Einführung und Überblick Flashcards

1
Q

Was sind Neurowissenschaften?

A

„Der Begriff »Neurowissenschaften« umfasst alle Forschungsdisziplinen, deren Ziel die Aufklärung der Struktur und Funktionsweise des Nervensystems ist (sowie deren Veränderungen, Schädigungen oder Störungen).“

Neurowissenschaft beschäftigt sich mit der Arbeitsweise des Nervensystems, wodurch sie hilft Strategien zu entwickeln, welche die Menschheit von der schrecklichen Krankheitslast von Krankheiten wie Alzheimer Demenz oder Schizophrenie befreien.

„Die Neurowissenschaft (E neuroscience) ist eine komplexe Wissenschaftsdisziplin, die alle Untersuchungen über die Struktur und Funktion von Nervensystemen zusammenfasst und integrativ interpretiert. Der Begriff “neuroscience” wurde von R.W. Gerard erstmalig in den späten fünfziger Jahren des 20. Jh. im heutigen Sinne angewandt. Traditionell getrennt arbeitende Disziplinen, wie Evolutionsbiologie, Entwicklungsbiologie, Neurochemie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Neurophysiologie, Neuroanatomie, Verhaltensforschung, Psychologie, Neuropharmakologie und Neuropathologie, werden in ihren auf das Nervensystem bezogenen Untersuchungen interdisziplinär mit dem Ziel zusammengefasst, neuronale Funktionen auf allen Komplexitätsebenen zu verstehen (Interdisziplinarität).“

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Q

Ursprünge der Neurowissenschaft

prähistorische Gehirnchirurgie

A
  • Bereits vor ca. 7000 Jahren bohrten Menschen Löcher in Schädel
  • Vermutlich mit dem Ziel der „Heilung“ von Kopfschmerzen und „Geisteskrankheiten“
  • Was genau erreicht werden sollte ist unklar
  • Einige Individuen haben mehrere Behandlungen überlebt
  • Ca. 5000 Jahre alte Aufzeichnungen aus Ägypten verweisen auf Symptome durch Schädigung des Gehirns
  • Dennoch wurde das Herz als Sitz der Seele und Erinnerungsspeicher angesehen
  • Der Körper wurde sorgfältig für das Leben nach dem Tod präpariert. Nur das Gehirn wurde durch die Nase ausgeschabt und weggeworfen!
  • Die Vorstellung, dass das Herz Ort des Bewusstseins und des Denkens ist wurde bis zur Zeit von Hippokrates nicht in Frage gestellt
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3
Q

Ursprünge der Neurowissenschaft

griechische Antike

A
  • Griechische Gelehrte im 4 JH v. Chr. nahmen einen Zusammenhang zwischen Struktur und Funktion an
  • Bsp. Hände und Füße sehen unterschiedlich aus und unterscheiden sich in ihrer Funktion
  • Bearbeiten von Objekten vs. Laufen
  • Am Kopf befinden sich zahlreiche Sinnesorgane (z.B. Augen, Ohren Nase)
  • Selbst bei grober Sektion lassen sich die Nerven von den Sinnesorganen bis ins Gehirn verfolgen
  • Das Gehirn scheint also das Organ der Sinneswahrnehmung und Verarbeitung zu sein
  • Hippokrates (ca. 460-370 v. Chr.) vermutete, dass das Gehirn auch Sitz des Verstandes ist
  • Aristoteles (ca. 384-322 v. Chr.) postulierte, dass es sich bei dem Gehirn um einen Ventilator handelt der das Blut abkühlen sollte
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4
Q

Ursprünge der Neurowissenschaft

im Römischen Reich

A

Galen (ca. 130-200 n.Chr.) war griechischer Schriftsteller und Arzt der römischen Gladiatoren
• beobachtete Rückenmarks- und Hirnverletzungen in den Kämpfen
• sezierte Tiere und schloss aus der Struktur der Hirnteile auf deren Funktion
• Das Großhirn ist recht weich -> Empfänger der Sinneswahrnehmung -> Einprägungen
• Das Kleinhirn ist recht fest -> Koordinator der Muskeln

  • Galen sah die Ventrikel und vermutete, das Bewegungen durch die Verschiebung von Flüssigkeiten ausgeübt werden
  • Die Nerven wurden als hole Schläuche angesehen
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5
Q

Ursprünge der Neurowissenschaft (Renaissance bis 19. Jahrhundert)

A
  • Galens Auffassung vom Gehirn war fast 1500 Jahre vorherrschend!
  • Andreas Vesalius (1514-1564) entdeckte weitere Einzelheiten des Gehirns
  • Die Rolle der Ventrikel wurde jedoch nicht in Frage gestellt
  • Flüssigkeit aus den Ventrikeln pumpt die Muskeln auf und führt so zur Bewegung
  • René Decartes (1596-1650) war ein großer Befürworter der „strömungsmechanischen Bewegungslehre“
  • Bezweifelte aber das sich dadurch das menschliche Verhalten erklären lässt
  • Der Mensch besitzt den „Geist“ eine spirituelle Entität die Sinneswahrnehmungen empfängt und Bewegungen veranlasst, indem sie über die Epiphyse mit der Gehirnmaschinerie kommuniziert
  • Erst im 17. und 18. JH brachen Wissenschaftler mit dieser Tradition und beschäftigten sich mit der Substanz des Gehirns
  • Sie entdeckten z.B. die Graue und die Weiße Substanz
  • Ende des 18. JH war das Nervensystem weitgehend erfasst und beschrieben
  • Eine wichtige Erkenntnis war, dass bei jedem Individuum in etwa das gleiche Muster von Windungen und Furchen auf der Hirnoberfläche vorkommt
  • Dies trifft maßgeblich auf die primär motorischen und sensorischen Bereiche zu
  • Dies bildete die Grundlage zur Annahme das verschiedenen Windungen verschiedene Funktionen zugeordnet werden können
  • Beginn der Ära der Lokalisation von Hirnfunktionen
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6
Q

Vorstellung vom Gehirn im 19. JH

A
  • Eine Verletzung des Gehirns kann die Sinneswahrnehmung, das Bewegungsvermögen und das Denken beeinträchtigen und zum Tod führen
  • Das Gehirn kommuniziert mit dem Körper über Nerven
  • Das Gehirn besitzt verschiedene identifizierbare Teile, die wahrscheinlich unterschiedlichen Funktionen dienen
  • Die Funktion des Gehirns unterliegt den Naturgesetzen

• Nerven wurden nicht mehr als hydraulische Leitungen, sondern als „Kabel“ angesehen
– Nerven ließen sich elektrisch reizen
• Es wurde beobachtet, dass sowohl Bewegung als auch Wahrnehmung verloren gehen, wenn Nerven durchtrennt werden
• Entsprechend wurde eine Signalübertragung vom ZNS in die Peripherie und von der Peripherie in das ZNS angenommen
• In jeder einzelnen Faser erfolgt die Signalübertragung jedoch immer nur in einer Richtung!
• Kurz vor Anbindung an das Rückenmark teilen sich die Nerven in zwei Stränge (Wurzeln) auf
• Den ventralen und den dorsalen Strang

  • Zu Lähmungen kommt es nur bei Schädigung der ventralen Wurzel (Charles Bell). Hier treten efferente Fasern aus dem Rückenmark aus
  • Die dorsalen Wurzeln tragen die Information der Sinneswahrnehmung zum Rückenmark (Francois Magendie)
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7
Q

Lokalisierung spezifischer Hirnfunktionen

A
  • Zunächst über die „experimentelle Ablation“, die gezielte Ablösung/Entfernung von Hirnteilen
  • So führt die z.B. Abtrennung des Kleinhirns zu Bewegungsstörungen (Marie Jean Pierre Flourens)
  • Paul Broca (1824-1880) schloss aus Läsionen des Gehirns auf spezifische Funktionen
  • Bsp. Verlust der Sprachfähigkeit nach Läsion im Frontalhirn
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8
Q

Franz Joseph Gall: Phrenologie

A
  • Die „Beulen“ des Schädels entsprechen den Hirnwindungen
  • Entsprechend müssten spezifische Persönlichkeitsmerkmale an der Kopfform erkennbar und zuordenbar sein
  • Gegner u.a. Flourens:
  • Die Schädelform entspricht nicht der Form des Gehirns
  • Durch die experimentelle Ablation zeigte er zudem das einige Funktionen nicht auf die Bereiche des Großhirn beschränkt sind, die durch die Phrenologie festgelegt werden
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9
Q

Korbinian Brodmann (1868-1918)

A
  • Post Morten Untersuchung des menschlichen Gehirns
  • Fixierung des Gehirns und Zerlegung in feine Schichten
  • Unterteilung des Gehirns anhand seiner zyto- architektonischen Struktur
  • 52 Areale konnten identifiziert werden
  • Gilt heute als veraltet, wird aber z.T. noch rege verwendet
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10
Q

Geschichte der Neurowissenschaften

A
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11
Q

Neurowissenschaften heute

A

Heute beschäftigen sich unzählige Teildisziplinen mit neurowissenschaftlichen Fragestellungen
• z.B. Psychologie, Neuroanatomie, Molekulare Psychiatrie, Bioinformatik, Neuroökonomie, Neuroethik, …
• Die Entwicklung von Forschungsmethoden und Apparaten als auch deren Verfügbarkeit (z.B. fMRT Scanner) hat stark zugenommen
• Die Anzahl publizierter Forschungsarbeiten im Bereich der Neurowissenschaften steigt rasant an

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12
Q

Ebenen der Analyse

A

Reduktionistischer Ansatz: zur Verringerung der Komplexität. Für die systematische experimentelle Forschung
• Molekulare Neurowissenschaft: Funktion von bestimmten Molekülen im
Nervensystem: Z.B.: Neurotransmitter (Noradrenalin), Neuropeptide (Corticotropin Releasing Hormone)
• Zelluläre Neurowissenschaft: Anzahl, Eigenschaften und Interaktionen von spezifischen Neuronen. Z.B.: Typ-I-Golgi-Zellen; von Economo Neurone
• Systemische Neurowissenschaft: Informationsverarbeitung in neuralen Systemen (Netzwerken); z.B. Visuelles Netzwerk, Salienz-Netzwerk, Default-Mode Netzwerk
• Verhaltensorientierte Neurowissenschaft: Auswirkung neuraler Systeme auf das Verhalten: z.B. Durst -> Trinken, Geschlechtsspezifische Verhaltensweisen
• Kognitive-Affektive Neurowissenschaft: Neurale Grundlagen höherer Ebenen geistiger Leistungen: z.B. Volitionale Kontrolle, Emotionsregulation, Bewusstsein

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13
Q

Neurowissenschaft heute

A

• Finanziert durch 16 Einheiten der National Institutes of Health mit 38,5 Millionen USD für 5 Jahre (2010-2015)

Ziele:
• Abbilden einer Netzwerkkarte „Connetome“ die zum Verständnis der anatomischen und funktionellen Architektur des menschlichen Gehirns beiträgt
• Schaffung einer Datenbasis die die Erforschung von neurologischen und mentalen Störungen fördert
• Einheitliches Untersuchungsprotokoll (aufgabenbasiert, Resting-State, Strukturelle MRT-Aufnahmen)
• von 1200 gesunden Erwachsenen, 300 Zwillingsparen und deren Geschwistern

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14
Q

Die Kartierung (Mapping) des Kortex

A
  • Ein neuer multimodaler Hirnatlas (Glasser et al, 2016) entstanden aus den Daten des Human Connectome Project
  • Basierend auf funktionellen Aktivierungs- und Konnektivitätsdaten als auch auf strukturellen Daten
  • 360 verschiedene kortikale Areale
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