Zulässigkeit Verfassungsbeschwerde Flashcards
Drittwirkung von Grundrechten
eA: Grundrechte sind zwischen Privaten nicht anwendbar
(+) Art. 1 III. Wortlaut
(+) traditionelle Entstehungsgeschichte= klassische Abwehrrechte gegen den Staat
(+) teilweise ist bereits eine Wirkung der Grundrechte im zivilrechtlichen Verhältnis zwischen Privaten im Grundgesetz selbst vereinzelt normiert
eA: Grundrechten kommt eine unmittelbare Drittwirkung zu
(+) Grundrechte sind nicht nur Abwehrrechte gegen den Staat, sondern sind Grundsätze für jedes soziale Leben und Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft (Art. 1 II GG).
(+) Von privater Seite (z.B. von Konzernen) können ebenso bedeutsame Gefährdungen ausgehen wie durch die Ausübung von Staatsgewalt.
(+) Grundrechte sind gesetzliche Verbote iSd § 134 BGB und Schutzgesetze iSd § 826 BGB, sie gelten damit unmittelbar im zivilrechtlichen Rechtsverkehr.
aA: Mittelbare Drittwirkung von Grundrechten
(+) Historische Auslegung: Der Gesetzgeber hat als Reaktion auf die NS-Zeit die Grundrechte in ihrer klassischen Funktion als Abwehrrechte gegen den Staat ausgestalten wollen. Deshalb werden durch Art. 1 III GG nur staatliche Organe gebunden und nicht auch Private.
(+) Systematische Auslegung: Eine etwaige unmittelbare Drittwirkung der Grundrechte wird von dem Gesetzgeber in einigen Vorschriften ausdrücklich angeordnet (etwa in Art. 9 III 2 GG, Art. 20 IV GG). Aus dem Umkehrschluss ergibt sich, dass es sich um eine Ausnahme handelt und über diese Regelungen hinaus eine unmittelbare Drittwirkung zwischen Privaten vom Gesetzgeber nicht gewollt ist.
(+) Teleologische Auslegung: Grundrechte sollen Rechte und Freiheiten des Einzelnen gegen den Staat darstellen und eben nicht Pflichten für den Bürger, da ansonsten die gegebenen Freiheiten in Form der Grundrechte sich einschränkend für den Bürger auswirken würden.
(+) Eine unmittelbare Drittwirkung würde zudem auch eine permanente Grundrechtskollision zur Folge haben.
(+) Durch die Grundrechte wird dennoch eine objektive Werteordnung, die als verfassungsrechtliche Grundentscheidung in alle Rechtsbereiche und damit auch in das Privatrecht einwirkt, begründet.
(+) Zudem kann jede zivilrechtliche Norm gegen Grundrechte verstoßen, sodass das BVerfG diese für nichtig erklären kann.
(+) Grundrechte begründen auch Schutzpflichten für den Staat und die Zivilrechtsordnung ist ein Gestaltungsmittel für die Schutzgewährung.
(+)Gefahren durch Private und damit einhergehende Grundrechtsverletzungen können nicht ausgeschlossen werden.
–> Folglich sind nach Ansicht der h.M. die Grundrechte – wie die gesamte Werteordnung des Grundgesetzes – bei der Auslegung von einfachgesetzlichen zivilrechtlichen Normen heranzuziehen.
Insbesondere gilt das an den Stellen des einfachen Rechts, an denen durch Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe dem Rechtsanwender ein Interpretations- und Verständnisspielraum belassen wird.
Ausstrahlungswirkung haben die Grundrechte damit vor allem bei zivilrechtlichen Generalklauseln, da diese über unbestimmte Rechtsbegriffe und einen gewissen Interpretationsspielraum „Einbruchstellen“ für Grundrechte in das Zivilrecht darstellen.
Solche zivilrechtlichen Generalklauseln sind etwa § 133 BGB, § 138 BGB, § 157 BGB, § 242 BGB, § 823 BGB, § 826 BGB oder auch § 23 II KUG. Unbestimmte Rechtsbegriffe sind zB „Treu und Glauben“ (§ 242 BGB) oder „sonstiges Recht“ (§ 823 BGB).
Zulässigkeit Schema
I. Zuständigkeit BVerfG II. Beschwerdeberechtigung III. Beschwerdegegenstand IV. Beschwerdebefugnis V. Rechtswegsersch./Subsidiarität VI. Form+Frist
Juristische Person des öffentlichen Rechts, unmittelbare Bindung an Grundrechte
– sobald die öffentliche Hand 51+X Anteile an der jur. Person hält, wird ausnahmsweise eine UNMITTELBARE Drittwirkung der Grundrechte bejaht
BeschwerdeFÄHIGKEIT:
a. jur. Personen d. Öffentlichen Recht?
b. jur. inländische Person des Privatrechts?
c. ausländische jur. Person des Privatrechts?
d. inland. jur Person, die faktisch ausl. Staatsunternehmen ist?
e. gemischtwirtschaftliche Unternehmen mit staatlichen und privaten Anteilseignern (str.)
f. Kirche und Religionsgemeinschaften
a.)
–> Art. 19 III GG
Grds. entgegen dem weiten Wortlaut keine Geltung für jur. Personen des öffentlichen Rechts
- Ausnahme: z.B. ÖR-Rundfunkanstalten
b.)
Art. 19 III GG
→ Begründung der Grundrechtsfähigkeit nötig!
1. Sitz im Inland oder EU
2. GR nach seinem „Wesen“ anwendbar
c.)
nicht GRberechtigt, da kein inländischer Sitz
→ Ausnahme: Justizgrundrechte!
d.)
Vattenfall (+), BVerfG, Urt. v. 06.12.2016; 1 BvR 2821/11, „Atomausstieg“, s.o.
→ Arg.: unionsrechtskonforme Auslegung d. Art. 19 III GG
e.)
e.A.: > 50% in öffentl. Hand: nicht GRberechtigt
a.A.: im Interesse eines effektiven Grundrechtsschutzes für beteiligte Privatpersonen (immer) auch grundrechtsfähig (s.o.)
f.)
(+) Art. 4, Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 WRV
Wie ist die Grundrechtsmündigkeit (=Prozessfähigkeit) zu bestimmen?
- Ansicht - Abstellen auf einfach gesetzliche Normen § 104 ff. BGB analog („starre Altersgrenzen“)
(+) Starre Altersgrenzen führen zu höherer Rechtssicherheit, sodass keine Unklarheiten bzgl. der Prozessfähigkeit und der Grundrechtsmündigkeit mehr bestehen. Die Frage nach der eigenen Prozessfähigkeit ergibt sich freilich aus der Frage der Grundrechtsmündigkeit.
(+) Im BVerfGG finden sich keine Regelungen, im Ergebnis liegen eine planwidrige Regelungslücke und eine vergleichbare Interessenlage vor.
- Ansicht (h.M.) - Abstellen auf persönliche Einsichtsfähigkeit („gleitende Altersgrenze“)
Es ist auf die persönliche Einsichtsfähigkeit abzustellen.
(+) Im Verhältnis zur öffentlichen Gewalt findet sich für eine altersgemäße Einschränkung der Grundrechte keine normative Grundlage.
(+) Das BVerfGG sieht bereits starre Altersfristen für bestimmte Grundrechte vor, so z.B. für Art. 12a I GG, Art. 38 II GG). Diese sind nicht verallgemeinerungsfähig, sodass in einem Umkehrschluss keine starren Altersgrenzen gewollt sind. Freilich kann also keine planwidrige Regelungslücke vorliegen.
Beschwerdebefugnis
- Selbstbetroffenheit
= eigenen Rechte
bzw. ein anderer, aber sehr nahe Verbindung - Gegenwärtigkeit
= Aktuell schon oder noch betroffen
! Ausnahme: Gesetz zwingt die Normadessaten bereits gegenwärtig zu später nicht mehr korrigierbaren Entscheidungen und schon jetzt Dispositionen veranlasst, welche nach Gesetzesvollzug nicht mehr nachgeholt werden können! (= irreversiblen, schädlichen Verhalten) - Unmittelbarkeit
= ausgeschlossen, wenn der Beschwerdegegenstand ein Gesetz ist und dieses Gesetz nicht selbst eine bestimmte Rechtsfolge herbeiführt, sondern erst noch durch einen zusätzlichen Akt vollzogen werden muss (KEIN selbstausführendes Gesetz –> unabhängig von Ermessen bzw. Wille der Behörde)
Ausnahme wie bei 2.
Grundrechtsberechtigung
- Ansicht - Abstellen auf einfach gesetzliche Normen § 104 ff. BGB analog („starre Altersgrenzen“)
(+) Starre Altersgrenzen führen zu höherer Rechtssicherheit, sodass keine Unklarheiten bzgl. der Prozessfähigkeit und der Grundrechtsmündigkeit mehr bestehen. Die Frage nach der eigenen Prozessfähigkeit ergibt sich freilich aus der Frage der Grundrechtsmündigkeit.
(+) Im BVerfGG finden sich keine Regelungen, im Ergebnis liegen eine planwidrige Regelungslücke und eine vergleichbare Interessenlage vor.
- Ansicht (h.M.) - Abstellen auf persönliche Einsichtsfähigkeit („gleitende Altersgrenze“)
Es ist auf die persönliche Einsichtsfähigkeit abzustellen.
(+) Im Verhältnis zur öffentlichen Gewalt findet sich für eine altersgemäße Einschränkung der Grundrechte keine normative Grundlage.
(+) Das BVerfGG sieht bereits starre Altersfristen für bestimmte Grundrechte vor, so z.B. für Art. 12a I GG, Art. 38 II GG). Diese sind nicht verallgemeinerungsfähig, sodass in einem Umkehrschluss keine starren Altersgrenzen gewollt sind. Freilich kann also keine planwidrige Regelungslücke vorliegen.
Kann sich ein MdB/Beamtin auch auf die GR berufen?
tvA: früher sog. „bes. Gewalt- oder Status- verhältnisses“ bei Eingliederung in den Staat: Beamte, Gefangen, Schüler, Studierende – GRe (-)
hM: GRe (+), sobald rein „innerdienstlicher Bereich“ verlassen; leider keine Begründung (Ludin-Urteil)