Krieg, Staatszerfall und Gewaltökonomie Flashcards

1
Q

Was determiniert die internationalen Beziehungen als “Staatenwelt” vs. “Gesellschaftswelt”

A

Staatenwelt

  • Anarchie als Strukturmerkmal
    • Aber: Regelgeleitetes Verhalten der Akteure, Strukturen des Regierens (internationale Institutionen)
  • Trennung zwischen international/national und innen/außen noch haltbar?
    • Globalisierung - Entgrenzungsprozesse
    • Ordnung statt Anarchie - Verregelungsprozesse
    • Anarchie statt Ordnung
  • Entstaatlichungsprozess in Krisenregionen

Gesellschaftswelt
Transnationale Beziehungen = regelmäßige grenzüberschreitende Interaktionen, an denen mindestens ein gesellschaftlicher (nicht-staatlicher) Akteur beteiligt ist

Typen transnationaler Akteure:
  • Multinationale Konzerne (MNCs)
  • Internationale Nicht-Regierungsorganisationen (INGOs)
  • Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs)
    • Andere Akteure, Gemeinschaften, Netzwerke, Aktivitäten
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2
Q

Gruppen privater Akteure im transnationalen Raum

Auzählung

A
  • Zivilgesellschaftliche Akteure
  • Transnationale Unternehmen
  • Nichtstaatliche Gewaltakteure
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3
Q
  • Zivilgesellschaftliche Akteure
A

Ingos und soziale Bewegungen

- häufig als “Gerechtigkeitsunternehmer” - normative Ansprüche
- Spannungsfeld zwischen globalen/lokalen Gerechtigkeitsvorstellungen → konfliktverschärfend wirken
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4
Q

Transnationale Unternehmen

A

MHCs entziehen sich häufig staatlicher Kontrolle und Verschärfen so bestimmte Gerechtigkeitskonflikte (Große Konzerne mehr Macht als kleine Staaten)

Übernahme von Staatsfunktionen und Bereitstellung öffentlicher Güter
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5
Q

Nichtstaatliche Gewaltakteure

A

Herausforderung des staatlichen Gewaltmonpols

Gewaltakteure (Rebellengruppen) können auf die Etablierung alternativer Strukturen zielen und so Staatsversagen kompensieren
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6
Q

Sicherheitsbedrohung des Staates in der Globalisierung

A

Bedrohung verursacht durch den Staat..
- an Staat:
Klassische zwischenstaatlicher Krieg -> Verteidigungsaufgaben
-an Gesellschaft o. Mitglieder:
Menschenrechtsverletzungen, Staatsterror -> Rechtsstaatsaufgaben

Bedrohung verursacht durch Gesellschaft…
- an Staat:
Bürgerkrieg, klassischer Terroriusmus, Staatszerfall -> Herrschaftsaufgaben
- an Gesellschaft:
Gewaltkriminalität, - ökonomie -> Schutzaufgabe

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7
Q

Was ist Krieg - Definition

A

Krieg wird definiert als “der Versuch von Staaten, staatsähnliche Machtgebilden oder gesellschaftlichen Großgruppen (…), ihre machtpolitischen, wirtschaftlichen oder weltanschaulichen Ziele mittels organisierter bewaffneter Gewalt durchzusetzen” (Meyers 1994)

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8
Q

Kriegstypologien nach COW (Correlates of War)

A

Traditionelle Typologie

  1. Internationale Kriege
    1. Zwischenstaatliche Kriege
    2. Extra-systemische Kriege
  2. Bürgerkriege

Neue Typologien

  1. Innerstaatliche Konflikte (”Bürgerkriege” zwischen der Regierung und mindestens einer nichtstaatlichen Gruppe im Staatsgebiet)
  2. Internationale Konflikte (”Bürgerkriege” mit Beteiligung von ausländischen Konfliktparteien
  3. Zwischenstaatliche Konflikte (bewaffnete Konflikte zwischen Regierungen)
  4. Extra-systemische Konflikte (bewaffnete Konflikte zwischen Regierungen eines unabhängigen Staates und einem abhängigen Territorium außerhalb des eigenen Staatsgebiets)
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9
Q

Analyseebenen in der Kriegsursachenforschung

A
  1. Individuum (first image)
    → Gewalt liegt in der Natur des Menschen
    - Psychoanalytische/Ethologische/Lernpsychologische Theorien
  2. Staat/Gesellschaft (second image)
    → Gewalt liegt in der staatlichen und gesellschaftlichen Verfasstheit der Akteure
    - Imperialismus/Eliten/Nationalismus/Militarismus-Theorien
    • Demokratischer Frieden
3. Internationales System (third image)
→ Gewalt liegt im internationalen System
    - Sicherheitsdilemma
    - Verletztes Gleichgewicht
    - Globalisierung und neue Kriege
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10
Q

Kriegstrends

A

Zunahme bewaffneter Konflite pro Jahr seit 1945 → Höhepunkt Mitte der 80er

  • Drastische Abnahme zwischenstaatlicher Kriege
  • Dramatische Zunahme innerstaatlicher Kirge → Kriegsopfter zunehmend Zivilbevölkerung

Trend zur “Entstaatlichung” von Gewalt: Gewaltmärkte und terroristische Netzwerke

Aufteilung der Welt in zwei Regionen nach Kriegshäufigkeit

  • Zone des (demokratischen) Friedens: West- und Mitteleuropa, Nordamerika, Ostasien, zunehmend Lateinamerika
  • Zone der Krisen und Kriege: Vorderer Orient, Afrika

Globalisierung der Rüstungsdynamik (Rüstungsexport)

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11
Q

These neue Kriege

A

Im Laufe der 1980/90er Jahre hat sich (vor allem in Afrika und Osteuropa) ein neuer Typus organisierter Gewalt herausgebildet. (neue Qualität des “Bürgerkriegs”)

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12
Q

Charakteristika neue Kriege

A

Grenzen zwischen politisch motivierter Gewalt zwischen Staaten oder organisierter Gruppen (Kriege), privat organisierter Gewalt (organisierter Verbrechen) und massiven Menschenrechtsverletzungen verschwimmen

Einbindung in transnationale Netwerke (Al-Qaeda)

Proliferation nichtstaatlicher Gewaltakteure

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13
Q

Nicht staatliche Gewaltakteure

neue Kriege

A

→ Organisierte und bewaffnete Gruppen, die …

  1. bereit und in der Lage sind, ihre Ziele unter Einsatz von Gewalt zu verfolgen
  2. die nicht in formalen Strukturen integriert sind und über ein gewisses Maß an Handlungsautonomie hinsichtlich ihrer Entscheidungen und Aktivitäten, ihrem Einsatz von Gewalt oder ihrem Zugang zu Ressourcen oder Infrastruktur verfügen

Gewaltcharakter und nichtstaatlicher Charakter zentrale Definitionselemente

Terroristen, Rebellen, Milizen, Warlords, Kriminelle, Söldner

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14
Q

Annahmen und Befunde

Neue Kriege

A

Entstaatlichung und Privatisierung der Gewaltakteure

  • Staaten nicht mehr Monopol von Kriegsgewalt; schwache oder gescheiterte Staaten, häufig Staatszerfallskriege
  • Wachsende Beteiligung privater Gewaltsakteure; Kriegsherren, Rebellen, Milizen, private Militär- und Sicherheitsfirmen

Asymmetrische Gewaltstrategien

  • Kriegsführung mit unkonventionallen mItteln über die des Guerilla-Partisianen-Krieg hinaus (Einbezug terroritsischer Taktiken)
  • Gezielte Gewalt gegen die Zivilbevölkerung (Vertreibung, Vergewaltigung und Verstümmelung)

Diffusion der Gewalt

  • Unklare zeitliche und räumliche Begrenzung (keine Kriegserklärung, keine Frontverläufe)
  • Unterscheidung zwischen Kombattanten und Zivilbevölkerung löst sich auf
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15
Q

Neue Logik aufgrund von…

Neue Kriege

A

Identitäten - Mary Kaldor
→ Krieg als Ausdruck von politischen Machtansprüchen auf der Basis scheinbar traditioneller Identitäten (Nation, Stamm oder Religion)

Wirtschaftliche Gründe - Herfried Münkler
→ Krieg wird zum Mittel der ökonomischen Reproduktion und Reichtumsaneignung; ökonomisches Interesse an der Kriegsführung

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16
Q

Erklärungen der Theorien für Kriege und neue Formen der Gewalt
Neorealismus

A

Kriege ergeben sich aus der anarchischen Struktur des internationalen Systems!

  • Häufigkeit und Intensität von Kriegen unter Großmächten
  • Rüstungsdynamik als Folge des Sicherheitsdilemmas
  • Lösungen:
    • Unipolarität (hegemoniale Stabilität): Relativ friedlich, aber häufige und blutige Kriege in Zeiten des hegemonialen Übergangs
    • Bipolarität: Stabiles Mächtegleichgewicht (Abschreckungsgleichgewicht)
    • Multipolarität: Häufig wechselnde Allianzen: Häufige, aber weniger intensive Kriege
  • Wenig Aussage zu “kleinen Kriegen” und innerstaatlichen und ethnisch - nationalistischen Kriegen (Also Entstaatlichung von Gewalt)
17
Q

Erklärungen der Theorien für Kriege und neue Formen der Gewalt
Institutionalismus

A

Konflikte und Kriege erklären sich wesentlich aus der Abwesenheit bzw. Schwäche internationaler Institutionen

  • Internationale Sicherheitsregime müssen etabliert werden, um Rüstungsdynamik zu durchbrechen
  • Probleme und Kritik:
    • ist staatszentriert und betrachtete Staaten als einheitliche Akteure
    • Funktionierende Staatlichkeit als Voraussetzung für Sicherheitsregime als Lösungsvorschlag
    • Unterstützende Funktionen internationaler Institutionen in humanitären Krisen und bei der Überwindung innerstaatlicher Gewalt
18
Q

Erklärungen der Theorien für Kriege und neue Formen der Gewalt
-Liberalismus

A

Kriege resultieren aus innenpolitischen Kräftekonstellationen → politische und/oder sozioökonomische Strukturen der Staaten

  • Lösung:
    • Demokratisierung als wichtigster Beitrag zum Frieden (Probleme und Schattenseite von Demokratisierungsprozessen)
    • Stabilisierung “schwacher Staaten”: Friedliche Transformation ethno-nationalistischer Konflikte und Rückgewinnung des staatlichen Gewaltmonopols
    • Ergebnis/Kritik: Liberalismus kann die neue Qualität von Bürgerkriegen besser erklären als der Neorealismus und Institutionalismus
19
Q

Bürgerkriegshypothesen: Entwicklung seit 70er

A
  • Zivilisationskriege: Seit Ende OWK Auseinandersetzungen zwischen Zivilisationen
  • Ethische Zusammensetzung: Bürgerkriegsgefahr wächst mit Fraktionalisierung oder Polarisierung
  • Ressourcenüberfluss: Staaten mit leicht ausbeutbaren Bodenschätzen sind besonders anfällig für Bürgerkriege
  • Umverteilungstheorie der Globalisierung: Fördert Wandel zu außenwirtschaftlichen Integration eines Landes und senkt Konfliktwahrscheinlichkeit
  • Verfassungsingenieure: Bestimmte Regeln mindern Konfliktrisiko
20
Q

Giertheorie von Collier et al. (2003)

A

Bürgerkriege als kriminelle Akte (Vorteile im Zugang zu Ressourcen durch Waffengewalt)
→ Habgier (greed) ist wichtiger als Kriegsmotiv als die Sorge um gerechte Lebensverhältnisse (grievance)
- Anfangs: politische Ziele und kriminelle Aktivitäten nur zum finanzieren
- Doch dann: ziehen mehr kriminelle Typen und weniger Idealisten an
→ Beute nicht eigentliche Motivation für Konflikt, aber kritisch zur Weiterführung

21
Q

Leidenstheorie: Grievance-Ansatz von Gurr (1970)

A

Frustrationen ablassen → Bürgerkriege wahrscheinlicher bei ökonomischen und politischen Schieflagen (Deprivationsthese als Vorläufer)

→Einwände: Leidensdruck genügt nicht, Abwanderung als Möglichkeit, Problem des kollektiven Handelns, Minorities sind verzerrt ausgewählt

22
Q

Vergleich Greed vs. Grievance: Collier/ Hoeffler (2004)

A

Testung gegeneinander in 78 fünf-jährigen Zeiträumen von 60-90 mit Bürgerkriegsausbruch als AV

  • UV Gier: Anteil Primärexporte an BIP, Finanzflüsse aus Diaspora, Unterstützung feindlicher Regierungen, BIP, Schulbildung junger Männer
  • UV: Leid Faktoren: Ethnisch religiöse Fraktionalisierung, Polarisierung, Dominanz, Repression, Marginalisierung der Armeen, Konfliktgeschichte

Ergebnis: Gier Modell ist überlegen, aber einige Leid Faktoren auch bedeutend

  • Finanzielle Ressourcen → höheres Bürgerkriegsrisiko in Ländern mit Reichen natürlichen Ressourcen, hoher Armut
  • Geographie → höheres Risiko bei großer Bevölkerung, geringer Bevölkerungsdichte und vielen Bergen?
  • Konfliktgeschichte → Länder mit früheren Konflikten höheres Risiko, sinkt aber mit Zahl der Friedensjahre
  • Länder mit ethnischer Dominanz höheres Risiko
  • mit hoher Fraktionalisierung geringes Kriegsrisiko
  • Nicht signifikant - ökonomische Ungleichheit, politische Rechte und ethnische Polarisierung
23
Q

Ethnizität, Aufstände und Bürgerkriege: Fearon/Laitin (2003)

Neue Kriege

A

Ziel: Zunahme von Bürgerkriegen in 90ern erklären → Staatskapazität als wichtigste Ursache

Daten: 1945-1999 (ca. 100 Tote auf beiden Seiten als Definition) mit AV: Risiko des Bürgerkriegsausbruchs

Ergebnis: deskriptiv

  • Nicht Ende KK, nur 5 Länder direkt nachweisen
  • Akkumulieren sich seit 1945
  • Risiko hängt viel stärker mit BIP zusammen als mit Fraktionalisierung

Ergebnis: statistisch

  • Faktoren, die Risiko erhöhen: Pro-Kopf-Einkommen, Neu gegründete Staaten und Regimeinstabilität, Gebirgige Landschaft, Bevölkerungsgröße, Öl, Kriege in Nachbarschaft
  • Faktoren, ohne signifikanten Einfluss: Ethnische Fraktionalisierung und Dominanz, Demokratie, Staatliche Diskriminierung von Minderheiten, Ökonomische Ungleichheit, Primärgüterexporte

→ Bedingungen, die Aufstände erleichtern, deuten auf Staatsschwäche hin (Armut, große Bevölkerung, Instabilität, Gebirgslandschaft) → bessere Prädikatoren (als Leid)