Amts- und Zwangrechte; behördliche Genehmigung Flashcards

1
Q

Polizeibeamtin P geht zu Recht davon aus, dass A Hehlerware in seiner Wohnung versteckt, und möchte daher dessen Wohnung auf Grundlage des § 102 StPO durchsuchen. Aufgrund gleicher Nachnamen und unübersichtlicher Lage durchsucht P aber tatsächlich die Wohnung des unbescholtenen B. Darf dieser sich dagegen in Notwehr wehren?

A

Die h.M. verneint einen Einfluss dieses Irrtums auf die Rechtmäßigkeit, soweit der Beamte nach pflichtgemäßer Prüfung der tatsächlichen Umstände zu einer fehlerhaften Bewertung gelangt ist; lediglich
bei Fahrlässigkeit des Beamten bleibe das Notwehrrecht des Bürgers bestehen.

Andere wollen den Amtsträger gegenüber dem Bürger nicht privilegieren. Eingriffsrechte können nur
dann entstehen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen tatsächlich erfüllt sind.

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2
Q

Was gilt, wenn sich ein Amtsträger über die rechtlichen Grenzen seiner Eingriffsbefugnis irrt?

A

Sein Handeln ist nach h.M. rechtswidrig, es kommt für ihn lediglich ein Verbotsirrtum in Betracht (vgl. hierzu BGHSt 21, 334).

Argument: Der pflichtgemäße Beamte hat das Recht zu kennen

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3
Q

Welche zwei Fragen stellen sich in Zusammenhang mit einem rechtswidrigen verbindlichen Befehl?

A

Erstens: Muss der Befehlsempfänger diesen befolgen?

Zweitens: Kann er für die Ausführung eines Befehls strafrechtlich belangt werden?

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4
Q

Besteht eine Befolgungspflicht für rechtswidrige Befehle?

A

Allgemein gilt, dass ein Beamter eine Anordnung seines Vorgesetzten nur ausführen muss, sofern nicht das ihm aufgetragene Verhalten erkennbar strafbar oder ordnungswidrig ist oder die Würde des Menschen verletzt; vgl. §§ 35, 36 BeamtStG. Für das Militär ordnet § 11 II 1 SG an: „Ein Befehl darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde.“

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5
Q

Kann ein Untergebener, der einen rechtswidrigen Befehl ausführen muss, dafür strafrechtlich belangt werden?

A

Nein, es ist aber umstritten, ob seine Situation als Entschuldigung oder als Rechtfertigung gewertet werden muss

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6
Q

Welche Argumente können dafür angeführt werden, die Erteilung eines rechtswidrigen Befehls als Rechtfertigungsgrund zu betrachten?

A

+ Es wäre gegenüber dem gehorsamspflichtigen Befehlsempfänger widersinnig, eine Ausführungspflicht
zu bejahen, in der Folge aber diese pflichtgemäße Handlung als rechtswidrig einzustufen.
+ Eine Versagung der Rechtfertigung würde dazu führen, dass dem Befehlsempfänger gegenüber Notwehrhandlungen möglich wären.
+ Der Befehlsempfänger sieht sich einer Pflichtenkollision ausgesetzt, die nach § 34 StGB zu einer Rechtfertigung führen kann.

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7
Q

Welche Argumente können dafür und dagegen angeführt werden, die Erteilung eines rechtswidrigen Befehls als Entschuldigungsgrund zu betrachten?

A

+ Ein rechtswidriger Befehl kann Unrecht nicht in Recht verwandeln.
+ Gegenargument: Die Tat an sich wird durch eine rechtfertigende Wirkung des rechtswidrigen Befehls
nicht rechtens, weil der Vorgesetzte als mittelbarer Täter verantwortlich gemacht werden kann.
+ Würde der Vorgesetzte die Handlung selbst ausführen, wäre diese rechtswidrig. Die Delegation dieser Handlung kann aber nicht die Rechtswidrigkeit beseitigen.
+ Aus Sicht des von der rechtswidrigen Handlung Betroffenen ist kein Grund ersichtlich, weshalb ihm das Notwehrrecht genommen werden soll.

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8
Q

Welches Prüfungsschema ist bei der vorläufigen Festnahme abzuarbeiten?

A

I. Festnahmelage (1. Betreffen oder Verfolgen auf frischer Tat & 2. Festnahmegrund: Fluchtverdacht oder Sicherung der Identitätsfeststellung)
II. Festnahmehandlung: Erforderlichkeit
III. Subjektives Rechtfertigungselement: Festnahmeabsicht

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9
Q

Was meint der Prüfungspunkt “Tat” als Teil der Kategorie “Festnahmelage”?

A

Jede Straftat oder sonstige rechtswidrige Tat gem. § 11 I Nr. 5 StGB

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10
Q

Welches Problem besteht mit dem Prüfungspunkt “Tat” als Teil der Kategorie “Festnahmelage”?

A

Reicht das Bestehen eines dringenden Tatverdachtes, ohne dass tatsächlich eine Tat vorliegt?

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11
Q

Was ist ein “dringender Tatverdacht”?

A

Festnehmender darf aufgrund der ihm

erkennbaren äußeren Umstände bei pflichtgemäßer Prüfung von einer Straftat ausgehen

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12
Q

Was meint “auf frischer Tat betroffen”?

Prüfung der Festnahmelage

A

Auf frischer Tat betroffen ist derjenige, der bei der Begehung einer Tat oder unmittelbar danach am Tatort oder in dessen unmittelbarer Nähe gestellt wird (längere Verfolgung schließt das „Frischsein“ nicht aus).

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13
Q

Was meint “jedermann”?

Prüfung der Festnahmelage

A

Jedermann ist nicht nur der durch die Straftat Verletzte und nicht nur Staatsanwaltschaft und Polizeibeamte. Für die letzten beiden gilt jedoch zusätzlich § 127 II StPO.

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14
Q

Welche Festnahmegründe gibt es?

Prüfung der Festnahmelage

A

Fluchtgefahr, Identitätsfeststellung,

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15
Q

Wann liegt Fluchtgefahr vor?

A

Wenn nach den erkennbaren Umständen des Falles vernünftigerweise die Annahme gerechtfertigt
ist, dass der Betroffene sich durch Flucht der Verantwortung entziehen will.

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16
Q

Wann liegt der Festnahmegrund der Identitätsfeststellung vor?

A

wenn der Name des Betroffenen unbekannt ist und er nicht ohne Vernehmung oder weitere
Nachforschung sicher identifiziert werden kann (BeckOK-StPO/Krauß § 127 Rn. 7).

17
Q

Was sind Festnahmehandlungen/-mittel?

A

Erfasst sind die mit der Festnahme verbundenen Freiheitsbeeinträchtigungen, wie auch durch festes Zupacken hervorgerufene körperliche Misshandlung und „Fixieren am Boden“ (vgl. BGH NJW 2000, 1348 f. mit Bspr. Martin JuS 2000, 717). Ob Private Schüsse auf den Flüchtenden abgeben dürfen, sofern dies im Einzelfall verhältnismäßig wäre, ist umstritten (bejaht von BGH MDR/H 1979, 985). Hier spricht mehr für eine sehr zurückhaltende Zuerkennung von Festnahmemitteln (also keine Zulässigkeit des Waffeneinsatzes), weil auch die Situation – der Private übernimmt staatliche Aufgaben – eine Ausnahmesituation ist.

18
Q

Was versteht man unter dem subjektiven Rechtfertigungselement in Bezug auf die vorläufige Festnahme?

A

Gemeint ist ein Handeln, um die Festnahme zu bewirken.

19
Q

Was meint “Offenlegung der Festnahme”?

A

Es ist erforderlich, dass der sich auf das Festnahmerecht Berufende seine Intention dem Täter gegenüber offenlegt.

20
Q

Wieso kann eine behördliche Genehmigung als Tatbestandsausschluss gewertet werden?

A

+ Wenn das Handeln gegen den Willen der Behörde Tatbestandsvoraussetzung ist, so führt die behördliche Genehmigung zu einem Tatbestandsausschluss.

+ Darüber hinaus wirkt die behördliche Genehmigung bei den sog. präventiven Verboten mit Erlaubnisvorbehalt tatbestandsausschließend; s. § 21 I Nr. 1 StVG: Das Autofahren ist grds. sozial akzeptiert, die Genehmigungspflicht dient nur der vorbeugenden (präventiven) Kontrolle im Hinblick auf Gefährdungen. Sobald man aber den Führerschein erworben hat, darf man fahren (= Erlaubnisvorbehalt).

21
Q

Was unterscheidet repressive Verbote mit Erlaubnisvorbehalt von präventiven Verboten mit Erlaubnisvorbehalt?

A

Bei letzteren kommt der behördlichen Genehmigung eine lediglich rechtfertigende Wirkung zu.

22
Q

Warum kommt behördlichen Genehmigungen bei repressiven Verboten lediglich eine rechtfertigende Wirkung zu?

A

Dies wird damit begründet, dass das fragliche Verhalten generell schädlich und daher unerwünscht ist, es wird daher aufgrund überwiegender anderer Interessen gerechtfertigt. Das Beisichführen von Waffen beispielsweise ist stets gefährlich.

23
Q

Was unterscheidet nichtige und rechtswidrige Genehmigungen?

A

Das Verwaltungsrecht differenziert zwischen nichtigen und bloß rechtswidrigen Genehmigungen. Eine
rechtswidrige Genehmigung ist anders als die nichtige Genehmigung wirksam, solange die Behörde sie nicht
wieder zurückgenommen hat, vgl. § 43 VwVfG.

24
Q

Welche Wirkung hat eine rechtswidrige Genehmigung auf das Strafunrecht?

A

Nach herrschender Meinung schließt sie es aus

25
Q

Was ist Genehmigungsfähigkeit?

A

Es liegt ein Sachverhalt vor, bei dem die Behörde i.d.R. eine Genehmigung erteilt

26
Q

Führt Genehmigungsfähigkeit zu Straffreistellung?

A

Nein

27
Q

Führt behördliche Duldung zu Straffreistellung?

A

Nein, aber in einem solchen Fall wird man häufig zu einem unvermeidbaren Verbotsirrtum auf Seiten des Bürgers gelangen müssen.