Allgemeine Psychologie Sem1.11 - Wahrnehmung 4 (Geteilte Aufmerksamkeit (Multitasking)) Flashcards
1
Q
- Was ist eine Funktion von Aufmerksamkeit?
- In welchem Rahmen erfolgt selektion?
- Woran lässt sich Multitasking messsen?
A
Aufmerksamkeit 4 - Geteilte Aufmerksamkeit (Multitasking)
-
Aufmerksamkeit und Handlung
- Eine Funktion von Aufmerksamkeit ist Selektion
- Selektion erfolgt im Rahmen von Handlungen und Zielen.
- In komplexen Situationen ist es notwendig, mehrere Handlungen zeitgleich auszuführen → daran lässt sich die Multitasking-Fähigkeit messen
2
Q
Geteilte Aufmerksamkeit - Leistungsveränderung
A
- Zur Untersuchung der Multitasking-Fähigkeit werden Leistungsveränderungen unter verschiedenen Bedingungen beobachtet → Wann Leistungseinbußen?
-
Performance-Ressource-Function (PRF): Leistung als Funktion der eingesetzten Ressourcen
- Datenlimitation: Bereich der PRF, in dem sich die Leistung durch eine Erhöhung der Ressourcen nicht mehr verändert
- Ressourcenlimitation: Bereich der PRF, in dem sich die Leistung durch eine Erhöhung bzw. Verminderung der eingesetzten Ressourcen verändert
-
Performance-Operating-Characteristic (POC): Leistung in einer Aufgabe als Funktion der Leistung in einer anderen gleichzeitig ausgeführten Aufgabe
- Datenlimitation: Leistungsveränderung in Aufgabe A ist nicht abhängig von Leistung in Aufgabe B
- Ressourcenlimitation: Steigerung der Leistung in Aufgabe A bedeutet Verringerung der Leistung in Aufgabe B (Ausgleichsbeziehung)
3
Q
Geteilte Aufmerksamkeit - Dual-Task Paradigma
A
- Frage: Wie gut und schnell kann man zwei oder mehr Handlungen gleichzeitig ausführen?
- Aufgabe: VP muss zwei (oder mehr) Aufgaben zeitgleich ausführen (Dual-Task), VP muss zwei (oder mehr) Aufgaben nacheinander ausführen (Single-Task)
- UV: Dual-Task vs. Single-Task
- AVs: Reaktionszeit & Fehlerraten
-
Beispiel Dual-Task-Paradigma:
- Aufgabe: VP soll so schnell wie möglich auf ein Bremslicht reagieren -> Bremsen
- UV: Single-Task vs. Dual-Task (Radio, Konversation, Telefonieren…)
- AV: Reaktionszeit
- Leistung meist schlechter bei Dual-Task als bei Single-Task
- Ausmaß der Leistungseinbuße fällt unterschiedlich aus & wird von drei Faktoren
beeinflusst:- Aufgabenschwierigkeit
- Ähnlichkeit der Aufgaben, z.B. Ähnlichkeit der Input-Modalität
- Übung
4
Q
Geteilte Aufmerksamkeit - Aufgabenschwierigkeit: Zentrale Kapazität (Kahneman, 1973)
A
- Aufmerksamkeit als begrenzte zentrale Kapazität
- Kann flexibel auf unterschiedl. Aufgaben verteilt werden → parallele Verarbeitung ist möglich
- Kapazitätslimitiert
- Umfang der zentralen Kapazität variiert je nach Anstrengung und Motivation
- Zwei gleichzeitig ausgeführte Aufgaben sollten sich umso stärker behindern, je ressourcenabhängiger (d.h. schwieriger) sie sind
-
Probleme der Zentralen Kapazitätstheorie:
- Problem der Zirkularität: Ressourcenanforderungen bestimmen sich nach Aufgabenschwierigkeit – Aber diese bestimmt man nach Interferenzeffekten
- Keine nähere Erklärung, was zentrale Kapazität ist
- Erklärt weder Übungseffekte noch Aufgabenähnlichkeit
5
Q
Geteilte Aufmerksamkeit - Aufgabenähnlichkeit: Theorie multipler Ressourcen (Wickens, 1984)
A
-
Leistung wird stärker durch Aufgabenähnlichkeit als durch -schwierigkeit bestimmt, da bei ähnlichen Aufgaben die gleichen Ressourcen beansprucht werden
- Annahme von multiplen unabhängigen Ressourcen bzw. modularen Verarbeitungssystemen
- Gleichzeitige Ausführung zweier Aufgaben führt zu Leistungseinbußen durch:
- Gleiche Stimulusmodalität: Visuell vs. auditiv
- Gleiche Verarbeitungsstadien: Wahrnehmung, Kognition, Reaktion
- Gleiche Gedächtniskodes: Räumlich vs. verbal
- Gleiche Responsemodalität: Verbal vs. manuell
- Je stärker sich zwei Aufgaben in diesen Dimensionen ähneln, desto stärker sind
Interferenzeffekte -
Beispiel Studie (Segal & Fusella, 1970):
- Aufgabe: VP muss Signal entdecken & gleichzeitig ein Ereignis mental vorstellen
- UVs: Signal (Stimulusmodalität & Gedächtniskode: visuell vs. auditiv) & Mentale Vorstellung (Stimulusmodalität & Gedächtniskode: visuell vs. auditiv)
- AV: Sensitivität auf das Signal
- Ergebnis: Geringere Sensitivität, wenn Signal & mentale Vorstellung ähnlich
-
Probleme der Theorie:
- Annahme reichen nicht aus, um kognitive Flexibilität zu erklären (andere kognitive Prozesse als Wahrnehmung, Gedächtnis & Reaktion nicht beachtet)
- Aufteilung von Ressourcen impliziert Kontroll- & Steuermechanismen, die nicht weiter thematisiert werden
- Keine Erklärung von Übungseffekten
6
Q
geteilte Aufmerksamkeit - Thread-Theorie (Salvucci & Taatgen, 2008)
A
-
Annahme:
- Gedankengänge (Ziele) werden als Verarbeitungsstränge (Threads) repräsentiert → z.B. zwei Aufgaben = zwei Threads
- Threads können gleichzeitig & parallel aktiv sein, solange sie auf unterschiedliche Ressourcen zugreifen (kapazitätslimitiert)
- Interferenzeffekte, wenn zwei Threads gleichzeitig auf dieselben Ressourcen zugreifen
-
Stärke:
- Vorhersagen über involvierte Hirnareale
-
Schwächen:
- Annahme, dass Leistung bei einer Dual-Task gleich gut ist wie bei einer
Single-Task & keine Annahmen über zusätzl. Kontroll- und Koordinationsprozesse
- Annahme, dass Leistung bei einer Dual-Task gleich gut ist wie bei einer
7
Q
Kognitiver Flaschenhals
A
- Zeitliche Aspekte haben neben Merkmalen der Aufgaben auch Einfluss auf Leistung bei einer Dual-Task
-
Beispiel: VP soll Reaktion auf auditiven & visuellen Stimulus geben (bestimmte Taste drücken)
- UV: Zeitlicher Abstand zw. auditivem & visuellem Stimulus (kurz/ lang)
- AV: Reaktionszeit
- Ergebnis: Bei verzögerter Darbietung vom 2. Stimulus beeinflusst die zeitliche Variation nicht die Leistung beim 1. sondern nur beim 2. Stimulus → Psychological Refractory Period (PRP)
-
Annahmen einer Abfolge serieller Verarbeitungsschritte bei kognitiven Aufgaben:
1. Wahrnehmung
2. Entscheidung
3. Reaktionsausführung - Die zentralen Verarbeitungsschritte können nicht parallel & auch nicht in anderer Reihenfolge durchgeführt werden (Alles-oder-Nichts-Prinzip)
- Sehr stabiler Effekt (selbst bei Versuch der Vermeidung) & im Einklang mit empirischen Befunden
8
Q
geteilte Aufmerksamkeit - Übungseffekte
A
- Die Kosten für Dual-Task verändern sich über die Zeit, es können erhebliche Übungseffekte beobachtet werden, die bisherige Theorien nur begrenzt erklären können
- Übungseffekte werden häufig mit dem Konzept der Automatisierung erklärt
9
Q
geteilte Aufmerksamkeit - Automatische vs. kontrollierte Verarbeitung
A
-
Kontrollierte Prozesse treten in folgenden Fällen auf:
- Neuartiger Kontext für Handlungen
- Besonders schwierige Handlung
- Fehler sollen vermieden werden
- Eine eigentlich automatische Handlung muss gegen eine andere automatischere Handlung durchgesetzt werden
- Mehrere Handlungen müssen koordiniert werden
- Kontrolle erfolgt durch exekutive Prozesse (= metakognitive Prozesse, die andere
kognitive Prozesse kontrollieren & koordinieren) -
Studie zur Automatisierung: Shiffrin & Schneider (1977)
- Aufgabe: VP müssen Items des Memory Sets merken & entscheiden, ob Items im Display Set auch auftauchen
-
UVs: Anzahl der Items im Memory & Display Set, Positive vs. Negative Reaktion, Consistent vs. Varied mapping
- Consistent mapping: Memory & Display Set enthalten Items unterschiedl. Kategorien (z.B. Zahlen & Buchstaben)
- Varied mapping: Items beider Sets stammen aus einer Kategorie (z.B. Buchstaben ODER Zahlen)
- AVs: Reaktionszeit, Fehle
-
Ergebnis:
- Beim Consistent Mapping Unabhängigkeit von Set-Größen, beim Varied Mapping steigen Reaktionszeiten mit Set-Größe
- Bei häufiger Wiederholung des Versuchs ausschließlich mit Varied Mapping entstanden Übungseffekte → Prozess automatisiert sich
- Wurde dann aus einer andere Gruppe von Buchstaben das Displey set neu gebildet → Schlechtere Leistung als zu Beginn.
- Es brauchte ca. 1000 weitere Durchgänge, um auf das Ausgangsniveau zurückzukehren (Inflexibilität automatischer Prozesse)
- Schlussfolgerung: Entscheidendes Kriterium für Automatisierung ist Konsistenz
-
Probleme der Theorie:
- Lack of co-occurence: Nicht alle Merkmale automatisierter Prozesse treten immer gemeinsam auf
- Sind automatische Prozesse wirklich automatisch? Keine Aufmerksamkeit, keine Kontrolle, keine Ressourcen?
-
Alternative: Decompositional Approach to Automaticity
- Keine scharfe Unterscheidung zw. automatischen & kontrollierten Prozessen möglich
- Merkmale automatischer Prozesse sind kontinuierlich statt „Alles-oder- nichts“
- Wenige Prozesse 100% automatisch/ kontrolliert
- Keine scharfe Unterscheidung zw. automatischen & kontrollierten Prozessen möglich