7. Hormonsystem & Endokrinologie Flashcards

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1
Q

Was heißt endokrin und was exokrin?

A

deswegen endokrin heißen, weil sie keinen speziellen Ausführungsgang besitzen, son- dern die Hormone unmittelbar in das sie durchströ- mende Blut abgeben. Drüsen mit Ausführungsgang, die ein Sekret bilden und absondern, also z. B. die Speichel-, Trä- nen- oder Pankreasdrüsen, werden als exokrine Drüsen bezeichnet.

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1
Q

Wo werden Hormone gebildet?

A

Hormone werden in spezialisierten Körperzellen gebildet, die Drüsenzellen genannt werden.
Diese liegen meist als Organe zusammen, nämlich den endokrinen Drüsen (z. B. Schilddrüse, Hypophyse)

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2
Q

Liegen Drüsen vereinzelt oder in Gruppen?

A

Drüsenzellen können aber auch vereinzelt oder in Gruppen in nicht hormonproduzierenden Organen liegen. Beispiele für vereinzelt liegende Drüsenzellen sind die enteroendokrinen Zellen des Magen-Darm-Kanals (Kap. 12) und für endokrine Zellgruppen die hormonproduzieren- den Zellen im Hoden und im Eierstock und die Langer- hans-Inseln in der Bauchspeicheldrüse

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3
Q

Granuläre und nichtgranuläre Speicherung in Drüsenzellen

A

In den Drüsenzellen werden die meisten Hormone in gra- nulärer Form, also wie die synaptischen Transmitter in Vesikeln gespeichert. In einem solchen Vesikel oder Granulum, das durch eine Membran vom Zytoplasma abgetrennt ist, sind viele tausend Hormon- moleküle eingelagert. Ihre Freisetzung erfolgt durch den Prozess der Exozytose (Abschn. 2.2.1), d. h. die Membran des Granulums verschmilzt mit der äußeren Zellmembran und entleert ihren Inhalt in den Extrazellulärraum.
Ausnahmen bilden die Steroidhormone, z. B. die Kor- tikosteroide, die im Zytoplasma und nicht in Vesikeln ge- speichert werden und die Schilddrüsenhormone, die außer- halb der Drüsenzellen in einer gelatinösen Substanz, dem Kolloid, gespeichert werden.

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4
Q

Hormone werden in … Drüsenzellen ge- bildet und dort in … (Synonym: Granula) ge- speichert. Aus diesen werden sie … frei- gesetzt. Ausnahmen sind die Steroid- und die Schild- drüsenhormone, die im … bzw. im Kolloid gespeichert werden.

A

Hormone werden in endokrinen Drüsenzellen ge- bildet und dort in Vesikel (Synonym: Granula) ge- speichert. Aus diesen werden sie exozytotisch frei- gesetzt. Ausnahmen sind die Steroid- und die Schild- drüsenhormone, die im Zytoplasma bzw. im Kolloid gespeichert werden.

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5
Q

Übliche Zielorte von Hormonen

A

Sobald Hormone aus ihren Speicherorten freigesetzt wer- den, diffundieren sie durch die Epithelwand der nächst- gelegenen Blutkapillaren in das Blut (. Abb. 7.1). Über den Blutstrom werden sie im gesamten Körper verteilt und können damit alle Körperzellen erreichen, denn sie können überall die Blutkapillaren auf dem Diffusionsweg wieder verlassen. Aber nur an ihren Zielorten lösen sie spezifische Wirkungen aus. Bildungsort und Wirkort der Hormone sind also in der Regel weit voneinander entfernt.
Die Hormone tragen also Botschaften von den endo- krinen Drüsen über den Blutstrom zu den Zellen ihrer Er- folgsorgane, die nur von diesen Zellen verstanden und befolgt werden können. So führt, um ein Beispiel zu nen- nen, die Erhöhung der Kalium-Ionenkonzentration im Blut (wir nehmen in der täglichen Nahrung Kalium im Über- fluss auf ) zu einer Freisetzung des Hormons Aldosteron aus der Nebennierenrinde. Aldosteron veranlasst die Tubulus- zellen der Nieren über den in Abschn. 12.3.3 geschilderten Mechanismus zu einer erhöhten Kaliumausscheidung im Urin.

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6
Q

Parakrine und autokrine Ziele

A

Ein Hormon wird also normalerweise über den Blutstrom zu seinen Zielzellen transportiert wie dies in . Abb. 7.1 und links in . Abb. 7.2 illustriert ist. Es kommt aber auch vor, dass die Hormonbotschaft von Zellen »gelesen« werden kann, die in unmittelbarer Nachbarschaft zu den hormon- produzierenden Zellen liegen. Das Hormon diffundiertdann, wie rechts in . Abb. 7.2 zu sehen, direkt im Extra- zellulärraum zu den Zielzellen. Diese Wirkung von Hormo- nen an benachbarten Zellen heißt parakrine Wirkung. Wirkt das Hormon auf seine Erzeugerzelle zurück, so be- zeichnet man diese Wirkung, wie ebenfalls in . Abb. 7.2 zu sehen, als autokrin.

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7
Q

Neurohormonwirkung

A

Nervenzellen übertragen an den Synapsen ihre erregenden und hemmenden Wirkungen über die Freisetzung chemi- scher Substanzen (Neurotransmitter, Neuromodulatoren) auf die nächste Nerven-, Muskel- oder Drüsenzelle (Einzel- heiten in Kap. 4). Diese Wirkform gleicht der parakrinen Hormonwirkung, sie ist aber in der Regel direkter und wesentlich schneller (. Abb. 4.1 in Abschn. 4.1.1; . Abb. 7.1 und 7.2). Von Nervenzellen produzierte Peptide und Pro- teine werden z. T. aber auch in die Blutbahn aufgenommen wie dies . Abb. 7.3 zeigt. Diese Substanzen können daher »klassische« Hormonwirkungen haben. Möglicherweise ist es so, dass große Teile des Zentralnervensystems im klassischen Sinne als hormonproduzierend angesehen werden müssen.

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8
Q

Die Hormone werden nach Freisetzung über den Blutkreislauf zu ihren …. transportiert. Sie können aber auch … in ihre unmittelbare Umgebung und … auf ihre eigenen Drüsen- zellen wirken. Auch viele Neurone des ZNS produ- zieren ….

A

Die Hormone werden nach Freisetzung über den Blutkreislauf zu ihren Zielzellen transportiert. Sie können aber auch parakrin in ihre unmittelbare Umgebung und autokrin auf ihre eigenen Drüsen- zellen wirken. Auch viele Neurone des ZNS produ- zieren Hormone.

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9
Q

Hormonrezeptoren in der Zellmembran

A

Zum einen sitzen die Hormonrezeptoren in der Zell- membran. Dort können die Hormone die Zellen am besten erreichen (Hormon A in . Abb. 7.1). Hormone, die nicht fettlöslich sind, haben ohnehin keine andere Wirkmöglich- keit, da sie die Plasmazellmembran nicht durchdringen und in das Zellinnere gelangen können.
Sobald sich ein Hormon mit seinem Rezeptor in der Plasmamembran verbunden hat, kann seine Nachricht »gelesen« werden. In der Regel wird die Nachricht über bio- chemische Mechanismen in das Zellinnere weitergeleitet, und zwar über die Aktivierung eines zweiten Botenstoffes oder second messengers. Dieser Weg wurde bereits an einem häufigen second messenger, nämlich dem zykli- schen Adenosinmonophosphat, cAMP, in . Abb. 2.7 (Ab- schn. 2.2.2) illustriert und ausführlich besprochen (dort wird statt des Begriffs Hormon der noch allgemeinere Begriff externes Signal verwendet). Auf diesem Wege können, je nach Hormon und Zielzelle, die vielfältigsten Zellreaktionen ausgelöst werden.
Ein Teil der Membranrezeptoren, v. a. die katecholami- nergen, metabotropen Rezeptoren (Abschn. 4.3.3) für Noradrenalin (überwiegend als Transmitter freigesetzt) und Adrenalin (überwiegend als Hormon aus dem Neben- nierenmark freigesetzt), führen bei ihrer Aktivierung zum Öffnen von Ionenkanälen und dadurch bedingten Ionen- flüssen über die Membran.

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10
Q

Hormonrezeptoren im Zytoplasma

A

Hormonrezeptoren finden sich auch im Zytoplasma (Synonym: Zytosol, Abschn. 2.1.2) der Zellen (Hormon B in . Abb. 7.1 und Abb. 7.4). Diese im Zellinneren wirkenden Hormone müssen fettlöslich sein, um die Plasmazellmem- bran durchdringen zu können (7 unten). An die Zytoplas- marezeptoren binden sich hauptsächlich Hormone aus der chemischen Gruppe der Lipide (z. B. die Kortikoidhormone der Nebennierenrinde oder die Androgene der Sexual- drüsen).

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11
Q

Hormonrezeptoren im Zellkern

A

Schließlich finden sich Hormonrezeptoren in den Zell- kernen (Hormon C in . Abb. 7.1) Diese Zellkernrezepto- ren sind praktisch ausschließlich Rezeptoren der nieder- molekularen Schilddrüsenhormone, die die Plasmazell- membran leicht durchdringen können (Abschn. 7.3.4).
Die Wirkweise eines Hormons mit einem intra- zellulärem, also einem zytoplasmischen oder nukleären Rezeptor, besteht darin, dass in beiden Fällen im Zellkern eine Wirkung auf die Eiweißsynthese der Zelle ausgeübt wird. Mit anderen Worten, der intrazelluläre Hormon- rezeptorkomplex beeinflusst direkt die Expression gene- tischer Information, d. h. er übt selbst eine direkte Wirkung auf die DNA-Synthese aus. Der in Abschn. 2.1.3 ange- sprochene Vorgang der Eiweißsynthese kann also im Zell- kern über Hormonrezeptorkomplexe an- und abgeschaltet werden.

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12
Q

Fettunlösliche Hormone aus Aminosäuren

A

Obwohl alle Hormone der Informationsübertragung im Organismus dienen, also die gleiche Aufgabe erfüllen, ge-hören sie chemisch unterschiedlichen Substanzklassen an, die sich wie folgt gruppieren lassen:
Die aus mehreren bis zahlreichen Aminosäuren aufge- bauten Peptid- und Proteinhormone bilden die Mehrzahl aller Hormone. Sie sind wenig fettlöslich und können daher die Plasmazellmembran nicht passieren. Ihre Rezeptoren sit- zen auf der Oberfläche der Plasmazellmembran (. Abb. 7.1, Hormon A).
Wie bei anderen Eiweißkörpern auch, erfolgt die Bil- dung dieser Hormone im Golgi-Apparat (eine Zellorganelle, Abschn. 2.1.2) der endokrinen Drüsenzellen. Das Hormon wird jedoch bei den meisten nicht in der biologisch wirksa- men Form gebildet, sondern als höhermolekulares Vorläu- fermolekül. Aus dieser sog. Präproform des Hormons wird das eigentliche Hormon in einem nächsten Schritt enzyma- tisch abgetrennt. Anschließend wird es, wie oben gesagt, bis zu seiner Ausschüttung in Granula gespeichert.

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13
Q

Die meisten Hormone sind aus Ketten von … aufgebaut, sie sind also … (kurze Ketten von Aminosäuren) oder … (lange Ketten). Sie sind .. fettlöslich. Ihre Rezeptoren sind in die Zellmembran eingebettet.

A

Die meisten Hormone sind aus Ketten von Amino- säuren aufgebaut, sie sind also Peptide (kurze Ketten von Aminosäuren) oder Proteine (lange Ketten). Sie sind nicht fettlöslich. Ihre Rezeptoren sind in die Zellmembran eingebettet.

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14
Q

Lipophile (fettlösliche) Hormone

A

Die zweite große Substanzklasse wird von den lipophilen Hormonen gebildet, die aufgrund ihrer Fettlöslichkeit durch die Plasmazellmembran diffundieren können. Hier- zu gehören die aus Cholesterin synthetisierten Steroid- hormone sowie Abkömmlinge der Arachidonsäure, einer ungesättigten Fettsäure.
Zu den Steroiden zählen unter anderem das Kortisol aus der Nebennierenrinde und das männliche Geschlechts- hormon Testosteron. Prostaglandine und Leukotriene, die als Entzündungsmediatoren wirken, sind hingegen Ab- kömmlinge der Arachidonsäure.

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15
Q

Hormone aus der Aminosäure Tyrosin

A

Aus der Aminosäure Tyrosin werden in mehreren Synthese- schritten, die in . Abb. 4.8 illustriert wurden, die Katecho- lamine gebildet, die als Transmitter und Hormone dienen (Abschn. 4.3.1 und 6.1.3).
Die Schilddrüsenhormone haben ebenfalls als Aus- gangspunkt ihrer Synthese das Tyrosin. Aus je 2 Molekülen Tyrosin und unter der Anlagerung von Jod entstehen sie auf einem komplexen Syntheseweg (wird in Abschn. 7.3.4 be- schrieben). Sie sind fettlöslich und dringen gut durch die Zellmembran in alle Körperzellen ein, um sich mit den im Zellkern lokalisierten Rezeptoren zu verbinden.

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16
Q

Abbau der Hormone

A

Der Abbau der Hormone erfolgt auf zwei Wegen. Erstens gibt es in den verschiedensten Körperorganen, besonders in der Leber und in den Nieren, eine Reihe von Enzymsyste- men, die die »vorbeischwimmenden« Hormone in unwirk- same Teile aufspalten. Dies gilt nicht nur für solche Mole- küle, die nie mit einem Rezeptor verbunden waren, sondern auch für solche, die sich aus dieser (immer reversiblen) Bindung wieder gelöst hatten. Zweitens wird ein Teil der Hormone nach seiner Rezeptorbindung in der Zelle ab- gebaut.

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17
Q

Die lipophilen Hormone werden entweder aus … oder aus der … gebildet. Tyrosin ist der Ausgangspunkt für die Katecholamine und die Schilddrüsenhormone. Alle Hormone werden durch … Spaltung abgebaut (in Leber, Niere oder am Wirkort).

A

Die lipophilen Hormone werden entweder aus Cholesterin oder aus der Arachidonsäure gebildet. Tyrosin ist der Ausgangspunkt für die Katecholamine und die Schilddrüsenhormone. Alle Hormone werden durch enzymatische Spaltung abgebaut (in Leber, Niere oder am Wirkort).

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18
Q

Grundbegriffe der Regelungslehre

A

Viele, wenn nicht die meisten Aktivitäten der endokrinen Systeme und des mit ihnen Hand in Hand arbeitenden autonomen Nervensystems sind eingebunden in Regula- tions- oder Regelungsvorgänge, die als biologische Balance- akte dazu dienen, die »Ordnung im Hause«, sprich die Homöostase, aufrecht zu erhalten. Solche biologischen Regelungsvorgänge lassen sich durch die Regelungslehre beschreiben.
Die regelungstechnischen Grundbegriffe lassen sich am Beispiel einer Raumtemperaturregelung erläutern, bei der die Raumtemperatur konstant gehalten werden soll. Sie ist also die Regelgröße (vergleiche die entsprechenden Begriffe mit der vereinfachten Darstellung eines hormo- nellen Regelkreis in . Abb. 7.5). Die gerätetechnische Ein- richtung, an der dies geschieht, ist das Zimmer mit seiner Heizung, die Regelstrecke. Ein Thermometer misst als Fühler die tatsächliche Raumtemperatur, den Istwert. Diese wird im Thermostat, dem Regler, mit der vorgewählten Temperatur, der Führungsgröße, verglichen, die den ge- wünschten Sollwert der Regelgröße Raumtemperatur dar- stellt.
Haben Istwert und Sollwert unterschiedliche Werte, liegt eine Regelabweichung vor. Daraus wird vom Regler die Stellgröße berechnet, die über das Stellglied, nämlich den Ofen mit seiner veränderlichen Brennstoffzufuhr, so lange korrigierend auf die Regelgröße Raumtemperatur einwirkt, bis Istwert und Sollwert übereinstimmen. Alle Einflüsse auf die Regelgröße, die Abweichungen vom Soll- wert verursachen, hier v. a. die verschiedenen Formen der Wärmeverluste, werden Störgrößen genannt.

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19
Q

Geschlossene Regelkreise dienen im menschlichen Organismus zur Aufrechterhaltung der … Dazu wird die Führungsgröße (…) mit der tat- sächlichen Messgröße (…) verglichen und jede Abweichung über ein Stellglied korrigiert.

A

Geschlossene Regelkreise dienen im menschlichen Organismus zur Aufrechterhaltung der Homöostase. Dazu wird die Führungsgröße (Sollwert) mit der tat- sächlichen Messgröße (Istwert) verglichen und jede Abweichung über ein Stellglied korrigiert.

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20
Q

Unterschied zwischen Regelung und Steuerung

A

Das wesentliche Merkmal der Regelung ist nach dem eben gesagten der geschlossene Regelkreis, der so aufgebaut (gepolt) ist, dass jede Störung der Regelgröße automatisch und möglichst vollständig korrigiert wird. Ein solcher, den Einfluss der Störgröße kompensierender Vorgang wird negative Rückkopplung genannt.
Lässt man die negative Rückkopplung wegfallen, z. B. indem man auf die Rückmeldung der Ist-Temperatur an die Heizungsanlage verzichtet, spricht man von Steue- rung. Durch Steuerung kann zwar eine im voraus be- kannte Störung kompensiert werden, beispielsweise ein erhöhter Heizungsbedarf bei Ankündigung eines Kälte- einbruchs, jedoch nicht wechselnde und unvorhersehbare Störungen. Die Regelung ist also der Steuerung in ihrer Anpassungsfähigkeit an wechselnde Störgrößen weit über- legen

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21
Q

Dimensionierung des Regelkreises, Verstellung durch Lernen

A

Den Eigenschaften der einzelnen Anteile des Regelkreises kommen für das Verhalten des Regelkreises als Ganzes große Bedeutung zu. Hier sei nur die Verstärkung des Reglers betrachtet, gewissermaßen die »Heftigkeit«, mit der der Regler auf eine Änderung der Regelgröße reagiert.
Ist die Verstärkung klein, so wird der Regelkreis nur langsam und bedächtig auf eine Störung antworten. Dies mag für manche Regelkreise, wie beispielsweise die Lang- zeitkontrolle des Blutdrucks, ausreichen.
Ist die Verstärkung groß, wird zwar die Regelung besser, aber sobald sie zu kräftig einsetzt, läuft sie leicht über den angepeilten Sollwert hinaus. Daraufhin setzt prompt der umgekehrte Regelvorgang ein, der wiederum über sein Ziel hinausschießt. Solche ungedämpften Regelschwingungen werden in der Motorik bei Ausfall hemmender Schaltkreise als Zittern (Tremor) sichtbar, beispielsweise als Ruhezittern bei der Parkinson-Erkrankung oder als Bewegungszittern bei Kleinhirnstörungen (Abschn. 13.7.1).
Darüber hinaus können beträchtliche Änderungen des Sollwerts durch Lernen erzielt werden: Beispielsweise kann ein Mensch im Experiment lernen, in einer physischen Belastungssituation (z. B. Ergometrie) seine Herztätigkeit zu verlangsamen, obwohl der Regelkreis eine Anhebung der Herzrate herstellen müsste. Regelkreise können also durch Lernprozesse (Kap. 25) erheblich aus dem homöosta- tischen Gleichgewicht oder wieder ins Gleichgewicht ge- bracht werden.

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22
Q

Regelung kompensiert die Störgröße automatisch (über negative …). Dieser Automa- tismus fehlt bei der …. Eine kleine Regler- verstärkung macht den Regelkreis träge, eine große neigt zum Schwingen um den Sollwert. Sollwerte können durch … verstellt werden.

A

Regelung kompensiert die Störgröße automatisch (über negative Rückkopplung). Dieser Automa- tismus fehlt bei der Steuerung. Eine kleine Regler- verstärkung macht den Regelkreis träge, eine große neigt zum Schwingen um den Sollwert. Sollwerte können durch Lernen verstellt werden.

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23
Q

Endokrine Drüsenzellen des Pankreas

A

In der Bauchspeicheldrüse (dem Pankreas) liegen Gruppen von einigen tausend endokrinen Drüsenzellen als Langer- hans-Inseln eingestreut in das Verdauungssaft produzieren- de exokrine Drüsengewebe (Abschn. 12.2.3). Etwa 60% dieser endokrinen Drüsenzellen (die B-Zellen) produzieren das Hormon Insulin, etwa 25% (die A-Zellen) produzieren das Hormon Glukagon, und die restlichen 15% (die D-Zel- len) produzieren das Hormon Somatostatin. Alle 3 Hormo- ne sind Polypeptide, also Ketten von Aminosäuren.

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24
Q

Freisetzung und Wirkungen des Insulins

A

Nehmen wir an, wir trinken ein großes Glas Limonade, das mit einigen Löffeln Traubenzucker (Glukose, Dextrose) gesüßt ist. Da Traubenzucker diejenige Zuckerform ist, die ohne weitere Verdauung durch die Darmwandzellen in das Blut diffundiert, wird kurz darauf die Glukosekonzentration des Blutes (der »Glukosespiegel«) ansteigen (. Abb. 7.6a). Dieser Anstieg würde sich fortsetzen, wäre nicht durch einen Regelprozess dafür gesorgt, dass der normale Glukosespie- gel von 80–100 mg pro 100 ml Blut (also 0,8–1 g/l) alsbald wieder erreicht wird.

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25
Q

Wozu führt das Ansteigen des Glukosespiegels in der Bauchspeicheldrüse?

A

In der Bauchspeicheldrüse führt nämlich Ansteigen des Glukosespiegels zur Freisetzung des Hormons Insulin aus den B-Zellen (zum zellulären Mechanismus 7 unten). Entsprechend steigt seine Konzentration im Blut an (. Abb. 7.6b). Das Insulin sorgt dafür, dass jedes Zuviel an Glukose aus dem Blut verschwindet, es erhöht nämlich in nahezu allen Körperzellen den Glukoseverbrauch und regt v. a. die Leberzellen dazu an, Glukose in einer chemisch anderen Form, nämlich als Glykogen, zu speichern. Außer- dem löst Insulin eine vermehrte Fettspeicherung in den Fettzellen aus, womit weitere Energie »aus dem Markt ge- nommen« wird.

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26
Q

Freisetzung und Wirkungen des Glukagons

A

Mit dem eben geschilderten Regelkreis allein lässt sich aber ein konstanter Blutzuckerspiegel nicht aufrechterhalten. Denn ohne eine weitere Regelung würde die Blutglukose zwischen den Mahlzeiten sehr rasch abnehmen. Dies würde die Energieversorgung aller Zellen, besonders der Gehirn- zellen gefährden, für die die Glukose die alleinige Energie- quelle bildet. So nimmt es nicht Wunder, dass bei Absinken des Blutzuckers unter 50 mg pro 100 ml Blut, Hypoglykä- mie genannt, deutliche Zeichen nervöser Störung auftreten, v. a. Schweißausbrüche, Herzjagen, Zittern, Heißhunger und eine allgemeine innere Unruhe und Erregung.
Um eine Hypoglykämie zu verhindern, führt normaler- weise jedes Absinken des Blutglukosespiegels nicht nur zu einer Hemmung der Insulinfreisetzung, sondern gleichzei- tig zur vermehrten Freisetzung von Glukagon (. Abb. 7.6c). Dieses Hormon der A-Zellen der Langerhans-Inseln stellt den direkten Gegenspieler des Insulins dar. Hauptziel- organ des Glukagons ist die Leber. Dort sorgt es dafür, dass das Glykogen wieder in Glukose umgewandelt und in das Blut abgegeben wird. Zusätzlich, v. a. wenn die Glykogen- speicher erschöpft sein sollten, regt es in der Leber die Glukoneogenese an, also die Umwandlung von Aminosäu- ren in Glukose.

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27
Q

Wirkungen des Somatostatins

A

Dieses Peptid wird von den D-Zellen der Langerhans-Inseln produziert. Es wirkt unmittelbar auf die benachbarten A- und B-Zellen hemmend ein (. Abb. 7.7b). Es hat also eine hemmende parakrine Wirkung. Welche physiolo- gische Relevanz diese hemmende Wirkung hat, ist noch offen. Extrapankreatisch hemmt Somatostatin die Kontrak- tionen des Magen-Darm-Traktes und der Gallenblase und die Freisetzung der Verdauungssäfte. Damit wird die Ver- dauung und Resorption der Nahrungsmittel verlangsamt. Diese Effekte führen insgesamt dazu, dass die gesamte Ver- dauungsaktivität verlangsamt und dadurch ein zu starkes Ansteigen des Blutglukosespiegels verhindert wird.

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28
Q

Bei Abfall des Blutglukosespiegels unter seinen Soll- wert (80–100 mg/dl) wird aus den A-Zellen der Langerhans-Inseln solange … freigesetzt, bis der Sollwert durch Glukagon-induzierte Um- wandlung von Glykogen (v. a. aus der Leber) in Glukose wieder erreicht ist.

A

Bei Abfall des Blutglukosespiegels unter seinen Soll- wert (80–100 mg/dl) wird aus den A-Zellen der Langerhans-Inseln solange Glukagon freigesetzt, bis der Sollwert durch Glukagon-induzierte Um- wandlung von Glykogen (v. a. aus der Leber) in Glukose wieder erreicht ist.

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29
Q

Zelluläre Mechanismen der Hormonfreisetzung aus den Inselzellen

A

Vermehrte Aufnahme von Glukose (aktiv über den Glukosetransporter GLUT2) be- wirkt eine verstärkte Synthese von ATP. Dies führt zum Verschluss eines ATP-sensitiven Kaliumkanals und damit zur Abnahme des Membranpotenzials. Daraufhin öffnen sich spannungsabhängige Kalziumkanäle und die ein- strömenden Kalziumionen stimulieren die exozytotische Insulinausschüttung.
Die Freisetzung von Insulin durch erhöhte Blutglukose- konzentration ist der wichtigste, aber nicht der einzige Frei- setzungsmechanismus. Dies ist in . Abb. 7.7b illustriert, die außerdem zeigt, welche Substanzen an den A-, B- und D- Zellen zur Freisetzung führen und welche die Freisetzung hemmen. Zusätzlich ist angegeben, dass die hormonprodu- zierenden Zellen sich auch wechselseitig negativ rückkop- pelnd beeinflussen, also offensichtlich in großmaschige Regelkreise eingebunden sind.

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30
Q

Hormone des Hypothalamus

A

Der Hypothalamus, dessen Kerngruppen und Fasersys- teme in Abschn. 5.2.1 und dessen Beziehung zum limbi- schen System im Abschn. 5.2.3 bereits skizziert wurden, ist das wichtigste zentralnervöse Zentrum für die Steuerung aller vegetativen Funktionen und für deren Koordination mit den übrigen Aktivitäten des Organismus. Diese Aufga- ben nimmt der Hypothalamus u. a. mit Hilfe von 7 Neuro- hormonen wahr, also von Hormonen, die in dafür speziali- sierten Nervenzellen gebildet werden. Diese hypothalami- schen (Neuro)Hormone sind in der . Tabelle 7.1 aufgelistet. Fünf davon regen die Ausschüttung von Hormonen aus dem Hypophysenvorderlappen (Releasing-Hormone oder Liberine) an, die anderen hemmen dort (Inhibiting-Hor- mone oder Statine). In Abschn. 7.3.2 bis 7.3.5 werden ihre Wirkungen im Einzelnen geschildert.
Um die hypothalamischen Hormone zu ihren Zielzel- len im Hypophysenvorderlappen (HVL) zu transportieren, hat der Organismus ein spezielles, in . Abb. 7.8 gezeigtes Gefäßsystem entwickelt: Ein erstes Kapillarnetz nimmt die Neurohormone aus den axonalen Terminalen der Drüsen- Nervenzellen auf und ein dahinter geschaltetes, zweites Kapillarnetz im HVL bringt die Neurohomone auf dem schnellsten Wege an ihre hypophysären Zielzellen.

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31
Q

Neurohormone des Hypophysenhinterlappens, HHL

A

In Neuronen des Hypothalamus werden 2 weitere Hormo- ne gebildet, das antidiuretische Hormon (ADH) und das Oxytozin. Die ADH- und Oxytozin-produzierenden Neu- rone haben lange Axone, deren präsynaptischen axonalen Verdickungen einen Teil der Hypophyse bilden, nämlich den Hypophysenhinterlappen (HHL)ADH und Oxytozin werden nicht im Hypothalamus frei- gesetzt, sondern über axonalen Transport (Abschn. 2.3.3) von ihren Bildungszellen im Soma der Neurone in deren präsy- naptische Endigungen befördert und dort gespeichert. Der HHL wird daher auch Neurohypophyse genannt. Trotz ihrer Bildung im Soma der hypothalamischen Neurone werden ADH und Oxytozin wegen ihrer Speicherung im und Freiset- zung aus dem HHL als hypophysäre Hormone bezeichnet.
Im HHL bilden die präsynaptischen Endigungen Sy- napsen auf Blutkapillaren, so dass bei Einlaufen eines Ak- tionspotenzials aus dem Hypothalamus ADH oder Oxyto- zin unmittelbar in das Blut abgegeben werden.

32
Q

ADH und Oxytozin werden im … hypothalami- scher Neurone produziert und in deren präsynap- tischen Endigungen im … (Neurohypophyse) gespeichert. Ihre synaptische Freisetzung erfolgt un- mittelbar ins …

A

ADH und Oxytozin werden im Soma hypothalami- scher Neurone produziert und in deren präsynap- tischen Endigungen im HHL (Neurohypophyse) gespeichert. Ihre synaptische Freisetzung erfolgt un- mittelbar ins Blut.

33
Q

Hormone des Hypophysenvorderlappens

A

Der vordere Anteil der Hirnanhangsdrüse, der Hypophy- senvorderlappen (HVL), wird auch Adenohypophyse ge- nannt. Er produziert und speichert sechs lebenswichtige Hormone. Vier der Hormone des HVL haben als Zielorgan jeweils eine Drüse. Sie heißen daher glandotrope Hormone oder Steuerhormone.
Die beiden anderen wirken nicht auf Drüsen, sondern auf andere Organsysteme bzw. den gesamten Organismus. Diese beiden nichtglandotropen Hormone werden daher auch Effektorhormone genannt (. Tabelle 7.2). . Abb. 7.9 und 8.8 (Abschn. 8.3.1) geben einen Überblick über das hy- pothalamisch-adenohypophysäre System.

34
Q

Antidiuretisches Hormon, ADH (Vasopressin)

A

Das antidiuretische Hormon, ADH, auch Adiuretin ge- nannt, ist ein Peptid aus 9 Aminosäuren. Es hemmt die Wasserausscheidung in der Niere. Das Hormon hat auch eine blutdrucksteigernde Wirkung, daher sein zweiter Name Vasopressin. Die vasopressorischen Wirkungen tre- ten beim Menschen aber nur bei pathophysiologisch hohen Hormonkonzentrationen auf. Es sollte daher nur der Name ADH Verwendung finden.
Das ADH ist in Regelkreise eingebunden, die das extra- zelluläre Flüssigkeitsvolumen und dessen osmotischen Druck (also die Konzentration der im Blut und der extra-zellulären Flüssigkeit gelösten Salze) konstant halten. Die Fühler dazu sind einmal Volumensensoren in den großen Venen und den Herzvorhöfen (Abschn. 10.5.4) und zum anderen besonders Osmosensoren (Osmorezeptoren), v. a. im Hypothalamus. Ein Ansteigen des osmotischen Drucks bewirkt eine Erregung der Osmosensoren. Dies führt dann zur vermehrten Freisetzung von ADH und vermehrter Wasserretention in der Niere

35
Q

Oxytozin

A

Eine wichtige Rolle spielt das Oxytozin bei der Auslö- sung des Milchejektionsreflexes nach einer Geburt. Wie in . Abb. 7.10 illustriert, werden durch das Saugen des Säug- lings die Mechanorezeptoren der Brustwarzen (Mamillen) gereizt und diese Reizung wird auf nervalem Wege den Oxytozin-produzierenden Neuronen des Hypothalamus mitgeteilt, die daraufhin alle gleichzeitig Oxytozin aus- schütten. Durch diese bolusartige Form der Freisetzung kommt es zu abrupten Kontraktionen der die Drüsen- alveolen umspannenden glatten Muskulatur und damit zur Milchejektion.
Gegen Ende der Schwangerschaft ist das Oxytozin an der Einleitung der Wehentätigkeit beteiligt. Zum einen wird nämlich der Uterus durch die Wirkungen der Östro- gene für Oxytozin empfindlich. Zum anderen werden die Mechanosensoren des Uterus und der Vagina durch die wachsende Frucht zunehmend gereizt. Dies führt auf ner- valem Wege reflektorisch zur Ausschüttung von Oxytozin, das den Uterus zu Kontraktionen anregt, die wiederum zum Austreiben von Frucht und Mutterkuchen führen. Dieser Vorgang wird Ferguson-Reflex genannt.
Der Ferguson-Reflex hat bei der nichtschwangeren Frau keine große Bedeutung. Bei Mann und Frau ist aber Oxytozin eng mit der Steuerung sexueller Annäherung und Bindung verwoben.

36
Q

Prolaktin

A

Dieses HVL-Hormon steuert die Ingangsetzung und Auf- rechterhaltung der Milchsynthe
se in der Brustdrüse der Frau (die Milchejektion wird über das Oxytozin ge- steuert, 7 oben). Unter physiologischen Bedingungen pro- duzieren die Brustdrüsen nach der Geburt innerhalb von 24 h Milch (die Milch »schießt ein«), das Baby kann gestillt werden.
Die Freisetzung von Prolaktin wird von dem hypotha- lamischen Prolactin-Inhibiting-Hormon (PIH, Prolacto- statin, . Tabelle 7.1) kontrolliert, das normalerweise die Freisetzung hemmt. Mit anderen Worten, die Freisetzung des Prolaktins beruht also auf einer Wegnahme der toni- schen PIH-Hemmung.
Beim diesem Inhibiting-Hormon handelt es sich che- misch um Dopamin. Diese Kenntnis ist klinisch wichtig, da es zahlreiche Medikamente mit dopaminagonistischer aber auch mit antagonistischer Wirkung gibt (Kap. 5, 26 und 27), die also die Prolaktinsekretion hemmen aber auch fördern können.

37
Q

Prolaktin fördert die Produktion der …. Seine Ausschüttung aus dem HVL wird nur von einem hemmenden hypothalamischen Hormon, dem …, kontrolliert. Bei diesem handelt es sich chemisch um ….

A

Prolaktin fördert die Produktion der Muttermilch. Seine Ausschüttung aus dem HVL wird nur von einem hemmenden hypothalamischen Hormon, dem PIH, kontrolliert. Bei diesem handelt es sich chemisch um Dopamin.

38
Q

Somatotropin (Wachstumshormon, GH, STH)

A

Wie viele andere Hormone auch, wird das Wachstumshor- mon in pulsartiger Form, und zwar in 3–4 Pulsen pro Tag, ausgeschüttet. Außerdem wird es im Tiefschlaf der ersten 3 Nachtstunden freigesetzt. Es hat vielfältige Wirkungen im Organismus, die vereinfacht so zusammengefasst werden können, dass es zur normalen körperlichen Entwicklung des Kindes notwendig ist. Seine darüber hinausgehenden Wirkungen auf Nervensystem, Immunsystem und Verhal- ten werden in Abschn. 8.1.2 erläutert.
Die Freisetzung von Somatotropin wird von je einem fördernden und einem hemmenden hypothalamischen Hormon geregelt, nämlich dem Somatoliberin (GHRH) und dem Somatostatin

39
Q

Synthese, Speicherung und Freisetzung der Schilddrüsenhormone

A

Die Schilddrüse befindet sich im unteren vorderen Drittel des Halses, unterhalb des Schildknorpels, und umschließt hufeisenförmig die Luftröhre. Histologisch besteht sie aus Follikeln, in denen Schilddrüsenhormone enthalten sind. Die Hormonsynthese beginnt mit der Bildung von Thyreoglobulin, aus dem durch Jodanlagerung und Umwandlungen vor allem Thyroxin (T4) und das biologisch wirksamere Trijodthyronin (T3) entstehen.

Die Schilddrüse speichert die Hormone in Follikeln, und der Vorrat reicht in der Regel für mehrere Monate ohne Jodzufuhr aus. Bei Bedarf werden die Hormone aus den Follikeln in die Drüsenzellen aufgenommen und gelangen von dort ins Blut. Etwa ein Drittel der T4-Moleküle wird außerhalb der Drüsenzellen in T3 umgewandelt. Somit entsteht etwa 80–90% der biologisch wirksamen Form des Schilddrüsenhormons, T3, außerhalb der Schilddrüse (extrathyreoidal).

40
Q

Regulation der Schilddrüsenhormonproduktion

A

Die gesamten, eben geschilderten Vor- gänge der Synthese, Vorratshaltung und Freisetzung von T3 und T4 unterliegen dem glandotropen Hypophysenvorder- lappenhormon Thyreoidea-stimulierendes Hormon (TSH), auch Thyreotropin genannt (. Tabelle 7.2). Die TSH-produ- zierenden Drüsenzellen des HVL unterliegen wiederum der Kontrolle des hypothalamischen Releasing-Hormons TRH (Thyreotropin-Releasing-Hormon) (. Tabelle 7.1 und . Abb. 7.11).
Die Schilddrüsenhormone T3 und T4 wirken negativ rückkoppelnd sowohl auf den Hypothalamus wie auf die Hypophyse zurück (. Abb. 7.11). Bei hohen Blutkonzentra- tionen von T3 und T4 ist daher die TSH-Sekretion minimal. Umgekehrt ist bei niedrigen Schilddrüsenhormonspiegeln im Blut die TSH-Sekretion sehr hoch.
TRH findet sich übrigens fast überall im Zentralner- vensystem. Es greift in eine Vielzahl von Verhaltensfunk- tionen ein.

41
Q

Wirkungen von T3 und T4

A

Die Hauptwirkung von T3 (Trijodthyronin) und T4 (Thyroxin) liegt in der Beeinflussung des Energieumsatzes, auch kalorische Wirkung genannt. Ein Ausfall der Schilddrüsenhormone kann den Energieumsatz auf die Hälfte des Grundumsatzes reduzieren. Durch die Zufuhr von T3 kann der Grundumsatz auf fast das Doppelte gesteigert werden.

T3 und T4 binden an Rezeptormoleküle im Zellkern, modulieren die Genexpression in den Zielzellen und steigern dadurch die Eiweißsynthese. Gleichzeitig aktivieren sie mitochondriale Enzyme, was den oxidativen Abbau von Kohlenhydraten und Fetten erhöht. Alle drei Grundnährstoffe sind daher an der thyreogenen Umsatzsteigerung beteiligt. Schilddrüsenhormone sind auch entscheidend für normales Knochenwachstum. Ein Ausfall der Schilddrüsenfunktion im Jugendalter kann zu Wachstumsstörungen führen. Die normale Funktion des Schilddrüsensystems ist auch kritisch für die embryonale und postnatale Hirnreifung sowie die geistige Entwicklung eines Kindes.

42
Q

Störungen der Schilddrüsenfunktion

A

Unter einer Hypothyreose versteht man eine Unterfunk- tion der Schilddrüse, v. a. bei chronischem Jodmangel. Es bildet sich in der Regel eine starke Vergrößerung der Schild- drüse (hypothyreotischer Kropf) aus. Die Kropfbildung lässt sich aus . Abb. 7.11 leicht verständlich machen: Infol- ge der fehlenden oder ungenügenden Synthese von T3- und T4-Hormon entfällt die negative Rückkopplung auf Hypo- physe und Hypothalamus, worauf im HVL ungehemmt TSH gebildet wird. Dies steigert zwar das Wachstum der Schilddrüse, führt aber nicht zu vermehrter Schilddrüsen- hormonproduktion.
Das Fehlen von Schilddrüsenhormonen im frühen Kin- desalter führt zu schwerer körperlicher und geistiger Re- tardierung, genannt Kretinismus. In utero wird ein Fetus, der nicht genügend Schilddrüsenhormone produziert, noch ausreichend von der Mutter versorgt. Das neugebo- rene Kind benötigt aber eine rasche Substitutionstherapie, um irreversiblen Hirnschäden, bis hin zur völligen geistigen Retardierung (Imbezillität) vorzubeugen.
Beim Erwachsenen ist die Hypothyreose durch Ver- langsamung aller Stoffwechselvorgänge und damit einer Verminderung der körperlichen und geistigen Aktivität gekennzeichnet. Auffällig ist die Myxödem genannte teigige Verdickung der Haut. Alle Symptome sind durch Gabe von Schilddrüsenhormon reversibel.
Ein hyperthyreotisches Krankheitsbild stellt die Base- dow-Krankheit dar. Neben ausgeprägten Stoffwechselstei- gerungen (die den Patienten übererregt erscheinen lassen), wird bei vielen Patienten ein starkes Hervortreten der Aug- äpfel (Exophthalmus) beobachtet. Auch kann es zu einer kropfigen Vergrößerung der Schilddrüse (Struma) kom- men. Therapeutisch kann die gesteigerte Hormonproduk- tion durch Gabe von Thyreostatika normalisiert werden.

43
Q

Unter- und Überfunktionen der Schilddrüse gehören zu den häufigsten … Krankheitsbildern. Beim Erwachsenen sind die Folgen von Fehlfunktio- nen durch Therapie voll …, beim Säugling kann es bei Unterfunktion zu … Hirnschä- den kommen.

A

Unter- und Überfunktionen der Schilddrüse gehören zu den häufigsten endokrinen Krankheitsbildern. Beim Erwachsenen sind die Folgen von Fehlfunktio- nen durch Therapie voll reversibel, beim Säugling kann es bei Unterfunktion zu irreversiblen Hirnschä- den kommen.

44
Q

Synthese, Speicherung und Freisetzung der Nebennierenrindenhormone

A

Die Nebennieren sind zwei kleine Drüsen, die den oberen Nierenpolen aufliegen. Jede wiegt beim Menschen etwa 4 g. Jede Nebenniere besteht aus zwei morphologisch und funk- tionell völlig unterschiedlichen Anteilen, nämlich der Ne- bennierenrinde und dem bereits im vorigen Kapitel behan- delten Nebennierenmark (Abschn. 6.1.3).
Die Nebennierenrinde (NNR) hat einen dreischichtigen Aufbau. Jede Schicht bildet bevorzugt eine chemisch und funktionell zusammengehörige Gruppe von Hormonen aus, nämlich die äußere Schicht (Zona glomerulosa) v. a. Mineralokortikoide, die mittlere und zugleich breiteste Schicht (Zona fasciculata) hauptsächlich Glukokortikoide und die innerste Schicht (Zona reticularis) überwiegend männliche Geschlechtshormone oder Androgene (zu letz- teren Abschn. 7.4.1).
Die Hormone der NNR sind Steroide (Abschn. 7.1.4). Ihre Synthese geht immer vom Cholesterin aus, das mit der Nahrung aufgenommen oder in der Leber synthetisiert wird. Die Speicherung der stereoidalen NNR-Hormone er- folgt im Zytoplasma der Drüsenzellen (Abschn. 7.1.1), aus dem sie auch freigesetzt werden.
Der beim Menschen wichtigste Vertreter der Mineralo- kortikoide ist das Aldosteron. Es ist an der Harnbildung der Nieren beteiligt, daher werden seine Wirkungen nicht hier, sondern in Abschn. 12.3.3 erörtert.
Der wichtigste Vertreter der Glukokortikoide ist das Kortisol. Glukokortikoide haben vielerlei Aufgaben im Stoffwechsel, im Immunsystem und beim Verhalten. Auf sie konzentrieren sich die nachfolgenden Erörterungen.

45
Q

Regulation der Glukokortikoidproduktion

A

Der Regelkreis der Glukokortikoidproduktion und -freiset- zung ist am Beispiel des Kortisols in . Abb. 7.12a skizziert. Die Kortisolfreisetzung wird von einem der vier glandotro- pen Hormone des HVL, nämlich dem adrenokortikotro- pen Hormon, ACTH, reguliert (. Tabelle 7.2), das seinerseits der Kontrolle des hypophysären Releasing-Hormons Korti- koliberin, CRH, unterliegt (. Tabelle 7.1, . Abb. 7.9). In der Abbildung ist zu sehen, dass das freigesetzte Kortisol in Form einer negativen Rückkopplung hemmend auf die weitere Freisetzung von hypothalamischen CRH und hypo- physären ACTH wirkt und damit den Regelkreis an diesen beiden Stellen schließt.
Die der zirkadianen Periodik (Kap. 22) folgenden tages- rhythmischen Schwankungen des Kortisolspiegels im Blut sind ebenfalls durch entsprechende Schwankungen der ACTH-Freisetzung verursacht (. Abb. 7.12b). Diese wie- derum sind wahrscheinlich durch die zirkadiane Periodik der CRH-produzierenden Neurohormonzellen des Hypo- thalamus bedingt. Die dabei beteiligten zentralen Neuro- transmitter sind wahrscheinlich Noradrenalin (hemmende Wirkung auf CRH-Neurone) und Serotonin

46
Q

Metabolische Wirkungen der Glukokortikoide, v. a. des Kortisols

A

Die Stoffwechselwirkungen der Glukokortikoide zielen auf die Bereitstellung von Glukose bei erhöhtem Energiebe- darf. Zu diesem Zweck regen sie die Glukoneogenese in der Leber an (Umwandlung von Aminosäuren in Glukose), um beispielsweise beim Hungern nach Erschöpfen der Glykogenvorräte einen möglichst konstanten Blutzucker- spiegel aufrecht zu erhalten. Die für die Glukoneogenese notwendigen Aminosäuren werden durch Abbau von Körpereiweiß gewonnen (eiweiß- katabole Wirkung). Kortisol aktiviert dabei auch die Frei- setzung von Glyzerin und Fettsäuren aus den Fettvorräten des Körpers (Lipolyse), um weiteren Zellbrennstoff bereit- zustellen. Das Kortisol wirkt also in die gleiche Richtung wie das Glukagon (Abschn. 7.2.1) und ist insoweit auch ein Gegenspieler des Insulins.

47
Q

Immunologische Wirkungen der Glukokortikoide, v. a. des Kortisols

A

Kortisol in pharmakologischen, d. h. hohen Dosen, verur- sacht eine drastische Unterdrückung des Aufbaus und der Aktivität des lymphatischen Gewebes. Insgesamt werden dadurch die Abwehr körperfremder Eiweiße und damit die Infektabwehr geschwächt. Diese, im allgemeinen uner- wünschte Wirkung, wird heute als eine Form der immun- suppressiven Therapie ausgenutzt, um bei Organtrans- plantationen eine Abstoßung des verpflanzten Gewebes zu verhindern.
In diesem Zusammenhang sind auch die entzündungs- hemmenden (antiphlogistischen) Wirkungen des Korti- sols zu sehen. Die Gefäßerweiterung im Entzündungsgebiet (sichtbar an der Rötung) wird ebenso reduziert wie die lokale Schwellung (Ödembildung durch erhöhte Durchläs- sigkeit der Blutkapillarwände). Schließlich gehört zu den immunologischen Wirkungen des Kortisols auch seine starke antiallergische Wirkung, die im Wesentlichen darauf zurückzuführen ist, dass die Entzündungsreaktion, die durch die Antigen-Antikörper-Reaktion normalerweise ausgelöst wird (Abschn. 9.1.3), vom Kortisol unterdrückt wird.

48
Q

Wirkungen der Glukokortikoide auf Nervensystem und Sinnesorgane

A

Die Glukokortikoide haben starke, aber im einzelnen schwer voraussagbare Effekte auf das Nervensystem. In- suffizienz der Nebennieren ist oft von einer Verlangsamung der EEG-Aktivität begleitet. Erhöhte Kortisolspiegel er- niedrigen die Erregbarkeitsschwelle. Die erhöhte Krampf- bereitschaft von Epilepsiepatienten nach Kortisolzufuhr ist möglicherweise auf diesen Mechanismus zurückzuführen. Hohe Dosen von Kortisol führen auch zu Schlaflosigkeit.
Bei vielen Patienten kommt es zu Beginn einer Kortisol- therapie zu Euphorie, während im Laufe einer Langzeit- therapie psychische Störungen manifest werden können. Depressionen sind ein häufiges Problem (Kap. 8).
Membranrezeptoren für Kortisol kommen an vielen Stellen des Gehirns vor, ihre Funktionen sind sehr unter- schiedlich und werden in den jeweiligen Kapiteln (z. B. Kap. 26) besprochen.
Einen erheblichen Einfluss haben die Glukokortikoide auch auf die Funktion der Sinnesorgane. Die Qualitätsun- terscheidung, z. B. »süß« bei Zuckerlösung und »salzig« bei Salzlösung, ist bei Nebennierenrindeninsuffizienz ver- schlechtert, d. h. es werden höhere Konzentrationen der Stoffe benötigt, wenn zwischen »süß« und »salzig« unter- schieden werden soll. Vergleichbare Schwellenänderungen der Sinnesleistungen finden sich auch in anderen Modali- täten, so beim Geruch und beim Gehör

49
Q

CRH, ACTH, Kortisol und Stress

A

Als Stress lässt sich jede Situation auffassen, die den Orga- nismus aus seinem homöostatischen Gleichgewicht bringt. Zu diesen Situationen können unphysiologische Umstände zählen, wie extreme Hitze oder Kälte, aber auch eine Vielfalt unangenehmer und bedrohlicher Situationen. Daher ist es angesichts der oben geschilderten Stoffwechselwirkungen der Glukokortikoide nicht überraschend, dass Stresssitua- tionen aller Art neben ihren vielen anderen Wirkungen zu einer Aktivierung des Hypothalamus führen, der daraufhin vermehrt CRH freisetzt (. Abb. 7.12a, links oben).
Die erhöhte CRH-Freisetzung bewirkt in Folge eine vermehrte Freisetzung von ACTH und diese wiederum von Kortisol und anderen Glukokortikoiden. Der Regelkreis für diese NNR-Hormone wird also durch die stressbedingte vermehrte Freisetzung von CRH deutlich verstellt. Die da- durch induzierte ACTH-Freisetzung kann in starken Stress- situationen so intensiv sein, dass mehr ACTH im Blut auf- taucht, als für eine maximale Kortisolsekretion notwendig ist.

50
Q

Organisierende und aktivierende Wirkung von Hormonen

A

Entwicklung und psychologische Prozesse (das ZNS) regeln die Hormonsekretion und die Hormone wie- derum steuern oder modulieren Wahrnehmung und Verhalten. Neuropeptide spielen in der Steuerung hormoneller Abläufe durch das Nervensystem eine wichtige Rolle.

51
Q

Wahrnehmungsschwellen und Hormone

A

Hormone, die Verhalten direkt oder indirekt beeinflussen, entfalten ihre Wirkung in der Regel dadurch, dass sie in den neuronalen Zielgeweben die synaptische Stärke der neuro- nalen Verbindungen (Kap. 4) und/oder die Entladungsei- genschaften von Nervenzellen modulieren. Da die Aus- schüttung der meisten Hormone endogenen oder kom- biniert endogen-exogenen Zeitgebern (Kap. 22) unterliegt, ändern sich in den betroffenen sensorischen und motori- schen Zielorganen die Sensitivität und Erregungsschwellen. Wenn bestimmte Schwellen unter- oder überschritten wer- den, so kann dies erhebliche Änderungen in Wahrnehmung und Motorik bewirken. Bei Invertebraten mit ihren ein- fachen Nervensystemen führt dies bis zur völligen Abhän- gigkeit von Lokomotion und Reproduktion von der Gegen- wart einzelner Hormone. Beispielsweise können Magen und Herz bei Hummern keine aufeinander abgestimmte, synchrone Tätigkeit entfalten, wenn nicht ein Pigment- hormon die Steuerneurone beider Organe verbinden würde

52
Q

Glukokortikoide und Wahrnehmung

A

Glukokortikoide, insbesondere Kortisol, spielen eine komplexe Rolle im Regelkreis zwischen Gehirn und Körperperipherie, weit über die einfache Stressantwort hinaus. Dieser Regelkreis umfasst zentral → periphere Wirkungen durch CRH → ACTH → Kortisol und periphere → zentrale Effekte von Glukokortikoiden. Im Gehirn, insbesondere im limbischen System und im Hippokampus, befinden sich Glukokortikoidrezeptoren, die verschiedene Funktionen für Verhalten aufweisen.

Kortisol beeinflusst die Wahrnehmungsschwellen im Geschmacks- und Geruchssinn. Bei einem Anstieg des Kortisolspiegels nehmen die Wahrnehmungsschwellen zu, was bedeutet, dass äußere Reize eine höhere Intensität benötigen, um wahrgenommen zu werden. Dexamethason, das den Kortisolspiegel reduziert, hat gegenteilige Effekte. Bei Patienten mit Addison-Krankheit, bei denen die negative Rückmeldung des peripheren Kortisols auf das Gehirn ausfällt, sind die Wahrnehmungsschwellen extrem erniedrigt.

Kortisol beeinflusst auch das akustische System, indem es den Stapediusreflex hemmt, was zu einer Anhebung der Wahrnehmungsschwelle für laute Töne führt. Diese Ergebnisse legen nahe, dass Glukokortikoide eine psychologische Funktion haben könnten, um ein Überschießen von peripheren und zentralnervösen Reaktionssystemen während Kurzzeitstress zu verhindern. Die Erhöhung der Wahrnehmungsschwelle schützt das Zentralnervensystem vor weiterer Überstimulation nach Belastung.

53
Q

Schlaf und Homöostase

A

Der regelmäßige Wechsel von Tiefschlaf (SWS, »slow wave sleep«) und REM-Schlaf (»Rapid-eye-movement«-Schlaf, »Traumschlaf«, Kap. 22) ist sowohl für die endokrinen Sys- teme wie für das Immunsystem ein unverzichtbarer Reiz. Viele endokrine Systeme, z. B. das Wachstumshormon (Ab- schn. 7.3) sind während des Schlafs aktiver als im Wachzu- stand. Schlaf hat also auch die Funktion, endokrine Prozesse anzuregen, die tagsüber nicht auslösbar sind. Jede Verände- rung des Schlafrhythmus, sei es im Laufe der ontogenetischen Entwicklung des Individuums, sei es durch externe Einflüsse wie Schlafdeprivation und Schlafstörungen, beeinflussen die physiologischen und psychologischen Regulationspro- zesse wichtiger Hormone und des Immunsystems.
In der Chronobiologie sprechen wir daher auch von »prädiktiver Homöostase« des Schlafes, also seiner Eigen- heit, im Voraus zu erwartende Regulationsvorgänge wäh- rend des Tages in der Nacht zu »antizipieren«. Es ist also denkbar, dass eine der wichtigsten oder sogar die wich- tigste Funktion des Schlafes die Regelung von endokrinen und immunologischen Prozessen darstellt, was verständ- lich macht, warum Schlafverlust bei allen Vertebraten zu lebensbedrohlichen oder im Extremfall tödlichen Folge- zuständen führt

54
Q

Wachstumshormon und Kortisol

A

Wachstumshormon (GH, »growth hormone«) und Kortisol haben nicht nur viele einander entgegengesetzte physio- logische und psychologische Eigenschaften, sie zeigen auch eine genau entgegengesetzte ultradiane Periodik. . Abb. 8.3 zeigt den Verlauf von GH und Kortisol (Kap. 7) im Verlauf eines etwa 7- bis 8-stündigen Schlafes. GH wird dabei nur während der ersten beiden Schlafzyklen ausgeschüttet. Nicht der Tiefschlaf selbst (also Stadium 3 und 4, SWS, Kap. 22) wirkt als Auslöser der Ausschüttung, sondern der Beginn des 1. und 2. Schlafzyklus.
Das Maximum der GH-Produktion im ersten Teil der Nacht erklärt viele der negativen Effekte der Schlafdepriva- tion (Kap. 22) gerade dieser auch als »Kernschlaf« bezeichne- ten Abschnitte der zirkadianen Periodik: Hemmung des Kör- perwachstums und der kognitiven Entwicklung und Lern-fähigkeit, da GH im ZNS am Wachstum der Verbindungen zwischen den Nervenzellen wesentlich beteiligt ist. Extreme körperliche Aktivität, Stress und Depression (7 unten) gehen häufig mit Störungen des Schlafes, v. a. des Kernschlafes (Kap. 22), GH-Unterdrückung und Kortisolanstieg einher.
Die pulsatile ACTH- und Kortisolausschüttung beginnt mit dem Nadir (Tiefpunkt) des GH-Spiegels mit dem 3. Schlafzyklus, allerdings nicht mit einer REM-Phase. Während der REM-Phasen in der zweiten Nachthälfte wird der Kortisolanstieg gebremst, er erfolgt nur in den Zwischenstadien 2 und 1 zunehmend intensiv bis zum Auf- wachen

55
Q

Wachstumshormon wird in den … beiden Nacht- stunden im Tiefschlaf, Kortisol mit zunehmender Präsenz der Schlafstadien 1 und 2 (»oberflächlicher Schlaf«) gegen … ausgeschüttet.

A

Wachstumshormon wird in den ersten beiden Nacht- stunden im Tiefschlaf, Kortisol mit zunehmender Präsenz der Schlafstadien 1 und 2 (»oberflächlicher Schlaf«) gegen Morgen ausgeschüttet.

56
Q

Kortisol und Immunsuppression

A

Während Glukokortikoide in physiologischer Konzentration die Freisetzung vieler Zytokine hemmen (Kap. 9) und somit etwas verallgemeinert immunsuppressiv (Abschn. 7.3.5) wirken, hat GH einen immunstimulierenden Effekt. Dieser gegenläufige Zusammenhang könnte die erhöhte Krank- heitsanfälligkeit im Alter (»Kernschlaf« und GH reduziert) und nach lang anhaltender Hilflosigkeit und Depression er- klären (Abschn. 26.3). Der Kortisolanstieg in der 2. Nacht- hälfte begünstigt auch das Auftreten der mit verstärkter REM-Tätigkeit einhergehenden Labilisierung des kardialen Systems, Herz-Kreislauf-Störungen kommen daher in der 2. Nachthälfte häufiger vor.

57
Q

Melatonin

A

Das Peptidhormon der Zirbeldrüse wird beim Menschen nur in Dunkelheit ausgeschüttet und steht bei Säugern unter Kontrolle des N. suprachiasmaticus (Kap. 22), des stärksten zirkadianen Oszillators, der primär die zirka- dianen Schlaf-Wach-Zyklen, weniger die infradianen Zyklen der Körpertemperatur und des Kortisols regelt. Licht unter- drückt die Melatoninausschüttung, was in . Abb. 8.4 durch die Verbindungen Retina → N. suprachiasmaticus, Zirbel- drüse und die Hypophyse symbolisiert wird. . Abb. 8.4 zeigt, dass der N. suprachiasmaticus nicht nur das Melato- nin, sondern auch die zeitliche Rhythmisierung der Aus- schüttung der Schilddrüsenhormone, Sexualhormone und Stresshormone bestimmt.
Die Wirkungen von Melatonin auf das Immunsystem besprechen wir in Kap. 9. Auf noch unbekannte Art scheint Melatonin die verschiedenen Körperrhythmen, einschließ- lich der Hormonrhythmen zu synchronisieren: seine Gabe unmittelbar vor oder nach langen Flügen mit verkürzten Nächten (Jetlag, Kap. 22) resynchronisiert bei manchen Personen die verschiedenen Körperrhythmen, allerdings bisher in nur geringem Ausmaß (bezüglich seines Einflusses auf affektive Störungen Kap. 22 und 27). Insgesamt hat also Melatonin einen synchronisierenden Einfluss auf endogene Rhythmen. Unterfunktion könnte daher zu Desynchroni- sation von Rhythmen mit Schlafstörungen und affektiven Störungen, Überproduktion zu hypersynchronen, inflexib- len Rhythmen führen, wie z. B. Jetlag.

58
Q

Bindung und Lernen

A

Obwohl Entstehung und Aufrechterhaltung sozialer Bin- dungen primär gelernt werden, wird die Wahrscheinlich- keit (aktivierend) und Art (organisierend) von Bindungs- reaktionen von unterschiedlichen Hormonen determiniert und umgekehrt führen Bindungsverhaltensweisen zu einem charakteristischen Muster hormoneller Reaktionen. Der Aufbau von Bindungsverhalten, der beim Menschen sofort nach der Geburt beginnt, hat durchaus den Charakter eines angeborenen nicht-homöostatischen Triebes (Kap. 25), wird aber sofort nach der Geburt durch Lernvorgänge weit- gehend bestimmt. Da Bindungsmotivation Voraussetzung für das Zusammenleben in Gruppen ist und das soziale Zu- sammenleben auch unabhängig von Reproduktions- und Sexualtrieb sichert, muss seine physiologische und neuro- chemische Grundlage universell in allen höheren Tieren vorhanden sein, die dauerhaft oder vorübergehend in Gruppen überleben müssen.
Die Auflösung von Bindung durch Trennung erzeugt Hilf- und Hoffnungslosigkeit, wie sie beim Menschen in schweren Depressionen zum Ausdruck kommt. Hilf- und Hoffnungslosigkeit sollten daher exakt die gegenteiligen physiologischen Prozesse aufweisen wie Bindungsreaktio- nen und sich gegenseitig hemmen.
Beim Menschen und höher entwickelten Säugern sind die angeborenen physiologischen Prozesse für Bindungs- verhalten Voraussetzung für Lernprozesse, die v. a. im Jugend- und Erwachsenenalter Bindungs»trieb« und Bin- dungsfertigkeiten dominierend bestimmen. Untersuchun- gen an depressiven Menschen und Menschenaffen haben gezeigt, dass in der Entwicklung der gesamte Kontext (ört- liche und zeitliche Zusammenhänge) früher Bindungser- fahrung im Gedächtnis niedergelegt wird und kontinuier- lich mit den aktuellen sozialen Situationen verglichen wird. Verlust oder Trennung verletzen die im Gedächtnis gespei- cherten Bindungserwartungen und führen zu Hilflosigkeit und Depression

59
Q

Oxytozin und Bindungsverhalten

A

Oxytozin (OT) ist ein Neuropeptid (Abschn. 7.3.2), das in der Evolution erst mit der Entwicklung von Säugetieren auftritt. Wie in Kap. 7 dargestellt, erfüllt es die Funktion der Auslösung der Milchejektion in der weiblichen Brust und der Uteruskontraktionen bei Geburt und im Sexualverkehr. Es wird primär im N. paraventricularis (PVN) und dem N. supraopticus (SON) des Hypothalamus synthetisiert (Kap. 5). Deren Neurone projizieren in den Hypophy-senhinterlappen. Neben diesem »Hauptproduktionsweg« findet sich aber OT auch im limbischen System und den autonomen Kernen des Hirnstamms. Diese extrahypotha- lamischen Fasern und Kerne sind von dem hormonellen Weg zur Hypophyse und in den Blutstrom teilweise unab- hängig.
. Abb. 7.9 zeigt den engen Zusammenhang zwischen neuronaler, hormonaler und motorisch-psychologischer Aktivität beim Saugverhalten, das als prototypische Situa- tion zur Entwicklung von Bindung beiträgt. Zumindest im Tierversuch ist es aber der auf den hypophysären Anstieg der Ausschüttung folgende Anstieg des zentralen OT, der das Interesse des Muttertiers auf das Junge lenkt. Für die Entwicklung des Bindungsgefühls, das beim Erwachsenen häufig mit sexueller Aktivität einhergeht, ist ebenfalls das zentrale OT verantwortlich. Während sexueller Aktivität erhöht sich die Verfügbarkeit von OT an den Synapsen in beiden Geschlechtern, ausgelöst durch Reizung der Sexual- organe. Sexuelles Interesse wird durch Mikroinjektionen von OT in den PVN in beiden Geschlechtern (bei der Ratte) erhöht. Andererseits steigt OT in der Refraktärphase des Orgasmus an (Abschn. 26.3). . Abb. 8.5 gibt eine Zusam- menfassung der wichtigsten physiologischen Mechanismen von OT und deren Effekte auf Verhalten.

60
Q

Soziale Bindung und Partnerschaft

A

Obwohl Oxytozin und Vasopressin (das antidiuretische Hormon, ADH) völlig unterschiedliche periphere Funk- tionen haben, fördern beide Sexualverhalten und soziale Bindung. Oxytozin- und Vasopressin-Knock-Out-Mäuse (Kap. 23), denen die Gene zur Synthese dieser beiden Neuro- peptide fehlen, zeigen soziale Amnesie: Sie können oder »wollen« ihre Partner nicht mehr erkennen. Besonders auf- schlussreich sind vergleichende Studien über die Rolle des OT für die Bindung von Partnern. Monogame Tiere, die ihren Partner lebenslang beibehalten und auch physisch- geographisch mit ihm verbunden bleiben, zeigen in limbi- schen und hypothalamischen Hirnregionen eine deutliche vermehrte Anzahl von OT-Rezeptor-Bindungsorten, wobei zwischen beiden Geschlechtern in der Regel kein Unter- schied besteht. Auch die innerartliche Aggression ist bei diesen Tierarten geringer.
Insgesamt scheint die Gegenwart des Neuropeptids OT im ZNS sozialen Kontakt jeder Art, nicht nur sexuellen, belohnend zu machen und dies in Kooperation mit opioi- den Peptiden und Opioidstrukturen: die positiv verstärken- de Wirkung der intrakraniellen Reizung von opioiden Hirnstrukturen wird im sozialen Kontext bei der Ausbil- dung von Bindungen wahrscheinlich durch die gemein- same Wirkung von OT und β-Endorphinen erzeugt. Jeden- falls steigen in den Belohnungsstrukturen (Kap. 26 und 27) beide Neuromodulatoren in solchen sozialen Situationen an. Auch Kurzzeitstress (7 unten) mit Anstieg von Kortisol, Vasopressin und Oxytozin fördert mütterliches und väter- liches Sorgeverhalten und Bindung, sowohl vor wie auch nach der Geburt eines Kindes.

61
Q

Medialer Hypothalamus und Aggression

A

Die neuronalen und psychophysiologischen Grundlagen von Aggression besprechen wir ausführlich in Kap. 27. An dieser Stelle soll nur der Zusammenhang mit männlichen und weiblichen Sexualhormonen diskutiert werden. Wie wir in Kap. 26 sehen werden, sind die verschiedenen Formen aggressiven Verhaltens, die ganz unterschiedliche Funk- tionen im sozialen Kontext haben, zum Großteil gelernt, benötigen aber neben spezifischen Schlüsselreizen aus der Umwelt (z. B. männlicher Konkurrent um ein weibliches Tier) eine Senkung innerorganismischer Schwellen für diese Reize. Diese Schwellensenkung wird bei innerart- licher physischer Aggression v. a. von Kernen des medialen Hypothalamus bewirkt, der als oberste Koordinations- struktur für aggressives Verhalten dient.
Zur Vereinfachung wollen wir hier nur zwischen defen- sivem und beutebezogenem (»predatory«) Angriff unter- scheiden und uns auf beutebezogene Aggression konzent- rieren; wie in Kap. 27 ausgeführt, sind die verschiedenen Aggressionsformen auch mit verschiedenen neurophysio- logischen Prozessen korreliert. Angesichts der Tatsache, dass in industrialisierten Gesellschaften physische Aggres- sion weitgehend ihre Funktion verloren hat, ist die beutebe- zogene Aggression, wie sie beim Menschen (primär beim jungen Mann) in kriegerischen und kriminellen Akten zum Ausdruck kommt, besonders wichtig.

62
Q

Geschlecht, Testosteron und Aggressivität

A

Die Sexualhormone Testosteron und die Östrogene kom- men im ZNS selbst als Neuromodulatoren vor, können aber auch leicht die Blut-Hirn-Schranke überschreiten und bin- den sich in den verschiedensten Hirnregionen an die pas- senden Rezeptoren. . Abb. 26.17 zeigt, dass Testosteron- und Östrogenrezeptoren weit verbreitet sind und v. a. im limbischen System und Hypothalamus ihre höchste Kon- zentration erreichen. Sie sind aber auch im Großhirn und Hippokampus vorhanden. Der Großteil von Gewalttätig- keiten, die die Menschheit seit ihrem Bestehen, besonders aber in ihrer »technisierten Version« belastet, geht von jungen Männern aus, die eine hohe Produktion von Testo- steron aufweisen (Abschn. 26.3.4). Andererseits korreliert beim erwachsenen Mann das Testosteronniveau schwach positiv mit beobachtbarem physisch-gewalttätigem Ver- halten. Für die Bedeutung des Testosterons auch bei anti- sozialem Verhalten von Erwachsenen spricht, dass Kastra- tion oder reversible Blockade von Testosteronausschüttung oder Testosteronrezeptoren mit Zyproteronazetat oder Medroxiprogesteronsäure (MPA) bei Gewaltverbrechern mit hohem Testosteronniveau eine Reduktion von physisch aggressivem Verhalten bewirkt, wenngleich unklar bleibt, inwieweit dieser Effekt nicht auch auf die allgemeine Le- thargie und gedämpfte Stimmung nach Kastration zurück- geht. Unbestritten bleibt, dass ein minimaler Testosteron- spiegel vor und nach der Geburt vorhanden sein muss, damit aggressives Verhalten überhaupt auftreten kann.

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Weibliche Aggression

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»Du Hyäne!« Dieser oft als Fluch gegenüber Frauen ge- brauchte Ausdruck hat eine »wahre« ethologische Wurzel. Tierarten, bei denen die weiblichen Tiere ein hohes Testos- teronniveau aufweisen, wie Hyänen, zeigen auch deutlich erhöhtes Aggressionsverhalten. Sie dominieren die männ- lichen Mitglieder der Horde, die gegenüber den weiblichen submissives Verhalten zeigen. Die Interpretation dieser Tat- sache wird aber durch 2 Faktoren schwierig:
4 Weibliche und männliche Organismen mit erhöhtem Testosteron sind auch körperlich in der Regel über- legen.
4 Erfolgreiche Aggression erhöht bei Säugetieren wie dem Menschen selbst wieder das Androgenniveau.
Eine dauerhaft submissive Rolle eines Tieres reduziert permanent dessen Androgenspiegel unabhängig vom Ge- schlecht, soziale Überlegenheit, bzw. beim Menschen die Attribution (kognitive Zuschreibung) sozialer Dominanz erhöht die Androgenproduktion.
Die Gabe weiblicher Sexualhormone, v. a. von Östradiol hemmt bei den meisten untersuchten Tierarten die Aggres- sivität, unabhängig davon, ob das Östradiol systemisch in den Blutkreislauf oder direkt in den Hypothalamus gegeben wird. Beim Menschen ist dies aber bisher nicht ausreichend untersucht.

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Androgene und fetale Entwicklung

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Die Zirkulation von Androgenen während der Schwanger- schaft hat zweifellos einen organisierenden Einfluss auf die anatomisch-physiologische Zusammensetzung limbischer und hypothalamischer Kerne und Verbindungen und wirkt damit spezifisch auf Verhalten. Diese Aussage gilt für sexu- elle Orientierung, ist aber für aggressive Reaktionen nicht gesichert (Kap. 26). Erhalten z. B. schwangere Rhesusaffen während der ersten 100–130 Tage der Schwangerschaft An- drogene, so zeigen die pseudohermaphroditischen weibli- chen Affen typisch männliche »raue« Spielarten, Drohun- gen und Besteigungsversuche. Werden die Androgene da- g e g e n f r ü h e r ( 4 0 – 6 0 Ta g e ) g e g e b e n , s o s i n d e r w a r t u n g s g e m ä ß die männlichen Genitalien deutlicher ausgebildet und auch das sexuelle Verhalten und die Orientierung deutlich »männlicher«, wenngleich das Ausmaß aggressiven Verhal- tens von sozialen Gruppeneinflüssen (z. B. dominantes Tier) mehr bestimmt wird.

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Sieg und Niederlage

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Im erwachsenen männlichen und weiblichen Affen (und Menschen?) wird zwar der soziale Rangplatz nur teilweise von Aggression bestimmt (Kap. 26), wohl aber steigt der Testosteronspiegel nach Erreichen eines »Führungsranges« und Alpha-Tiere behalten einen erhöhten Spiegel bei, bis sie ihren Rangplatz wieder verlieren. Dies gilt allerdings nur für jene Tiere, deren Rangposition durch Konkurrenz ge- fährdet ist.
Untersuchungen in der natürlichen Umgebung von Rhesusaffen zeigen, dass die subjektive Bewertung und Bewältigung von Sieg oder Niederlage den entscheiden- den Einfluss auf das Androgenniveau erwachsener Tiere hat: bringt man ein männliches Tier von seiner ange- stammten, vertrauten in eine neue Gruppe, in der es sich durch Kampf zu behaupten hat und lässt die Unterlegenen danach allein, so bleibt deren Androgenspiegel niedrig, der Kortisolrhythmus ist wie in der Depression gestört, Kortisol erhöht und es treten somatische Symptome auf. Erlaubt man diesen Tieren aber nach der Niederlage mit einem weiblichen Tier oder der vertrauten Horde zu inter- agieren, so steigt das Testosteronniveau rasch wieder auf Normalwerte an. Die überlegenen Tiere (»Sieger«) da- gegen behalten ein erhöhtes Androgenniveau bei. Ande- rerseits zeigte sich, dass stark aggressive Reaktionen, auch über Stunden des Kampfes, keinen Effekt auf Testosteron zeigten, wenn das aggressive Verhalten zu keinem klaren Ergebnis, Sieg oder Niederlage, führte. Diese Ergebnisse stimmen auch mit Humanuntersuchungen an Sportlern überein, die zeigen, dass eher die subjektive Stimmung und Gewinnerwartung vor, während und nach dem Wettkampf das Androgenniveau bestimmte als das Ergebnis der Aus- einandersetzung.

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Wirkung von Stressreizen

Die Wirkung von Stressreizen (in der Regel aversive Reize) beim Menschen hängt von verschiedenen Faktoren ab, die miteinander interagieren:

A

4 objektive, physikalische Intensität der aversiven Reize, 4 subjektiv-psychologische Intensität der aversiven Reize
(Bewertung und Ursachenzuschreibung),
4 Vermeidungs- und Bewältigungsmöglichkeit (»coping«)
der Reizsituation,
4 Vorerfahrung mit Stress (Immunisierung versus »Über- wältigtsein«), die Lerngeschichte einer Person (z. B. frühe Vernachlässigung, Missbrauch),
4 Dauer und Häufigkeit von Stressreizen,
4 konstitutionelle psychologische und physiologische
Faktoren (»Stressempfindlichkeit«, Persönlichkeit),
4 tonischer Ausgangs-(Aktivierungs-)zustand des Lebe- wesens vor und während Stressreizen (einschließlich zirkadianer und ultradianer und anderer Periodizitäten
und Schlafstadien),
4 soziale Stützung und Bindung (»social support«),
4 motorische »Abfuhrmöglichkeiten« (z. B. regelmäßiger,
nicht-kompetitiver Sport).
Diese Aufzählung zeigt deutlich, dass bis auf den ersten Einflussfaktor die subjektive Bewertung durch das Zentral- nervensystem der entscheidende Parameter für das Aus- maß der Stressreaktion ist. Eine »objektive« Messung ist daher ohne Beachtung und Erfassung dieser subjektiven, zentralnervösen Ursachefaktoren nicht möglich.

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Gelernte Hilflosigkeit

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Ein Modellbeispiel für die Konsequenzen anhaltender er- folgloser Bewältigung von Stress ist gelernte Hilflosigkeit oder gelernte Unkontrollierbarkeit.
Die experimentelle Anordnung zur Untersuchung der Effekte gelernter Hilflosigkeit ist dabei prinzipiell für verschiedene Spezies und Menschen ähnlich: Die Tiere der Experimentalgruppe (EG) erhalten vor dem eigentlichen Test für Hilflosigkeit (meist 24 h vorher) mehrere unkont- rollierbare, intensive schmerzhafte Reize, denen sie weder entfliehen, noch die sie vermeiden können. Die Kontroll- gruppe (KG1) erhält keine aversiven Reize und die KG2 exakt dieselben aversiven Reize (Jochkontrolle, »yoked control«) mit Fluchtmöglichkeit, das Tier kann eine Taste bewegen. (Die Fluchtmöglichkeit stellt in diesem Fall nur eine »Illusion« dar, da dieselben unangenehmen Reize wie in der EG gegeben werden).
In der Testbedingung 1–24 Stunden später, werden die Tiere aller Gruppen in dieselben Käfige gebracht und erhal- ten Vermeidungsmöglichkeiten (z. B. zwei-Weg-aktives Vermeiden: auf ein Lichtsignal über die Barriere in das »sichere« Abteil springen). Dabei treten im Wesentlichen 2 Effekte in der Experimentalgruppe (EG) auf:
4 motorische Defizite (Bewegungslosigkeit oder Bewe-
gungsstereotypien) und
4 assoziative Defizite (kein Vermeidungslernen für be-
stimmte Zeitspanne; Leistungsabfall in Lern- und Kon- zentrationsaufgaben beim Menschen). Die negativen Folgen von gelernter Hilflosigkeit sind am stärksten, wenn ein bisher erfolgreiches Vermeidungsverhal- ten plötzlich bestraft wird, also negative Konsequenzen hat.

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Das generelle Adaptationssyndrom

A

Bereits die Vorsokratiker und später Hippokrates sahen die Entstehung von Krankheit als Konsequenz des Verlustes des harmonischen Gleichgewichts zwischen Organismus und Umwelt. Die Vorstellung einer Harmonie zwischen den Umweltanforderungen und Möglichkeiten des Indi- viduums darauf zu reagieren, beherrscht bis heute die ver- schiedenen Versuche, Stress zu definieren. Diese Vorstel- lung eines allgemeinen Gleichgewichts wurde im 20. Jahr- hundert durch den Begriff der Homöostase von Walter Cannon ersetzt (Kap. 6 und 7). Cannon (1871–1945) und Hans Selye (1907–1982), der den Stressbegriff entwickelte, sahen Stress als unspezifische Antwort des Organismus auf die Störung des homöostatischen Gleichgewichts und als den Versuch, dieses Gleichgewicht wiederherzustellen. Selye sprach daher von einem generellen Adaptationssyn- drom (. Abb. 8.6), da die Stressreaktionen auf unterschied- liche Reize scheinbar ähnlich ausfielen. Dabei betonte er, dass weniger physikalisch definierbarer Stress (z. B. Lärm) als die subjektiv erlebte Belastung darüber entscheidet, ob eine dauerhafte Störung der Körperhomöostasen und Krankheit oder ob Adaptation eintritt.
Angesichts der Schwierigkeit, eine allgemeine Homöo- stase für den gesamten Organismus anzugeben, werden heute spezifische physiologische und pathophysiologische Reaktionen in Abhängigkeit von ebenso spezifischen psy- chologisch definierten aversiven Umgebungsbedingungen beschrieben.
. Abb. 8.6 zeigt die von Selye postulierten 3 Phasen der Stressreaktion Alarm, Widerstand und Erschöpfung. Da Erschöpfung, die mit Entleerung der Hormone aus ihren Speichern und Veränderungen an den Rezeptoren einher- geht, selten auftritt, unterscheidet man heute eher Kurzzeit-und Langzeitfolgen von Belastung. Pathophysiologische Konsequenzen treten nur auf, wenn die Stressreaktion zu lange (chronische Stressoren), zu häufig oder ohne physio- logische Notwendigkeit (z. B. ohne Fluchtmöglichkeit) wie bei psychologisch-sozialen Stressoren auftritt.

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Kurzzeit- und Langzeitstress

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Zur Kurzzeit-Bewältigung sind rasch Energie mobilisieren- de Stressreaktionen und die Hemmung von Langzeit- Energiespeicherung notwendig: die Aktivierung der Hypo- thalamus-Hypophysen-Nebennierenrindenachse (Abschn. 7.3.5) erfolgt innerhalb von Minuten, die des sympathischen Nervensystems und der Katecholamine in Sekunden. Die Insulinsekretion (Speicherung von Glukose) wird gehemmt und Glukose im Blutstrom der Muskulatur vermehrt zur Verfügung gestellt (erhöhter Zucker unter Stress). Zusam- men mit den kardialen sympathischen Erregungen wird so die Effizienz von Muskelarbeit (Kampf – Flucht) erhöht.
Sexuelle Reproduktionseffizienz, ein »optimistischer« Langzeitmechanismus, wird durch Unterdrückung der Sexualhormone reduziert. Schmerzwahrnehmung (Stress- analgesie, 7 unten und Kap. 16) und Langzeit-Entzündungs- prozesse werden ebenfalls gehemmt, sie würden die Kurz- zeitadaptation nur behindern

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Verlauf der Stressbewältigung

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Bei wiederholten Stresssituationen hängt der Verlauf kör- perlicher und ZNS-Änderungen vom Resultat der Bewäl- tigungsversuche ab. Untersucht wurde dies z. B. bei Fall- schirmspringern, Lärm am Arbeitsplatz oder Ängsten und Depressionen.
Während der ersten Konfrontationen mit dem nega- tiven Ereignis kommt es zu deutlichem Anstieg der Hypo- physen-Nebennierenrinden- und Nebennierenmarkakti- vität (. Abb. 8.7), sowie entsprechender peripher-autono- mer physiologischer Prozesse. Herzrate, Hautwiderstand, Blutdruck, Muskelaktivität, periphere Glukokortikoide, peripheres Adrenalin, Noradrenalin, Wachstumshormon, Endorphine und ACTH steigen, Hautwiderstand sinkt, Testosteron und Insulin werden gehemmt.
Mit zunehmend erfolgreicher Bewältigung (z. B. erfah- rene Fallschirmspringer) verschiebt sich der Zeitpunkt er- höhter Aktivierung vom erwarteten Stressereignis zeitlich nach vorne und die Intensität der Aktivierung lässt nach und geht subjektiv in positive Bereiche (»Freude an der Gefahr«) über, was mit Anstieg des Sexualhormons Testos- teron einhergeht. Bei Bestehenbleiben der Belastung und neuen Vermeidungsversuchen bleiben einige der hormo- nellen und autonomen Reaktionen erhöht, auch in Zwi- schen- und Ruhezeiten, Immunsuppression (reduzierte T-Lymphozyten-Zellaktivität) und eine Reihe anderer – oft durch anhaltende Kortikosteroidaktivität verursachte – Organschäden treten auf (somatische Krankheiten, früher oft als psychosomatisch bezeichnet, 7 unten).
Ist der (vergebliche) Bewältigungsversuch mehr soma- tisch-muskulär orientiert (Kampf-Flucht-Reaktion) so nennen wir dies aktive Bewältigung (»active coping«), und es treten nach erfolglosen oder bestraften Bewältigungsver- suchen bevorzugt Schäden des kardiovaskulären Systems, Erkrankungen im Muskel und Halteapparat (chronische Muskelschmerzen z. B.) auf; erfolgt die Bewältigung mehr durch Rückzug und Passivität, so nennen wir dies passive Bewältigung (»passive coping«) und die Organschäden sind mehr im Einflussbereich der Kortikosteroide auf die intestinalen Systeme, einschließlich des Immunsystems konzentriert (z. B. Zwölffingerdarmgeschwüre, Asthma).

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Allostase

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Wie wir gesehen haben, wird die Aktivität des Hypotha- lamus-Hypophysen-Nebennierensystems durch die Stärke, Dauer und Häufigkeit der Stressreize, ihrer subjektiven Be- wertung (Attribution) und Bewältigung, die genetische Vul- nerabilität des Individuums, Vorerfahrung (Gedächtnis) mit Stress und die zirkadiane Periodik bestimmt. In all diesen Vorgängen nimmt das Gehirn die entscheidende Stelle in dem komplexen Wirkungsgefüge ein, wie auf . Abb. 8.8 dar- gestellt. Im Gehirn wirkt v. a. das hypothalamische CRF-Sys- tem angstauslösend, erregend und immunosupressiv. Die Glukokortikoide als negativer Feedbackreiz bewirken die Begrenzung und Gegenregulation der Hyperaktivität dieses Systems. Bei wiederholtem oder anhaltendem Stress versagt allerdings die Gegenregulation, wobei dieses Versagen von plastischen Veränderungen der daran beteiligten Hirnregio- nen als Folge von Lernprozessen verursacht wird.
Dabei wird die Störung der Homöostase (Kap. 7) auch häufig als Allostase (von griech. Ungleichgewicht) und die Langzeitfolgen von Stress und der Übergang zu Krankheit als allostatische Belastung bezeichnet. Schlaf, Gedächtnis und Stressbewertung und -bewältigung sind im Gehirn miteinander verbunden, was ihre hormonellen Gemein- samkeiten deutlich machen. Die hinter diesen Verhaltens- kategorien wirkenden Prozesse bestimmen, ob Krankheit entsteht.

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Stress, Noradrenalin und Zellverlust

A

Unkontrollierbarer Stress verlängert die periphere und zentrale Katecholaminproduktion. Tyrosin, die Vorstufe der Katecholamine, wird im Locus coeruleus und den Kernen des Sympathikus (Kap. 5) bei wiederholtem, andauernden Stress vermehrt synthetisiert. Neben der Erhöhung der selektiven Aufmerksamkeit für die Stress- reize wird dadurch auch die Erregbarkeit im Hippokampus gesteigert und damit die implizite Einprägung der emotio- nalen Reize verstärkt. Dasselbe passiert in der Amygdala, wo durch die erhöhte Vermeidungstendenz (mit ver- besserter Einprägung der traumatischen Situationen) Symptome von Depression, Angst und posttraumatischer Stressstörung (PTSD) erzeugt werden. Bei extrem inten- sivem und anhaltendem Stress im Tierversuch wurde allerdings auch als Endzustand eine Entleerung der NA- Speicher im Gehirn berichtet, was allerdings stets auf die Erhöhung der NA-Produktion folgte. Dieser Endzustand, bei dem auch reversible oder permanente Atrophie mit Zellverlust im Hippokampus (. Abb. 8.9, Box 8.1) und bei melancholischer Depression auch in der Amygdala und im präfrontalen Kortex gefunden wurde, könnte beim Menschen mit den als »Muselmanen« in Auschwitz be- schriebenen apathischen Syndromen mit Verlust der ex- pliziten Gedächtnisspeicherung (Amnesien) einhergehen (Box 8.1).
Desensibilisierung (oder auch Immunisierung genannt) des Organismus durch langsame und vermehrt intensive und wiederholte Konfrontation mit den Stressreizen und der Möglichkeit der Bewältigung begrenzt die allostatische Auslenkung der Nebennieren-Hypophysen-Achse.

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Stress und Serotonin

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Innerhalb des Serotoninsystems (Kap. 4 und 5) muss man mit gegensätzlichen Effekten bei Aktivierung rechnen: während bei starken und anhaltenden Stressoren Serotonin des dorsalen Raphe-Kerns (Abschn. 5.4.4) die 5-HT2-Re- zeptoren in Amygdala, Hippokampus und Neokortex akti- viert und angstauslösend wirkt, stimuliert das Serotonin des medialen Raphe-Kerns 5-HT1A-Rezeptoren im Hippo- kampus, welche früher gelernte emotionale assoziative Verbindungen auflösen und damit eher »therapeutisch« auf Stressstörungen wirken, indem sie Vergessen ermög- lichen.
Zirkulierende Glukokortikoide bei chronischem Stress erhöhen die 5-HT-Syntheserate speziell für das 5-HT2- System und hemmen die 5-HT1-Rezeptoren und verstär- ken den Circulus vitiosus aus Angst/Stress und verbes- serter Einprägung der Stresssituationen. Deshalb kann man nicht die absolute Serotoninproduktion oder –menge
betrachten, sondern primär die Syntheseraten der Re- zeptoren.
Unteraktivität des Serotoninsystems im ZNS dagegen hängt mit Anstieg an Feindseligkeit, Suizidalität und er- höhtem Herzinfarktrisiko sowie Gewalttätigkeit zusammen

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Neurochemisches Ungleichgewicht

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Es wird angenommen, dass die relative Balance von kate- cholaminerger und serotonerger Stimulation, welche die CRH-Produktion bestimmt, darüber entscheidet, ob die Hypophysen-Nebennierenachsen-Aktivität bei wiederhol- tem Stress habituiert (sich gewöhnt) oder sensibilisiert (sich aufschaukelt). Erliegen oder Abfall der CRH-Stimulation und der Stressantwort, wie es bei Tieren nach extremen sozialem Stress und Statusverlust beobachtet wurde, führt zu Apathie und/oder – wenn das Serotoninsystem ebenfalls entleert wird – zu exzessiver Gewalt oder Suizid.

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Stress und Opioide

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. Abb. 8.7 zeigt einige der Einflüsse zentraler Neurotrans- mitter auf die Aktivität des ACTH-Nebennierenrindensys- tems. Aktivität β-noradrenerger Afferenzen zum Hypotha- lamus hemmt die ACTH-Produktion durch Beeinflussung des entsprechenden Vorläufer-Releasing-Faktors (Kap. 7), während α-adrenerge Stimulation die CRH-Produktion erhöht. Das ausgeschüttete ACTH-Stresshormon wird aus dem Vorläufermolekül Proopiomelanokortin (POMC) ab- gespalten, das auch als Vorläufer der endogenen Opiate β-Endorphin, γ-Endorphin, α-Endorphin und Met-Enke- phalin fungiert (Kap. 4, 16 und 26). ACTH und β-Endor- phinausschüttung bei Stress ist für die Stressanalgesie nach Hilflosigkeit und die Immunsuppression verantwortlich. Beim Menschen spricht man oft von Stressanalgesie, z. B. nach Unfällen treten häufig keine Schmerzen auf.

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Psyche – Soma, ein Scheingegensatz

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Eine Unterscheidung zwischen psychosomatischen und rein somatischen Krankheiten, wie sie bis heute in der Medizin und Psychologie üblich ist und wie sie in der sog. »psycho- somatischen Medizin« zum Ausdruck kommt, kann weder theoretisch noch empirisch eingehalten werden (Box 8.2).
Psychische Störungen, wie z. B. die Depression (Kap. 27), weisen massive hormonell-physiologische Änderungen auf, die bei häufiger Wiederholung zu dauerhaften patho-physiologischen Konsequenzen führen. So genannte psy- chosomatische Störungen wie die essenzielle Hypertonie (Kap. 10), chronische Schmerzzustände (Kap. 16), Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre (Kap. 12) und andere ent- wickeln sich aus einem komplizierten Gefüge aus Be- lastungsereignissen, endogenen Rhythmusstörungen und molekulargenetischen Veränderungen, in dem die Gren- zen zwischen Umgebungseinfluss und Körperphysiologie oft nicht mehr erkennbar sind. Dagegen weisen »rein« organische Störungen (wie z. B. manche Herzkrankheiten, Epilepsieformen, Immunschwächeerkrankungen, Diabetes II u. a.) psychologische Auslöser auf, die auch keine strenge Trennung zwischen psychisch versus organisch erlauben. Zum Beispiel werden epileptische Anfälle meist von plötz- lichen Änderungen des Aktivierungsniveaus (nach oben oder unten) ausgelöst. Solche raschen Erregungsänderun- gen sind oft von sozialen Umgebungsreizen oder raschen Gefühlsänderungen abhängig.
Für die meisten Erkrankungen lässt sich heute der psy- chologische Verursachungsfaktor genauso präzise angeben wie der organmedizinische und die spezifische Krankheit wird nur aus der psychophysiologischen Interaktion beider verständlich. . Tabelle 8.2 fasst einige der bisher bekannten pathophysiologischen Konsequenzen chronischer Belas- tung und Hilflosigkeit zusammen.

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Stress, Altern und Hippokampus

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Glukokortikoide führen, in hoher Dosis über längere Zeit gegeben, im Tierversuch zur Zerstörung hippokampaler Neurone. Zerstörung des Hippokampus beeinträchtigt das explizite Kurzzeitgedächtnis (Kap. 25) und verhindert die Einspeicherung neuer Kontext-bezogener (expliziter) Information. Früher gespeicherte Stressreize können da-gegen nicht vergessen werden. Im Alter findet man generell einen Anstieg der Serumglukokortikoide, was auch mit der Reduktion der ersten Tiefschlafphasen (»Kernschlaf«, Kap. 22) einhergeht. Auch dieser Anstieg geht mit den Ge- dächtnisdefekten im Alter parallel. Im Alter wird sowohl beim Tier wie beim Menschen die Feedback-Regelung der Hypophysen-Nebennierenrindenachse schwächer; das be- deutet, die hormonelle Reaktion bleibt nach Stressreizen länger bestehen. Im Tierversuch lässt sich diese Alterung des Gedächtnisses durch Entfernung der Nebennieren ver- hindern.
Erhöhte Glukokortikoidspiegel durch Stress beschleu- nigen auch das Altern des Gedächtnisses durch raschere Zerstörung der Hippokampusneuronen (v. a. in der Region CA3 (Kap. 5, . Abb. 8.9, Box 8.1).
Diese Situation wird noch dadurch dramatisiert, dass der Hippokampus einen hemmenden Einfluss auf die Aus-
schüttung von Kortikotropin-Releasing-Hormon (CRH) hat, das ja die ACTH-Ausschüttung bewirkt. Wenn also die CA3-Region des Hippokampus teilweise zerstört ist, kommt es zu einem Anstieg von CRH, mehr ACTH und weiterem Glukokortikoidanstieg, ein Circulus vitiosus aus Altern → Stressanstieg → und Gedächtnisverlust. Offensichtlich scheint dieser Circulus vitiosus zumindest im Tierversuch verhinderbar: Tiere, die in ihrer »Kindheits- und Jugend- entwicklung« gut behandelt und schrittweise mit Stress konfrontiert (immunisiert) wurden, zeigen im Alter keine Hippokampuszellenverluste und keine Gedächtnisstö- rungen (Box 8.1 und Kap. 27). Man wird dabei zweifellos an die Beispiele alter Menschen erinnert, die ihre geistige Pro- duktivität bis ins hohe Alter erhalten können und an jene, die nach schweren bedeutenden Lebensereignissen (Krieg, Konzentrationslager, Folter) dauerhafte Gedächtnisstörun- gen und akzeleriertes Altern aufweisen.

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