Der subjektive Unrechtstatbestand Flashcards

1
Q

Kurzformel für den Vorsatz?

A

Vorsatz = Wissen + Wollen der Tatbestandsverwirklichung

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2
Q

Worauf muss sich der Vorsatz beziehen?

A

alle objektiven Tatbestandsmerkmale

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3
Q

Welche drei Vorsatzformen können unterschieden werden?

A

Absicht (dolus directus 1. Grades), direkt Vorsatz (dolus directus 2. Grades), bedingter Vorsatz (dolus eventualis)

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4
Q

Was ist Absicht?

A

ein zielgerichteter Erfolgswille

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5
Q

Wann ist der Erfolgswille gegeben?

A

wenn es dem Täter gerade darauf ankommt, den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs herbeizuführen oder den Umstand zu verwirklichen, für den das Gesetz absichtliches Handeln voraussetzt

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6
Q

Wann ist direkter Vorsatz gegeben?

A

Direkter Vorsatz ist gegeben, wenn der Täter weiß oder als sicher erkennt, dass sein Handeln zur Verwirklichung eines gesetzlichen Tatbestands führt

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7
Q

Andere Bezeichnung für den bedingten Vorsatz?

A

Eventualvorsatz

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8
Q

Wann kommt der bedingte Vorsatz in Betracht?

A

Wenn der Täter die Tatbestandsverwirklichung weder anstrebt noch für sicher hält

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9
Q

Wann genügt der bedingte Vorsatz?

A

Prinzipiell immer dann, wenn das Gesetz nicht ausdrücklich eine qualifizierte Vorsatzform (dolus directus 1. oder 2. Grades) verlangt.

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10
Q

Welches Problem stellt sich beim dolus eventualis?

A

die Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit

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11
Q

Wieso ist die Abgrenzung zwischen dolus eventualis und bewusster Fährlässigkeit schwierig?

A

Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit ist nämlich gemein, dass der Täter die Gefahr erkennt, dass sein Verhalten den jeweiligen gesetzlichen Tatbestand erfüllen kann

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12
Q

Welche drei Varianten gibt es bei Lösungsansätzen für die Abgrenzung zwischen dolus eventualis und bewusster Fahrlässigkeit?

A

Lösungsansätze mit dem Schwerpunkt auf dem intellektuellen Vorsatz-Element, Lösungsansätze mit dem Schwerpunkt auf dem voluntativen Vorsatz-Element, normative Risikotheorien

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13
Q

Was zeichnet Lösungsansätze mit dem Schwerpunkt auf dem intellektuellen Vorsatz-Element aus?

A

Beurteilen die Abgrenzung vorwiegend unter Bezugnahme auf das Wissens-Element des Vorsatzes und verzichten auf die voluntative Komponente

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14
Q

Welche Lösungsansätze setzen den Schwerpunkt auf das intellektuelle Vorsatz-Element?

A

Möglichkeitstheorie, Wahrscheinlichkeitstheorie,

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15
Q

Was besagt die Wahrscheinlichkeitstheorie?

A

Dolus eventualis liegt vor, wenn der Täter die Tatbestandsverwirklichung für wahrscheinlich, d.h. mehr als möglich, aber weniger als überwiegend wahrscheinlich, hält

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16
Q

Was spricht gegen die Wahrscheinlichkeitstheorie?

A
  1. Unpraktikabel, da keine klare Grenzziehung möglich, wann der Täter etwasals wahrscheinlich bezeich-net hat.
  2. Verkennt die Bedeutung des voluntativen Vorsatzelements (s.o.).
  3. Gemeinsamkeit von dolus eventualis und bewusster Fahrlässigkeit gerade im kognitiven Vorsatzelement, weshalb die Abgrenzung an diesem nicht festgemacht werden kann (s.o.).
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17
Q

Was besagt die Möglichkeitstheorie?

A

Dolus eventualis liegt vor, wenn der Täter die konkrete Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung erkannt und dennoch gehandelt hat.

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18
Q

Was spricht gegen die Möglichkeitstheorie?

A
  1. Lässt für Fälle bewusster Fahrlässigkeit keinen Raum und dehnt den Eventualvorsatz damit zu weit auf Fälle bewusster Fahrlässigkeit aus
  2. Verkennt die Bedeutung des –sonst weitgehend unstreitigen (kritisch aber NK/Puppe§ 15 Rn 14 ff., zusammenfassend Rn. 43 f.) –voluntativen Vorsatzelements, das aufgegeben wird
  3. Aufgabe dieses Elements bei der Abgrenzungsfrage besonders misslich, da die Gemeinsamkeit von Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit gerade darin liegt, dass der Täter die Gefahr der Tatbestandsverwirklichung erkennt, d.h. also gerade in der Wissens-Komponente des Vorsatzes.
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19
Q

Welche Lösungsansätze legen den Schwerpunkt auf das voluntative Vorsatz-Element?

A

Billigungstheorie, Gleichgültigkeitstheorie, Ernstnahmetheorie

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20
Q

Wann liegt nach der Billigungstheorie ein dolus eventualis vor?

A

dolus eventualis liegt vor, wenn der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs als möglich und nicht ganz fernliegend erkannt und ihn billigend in Kauf genommen hat

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21
Q

Wann liegt nach der Billigungstheorie bewusste Fahrlässigkeit vor?

A

Wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten

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22
Q

Was bedeutet “billigen” im juristischen Sprachgebrauch?

A

Der Täter billigt bereits einen an sich unerwünschten Erfolg, wenn er sich mit ihm um eines erstrebten Zieles willen abfindet oder er die mögliche Folge hinzunehmen bereit ist

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23
Q

Was besagt die Gleichgültigkeitstheorie?

A

Dolus eventualis liegt vor, wenn der Täter die von ihm für möglich gehaltene Tatbestandsverwirklichung aus Gleichgültigkeit gegenüber dem geschützten Rechtsgut in Kauf genommen hat.

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24
Q

Gegenargument gegen die Gleichgültigkeitstheorie?

A

Macht die innere Einstellung gegenüber dem geschützten Rechtsgut zum entscheidenden Abgrenzungskriterium und führt insoweit zu einem Gesinnungsstrafrecht.

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25
Q

Was besagt die Ernstnahmetheorie?

A

Dolus eventualis liegt vor, wenn der Täter mit der Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung ernstlich rechnet, um des erstrebten Zieles willen aber trotzdem weiterhandelt und sich dadurch mit einer eventuellen Tatbestandsverwirklichung –sei es auch nur wohl oder übel –abfindet

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26
Q

Was gilt für das Verhältnis zwischen Billigungstheorie und Ernstnahmetheorie?

A

Sie decken sich meistens, da auch bei der Billigungstheorie “billigen” nicht als gutheißen verstanden wird

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27
Q

Welche Lösungsansätze fallen in die Kategorie der normativen Risikotheorien?

A

Theorie der Manifestation des Vermeidewillens, Normative Risikotheorie, Kombinationstheorie Schünemanns

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28
Q

Was besagt die Theorie der Manifestation des Vermeidewillens?

A

Dolus eventualis liegt vor, wenn der Wille des Täters auf die Tatbestandsverwirklichung gerichtet war; da-gegen liegt lediglich bewusste Fährlässigkeit vor, wenn der Täter Gegenfaktoren einsetzt, mit deren Hilfe er den Ablauf so zu steuern versucht, dass es nicht zur Tatbestandsverwirklichung kommt.

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29
Q

Was besagt die normative Risikotheorie?

A

Dolus eventualis liegt vor, wenn sich der Täter bewusst für ein Verhalten entschieden hat, das mit einer in der Rechtsordnung geltenden Risikomaxime unverträglich ist

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30
Q

Was besagt die Kombinationstheorie Schünemanns?

A

Maßgeblich ist eine Synthese aus normativer Risikotheorie und Möglichkeitstheorie: Löst der Täter bewusst ein nicht mehr tolerables Risiko aus, steuert er das Geschehen sehenden Auges gegen das Rechtsgut, woran auch eine emotionale Distanzierung durch die Hoffnung, es werde schon gut gehen, nichts ändert. Somit ist das Wissen um die Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung ausreichend. Der an der Möglichkeitstheorie kritisierten Ausdehnung der Strafbarkeit wird durch eine Korrektur auf Ebene der Vorsatzschuld begegnet.

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31
Q

Welche Theorie zur Abgrenzung von dolus eventualis und bewusster Fahrlässigkeit herrscht vor?

A

Billigungstheorie

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32
Q

Welche Indizien können darauf hindeuten, dass ein Täter die Tat gebilligt hat?

A
  1. Gefährlichkeit der Tathandlung [+]

2. Tötung [-] (Annahme: hohe Hemmschwelle, deshalb eher Hoffen auf einen glücklichen Ausgang

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33
Q

Was gilt für die Verwendung der Hemmschwelle-Theorie in einer Klausur?

A

BGH ist der Ansicht, dass der Umstand, “dass der Täter vor der Tötung eines Menschen hohe Hemmschwellen überwinden müsse […] bei der Diskussion des Vorliegens eines bedingten Tötungsversuchs keine tendenziell vorsatzkritische eigenständige Bedeutung“ entfalte –> „Stichwort“ – ggf. versehen mit einer kritischen Würdigung – empfiehlt sich in der Klausur den-noch.

34
Q

Welche Faustregeln lassen sich für die Ermittlung eines dolus eventualis festmachen?

A
  1. Eine Eigengefährdung des Täters spricht grundsätzlich gegen dolus eventualis; je weniger die Handlungsmotive des Täters mit der eigenen Gefährdung zu tun haben (mögen sie auch objektiv vorliegen), desto eher kann aber dolus eventualis angenommen werden.
  2. Je größer das vom Täter geschaffene Risiko für das bedrohte Rechtsgut ist, desto eher liegt dolus eventualis vor.
  3. Je weniger steuer- und beherrschbar der vom Täter in Gang gesetzte Kausalverlauf ist, desto eher liegt dolus eventualis vor
35
Q

Von was muss der bedingte Vorsatz noch unterschieden werden?

A

vom bedingten Handlungswillen

36
Q

Was gilt in einem Zustand der Unentschlossenheit?

A

Es liegt kein Vorsatz vor, da hierzu eine definitive Willensentscheidung gehört.

37
Q

Was ist ein Tatentschluss auf hypothetischer Grundlage?

A

Wird auf den tatbestandlichen Erfolg im Bewusstsein der Gefährdung des Handlungsobjektes hingearbeitet, so liegt Vorsatz auch dann vor, wenn die Verwirklichung der Tat noch von Bedingungen abhängig ist, die der Täter nicht (allein) in der Hand hat.

38
Q

Was meint Tatentschluss mit Rücktrittsvorbehalt?

A

Ein Rücktrittsvorbehalt für den Fall, dass sich die Tat erübrigen sollte, ändert nichts am Vorsatz.

39
Q

Was meint das Simultanitäts-/Koinzidenzprinzip? (§ 16 I 1 StGB)

A

Vorsatz muss bei Begehung der Tat vorliegen

40
Q

Wann wird nach § 8 S. 1 StGB eine Tat begangen?

A

Zu der Zeit, zu welcher der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen

41
Q

Was versteht man unter dem dolus antecedens?

A

Vorsatz vor Beginn der Tatausführung, also im Vorbereitungsstadium.

42
Q

Was meint dolus subsequens?

A

Vorsatz erst nach Ende der Tatausführung

43
Q

Was gilt für dolus antecedens und dolus subsequens hinsichtlich des Tatbestandsvorsatzes?

A

Sie genügen nicht, um diesen zu begründen, weil sie gegen das Simultanitätsprinzip aus § 16 I 1 StGB verstoßen –> beide sind rechtlich irrelevant

44
Q

Was gilt, wenn ein Täter objektiv mehrere Tatbestände verwirklicht?

A

Für jeden Tatbestand muss der Vorsatz geprüft werden

45
Q

Welche zwei Varianten hinsichtlich der Untersuchung von Vorsatz bei mehreren objektiven Tatbeständen gibt es?

A

dolus cumulativus, dolus alternativus

46
Q

Was beschreibt der dolus cumulativus?

A

Fälle, in denen der Täter sowohl die Verwirklichung des einen als auch des anderen Tatbestands will und zeitgleich „erledigen“ kann –> unproblematisch

47
Q

Was beschreibt der dolus alternativus?

A

Sachverhaltsgestaltungen, in denen sich der Vorsatz des Täters der Art nach auf mehrere einander ausschließende Tatbestände, der Zahl nach jedoch nur auf einen richtet.

48
Q

Welche Lösungen gibt es für Fälle des dolus alternativus?

A
  1. Herrschend wird Vorsatz bzgl. beider Tatbestände angenommen und entsprechend aus beiden Delikten bestraft: §§ 212; 303, 22 StGB
  2. Denkbar wäre auch, Vorsatz nur bzgl. des vollendeten Delikts anzunehmen; man gelangt dann zu einer Bestrafung allein aus § 212 StGB
  3. Vorsatz nur bzgl. des schwereren Delikts an und bestrafen hier allein aus § 212 StGB bzw. einem entsprechenden Versuch. Bei gleich schweren Delikten sei wegen des vollendeten Delikts zu bestrafen. Wird bei gleich schweren Delikten keines vollendet, so sei eine beabsichtigte Alternative vorrangig vor einer nur mit bedingtem Vorsatz gewollten Alternative zu bestrafen. Wenn bezüglich beider Alternativen nur bedingter Vorsatz vorliegt, soll Wahlfeststellung in Betracht kommen.
49
Q

Wann liegt ein Tatumstandsirrtum vor?

A

Der Täter verkennt das tatsächliche Vorliegen der Voraussetzungen, von denen das Gesetz die objektive Tatbestandsmäßigkeit abhängig macht

50
Q

Welche zwei Formen von Tatbestandsmerkmalen können von einem Tatumstandsirrtum betroffen sein?

A

deskriptive (= sinnlich wahrnehmbare) und normative (= wertausfüllungsbedürftige/sinnlich nicht wahrnehmbare, z. B. “fremd”)

51
Q

Was ist ausreichend dafür, dass davon ausgegangen werden kann, dass sich ein Täter nicht hinsichtlich eines normativen Tatbestandsmerkmals geirrt hat?

A

Ausreichend – aber auch erforderlich – ist daher, dass der Täter den rechtlich-sozialen Bedeutungsgehalt des normativen Merkmals nach Laienart richtig erfasst (sog. Parallelwertung in der Laiensphäre).

52
Q

Wovon muss der Tatumstandsirrtum entschieden abgegrenzt werden?

A

Vom Verbotsirrtum

53
Q

Welche zwei Faustformeln gibt es, um zwischen Tatumstandsirrtum und Verbotsirrtum unterscheiden zu können?

A
  1. Irrt der Täter auf der tatsächlichen Ebene (über eine Tatsache oder über den sozialen Sinngehalt
    eines Tatumstands), liegt ein Tatumstandsirrtum vor.
  2. Irrt der Täter auf der rechtlichen Ebene (über das Verbot der Handlung), liegt ein Verbotsirrtum
    vor.
54
Q

Was gilt bei einem Irrtum über Qualifikationsmerkmale?

A

Die Strafbarkeit wegen des Grunddelikts bleibt bestehen

55
Q

Was ist ein Irrtum über Tatbestandsalternativen?

A

Der Täter verwirklicht tatsächlich eine andere Tatbestandsalternative als die, die er zu erfüllen glaubt

56
Q

Was gilt bei einem Irrtum über Tatbestandsalternativen?

A

Sind die fraglichen Tatbestandsalternativen nur Auffächerungen eines einheitlichen Schutzgegenstandes oder Angriffsmittels, ist der Irrtum unbeachtlich (Einbruch in Wohnung, statt Geschäftsraum). Bei qualitativ verschiedenen Schutzgegenständen oder Angriffsarten ist der Irrtum dagegen beachtlich (Urkunde vs. technische Aufzeichnung)

57
Q

T zerstört den Ausdruck eines Herzfrequenzmessungsdiagramms. Er denkt, die Ärztin habe dieses per Hand am Computer gefertigt [dann läge eine Urkunde vor]. Tatsächlich aber wurde es selbsttätig
von der Messmaschine bewirkt [und ist daher eine technische Aufzeichnung]. Was gilt?

A

T hält die technische Aufzeichnung also irrtümlich für eine Urkunde. Bzgl. § 274 I Nr. 1 Var. 2 StGB (also der Aufzeichnung) fehlt es am Vorsatz (§ 16 I StGB), bzgl. § 274 I Nr. 1 Var. 1 StGB (also der Urkunde) liegt mangels Vollendung Versuch vor.

58
Q

Worauf muss sich der Vorsatz des Täters bei einem Erfolgsdelikt neben Handlung und Erfolg noch richten?

A

Auf den kausalen Zusammenhang zwischen beiden

59
Q

Was versteht man unter aberratio ictus?

A

Von einem Fehlgehen der Tat (aberratio ictus) spricht man in einer Situation, in der sich der Vorsatz
des Täters auf ein bestimmtes Tatobjekt richtet, der Angriff auf dieses jedoch aufgrund eines vom Täter
nicht vorhergesehenen Kausalverlaufs fehlgeht und ein anderes Objekt getroffen wird.

60
Q

Wann ist aberratio ictus problematisch?

A

Wenn das anvisierte und das getroffene Tatobjekt rechtlich gleichwertig sind, weil dann nicht einfach mit einem Tatumstandsirrtum gearbeitet werden kann

61
Q

Welche Positionen gibt es hinsichtlich der Behandlung einer aberratio ictus bei gleichwertigen Tatobjekten?

A

Gleichwertigkeitstheorie, Konkretisierungstheorie (h. M.)

62
Q

Was besagt die Gleichwertigkeitstheorie?

A

Es soll trotzdem Vorsatz im Hinblick auf die Tötung
des getroffenen Objekts anzunehmen sein - Täter wollte ein Objekt A der Gattung X verletzen und verletzte ein Objekt B der Gattung X - Erfolg nach dem Gesetz eingetreten, da Gesetz nur Gattungen benennt

63
Q

Welches Problem besteht hinsichtlich der Gleichwertigkeitstheorie?

A

Täter nimmt i.d.R. eine Objektindividualisierung vor, er will nicht einfach alle Objekte einer Gattung verletzten - dolus generalis nicht (immer) vorhanden

64
Q

Was besagt die Konkretisierungstheorie?

A

Sieht den auf ein bestimmtes Objekt konkretisierten Vorsatz daher als „aliud“ (lat.: alius = etwas Anderes) gegenüber dem Vorsatz, irgendein Objekt der Gattung zu verletzen. Danach liegt kein Vorsatz im Hinblick auf das tatsächlich getroffene, aber nicht anvisierte Tatobjekt vor.

65
Q

Was meint error in persona vel objecto?

A

Ein Irrtum über das Handlungsobjekt (error in persona vel objecto) meint eine Fehlvorstellung des Täters über die Identität oder sonstige Eigenschaften des Tatobjekts

66
Q

Was gilt bei einem error in persona vel objecto, wenn die beiden Objekte rechtlich gleichwertig sind?

A

Es handelt sich dann um einen für den Vorsatz unbeachtlichen Motivirrtum, da Bezugspunkt des Vorsatzes gem. § 16 I 1 StGB nur die äußeren Tatumstände, nicht aber die Beweggründe für die Tat sind

67
Q

Wann spricht man von “dolus generalis”?

A

zunächst in Fallgestaltungen, in denen der Täter willentlich und wissentlich eine Gefahr für eine beliebige Vielzahl von Rechtsgütern schafft oder er sich infolge einer Unsicherheit über das Ausreichen einer Ersthandlung noch eine Zweithandlung vornimmt, um sein tatbestandliches Ziel zu erreichen

68
Q

Nach welchen Theorien können Fälle, in denen der Täter glaubt, den tatbestandsmäßigen Erfolg schon durch einen ersten Akt verwirklicht zu haben, der Erfolg jedoch objektiv erst durch einen zweiten Akt des Täters bedingt wird, gelöst werden?

A

Lehre vom dolus generalis, Versuchslösung, Vollendungslösung (h. M.)

69
Q

Was besagt die Lehre vom dolus generalis? Welches Problem besteht?

A

Akt 1 und Akt 2 bilden ein einheitliches Geschehen, Vorsatz erstreckt sich auf beide: Problem, dass nach der Ersthandlung der Vorsatz erlischt/sich ändert

70
Q

Was besagt die Versuchslösung? Welches Problem besteht?

A

Die Teilakte sind als zwei selbstständige Handlungen
zu verstehen und z. B. der Tötungsvorsatz ist bei Vornahme der Zweithandlung für erloschen - Problem, dass Theorie isoliert an die Zweithandlung anknüpft und damit ein einheitliches, zusammengehörendes Geschehen widernatürlich auseinanderreißt

71
Q

Was besagt die Vollendungslehre?

A

Nach h.M. (BGHSt 14, 193; Rengier AT § 15 Rn. 56 f.) sind diese zweiaktigen Geschehensabläufe nach den Grundsätzen der (un-)wesentlichen Abweichung vom Kausalverlauf zu lösen. A hätte ohne den ersten Akt (Würgen und Sand in den Mund stopfen) keinen Grund für den zweiten Akt (Entsorgen der vermeintlichen Leiche) gehabt (vgl. Lichtenthäler JuS 2020, 211 f.). Beide Akte können daher nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Todeserfolg entfiele. Anknüpfungspunkt ist dann der mit Tötungsvorsatz vorgenommene erste Akt. Der hierdurch ausgelöste zweite Akt stelle eine unwesentliche Abweichung des vorgestellten vom tatsächlichen Geschehensablauf dar. Unwesentlich sei die Abweichung, wenn sich der eingetretene Enderfolg im Rahmen des Vorhersehbaren hält und mit Blick auf den Verwirklichungswillen des Täters kein inadäquates Ereignis (hier: spätere Entsorgung der Leiche war geplant) darstellt (Wessels/Beulke/Satzger AT Rn. 30).

72
Q

Welche zwei Varianten des Subsumptionsirrtums gibt es?

A

vorhandene Bedeutungskenntnis, fehlende Bedeutungskenntnis

73
Q

Warum braucht es Bedeutungserkenntnis?

A

Das Vorliegen des kognitiven Vorsatzelements (Wissen) verlangt nicht, dass der Täter juristisch exakt subsumiert. Bedeutungserkenntnis genügt. Sonst könnten zum Teil nur Juristen vorsätzlich handeln

74
Q

Wann ist Bedeutungskenntnis vorhanden?

A

Wenn jemand aus der Sicht eines Laien den sozialen und rechtlichen Bedeutungsgehalt der objektiven Tatbestandsmerkmale richtig erfasst (sog. Parallelwertung in der Laiensphäre)

75
Q

Wann liegt ein Subsumptionsirrtum vor?

A

wenn sich jemand trotz Bedeutungserkenntnis falsche Vorstellungen von der Einordnung seines Verhaltens unter den objektiven Tatbestand einer Strafnorm macht

76
Q

Was ist die Rechtsfolge eines Subsumptionsirrtum?

A

Es gibt keine, der Vorsatz bleibt unberührt

77
Q

Welche Folge kann aus fehlender Bedeutungserkenntnis hervorgehen?

A

das Vorliegen eines Tatbestandsirrtums

78
Q

Womit hängt ein Irrtum über den Kausalverlauf eng zusammen?

A

mit der objektiven Zurechnung

79
Q

Wann kann ein Irrtum über den Kausalverlauf einen Tatbestandsirrtum nach § 16 I StGB bedingen?

A

Wenn die Abweichung außerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren halten

80
Q

Was gilt bei unwesentlichen Abweichungen des tatsächlich eingetretenen vom vorgestellten Kausalverlauf für den Vorsatz des Täters?

A

Sie schließen den Vorsatz nicht aus

81
Q

A will O durch Schläge auf den Kopf mit einem Beil töten. Tatsächlich verstirbt O im Krankenhaus an einer Wundinfektion. (RGSt 70, 257, 259)

Was gilt?

A

Unwesentliche Abweichung des tatsächlich eingetretenen vom vorgestellten Kausalverlauf; Vorsatz des A

82
Q

O wird nicht – wie geplant – unmittelbar durch den Schuss des A getötet, sondern infolge
durchgehender Pferde, die durch den Schuss aufgeschreckt wurden.

Was gilt?

A

Wesentliche Abweichung des tatsächlich eingetretenen vom vorgestellten Kausalverlauf; kein Vorsatz des A