Amts- und Zwangrechte; behördliche Genehmigung Flashcards
Polizeibeamtin P geht zu Recht davon aus, dass A Hehlerware in seiner Wohnung versteckt, und möchte daher dessen Wohnung auf Grundlage des § 102 StPO durchsuchen. Aufgrund gleicher Nachnamen und unübersichtlicher Lage durchsucht P aber tatsächlich die Wohnung des unbescholtenen B. Darf dieser sich dagegen in Notwehr wehren?
Die h.M. verneint einen Einfluss dieses Irrtums auf die Rechtmäßigkeit, soweit der Beamte nach pflichtgemäßer Prüfung der tatsächlichen Umstände zu einer fehlerhaften Bewertung gelangt ist; lediglich
bei Fahrlässigkeit des Beamten bleibe das Notwehrrecht des Bürgers bestehen.
Andere wollen den Amtsträger gegenüber dem Bürger nicht privilegieren. Eingriffsrechte können nur
dann entstehen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen tatsächlich erfüllt sind.
Was gilt, wenn sich ein Amtsträger über die rechtlichen Grenzen seiner Eingriffsbefugnis irrt?
Sein Handeln ist nach h.M. rechtswidrig, es kommt für ihn lediglich ein Verbotsirrtum in Betracht (vgl. hierzu BGHSt 21, 334).
Argument: Der pflichtgemäße Beamte hat das Recht zu kennen
Welche zwei Fragen stellen sich in Zusammenhang mit einem rechtswidrigen verbindlichen Befehl?
Erstens: Muss der Befehlsempfänger diesen befolgen?
Zweitens: Kann er für die Ausführung eines Befehls strafrechtlich belangt werden?
Besteht eine Befolgungspflicht für rechtswidrige Befehle?
Allgemein gilt, dass ein Beamter eine Anordnung seines Vorgesetzten nur ausführen muss, sofern nicht das ihm aufgetragene Verhalten erkennbar strafbar oder ordnungswidrig ist oder die Würde des Menschen verletzt; vgl. §§ 35, 36 BeamtStG. Für das Militär ordnet § 11 II 1 SG an: „Ein Befehl darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde.“
Kann ein Untergebener, der einen rechtswidrigen Befehl ausführen muss, dafür strafrechtlich belangt werden?
Nein, es ist aber umstritten, ob seine Situation als Entschuldigung oder als Rechtfertigung gewertet werden muss
Welche Argumente können dafür angeführt werden, die Erteilung eines rechtswidrigen Befehls als Rechtfertigungsgrund zu betrachten?
+ Es wäre gegenüber dem gehorsamspflichtigen Befehlsempfänger widersinnig, eine Ausführungspflicht
zu bejahen, in der Folge aber diese pflichtgemäße Handlung als rechtswidrig einzustufen.
+ Eine Versagung der Rechtfertigung würde dazu führen, dass dem Befehlsempfänger gegenüber Notwehrhandlungen möglich wären.
+ Der Befehlsempfänger sieht sich einer Pflichtenkollision ausgesetzt, die nach § 34 StGB zu einer Rechtfertigung führen kann.
Welche Argumente können dafür und dagegen angeführt werden, die Erteilung eines rechtswidrigen Befehls als Entschuldigungsgrund zu betrachten?
+ Ein rechtswidriger Befehl kann Unrecht nicht in Recht verwandeln.
+ Gegenargument: Die Tat an sich wird durch eine rechtfertigende Wirkung des rechtswidrigen Befehls
nicht rechtens, weil der Vorgesetzte als mittelbarer Täter verantwortlich gemacht werden kann.
+ Würde der Vorgesetzte die Handlung selbst ausführen, wäre diese rechtswidrig. Die Delegation dieser Handlung kann aber nicht die Rechtswidrigkeit beseitigen.
+ Aus Sicht des von der rechtswidrigen Handlung Betroffenen ist kein Grund ersichtlich, weshalb ihm das Notwehrrecht genommen werden soll.
Welches Prüfungsschema ist bei der vorläufigen Festnahme abzuarbeiten?
I. Festnahmelage (1. Betreffen oder Verfolgen auf frischer Tat & 2. Festnahmegrund: Fluchtverdacht oder Sicherung der Identitätsfeststellung)
II. Festnahmehandlung: Erforderlichkeit
III. Subjektives Rechtfertigungselement: Festnahmeabsicht
Was meint der Prüfungspunkt “Tat” als Teil der Kategorie “Festnahmelage”?
Jede Straftat oder sonstige rechtswidrige Tat gem. § 11 I Nr. 5 StGB
Welches Problem besteht mit dem Prüfungspunkt “Tat” als Teil der Kategorie “Festnahmelage”?
Reicht das Bestehen eines dringenden Tatverdachtes, ohne dass tatsächlich eine Tat vorliegt?
Was ist ein “dringender Tatverdacht”?
Festnehmender darf aufgrund der ihm
erkennbaren äußeren Umstände bei pflichtgemäßer Prüfung von einer Straftat ausgehen
Was meint “auf frischer Tat betroffen”?
Prüfung der Festnahmelage
Auf frischer Tat betroffen ist derjenige, der bei der Begehung einer Tat oder unmittelbar danach am Tatort oder in dessen unmittelbarer Nähe gestellt wird (längere Verfolgung schließt das „Frischsein“ nicht aus).
Was meint “jedermann”?
Prüfung der Festnahmelage
Jedermann ist nicht nur der durch die Straftat Verletzte und nicht nur Staatsanwaltschaft und Polizeibeamte. Für die letzten beiden gilt jedoch zusätzlich § 127 II StPO.
Welche Festnahmegründe gibt es?
Prüfung der Festnahmelage
Fluchtgefahr, Identitätsfeststellung,
Wann liegt Fluchtgefahr vor?
Wenn nach den erkennbaren Umständen des Falles vernünftigerweise die Annahme gerechtfertigt
ist, dass der Betroffene sich durch Flucht der Verantwortung entziehen will.