versteht man unter “Schutzzweck der verletzten Norm”?

A

Im konkreten Erfolg muss sich diejenige rechtlich missbilligte Gefahr verwirklicht haben, deren Eintritt
nach dem Schutzzweck der einschlägigen Norm vermieden werden sollte. Keine Zurechnung, wenn ein Erfolg eintritt, der außerhalb des Schutzzweckes der Norm liegt.

44
Q

Auf welchem Wege erfolgt die Prüfung der Äquivalenztheorie in einer Fallbearbeitung?

A

hypothetisches Eliminationsverfahren

45
Q

Welche Kausalitätslehre bildet die herrschende Meinung ab?

A

Äquivalenztheorie

46
Q

Wofür wird die Äquivalenztheorie kritisiert?

A

Ihre Uferlosigkeit

47
Q

Was ist fortwirkende Kausalität?

A

Ein später handelnder Dritter knüpft an eine Ersthandlung an, weshalb diese eine nicht hinwegdenkbare Bedingung für das Eingreifen des Dritten darstellt

48
Q

Was gilt für die Kausalität bei Gremienentscheidungen?

A

Alle Stimmen (auch bei 50% + x) sind Teil des ganzen Beschlusses und haben insoweit eine gesetzmäßige Bedingung für seine Wirkung gesetzt –> jede Stimme war kausal

49
Q

Wann liegt kein für eine objektive Zurechnung relevantes Risiko vor?

A

wenn es von einer als sozialadäquat eingestuften Verhaltensweise ausgeht, die legal ist und akzeptiert wird, sich im Rahmen des allg. Lebensrisikos bewegt oder Risiken bloß in rechtlich unbeachtlicher Weise erhöht

50
Q

Auf welche Weise muss ein Risiko beurteilt werden?

A

Gedanklich von einem aus der ex-ante-Sicht des Täters urteilenden einsichtigen Menschen, der ggfs. auch über Sonderwissen des Täters verfügt

51
Q

Welche Konstellationen unterscheidet die herrschende Meinung bei Risikoverringerungen?

A
  1. Eingriff in einen in Gang befindlichen Kausalvorgang, was bei ein und demselben Opfer zu einer geringeren als der drohenden schweren Verletzung geführt hat –> Verneinung der obj. Zurechnung
  2. Rettungshandlung beseitigt die von einer Handlung ausgehende Gefahr, indem eine neue eigenständige Gefahr begründet oder das Risiko auf ein anderes Opfer verschoben wird –> obj. Zurechnung wird bejaht
52
Q

Was meint “Schutzzweckzusammenhang” bezüglich der Gefahrrealisierung?

A

der Erfolgseintritt muss im Schutzbereich der verletzten Norm liegen