ADHS Flashcards
Erstellung der Diagnose
• Die Diagnose wird nach Beobachtung und Selbstauskunft über das Verhalten gestellt (klinische Interviews und Ratingskalen)
Eine typische Diagnosestellung könnte so aussehen:
• Eltern stellen ihr Kind mit dem Verdacht auf ADHS einem Kinderarzt vor
• Der Kinderarzt hört sich die Bedenken an, notiert ob das Kind Probleme in der Schule, zu Hause oder in sozialen Beziehungen hat
• Der Arzt/Therapeut erstellt eine komplette Entwicklungsgeschichte und begutachtet das aktuelle Verhalten, interviewt das Kind und notiert sorgfältig Hinweise auf persistente Muster von Desorganisation, Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und/oder Impulsivität.
• Zusätzliche werden Fremdbeurteilungs-Fragebögen verwendet die an die Familie und Lehrer ausgegeben werden.
• Alle Informationen werden daraufhin überprüft ob 6 oder mehr Kriterien entweder der Unaufmerksamkeit oder Hyperaktivität/Impulsivität vorliegen.
• Die Diagnosekriterien nach DSM 5 sind die folgenden
Diagnostische Kriterien nach DSM 5
a. Durchgehendes Muster von Unaufmerksamkeit und/oder Hyperaktivität- Impulsivität, welches das Funktionsniveau oder die Entwicklung beeinträchtigt
Unaufmerksamkeit:
• Mindestens 6 der folgenden Symptome sind über mindestens 6 Monate beständig in einem mit dem Entwicklungsstand nicht zu vereinbarenden Ausmaß aufgetreten und wirken sich direkt negativ auf soziale und schulische/berufliche Aktivitäten aus:
• Beachtet Einzelheiten nicht, Probleme Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten, hört nicht zu wenn angesprochen wird, führt Anweisungen nicht vollständig durch, Schwierigkeiten sich zu organisieren, häufiges Vermeidungsverhalten, verliert häufig Gegenstände, leicht ablenkbar durch äußere Reize, häufig vergesslich in Alltagstätigkeiten
• Beachte: Die Symptome sind nicht ausschließlich ein Ausdruck von oppositionellem Verhalten, Trotz, Feindseligkeit oder der Unfähigkeit Aufgaben oder Anweisungen zu verstehen
• Für ältere Jugendliche und Erwachsene (17 Jahre und älter) sind mindestens 5 Symptome erforderlich.
Hyperaktivität/Impulsivität:
• Mindestens 6 der folgenden Symptome sind über mindestens 6 Monate beständig in einem mit dem Entwicklungsstand nicht zu vereinbarenden Ausmaß aufgetreten und wirken sich direkt negativ auf soziale und schulische/berufliche Aktivitäten aus
• Zappelt rum, steht oft auf wenn Sitzenbleiben erwartet wird, läuft oder klettert exzessiv in Situationen in denen dies unpassend ist, hat Schwierigkeiten ruhig zu spielen, wirkt oft „wie auf dem Sprung“ oder „wie getrieben“, redet häufig übermäßig viel, platzt mit Antworten heraus bevor die Frage zu Ende gestellt wurde, kann schwer warten bis er/sie an der Reihe ist, Unterbricht und stört andere häufig
• Beachte: Die Symptome sind nicht ausschließlich ein Ausdruck von oppositionellem Verhalten, Trotz, Feindseligkeit oder der Unfähigkeit Aufgaben oder Anweisungen zu verstehen
• Für ältere Jugendliche und Erwachsene (17 Jahre und älter) sind mindestens 5 Symptome erforderlich.
b. MehrereSymptomederUnaufmerksamkeitund/oderHyperaktivität- Impulsivität treten bereits vor dem 12. Lebensjahr auf
c. Mehrere Symptome der Unaufmerksamkeit und/oder Hyperaktivität- Impulsivität in mindestens zwei verschiedenen Lebensbereichen (z.B. zu Hause, in der Schule/auf der Arbeit, mit Freunden, …)
d. Es sind deutliche Hinweise darauf vorhanden, dass sich die Symptome störend auf die Qualität des sozialen, schulischen oder beruflichen Funktionsniveaus auswirken oder dieses reduzieren
e. DieSymptometretennichtausschließlichimVerlaufeinerSchizophrenie oder anderen psychotischen Störung auf und können auch nicht durch eine andere psychische Störung besser erklärt werden
Bestimme ob: Gemischtes Erscheinungsbild, Vorwiegend Unaufmerksames Erscheinungsbild oder Vorwiegend Hyperaktiv-Impulsives Erscheinungsbild; Teilremittiert; Schweregrad: leicht, mittel schwer
Erstellung der Diagnose 2
Die Diagnose basiert also hauptsächlich auf subjektiven Erfahrungen und Beobachtungen
Dieses Vorgehen hat entscheidende Einschränkungen
• Die Schwierigkeit diese erhobenen Verhaltensweisen mit den unterliegenden neurobiologischen Prozessen zu korrelieren.
• Es wurde versucht über z.B: die Connor ́s Continous Performance Task (CPT) eine quantitative Methode für die Diagnosestellung zu entwickeln
• solche Tests haben aber nur geringe bis mittlere Vorhersagekraft.
• eine zu geringe Spezifität um die Heterogenität der kognitiven Phänotypen
zu erfassen die in einer ADHS-Diagnose zusammengefasst werden.
• Entsprechend werden Neuropsychologische Testbatterien nicht routinemäßig in der Diagnostik der ADHS eingesetzt.
Entwicklung
• ADHS ist eine komplexe Störung die ca. 10% der Kinder weltweit betrifft.
• Die Symptomatik manifestiert sich früh, ist aber vor dem 4. Lebensjahr nur schwer von dem individuell stark variierenden altersgemäßen Verhalten besonders aktiver Kinder zu unterscheiden.
• Bei 20% Persistenz bis ins Erwachsenenalter.
• Die motorische Hyperaktiviät nimmt im Lauf der
Entwicklung ab.
• Aufmerksamkeitsstörung und Impulsivität noch dominant im Erwachsenenalter.
• Probleme z.B. in der Schule/Beruf, im sozialen und familiären Umfeld, im Straßenverkehr, Isolation, Substanzkonsum.
• Hohe Komorbidität 50-80%.
Subtypen der ADHS?
Klassifizierbare Subtypen: Unaufmerksam, Hyperaktiv-Impulsiv, gemischter Typ.
Die klassifizierbaren Subtypen der ADHS zeigten eine limitierte Fähigkeit den Therapieerfolg mit aktuell verfügbaren Interventionen vorherzusagen.
Das spricht erneut für die Unzulänglichkeiten der aktuellen diagnostischen Kriterien.
Die Annahme das ADHS eine Konstellation von verbundenen aber abgrenzbaren funktionellen Defiziten darstellt, wird zunehmend akzeptiert.
Eine feinere Untergliederung der Diagnostik beruhend auf den bekannten kognitiven Domänen und neurobiologischen Regulationssystemen würde zu einer höheren Genauigkeit und vor allem in einer gezielteren Therapie führen.
Kognitive Defizite bei ADHS? 1
Kognitive Defizite bei ADHS? 2
Pharmakotherapie
Übersicht über Medikamenteneffekte auf unterschiedliche kognitive Domänen die mit der ADHS in Zusammenhang stehen.
Die Abbildung verdeutlicht, wie unterschiedliche die Medikation auf die verschiedenen Domänen und über verschiedene Spezies hinweg wirkt.
Pharmakotherapie
Übersicht über Medikamenteneffekte auf unterschiedliche kognitive Domänen die mit der ADHS in Zusammenhang stehen.
Die Abbildung verdeutlicht, wie unterschiedliche die Medikation auf die verschiedenen Domänen und über verschiedene Spezies hinweg wirkt.
ADHS und Aufmerksamkeitsnetzwerke
- ADHS ist mit Defiziten in zahlreichen kognitiven Domänen assoziiert
- Kognitive Testbatterien die die Performanz der Probanden in diesen unterschiedlichen Domänen erfassen zeigen ein sehr heterogenes Bild der Störung
- ADHS-Medikation die die Performanz in einer Domäne verbessert, muss dies nicht zwangsläufig in anderen Domänen tun
Taxonomie der selektiven Aufmerksamkeit
Varianten der selektiven Aufmerksamkeit in der visuellen Domäne.
Die Reaktionswahl kann endogen oder exogen vermittelt sein.
Endogen: Ziele, Regeln oder motivationale Prozesse bestimmen, welcher von vielen Stimuli selektiv prozessiert wird.
Exogen: saliente externale Stimuli bestimmen die Reaktionswahl.
Varianten der selektiven Aufmerksamkeit in der visuellen Domäne.
Die Auswahl kann aufgrund verschiedener Eigenschaften erfolgen.
Ort: wo befindet sich der Stimulus
Eigenschaften: z.B. Farbe oder Form
Welche Hirnregionen würden Sie mit der Funktion der selektiven Aufmerksamkeit in Zusammenhang bringen?
Taxonomie der selektiven Aufmerksamkeit
Varianten der selektiven Aufmerksamkeit in der visuellen Domäne.
Die Reaktionswahl kann endogen oder exogen vermittelt sein.
Endogen: Ziele, Regeln oder motivationale Prozesse bestimmen, welcher von vielen Stimuli selektiv prozessiert wird.
Exogen: saliente externale Stimuli bestimmen die Reaktionswahl.
Varianten der selektiven Aufmerksamkeit in der visuellen Domäne.
Die Auswahl kann aufgrund verschiedener Eigenschaften erfolgen.
Ort: wo befindet sich der Stimulus
Eigenschaften: z.B. Farbe oder Form
Welche Hirnregionen würden Sie mit der Funktion der selektiven Aufmerksamkeit in Zusammenhang bringen?
ADHS und Aufmerksamkeitsnetzwerke
Hirnnetzwerke der selektiven Aufmerksamkeit (Evidenz aus Tierstudien übertragen auf ein menschliches Gehirn)
Endogene räumliche Aufmerksamkeit: Frontale Augenfelder, präfrontale Regionen, lateral Intraparietale Regionen und der Colliculus superior.
Diese Strukturen bedingen die Selektion des ausgewählten Stimulus im visuellen Kortex.
Über die exogene Aufmerksamkeitssteuerung ist wenig bekannt. Die beteiligten Regionen sind z.T. identisch und generieren eine Salienzkarte (ventrales Aufmerksamkeitsnetzwerk).
Andere Studien (in Menschen) verweisen auf separate Netzwerke (dorsale und ventrale Aufmerksamkeitsnetzwerke).
Hirnnetzwerke der selektiven Aufmerksamkeit
IFJ: inferiorer frontaler Übergangsbereich
IT: inferiorer temporaler Kortex
LIP: lateraler (human: mittlerer) intraparietaler Kortex
TPJ: temporoparietale Übergangsregion
ADHS und Aufmerksamkeitsnetzwerke Diagramm
Das Diagramm zeigt den neuro- modulatorischen Einfluss auf Hirnregionen die in eine oder mehrere funktionelle Domänen eingebunden sind als auch einige der wichtigsten Verbindungen zwischen diesen Arealen.
ACC: anteriorer zingulärer Kortex
FEF: Frontales Augenfeld
SEF: supplementäres Augenfeld
ADHS und Aufmerksamkeitsnetzwerke Fazit
- Diese Review fokussiert auf Phänotypen höherer Kognitiver Funktionen in der ADHS
- Die aktuellen DSM 5 Kriterien differenzieren nicht zwischen den kognitiven-Domänen- Phänotypen und es ist nicht ihr Anspruch als diagnostisches Instrument.
- Es resultiert aber in einer Verschmelzung der zugrundeliegenden Mechanismen
- Als Beispiel: Kriterium 1.a.
- „Beachtet häufig Einzelheiten nicht oder macht Flüchtigkeitsfehler bei den Schularbeiten, bei der Arbeit anderen Tätigkeiten“
- Dies kann auf Defizite im Arbeitsgedächtnis, der selektiven Aufmerksamkeit oder der Daueraufmerksamkeit hinweisen.
• Konsequenzen sind z.B. Medikation ohne eine biologische Basis (Nachweis, dass die Leistung einer bestimmten Domäne verbessert wird).
• Lange Dauer der Symptome bevor eine adäquate Therapie gefunden wird.
• Aktuelle Medikation: Breite und unspezifische Wirkung durch Noradrenalin und Dopamin- wiederaufnahmehemmer (Reduziert effektiv die Symptome in einer großen Gruppe von Kindern mit ADHS)
• Eine individuelle Therapie könnte aber die Nebenwirkungen und potenzielle unbekannte Effekte permanent erhöhter Katecholamine effektiv reduzieren.
• Es gibt zur Zeit noch viele Herausforderungen in der Quantifizierung und Spezifizierung der verschiedenen Symptome und Formen der ADHS.
• Die Verwendung gründlicherer kognitiver Testbatterien wird helfen diese Charakterisierung
und letztlich auch die Therapie zu verbessern.
Pharmakotherapie Ritalin
Hauptsächlich mit Psychostimulanzien, insb. Methylphenidad in retardierter Form
• Amphetamin-ähnlich, sympathomimetische Wirkung, hemmt die Wiederaufnahme von Dopamin und Noradrenalin in die Präsynapse und führt zur Freisetzung von Dopamin
• Die Konzentration der Neurotransmitter an den entsprechenden Rezeptoren der Postsynapse wird erhöht
Ist die Wirkung mit illegalen Drogen wie z.B. „Speed“ vergleichbar?
• Nein, die Dosis, Wirkungsdauer und Anflutung sind deutlich geringer
• Dadurch ungeeignet einen „Kick“ auszulösen
Pharmakotherapie SNRI
- Auch der selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) Atomoxetin zeigte einen therapeutischen Effekt und ist zur Behandlung von ADHS zugelassen
- D.h. also die Substanzen erhöhen die Verfügbarkeit von DA und/oder NA im synaptischen Spalt
- DA und NA binden länger und an mehr Rezeptoren als vor der Medikation
- Die Medikation muss fein einjustiert werden, zu wenig verbessert nicht die Symptome, zu viel führt zu anderen Symptomen
- Aber was bedeutet das für die Hirnfunktion auf einem systemischen Level?
- Also wie verändert sich die Funktion verschiedener Hirnbereiche und deren Kommunikation untereinander?
Pharmakotherapie SNRI
- Auch der selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) Atomoxetin zeigte einen therapeutischen Effekt und ist zur Behandlung von ADHS zugelassen
- D.h. also die Substanzen erhöhen die Verfügbarkeit von DA und/oder NA im synaptischen Spalt
- DA und NA binden länger und an mehr Rezeptoren als vor der Medikation
- Die Medikation muss fein einjustiert werden, zu wenig verbessert nicht die Symptome, zu viel führt zu anderen Symptomen
- Aber was bedeutet das für die Hirnfunktion auf einem systemischen Level?
- Also wie verändert sich die Funktion verschiedener Hirnbereiche und deren Kommunikation untereinander?
Dopaminerges Belohnungssystem
Bei Patienten mit ADHS konnten Veränderungen im dopaminergen System festgestelt werden.
Deshalb hier ein kurzer Rückblick (VL_Substanzkonsumstörungen) auf die Funktion des dopaminergen Belohnungssystems.
Die Erwartung einer Belohnung geht in gesunden Probanden oder Versuchstieren (wie hier im Beispiel) mit einem kurzen phasischen Anstieg (Burst) einher.
In ADHS Patienten könnte genau dieses Antizipationssignal gestört sein.
Das zumindest beschreibt die Dopamin- Transfer-Defizit-Hypothese.
Dopaminerges Belohnungssystem
Bei Patienten mit ADHS konnten Veränderungen im dopaminergen System festgestelt werden.
Deshalb hier ein kurzer Rückblick (VL_Substanzkonsumstörungen) auf die Funktion des dopaminergen Belohnungssystems.
Die Erwartung einer Belohnung geht in gesunden Probanden oder Versuchstieren (wie hier im Beispiel) mit einem kurzen phasischen Anstieg (Burst) einher.
In ADHS Patienten könnte genau dieses Antizipationssignal gestört sein.
Das zumindest beschreibt die Dopamin- Transfer-Defizit-Hypothese.
Dopamin-Transfer-Defizit (DTD) Hypothese
Auf Verhaltensebene wird bei ADHS oft beobachtet, dass:
• zukünftige Belohnungen im Vergleich zu unmittelbaren Belohnungen abgewertet werden (Delay discounting)
• eine erhöhte Belohnungssensitivität besteht
Die DTD-Hypothese nimmt daher an das:
• Neurone des dopaminergen Belohnungssystems keine zeitliche Verlagerung Ihrer phasischen Aktivität (bursts) zeigen, wenn es einen Belohnungsankündigenden Hinweisreiz gibt
• Zur Überprüfung der Theorie bleibt nur ein Blick ins Gehirn
Dopamin-Transfer-Defizit (DTD) Hypothese
Auf Verhaltensebene wird bei ADHS oft beobachtet, dass:
• zukünftige Belohnungen im Vergleich zu unmittelbaren Belohnungen abgewertet werden (Delay discounting)
• eine erhöhte Belohnungssensitivität besteht
Die DTD-Hypothese nimmt daher an das:
• Neurone des dopaminergen Belohnungssystems keine zeitliche Verlagerung Ihrer phasischen Aktivität (bursts) zeigen, wenn es einen Belohnungsankündigenden Hinweisreiz gibt
• Zur Überprüfung der Theorie bleibt nur ein Blick ins Gehirn